Protocol of the Session on February 23, 2006

Nur 5 % der Elternzeitler sind Männer. Deshalb ist es richtig, das Elterngeld so auszugestalten, dass Väter zwingend zwei Monate davon in Anspruch nehmen müssen. Wenn sich das gleichberechtigt auch auf die Männer verlagert, verringert das sozusagen das Risiko für die Frauen, die bislang als alleiniges Risiko für die Chefs gelten. Aber schon dieser kleine Schritt war ja einigen aus der CDU zu viel. Was haben die Männer nicht aufgeheult bei der Vorstellung, Väter in die Säuglingsphase ihrer eigenen Kinder einzubeziehen? Aber so ist das im Allgemeinen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Es ist wirklich antiquiert, wie Sie reden!)

Männer beteuern ihre Bereitschaft, sich mehr zu engagieren. Aber wenn es zum Schwur kommen soll, lässt der Beruf dies leider, leider nicht zu. Verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre nennt der Soziologe Ulrich Beck dieses Phänomen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen. Einen letzten Satz gestatte ich Ihnen.

Ein letzter Satz. Wir sollten nicht vergessen, dass die Lösung des gesamten Problems einer weiteren Beteiligung von Männern an der Erziehungsarbeit erheblich davon abhängt, inwieweit sich Frauen gleichberechtigt im Berufsleben weiterentwickeln können; denn nur wenn Frauen den gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen und gleichberechtigte Chancen haben, haben sie überhaupt die Option, dass der Vater zu Hause bleiben kann und trotzdem das Geld reicht.

(Zustimmung von Hermann Eppers [CDU])

Insofern ist es sehr kontraproduktiv, dass hier in Niedersachsen in der Vergangenheit die gesamte Frauenpolitik von dieser Koalition platt gemacht worden ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Meißner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Platt gemacht wurde hier gar nichts. Ich finde es platt, darüber im Zusammenhang mit einer Väterrolle zu reden, die wir stärken wollen.

(Beifall bei der CDU)

Verschiedene Sachen an dieser Debatte sind sehr gut. Ich finde es z. B. sehr gut, dass hier zwei engagierte aktive Väter geredet haben, die offensichtlich gerne Väter sind und für die Väter streiten. Das hat mir sehr gut gefallen.

Nicht gut fand ich, dass das jetzt wieder benutzt wurde - auch von Frau Bührmann -, um zu sehen, wer mehr und wer weniger für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie getan hat. Wir sollten alle sehen, dass wir weiter nach vorne kommen und etwas für Väter und für Mütter erreichen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was den Antrag angeht, so stimme ich mit Ihnen, Frau Helmhold, überein, dass wir eine Bestandsaufnahme zur Väterarbeit nicht brauchen. Wir wissen viele Fakten. Genauso ist es mit der

Frage, was zur Väterarbeit dazu gehören soll. Das hätte ich genauso gesehen.

Ein Konzept mit Vorschlägen kann ich mir sehr gut vorstellen. Es gibt schon einiges in Niedersachsen, was wir tun. Es ist aber auch richtig, wie es betont wurde, dass beim Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ meistens an Mütter und nicht an Väter gedacht wird. Die Väter mehr nach vorne zu bringen, halte ich für ganz wichtig. Das nützt gleichzeitig den Müttern. Wir müssen das unbedingt machen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ferner wurde gesagt, wir sollten Initiativen unterstützen. Das ist völlig klar. Die Förderung von Netzwerken ist auch in Ordnung. Über das Elterngeld und bestimmte Zeiten, die nur für Väter gedacht sind, wurde in meiner Partei sehr heftig und kontrovers diskutiert. Viele bei uns sagen, es darf keine Verpflichtungen geben, sondern es soll jedem freigestellt werden. Meiner persönlichen Meinung nach wäre es gut, wenn es für Väter verpflichtend wäre; denn ich glaube, dass die Väter davon profitieren würden und auch die Gesellschaft weiter käme. Aber das ist, wie gesagt, bei uns in der Partei noch nicht abgestimmt.

Eindeutig ist eine zentrale Forderung der FDP das hat auch Ina Lenke aus der Bundestagsfraktion anlässlich der Regierungserklärung der neuen Bundesfrauen- und -familienministerin gesagt -: für Mütter mehr Berufstätigkeit und für Väter mehr Familienarbeit.

Wie sieht es jetzt aus, was brauchen wir für die Väterrolle? - Wir brauchen, denke ich, vor allem eine Imagekampagne für Väter. Sie muss meines Erachtens noch weiter gehen, als es in dem Antrag der SPD-Fraktion angesprochen wird. Wir müssen z. B. vom Weichei-Image wegkommen, das ein Vater, der sich zu seiner Vaterrolle bekennt und der auch Familienarbeit machen will, heute eindeutig hat, und zwar nicht nur in den Köpfen der Männer, sondern auch in den Köpfen einiger Frauen.

(Zustimmung von Hans-Werner Schwarz [FDP])

Das weiß ich aus eigener Erfahrung; denn mein Mann und ich haben Jobsharing gemacht. Bei mir wurde gesagt: Na ja, halbtags arbeiten und dann Kinder hüten ist okay. - Bei meinem Mann wurde

gesagt: Was ist denn das für ein Typ, der sich freiwillig in solche Niederungen der Arbeiten begibt? - Das ist überhaupt nicht zuträglich gewesen. Davon müssen wir ganz eindeutig weg.

Wir müssen bei einer Imagekampagne auch betonen, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen - da bitte ich Sie einmal zuzuhören; denn viele machen sich das gar nicht klar - Familienarbeit für Väter haben kann. Es geht nicht nur um die generelle Beteiligung an der Erwirtschaftung des Bruttosozialprodukts, sondern es ist nachweislich so: Wer Familienarbeit macht, erhält zusehends mehr soziale Kompetenzen, ist besser im situativen Führungsstil - das ist das, was Managern, die in Führungspositionen arbeiten, heute in Kursen für teures Geld beigebracht wird - und kann auch Chaosmanagement und Zeitmanagement hervorragend lernen. Familienarbeit ist also nicht nur eine Schule fürs Leben, sondern auch für die höheren Etagen des Managements, wo heute gerade solche Qualitäten nachgefragt werden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

In Bewerbungsgesprächen wird Frauen im gebärfähigen Alter immer wieder die verbotene Kinderfrage gestellt: Wollen Sie Kinder, wie viele, und wie stellen Sie sich das mit der Vereinbarkeit vor? - Ich wünsche mir, dass man diese Frage nicht im negativen, sondern im positiven Sinne stellt und auch Väter einbezieht, dass man fragt: Haben Sie Kinder? Wer betreut sie? Wollen Sie sie auch mit betreuen? - Es wird noch viel passieren, bis wir dahin kommen. Aber das ist etwas, was wir eigentlich bräuchten. Das gilt auch für das Ehrenamt. Wenn Frauen einen Vorstandsposten bekleiden wollen, dann werden sie häufig gefragt: Wie kriegst du das gebacken, du hast doch kleine Kinder? Bei Vätern kommt niemand darauf, so etwas zu fragen. Solange das so ist, haben wir alle gemeinsam noch eine ganze Menge zu tun, um da zu Verbesserungen zu kommen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Im Berufsleben brauchen wir Teilzeit- und Jobsharingangebote für Frauen und für Männer. Bei Männern, die freiwillig Teilzeit nachfragen, was viel zu wenig angeboten wird, ist es immer noch so, dass sie komisch angeguckt werden. Damit komme ich wieder zu dem Weichei-Image. Dazu gäbe es auch Best-Practice-Beispiele, die man benennen könnte. Unser FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hat als,

so glaube ich, immer noch einziger Bundestagsabgeordneter männlichen Geschlechts ein Elternjahr in Anspruch genommen, und er redet darüber; das finde ich gut. Es gibt andere, die das eher im Verborgenen tun. Ich weiß von einer Frau, die eine gute Position bei den kommunalen Spitzenverbänden hat und die jetzt Mutter geworden ist. Ihr Mann hat die Tätigkeit in einem guten Job ausgesetzt, um sein Kind zu betreuen. Er redet aber nicht darüber, weil es schädlich für ihn sein könnte. So etwas darf nicht sein, und daran müssen wir arbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Schließlich müssen Frauen den Vätern etwas zutrauen. Sie müssen ihnen bei der Kinderbetreuung etwas zutrauen und auch loslassen können. Das können Frauen auch nicht immer. Frauen trauen Männern nicht zu, Väter zu sein und Familienarbeit zu erledigen, und sie lassen nicht genug los.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist auch ein Problem!)

Das heißt, wir brauchen - das habe ich extra da und halte es jetzt hoch - ein Herz für Väter. Das ist gut für die Kinder, weil sie die Väter erleben. Das ist gut für die Frauen, weil sie dadurch stärker als bisher Gleichberechtigung erfahren können. Es ist gut für die Wirtschaft. Ich habe Ihnen gesagt, dadurch werden soziale Kompetenz und Managementfähigkeiten gefördert, und wir haben bessere männliche Mitarbeiter in den Firmen. Es ist gut für den demografischen Wandel; denn wenn es angesehen ist, Vater zu sein und sich um Kinder zu kümmern, wenn diese Rolle angehoben wird, dann denke ich, haben auch wieder mehr Männer Lust auf Kinder, als es jetzt teilweise der Fall ist.

Jetzt müssen Sie zum Ende kommen.

Der allerletzte Punkt: Ein Herz für Väter zu haben, ist natürlich auch gut für die Männer und für die Väter, die ganz bewusst Väter sein wollen. Daran müssen wir alle zusammen arbeiten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich muss Ihnen jetzt leider das Mikrofon abschalten. So ist das mit den neuen Redezeiten. Wir halten uns hier oben etwas strenger daran, als wir es vorher getan haben.

Für die SPD-Fraktion Herr Kollege Schwarz. Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Einbringung unseres Antrages habe ich ganz bewusst auf jeden inhaltlichen und persönlichen Angriff in irgendeine Richtung verzichtet.

(Zuruf von der CDU: Das ist selten bei Ihnen!)

- Ja, das mag ja sein. Ich habe aber deshalb darauf verzichtet, weil ich der Meinung bin, dass wir uns in dieser Sache - die Debattenbeiträge haben dies ja deutlich gemacht - eigentlich einig sind. Wir sind da ganz nah beieinander. Es geht hier auch nicht um einen Geschlechterkampf. Sicherlich ist es so, wie Frau Helmhold es gesagt hat: Natürlich gibt es Väter, die sich Erziehungsaufgaben entziehen. Auch das habe ich gesagt. Keine Frage. Es gibt aber eine ganze Menge Väter, die gerne Väter sind und ihre Rolle ausleben wollen. Häufig aber gibt es gesellschaftliche Schranken, die das nicht ermöglichen. Deshalb müssen wir versuchen, diese Tatsache stärker ins Bewusstsein zu rücken.

Ich habe mich aus folgendem Grund zu Wort gemeldet: Lieber Norbert Böhlke, wenn man die Debatte hier so sachlich angeht, halte ich es für nicht in Ordnung, einen Kollegen herauszupicken - in diesem Fall Günter Lenz - und diesen hier in der Art und Weise vorzuführen, in der Sie es getan haben.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Ich finde das erstens deshalb nicht in Ordnung, weil der Kollege zum Zeitpunkt der Debatte gar nicht anwesend war, sodass er sich nicht unmittelbar verteidigen konnte.

(Zurufe von der CDU)

- Was ist das hier eigentlich für eine Diskussionskultur? - Zweitens finde ich das deshalb nicht in

Ordnung, weil Sie wissen, dass sich Herr Lenz bei der betreffenden Bürgermeisterin entschuldigt hat.

(Zuruf von der CDU: Wissen wir nicht!)

Das, was er dort gesagt hat, war nicht in Ordnung. Solche Sprüche werden aber auf allen Seiten gemacht. Auch auf Ihrer Seite gibt es Kolleginnen und Kollegen, denen so etwas raus rutscht. Das muss man dann in Ordnung bringen.