Protocol of the Session on June 22, 2006

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es uns auch noch wichtig ist, alles zu unternehmen, dass beispielsweise rechten Wohngemeinschaften kein Raum gegeben wird. Deswegen sprechen wir auch noch einmal den Fall des Heisenhofs im Landkreis Verden an.

Wir fordern außerdem von allen Bürgerinnen und Bürger ein entschlossenes Entgegentreten. Das gilt natürlich auch für uns als Parlamentarier. Wir dürfen in dem Punkt keinen Schritt zurückweichen. Wir müssen Aktionen, die beispielsweise von jungen Menschen gegen Rechtsextremismus veranstaltet werden, voll und ganz unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen an einem Punkt nahe bringen, wie es in Niedersachsen aussieht. Es hat eine Untersuchung von Frau Dr. Beate Küpper von der Universität Bielefeld zum Thema „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Niedersachsen“ gegeben. Diese Untersuchung kommt man zu dem Ergebnis, dass sich subjektiv viele Menschen als politisch in der Mitte der Bevölkerung stehend einschätzen. Wenn man diese Position dann aber mit ganz bestimmten Fragen hinterfragt, dann gelangt man zu dem Ergebnis, dass der Rechtspopulismus in den Köpfen der Menschen in den letzten Jahren zugenommen hat. Dem müssen wir gemeinsam entschlossen entgegentreten.

Ich bitte Sie, dieser gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Briese! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich nicht nur darüber, dass die Deutschen bei der Weltmeisterschaft so gut Fußball spielen und verdientermaßen das Achtelfinale erreicht haben und dass das wirklich ein wunderbares, fröhliches, ausgelassenes Fußballfest ist - wir haben gestern darüber gesprochen -, sondern ich freue mich auch sehr darüber, dass überhaupt nichts davon zu sehen ist, dass irgendwelche Hooligans durch unsere Straßen rennen. Für mich ist es ein unglaublich positives Zeichen ist, dass nicht irgendwelche Glatzen mit Kampfstiefeln durch unsere Städte rennen und damit das Land schwer beschädigen. Das ist meines Erachtens eine ganz wunderbare Entwicklung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - David McAllister [CDU]: Das liegt an Schünemanns Sicherheits- konzept!)

Ich habe mich außerdem darüber gefreut, dass mehrere wichtige Tore der Nationalmannschaft von Nationalspielern geschossen worden sind, die einen Migrationshintergrund haben.

(Zuruf: Miro Klose!)

Ich sage das nicht, weil ich irgendwie multikultibeseelt bin, weil ich das ganz toll finde oder weil Ausländer bessere Menschen sind, sondern ich sage das, weil das ganz deutlich zeigt, wie dumpfbackig und dumm der stumpfe Rassismus der Rechtsradikalen ist, der immer nur sagt, dass nur gute Deutsche das hinbekommen würden. Ich finde, die deutsche Nationalmannschaft in ihrer Zusammensetzung zeigt momentan wunderbar, wie das ganze rassistische Konzept ad adsurdum geführt wird. - Das als Einleitung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das hatten wir 1954 auch!)

Trotz der gut verlaufenden, sehr friedlichen und sehr fröhlichen Weltmeisterschaft haben wir in der Bundesrepublik und auch in Niedersachsen ein großes Problem mit Rechtsradikalismus. Wir haben in diesem Landtag mehrfach darüber gesprochen. Sie kennen die Berichte des Verfassungsschutzes sowohl des Bundes als auch der Länder. Wir haben ein erschreckendes Anwachsen von rechtsradikalen Straftaten.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das haben wir nicht, ganz objektiv nicht! Alle Zahlen besagen das!)

- Es ist wirklich peinlich, wenn der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion nicht einmal die amtlichen Verfassungsschutzberichte kennt. Lesen Sie die einmal nach, Herr Biallas! Das ist ja wirklich schlimm. Sie sind ja völlig desinformiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Das stimmt nicht!)

Die halbe Bundesrepublik diskutiert momentan in großen Tageszeitungen das Problem des anwachsenden Rechtsradikalismus. Wir haben eine große Debatte darüber gehabt, ob wir No-go-Areas haben. Wir haben verschiedene Übergriffe auf Ausländer oder Angehörige von Minderheiten gehabt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es sehr fahrlässig, die alte Strategie zu fahren und das Problem zu leugnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es auch nicht richtig, dass die Landesregierung in ihren Konzepten gegen den Rechtsradikalismus immer nur auf Verfassungsschutz und Polizei setzt. Natürlich sind auch das Maßnahmen, die wir brauchen; das stellt ja niemand in Frage. Natürlich brauchen wir Polizei, die das überwacht. Wir brauchen wahrscheinlich auch einen Verfassungsschutz, der in die parteilichen Strukturen eingreift und sie kontrolliert. Aber wir brauchen nicht nur das. Wir brauchen mehr. Wir brauchen auch vernünftige bildungspolitische Aktivitäten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss in diesem Landtag auch immer und immer wieder erwähnen, dass es ein riesiger bildungspolitischer Fehler von Ihnen war, die Landeszentrale für politische Bildung abzuwickeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Man hätte diese Einrichtung reformieren können, man hätte sie modernisieren können, man hätte sie effizienter ausgestalten können, man hätte da vieles machen können. Aber Sie haben sie gleich geschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe den Eindruck, dass unser Antrag dahin gehend missverstanden worden ist, dass wir diese Einrichtung reanimieren bzw. von den Toten auferstehen lassen wollten. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Wir fordern in unserem Antrag die institutionelle Förderung eines unabhängigen Institutes gegen Rechtsextremismus und Gewalt. Wir meinen, dass nur Polizei und Verfassungsschutz nicht ausreichend sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, in diesen Zeiten ist es nicht zu viel verlangt, dass man mehr macht, als immer nur auf die Dienste zu setzen, die sich momentan in der Bundesrepublik ohnehin in einer sehr großen Glaubwürdigkeitskrise befinden. Da ist vieles aus dem Ruder gelaufen, was bereinigt werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über das NPD-Verbotsverfahren kann man von mir aus lang und trefflich streiten und darüber diskutieren. Die Sozialdemokraten sitzen ja mit in der Bundesregierung. Sie können versuchen, dieses Verbotsverfahren wieder in Gang zu setzen. Aber ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Unsere Skepsis diesbezüglich speist sich schlicht und ergreifend aus der Tatsache, dass die Verbotsverfahren zu verschiedenen Vereinen und Kameradschaften in den 90er-Jahren das Problem des Rechtsradikalismus in keiner Weise gelöst haben. Das muss man einfach einmal konstatieren. Da finden dann Metamorphosen statt, es werden Vereine oder Parteien neu gegründet, und das Problem ist in keiner Weise aus der Welt geschafft.

(David McAllister [CDU]: Eben!)

- Eben. - Deshalb sind wir in dieser Debatte immer ein bisschen kritisch. Man muss das Problem anders angehen: Man muss es bildungspolitisch angehen. Man muss es zivilgesellschaftlich angehen. Es gibt verschiedene Rezepte. Ein Verbotsverfahren allein reicht einfach nicht. Deshalb auch unsere Kritik an dem wachsweichen Antrag von CDU und SPD. Das ist eine Lobhudelei gegenüber dem, was die Landesregierung bis jetzt gemacht hat. Das reicht uns nicht. Deshalb können wir dem unser Plazet nicht geben.

Ich will abschließend ganz deutlich sagen: Ich finde es ausgesprochen schwach von der SPD, dass sie unseren Antrag nicht mittragen konnte. Es ist ein Armutszeugnis, das Sie hier abgelegt haben. - Dabei will ich es bewenden lassen. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Hans- Christian Biallas [CDU]: Das reicht auch!)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion - -

(Hans-Christian Biallas [CDU] und Ralf Briese [GRÜNE] sprechen mit- einander)

- Wenn Sie noch einen Dialog führen wollen, Herr Kollege Briese und Herr Kollege Biallas, gehen Sie bitte hinaus. Dann können Sie weiterhin in Ruhe diskutieren. Hier im Plenarsaal spricht jetzt nur eine, und das ist für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Jahns.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Rechtsextremismus beschäftigt alle demokratisch verantwortlichen Kräfte in diesem Land. Wir müssen uns sehr intensiv, aber auch sachlich mit diesem Thema auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Insofern möchte ich mich ganz herzlich bei der Fraktion der SPD dafür bedanken, dass wir - mit der Formulierung der Änderungen war es etwas schwierig, Frau Kollegin Leuschner - es letztlich hinbekommen haben, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Dafür noch einmal herzlichen Dank, denn ich halte es für besonders wichtig, dass wir alle uns gemeinsam mit diesem Thema auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU)

Die Art und Weise, lieber Kollege Briese, in der Sie mit diesem Thema in den letzten Sitzungen umgegangen sind, werde ich nachher noch ansprechen. Denn das wird diesem Thema nicht gerecht.

In dem vorliegenden Änderungsvorschlag sind Formulierungen wie „der Landtag begrüßt“, „der Landtag unterstreicht“, „er unterstützt die Landes

regierung“ verwendet worden. In diesen Formulierungen wird deutlich, meine Damen und Herren, das Thema Rechtsextremismus ist bei dieser Landesregierung und insbesondere auch beim Innenministerium sehr gut aufgehoben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb, lieber Kollege Briese: Nicht nur Verfassungsschutz und Polizei beschäftigen sich ausführlich mit diesem Thema und haben Aktivitäten entwickelt, sondern auch das Innenministerium in enger Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium und dem Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz. Aktivitäten und Maßnahmen sind entwickelt worden, um gerade junge Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren und sie zu veranlassen, sich damit auseinander zu setzen. Aufklärungskampagnen in den Schulen dienen als Präventionsmaßnahmen, um den jungen Menschen zu zeigen, welche Verantwortung in diesem Land gefordert wird, um sie mit dem Thema der deutschen Vergangenheit zu konfrontieren und um sie darauf aufmerksam zu machen, welches rechtsextremistische Gedankengut sich auch in diesem Land entwickeln kann.

Wir alle, meine Damen und Herren, die wir mit in dieser Verantwortung stehen, müssen dafür Sorge tragen, dass unsere demokratische Staatsform, die durch Toleranz, soziale Fürsorge, Solidarität und Gleichberechtigung aller Bevölkerungsschichten geprägt wird, nicht infrage gestellt wird.

Die Ausstellung des Landesamtes für Verfassungsschutz mit dem Titel „Unsere Demokratie schützen - Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus“ ist eine von vielen Aktivitäten dieser Landesregierung, die z. B. durch filmische Wiedergabe einen Überblick über die aktuellen Erscheinungsund Werbeformen der rechtsextremen Szene zeigt, die auf die einschlägigen Musikstücke, Internetforen und die verschiedenen Begrifflichkeiten der rechtsextremen Szene hinweist. Die Niedersächsische Landesregierung setzt damit ein Zeichen, das nicht nur im Inland, sondern auch in den angrenzenden europäischen Nachbarländern auf ein sehr großes Interesse gestoßen ist. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Aktivitäten des Innenministeriums, des Landesamtes für Verfassungsschutz, des Kultusministeriums, des Justizministeriums sowie der Ausländerbeauftragten umfassen einen breiten Kata

log von Aktivitäten und von Angeboten für Lehrer, Schüler, Eltern, aber auch für die Kommunen. Gerade das Aussteigermodell des Justizministeriums soll jungen Menschen die Möglichkeit bieten, in die Gesellschaft zurückzufinden. Damit geht unsere Landesregierung beispielgebend mit dem Thema Rechtsextremismus um.

Der gemeinsame Antrag der Fraktionen der CDU, der FDP und der SPD umfasst auch den Hinweis, das NPD-Verbot nicht aus den Augen zu verlieren. Dazu möchte ich sagen, Frau Kollegin Leuschner: Wir als CDU-Fraktion unterstützen die Auffassung unseres Innenministers, dass diese Szene zunächst einmal weiter beobachtet werden muss, um daraus Hinweise und Schlüsse zu ziehen, welche Möglichkeiten für die Landesregierung und das Land Niedersachsen bestehen, um dort aktiv zu werden und um eventuell zu sehen, welche Anträge gestellt werden können. Allein dadurch wird sich in Zukunft zeigen, welche Schritte eingeleitet werden können.

An dieser Stelle, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, möchte ich den vielen Menschen, die sich Aufmärschen der NPD sofort entgegengestellt und zu Gegendemonstrationen aufgerufen haben, besonders danken. In unserem Land gibt es eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die sich durch persönliches Engagement und Zivilcourage ausgezeichnet haben. Sie beweisen, dass Rechtsextremismus hier in Niedersachsen und auch in Deutschland keine Chance mehr bekommt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Viele Bürgerinnen und Bürger stehen zu unserem demokratischen Staat und setzen sich auch dafür ein.