Wir haben uns mit unserem Antrag für einen Bildungsbericht extra auf diese wenigen Punkte konzentriert, die der Minister selbst als seine Ziele angegeben hat: Unterrichtsversorgung, Durchlässigkeit, Abgängerzahlen ohne Abschluss, Anwahl der verschiedenen Schulformen. Wir haben uns extra auf diese wenigen Punkte beschränkt, damit Sie nicht sagen können: Das bedeutet einen riesigen bürokratischen Aufwand. - Denn diese Daten werden längst von den Schulen erfasst.
(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Das muss man doch nicht beschließen! Das kann man doch auch im Ausschuss regeln!)
Herr Minister, was Sie von den Schulen verlangen, das müssen wir auch von Ihnen verlangen können. Sollte sich herausstellen, dass dieses Instrument noch nicht ausreicht, dann werden wir uns gern dem Veränderungsbedarf stellen. Jetzt sind wir erst einmal gespannt auf Ihren ersten Bildungsbericht nach den Sommerferien, Herr Busemann, auf die Inspektion der Arbeit des Kultusministers, auf den Busemann-TÜV.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein zu hohes Reformtempo gepaart mit Unklarheiten bei der Umsetzung der Neuerungen dieser Vorwurf wird überall gegenüber dem Kultusminister erhoben, besonders zugespitzt von Schulleitern aus Nordhorn. Antwort des Ministers bei einer öffentlichen Veranstaltung in Nordhorn auf diesen Vorwurf: Es gehe bei den Reformen nicht um die Pädagogen, sondern um die Schüler.
Ihre Glaubwürdigkeit ist gesunken. Die Eltern trauen Ihren Versprechungen nicht mehr, und die Lehrkräfte zweifeln an Ihrer Realitätsnähe. Stellen Sie sich vor, Herr Minister, Sie hätten Ihre Aussage, es gehe um die Schüler und Schülerinnen und nicht um die Lehrkräfte, mit Zahlen untermauern müssen. Ein Bildungsbericht würde die allzu hoffnungsfrohen Aussagen des Ministers überprüfbar machen.
Im Mai-Plenum hat mein Kollege Jüttner zwischen der realen Situation an den Schulen in Niedersachsen und der Scheinwelt des Ministers unterschieden. Hat Ihr Reformaktionismus, Herr Minister, damit zu tun, dass Sie immer dann, wenn Sie die Augen vor der Realität nicht mehr verschließen können, Nebel aufziehen lassen wollen, indem Sie ein neues Fass aufmachen? Was Sie als Reform verkünden, bedeutet für die Schulen, dass eine neue Baustelle eröffnet wird. Was Sie mit Weihwasser benetzen,
treibt Schulleitungen und Lehrkräften Schweiß auf die Stirn. Dagegen wäre nichts einzuwenden. Aber Sie verkünden von oben und beschneiden gleichzeitig unten die Umsetzungsmöglichkeiten.
Sehr geehrte Damen und Herren, nötig ist ein klarer, unverstellter Blick auf die Situation der niedersächsischen Schulen, der Schüler und Schülerinnen und der Lehrkräfte. Aber eines wird immer deutlicher: Wenn wir miteinander über Schulpolitik diskutieren oder hier im Landtag Fragen stellen, dann gibt der Minister keine Antworten auf objektiven Grundlagen, sondern verfällt in Plaudertaschenrhetorik.
Deswegen ist es richtig, einen Bildungsbericht zur Lage an den Schulen in Niedersachsen auf der Basis präziser Daten einzufordern. Für die Bereiche, die die Grünen in ihrem Antrag nennen, sollte es ein Leichtes sein, dieser Forderung nachzukommen. Daten liegen im Kultusministerium zur Genüge vor. Der Beantwortung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur beruflichen Bildung
konnte das MK eine 6 000 Seiten umfassende Datensammlung auf CD beilegen. An Daten mangelt es also nicht. Sicherlich hat Theodor Fontane auch hier mit seiner Feststellung Recht, auf die Beleuchtung komme es an. Aber ein gemeinsames Tableau als Diskussionsbasis wäre schon ein großer Fortschritt.
Wir haben gerade den ersten Bildungsbericht für Deutschland erhalten: eine umfassende Darstellung, die mithilfe der Daten auch Ursache und Wirkung in Beziehung setzt und Schönfärberei verhindert, wie Sie sie betreiben, Herr Minister, wenn Sie behaupten, eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung so gut wie erreicht zu haben. Kein Wunder, dass verärgerte Eltern eigene Erhebungen anstellen und zu ganz anderen Ergebnissen kommen.
Es gibt eine ganze Reihe anderer Beispiele dafür, dass Sie den schönen Schein aufrechtzuerhalten suchen.
Als erstes Beispiel nenne ich die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen. Dazu heißt es in einer Antwort auf eine Mündliche Anfrage zu Beginn Ihrer Amtszeit, sie sei in Niedersachsen „zwar vergleichsweise schon gut geregelt, aber wir wollen sie besser machen“. Können Sie inzwischen belegen, dass mehr Schüler und Schülerinnen von der Hauptschule zur Realschule und von der Realschule zum Gymnasium wechseln, als es vor 2003 der Fall war? Oder mussten Sie feststellen, dass die Festlegung eines Notendurchschnitts und der daraus folgende Rechtsanspruch nichts nützen, wenn das Auseinanderdriften von Wochenstundenzahl und Unterrichtsinhalten einem Übergang von einer Schulform in die andere entgegensteht? Die Eltern entlarven den Rechtsanspruch als Scheinwelt und stimmen mit den Füßen ab.
Als zweites Beispiel nenne ich die Steigerung der Ausbildungsfähigkeit von Hauptschülern und -schülerinnen durch Praxistage. Auch hier stoßen Schein und Wirklichkeit aufeinander. Wie viele Hauptschulen, Herr Minister, sind eigentlich in der
Das dritte Beispiel betrifft die Stärkung der Hauptschule. Auch hier zerbricht Ihr Wunschbild an der Realität. In diesen Tagen erfolgen überall die Anmeldungen für die weiterführenden Schulen. Aus meinem Wahlkreis höre ich, dass die Hauptschulen noch weniger als im vorigen Schuljahr angewählt werden.
Ich habe nicht die Hoffnung, dass ein Bildungsbericht die Einsichtsfähigkeit der Landesregierung und der Regierungsfraktionen steigert. Aber der Druck von außen würde zunehmen und Ihre Handlungsbereitschaft erhöhen, wie es beispielsweise bei dem Unternehmen „Fitnesslandkarte“ geschehen ist. Ein Bildungsbericht machte die Zielgenauigkeit und Wirksamkeit von Entscheidungen überprüfbar. Herr Minister, Sie ersparten sich die Peinlichkeit, dass Anfragen zutage fördern, was Sie im Dunkeln lassen wollen. So hat z. B. eine Mündliche Anfrage ans Licht gebracht, dass Sie 2003/2004 mit über 10 000 Stunden pro Woche weniger als im Vorjahr - das entspricht 750 Lehrerstellen - und bei steigenden Schülerzahlen eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung hinbekommen haben. So etwas nennt man dreiste Täuschung.
Stellen Sie sich den Realitäten, stellen Sie sich der Schulwirklichkeit, mit der Lehrkräfte, Schüler und Schülerinnen sowie deren Eltern zu tun haben, und lassen Sie die Taktiererei! - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen fordern einen Bildungsbericht zur Lage an den Schulen in Niedersachsen. Ich habe mich zunächst einmal über den Titel gewundert; denn
uns wurden seit 2003, als die Landesregierung mit dem neuen Schulgesetz die niedersächsischen Schulen strukturell neu und damit nachhaltig zukunftsfähig ausgerichtet hatte, jede Menge umfangreiche Berichte über die Bildung und die Lage an den Schulen in Niedersachsen vorgelegt. Es ging dabei um so viele Einzelpunkte, dass ich sie hier gar nicht alle nennen kann: die Verlängerung der Schulzeit nach Abschaffung der OS, die Vervielfachung des Ganztagsschulangebots und viele andere Punkte, die zeigten, wie Bildung und Erziehung hier effektiver gemacht worden sind. All diese Punkte gehören in einen Bildungsbericht hinein.
Wenn gerade gesagt wurde, dass in den Hauptschulen die berufspraktische Ausrichtung nicht funktioniere, dann fordere ich Sie auf, Beispiele zu nennen. Ich komme aus einer Region, in der es viele kleine Schulen gibt. Als der Minister vor kurzem in Gartow war, haben wir erlebt, dass dies sehr gut funktioniert.
Wir müssen bei all diesen Dingen aufpassen, dass nicht immer nur etwas behauptet wird - heute sind hier alle möglichen wertenden Begriffe, z. B. „Scheinwelt“, gefallen -, was dann der Realität nicht standhält. Wer hat denn die Oberstufe der Gymnasien aufgrund einer Analyse der Bildung in unserem Lande und der Lage der Schulen in Niedersachsen reformiert? Wer hat den Bildungsauftrag in Kindergärten implementiert? Sie tun hier so, als seien Sie die Ersten, die nach Bildung rufen und einen Bericht darüber haben wollen. Wir haben unter 30, 40 oder gar 50 Tagesordnungspunkten in den letzten Jahren darüber gesprochen. All das gehört zusammengefasst in einen Bildungsbericht.
Bei den Ausführungen der Kollegin Korter, aber auch der Kollegin Eckel ist mir aufgefallen, dass viele problemorientierte Fragestellungen aufgeworfen wurden. Im Antrag steht aber etwas ganz anderes: Er schreit förmlich nach Zahlen, die dokumentiert werden sollen.
(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU] - Walter Meinhold [SPD]: Ja, das ist doch das Problem! - Gegenruf von Ursula Körtner [CDU]: Die habt ihr alle!)
Der von Ihnen gewünschte Bildungsbericht zielt in erster Linie auf die Dokumentation aller möglichen Zahlen ab. Sie kennen die Zahlen aus dem Kultusministerium, ebenso die Berechnungsgrundlagen. Ob sie Ihnen passen oder nicht, ist eine ganz andere Sache. Sie sind jedenfalls transparent.
Außerdem gab es zwischendurch jede Menge Anfragen von Ihnen und von uns außerhalb und innerhalb des Parlaments. Aber Sie wollen ja nicht bloß Zahlen. Schauen wir uns einmal an, wie Sie es formulieren: Sie wollen objektive Zahlen. - Gibt es eigentlich auch subjektive Zahlen? Was soll das eigentlich?
Sie fordern eine Auskunft nicht bloß über Unterrichtsversorgung, sondern über die tatsächliche Unterrichtsversorgung, und behaupten wörtlich, dass die statistischen Werte aus dem Kultusministerium längst ihre Glaubwürdigkeit bei den Eltern verloren hätten.
Meine Damen und Herren, Zahlen sind richtig oder falsch und nicht in erster Linie glaubwürdig. Man braucht Zahlen nicht zu glauben. Bei Zahlen hat jemand etwas zusammengezählt. Das Ergebnis ist für alle verbindlich. Oder wollen Sie - das scheint mir eher der Fall zu sein - bei der Unterrichtsversorgung auf eine Art gefühlte Unterrichtsversorgung hinaus? - Dann aber müssten Sie deutlich sagen: gefühlte und nicht tatsächliche Unterrichtsversorgung. - Sie können hier nicht immer nur so einen Popanz zwischen realer Situation und einer Scheinwelt aufbauen, die Sie lediglich behaupten, nicht aber mit Zahlen dokumentieren.