Protocol of the Session on June 21, 2006

Das ist beschämend. Da haben Sie rigoros und in unnachsichtiger Weise brutale kinderfeindliche Politik gemacht, Herr Jüttner.

(Beifall bei der CDU)

Genau das ist das Problem. Herr Jüttner, Sie sind im Umgang mit Nullen sehr geübt, aber vom Geld haben Sie keine Ahnung.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Meinhold, für Ihren Zwischenruf erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Zuruf von der SPD: Was hat er denn gerufen? - Zuruf von der CDU: Sie hat gelogen!)

Herr Jüttner, möchten Sie darauf antworten?

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehöre dem hannoverschen Rat nicht an. Ich habe die Detailzahlen nicht zur Hand. Ich bin sicher, dass die Aussage von Frau Körtner nicht stimmt. Wir werden die Einzelheiten schriftlich nachreichen, damit Sie sehen, dass Sie sich vergaloppiert haben.

(Beifall bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Ich habe noch vergessen zu sagen, dass die Grünen aus Ihrem Beschluss wieder herauswollen!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Gesetzentwurf unter Tagesordnungspunkt 4 soll zur federführenden Beratung an den Kultusausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, den Ausschuss für Haushalt und Finanzen, den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 5 soll zur federführenden Beratung ebenfalls an den Kultusausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Auch das ist so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 6: Einzige (abschließende) Beratung: Schiffsverkehrssicherheit und Interessen der Küstenregion gewährleisten - Anforderungen an Windkraftanlagen im nahen Küstenbereich einhalten! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/2619 Beschlussempfehlung des Ausschusses für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 15/2903

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Annahme in geänderter Fassung

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Biestmann von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch geeignete Beschlüsse und Maßnahmen hat die Niedersächsische Landesregierung in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass sie für eine technologieoffene Energiepolitik steht. Das schließt einen Energiemix von unterschiedlichen Energieträgern ein. Die Niedersächsische Landesregierung steht für eine Energiepolitik, die sich an den Grundvoraussetzungen Preisgünstigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit orientiert. Der besondere natürliche Standortvorteil als Küstenland und Flächenland im Bereich der Windenergienutzung an Land, also im Onshorebereich, und auf See, also im Offshorebereich, wird dabei berücksichtigt.

Meine Fraktion unterstützt dieses grundsätzliche politische Ansinnen der Landesregierung. Im Prinzip geht es bei der heute diskutierten Verordnung nur um die Raumverträglichkeit, nicht um eine Planfeststellung. Es geht um eine raumordnerische Feststellung, die bis Ende 2010 Bestand hat und bei ausbleibender Bauphase sogar verfällt. Diese Verordnung zur Änderung des Teils II des LandesRaumordnungsprogramms besagt, dass der Landtag vorher Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekommt. Aufgrund der Neuartigkeit des zu regelnden Sachverhalts ist es notwendig, nicht nur eine Stellungnahme abzugeben, sondern das Verfahren mit einem Antrag politisch zu begleiten. Damit werden wir zugleich die Bedeutung der geplanten Vorhaben sowie die Wichtigkeit der zu

berücksichtigenden Interessen unterstreichen, meine Damen und Herren.

Die Windenergienutzung auf dem Meer bietet große Chancen für niedersächsische Unternehmen und für die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze. Sie kann einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der energiepolitischen Herausforderungen leisten. Das Küstenmeer bietet günstige Voraussetzungen zur Erprobung der Nutzung der Windenergie auf dem Meer. In diesem hochsensiblen Bereich hat die sorgfältige und frühzeitige Abwägung der Belange anderer Potenziale und Nutzungen wie Schifffahrt, Tourismus oder Fischerei hohe Bedeutung. Dies leistet das Landes-Raumordnungsprogramm nach umfassender Prüfung und Abwägung aller relevanten Belange. Im Rahmen der Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms wird die raumordnerische Verträglichkeit für zwei Eignungsgebiete zur Erprobung der Windenergienutzung auf See festgestellt.

Auf zwei Flächen im Bereich Riffgat und Nordergründe soll die Offshorewindenergienutzung in geringerer Wassertiefe und küstennah unter technologischen und logistischen Gesichtspunkten erprobt werden. Hiermit soll auch eine Verspargelung der Landschaft verhindert werden. Das bedeutet schließlich auch, dass es eine Ausschlusswirkung für alle anderen Bereiche im Nearshorebereich gibt. Damit formulieren wir hier den Grundsatz, dass wir im Nearshorebereich - wie wir das in verschiedenen Programmen deutlich gemacht haben - grundsätzlich keine Windkraftnutzung wollen, sondern hier allenfalls in der Pilotphase zwei Gebiete genehmigen wollen.

(Zustimmung bei der FDP)

Das gilt nicht für den Offshorebereich in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, dessen Nutzung wir aufgeschlossen gegenüberstehen.

Meine Damen und Herren, der Bedarf für diesen Zwischenschritt, nämlich zunächst eine Pilotphase im Nearshorebereich anzugehen, wurde von der Industrie reklamiert und wird mit der internationalen Entwicklung begründet. Auch wenn es hier unterschiedliche Einschätzungen gibt, so müssen wir politisch davon ausgehen, dass dies notwendig sein wird. Die Erfahrungen aus der Zwölfseemeilenzone sollen den Schritt in die Ausschließliche Wirtschaftszone mit hohen Anforderungen durch die großen Wassertiefen und die weiten Entfer

nungen von der Küste erleichtern, indem die neue Technik besser eingeschätzt werden kann.

Das Landes-Raumordnungsprogramm schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die befristete Erprobung der Windenergienutzung im Bereich der Zwölfseemeilenzone des niedersächsischen Küstenmeeres. Zwischen den Eignungsgebieten und den wichtigen Schifffahrtsstraßen werden im Landes-Raumordnungsprogramm Mindestabstände festgestellt, ebenso Vorgaben zur Kabelführung unter Berücksichtigung der Schiffssicherheit und anderer wichtiger Belange. Die Entscheidung über einzelne Anlagenstandorte und die technische Ausführung der Kabelverlegung in der Zwölfseemeilenzone kann erst in der nachfolgenden Genehmigungsphase erfolgen; das ist sehr wichtig. Diese Genehmigungsverfahren obliegen eben nicht ausschließlich dem Ermessen des Landes, sondern oft der Bundesgesetzgebung, wie wir wissen.

Windparks, meine Damen und Herren, bedürfen einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Für die Netzanbindung sind je nach Lage des Einzelfalls verschiedene Genehmigungs- bzw. Zulassungsverfahren erforderlich, u. a. nach dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Niedersächsischen Wassergesetz und dem Niedersächsischen Deichgesetz, und Befreiungen von Verboten des Gesetzes über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“. In diesen Verfahren ist unter sorgfältiger Abwägung der örtlichen Gegebenheiten und Gefahrenpotenziale im Einzelfall zu entscheiden. Ich nenne die Schiffssicherheit als Beispiel: Wir halten Abstände zwischen hochfrequenten Feederverkehren - das sind die kleinen Containerschiffe - und Windkraftgebieten von 2 Seemeilen für sehr wichtig. Den Abstand von bisher 500 m haben wir aus Sicherheitsgründen auf das Sechseinhalbfache erhöht und fordern hier 2 Seemeilen.

Ich möchte hier nochmals Folgendes zum Ausdruck bringen: Das Verfahren wird unter sorgfältiger Bewertung der örtlichen Gegebenheiten vonstatten gehen.

(Johanne Modder [SPD]: Dann ziehen Sie doch Ihren Antrag zurück!)

Konflikte bei der Kabelführung können sich neben der Beeinträchtigung der Schiffssicherheit auch bei den Belangen des Naturschutzes ergeben. Bewertungskriterien und Lösungen zu den offenen

Fragen der hinreichenden Schiffssicherheit und des Naturschutzes werden auf Bund-LänderEbene erörtert. Erkenntnisse sind bei weiteren Planungen zu berücksichtigen.

Das Fazit, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Landtag ist beteiligt. Wir schlagen dem Landtag vor, hier grundsätzlich dieser Änderung des Raumordnungsprogramms zuzustimmen. Wir möchten die Landesregierung aber in einem begleiteten Antrag bitten, dass hier weitere Forderungen im Bereich der Schiffssicherheit ernst genommen werden, Mindestabstände einzuhalten, und im Bereich der Kabelführung darauf zu achten, dass Ankertiefen der Schiffe und Schifffahrtswege beachtet werden. Das haben wir mit einem zusätzlichen Antrag versehen, und wir bitten, diesen Antrag zu unterstützen und damit insgesamt die Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms zu unterstützen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächste Rednerin ist Frau Modder von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf feststellen, dass der hier zur abschließenden Beratung vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen nicht mehr viel mit dem Ursprungsantrag vom Februar dieses Jahres zu tun hat. Das, meine Damen und Herren, ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings sind Sie auch von der Wirklichkeit nicht nur eingeholt, sondern bereits überholt worden; denn beide Projekte - Nordergründe und Riffgat haben ihre landesplanerische Feststellung bekommen, sodass das Raumordnungsverfahren abgeschlossen ist. Wir hätten daher von Ihnen erwartet, dass Sie Ihren Antrag aufgrund der veränderten Sachlage zurückziehen. Nachdem ich gerade dem Kollegen Biestmann zugehört habe, meine ich, dass Sie auf einer anderen Veranstaltung waren, Herr Biestmann.

Meine Damen und Herren, seit Oktober 2002 gibt es den Planungsauftrag, für die Zwölfseemeilenzone geeignete Gebiete für die Windkraftnutzung zu ermitteln, entgegenstehende öffentliche Belan

ge zu konkretisieren sowie die Netzanbindung geordnet abzustimmen und räumlich zu bündeln. Die festgelegten Eignungsgebiete - das ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig - mit Ausschlusswirkung werden im Landes-Raumordnungsprogramm abgesichert. Es ist in diesem Hause völlig unstrittig, dass es bei Vorhaben solchen Ausmaßes berechtigte Bedenken aus den Bereichen Schiffssicherheit, Naturschutz, Fischerei und auch Tourismus gibt. Aber Sie wissen genauso wie ich, dass die Genehmigungsverfahren für diese Vorhaben hochkomplex sind und ein unglaublich schwieriges Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren mit sich bringen.

Da Sie aber nach wie vor bei diesem - wenn auch abgeschwächten - Antrag bleiben, kann ich es Ihnen nicht ersparen, Sie auf ein paar Punkte aufmerksam zu machen.

Meine Damen und Herren, baurechtlich zählen Windenergieanlagen zu den nach § 35 des Baugesetzbuches privilegierten Vorhaben. Sie alle kennen die Diskussion dazu über Windenergieanlagen an Land. Durch das Ausweisen von Eignungsgebieten wird es ermöglicht, die Rechtswirkung nach § 35 zur Privilegierung einzugrenzen, indem Kriterien für die Nichteignung festgesetzt werden. Mit der Festlegung von zwei Eignungsgebieten zur Erprobung der Windenergienutzung auf See, nämlich Nordergründe und Borkum-Riffgat, ist die Zulassung weiterer Anlagen an anderer Stelle innerhalb der Zwölfseemeilenzone ausgeschlossen. Die Festlegung - das hat Herr Biestmann erwähnt - der Eignungsgebiete endet mit Ablauf des 31. Dezember 2010. Danach erstreckt sich die Ausschlusswirkung auf die gesamte Zwölfseemeilenzone.

Bereits vor acht Jahren wurde bei den ersten Überlegungen angestrebt, die beiden Gebiete Nordergründe und Borkum-Riffgat als geeignet anzusehen, weil sich dort die Konflikte erkennbar minimieren. So lauteten auch die Aussagen Ihres Ministeriums beim Erörterungstermin im Februar in Oldenburg. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurden die vorgesehenen zwei Eignungsgebiete erheblich verkleinert. Wesentliche Gründe hierfür waren die Belange des Schiffsverkehrs und der Hafenwirtschaft, der Küstenfischerei, des Tourismus sowie der Schutzanspruch bedeutsamer Vogellebensräume im Küstenmeer.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie noch auf ein weiteres Faktum aufmerksam machen.

Laut Pressemitteilung vom 10. Mai 2006 hat der Windkraftprojektierer EnergieKontor AG aus Bremen einen Genehmigungsantrag nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gestellt. Für BorkumRiffgat wird er im Moment vorbereitet und in der nächsten Woche eingereicht. Die landesplanerische Feststellung liegt bereits seit dem 12. Dezember 2003 vor. Für Borkum-Riffgat wurde die landesplanerische Feststellung Mitte März erteilt. Somit ist für beide Windparks das Raumordnungsverfahren abgeschlossen. Damit wurden Vertrauensschutz und Planungssicherheit geschaffen.

Niedersachsen als Küstenland ist das führende Windenergieland, und das muss auch so bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Zusammenhang mit der Windenergiegewinnung konnten allein in Niedersachsen bereits 10 000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei der Offshorewindenergie werden weitere 5 000 Arbeitsplätze für Niedersachsen erwartet. Im Offshoremarkt schlummern riesige Potenziale. Wir müssen allerdings höllisch aufpassen, dass wir in diesem Bereich nicht abgehängt werden. Denn es gibt zwar viele Planungen, einige Genehmigungen, aber leider bisher noch keine realisierten Offshoreprojekte. Maschinenbau, Elektroindustrie und maritime Wirtschaft stehen längst in den Startlöchern. Denn mehr als die Hälfte aller Investitionen und Arbeitsplätze werden bei den Gründungsspezialisten, Seekabelverlegern, Baufirmen, Werften, Logistikund Wartungsunternehmen entstehen.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie zugeben, dass Sie grundsätzlich gegen diese Erprobungsstandorte innerhalb der Zwölfseemeilenzone sind und krampfhaft versuchen, die Projekte zu verzögern oder gar zu verhindern. Aufgrund der bereits genehmigten Windparks in der Ausschließlichen Wirtschaftszone sowie der an anderer Stelle bereits betriebenen Windparks im Offshorebereich lassen Sie an der Notwendigkeit einer Erprobung innerhalb der Zwölfseemeilenzone zweifeln. Genau das ist der Punkt, um den es Ihnen wirklich geht.

Der Ausbau der Windenergienutzung in der Nordsee ist eine riesige technische Herausforderung. Wir halten daher die anlagenbau- und betriebstechnische Erprobung innerhalb der Zwölfseemeilenzone für erforderlich. Genau das hat auch Ihre eigene Landesregierung im Verfahren bestätigt.