Protocol of the Session on January 25, 2006

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ablehnen möchte, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt und der Gesetzentwurf abgelehnt.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass wir nunmehr in die Mittagspause eintreten. Wir werden uns um 15 Uhr hier wiedersehen. Bis dahin wünsche ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Appetit.

Unterbrechung der Sitzung: 12.59 Uhr.

Wiederbeginn der Sitzung: 15.01 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die für die Mittagspause unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drs. 15/2007 - b) Gegen die Zerschlagung einer einheitlichen Datenschutzkontrolle in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs 15/1996 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/2526

und

Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Handlungsfolgen aus dem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz 2003/2004 - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2387

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport in Drucksache 2526 lautet zu a und b auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 4 ist nicht vorgesehen.

Der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Tagesordnungspunkt 5 wird durch die Abgeordnete Leuschner von der SPD-Fraktion eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Datenschutz in Niedersachsen ist mit Beginn dieses Jahres entschieden geschwächt worden. Ich könnte es auch noch krasser formulieren: In Niedersachsen wird der Datenschutz mit Füßen getreten.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

- Ich komme gleich noch darauf. Hören Sie sich einmal an, was Ihr Kollege Biallas gesagt hat!

Wir haben den Sachverhalt zu den Tagesordnungspunkten 4 a und b ja schon im Juni-Plenum ausführlich diskutiert. Damals habe ich ausgeführt, dass der niedersächsische Innenminister, Herr Schünemann, wieder einmal zugeschlagen hat.

Mittlerweile ist das Realität, meine Damen und Herren. Seit dem 1. Januar ist der unabhängige Landesbeauftragte für den Datenschutz seiner Kompetenz enthoben. Die Zuständigkeit für die datenschutzrechtliche Kontrolle und die Beratung von nichtöffentlichen Bereichen ist auf das Innenministerium übertragen worden. So können wir der Broschüre des Datenschutzinstitutes Niedersachsen, in der Kurse, Seminare, Workshops und Gesprächskreise angeboten werden, Folgendes entnehmen - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich -:

„Es fehlen im Programm 2006 allerdings Angebote für den nichtöffentli

chen Bereich, da der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach dem Willen der Landesregierung die Zuständigkeit für die Datenschutzaufsicht im nichtöffentlichen Bereich zum 1. Januar verloren hat.“

Meine Damen und Herren, hören Sie jetzt einmal zu:

„Es dürfen weder Kurse, Seminare, Workshops und Gesprächskreise für betriebliche Datenschutzbeauftragte oder andere Zielgruppen aus der Wirtschaft nun nicht mehr angeboten werden. Gerade für die Qualifizierung der internen und externen betrieblichen Datenschutzbeauftragten oder der Datenschutzberater im gewerblichen Bereich ist dies sicherlich eine spürbare Lücke.“

Dieses Vorwort spricht meiner Meinung nach für sich, meine Damen und Herren.

In den vergangenen Jahren hat sich die Datenschutzaufsicht im nichtöffentlichen Bereich immer mehr zu einer Dienstleistung hin entwickelt. Der hohe Sachverstand des Landesbeauftragten wurde von Unternehmen und Verbänden in Niedersachsen gern und häufig nachgefragt.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Von wem denn?)

Das Gleiche gilt für die gemeinsam mit großen niedersächsischen Unternehmen und Verbänden erarbeiteten Handreichungen für einen datenschutzgerechten Internetauftritt der Wirtschaft sowie für die mit dem niedersächsischen Einzelhandelsverband abgestimmten Hinweise zum Umgang mit Kundendaten. Kundendaten betreffen Sie auch, Herr Biallas. Ich weiß aber, dass Sie den Datenschutz im Grunde genommen ganz abschaffen wollen. Sie sind auch der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land - da berufen Sie sich ja auf eine dubiose Umfrage - des Datenschutzes nicht mehr bedürfen. Wir sind aber anderer Meinung und vertreten den Standpunkt, dass die Übertragung der Zuständigkeit für den nichtöffentlichen Bereich auf das Innenministerium ein gravierender Fehler ist.

Meine Damen und Herren, in der Anhörung haben Ihnen Expertinnen und Experten ja auch einiges gesagt. Sie haben darauf hingewiesen, dass damit

keine Kosten eingespart werden können und dass sich das Modell, das wir in Niedersachsen hatten, auch in anderen Ländern bewährt hat und durchaus sinnvoll ist, weil der nichtöffentliche Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnt. Deshalb meinen wir, meine Damen und Herren, dass unser Gesetzentwurf, mit dem wir uns für die Beibehaltung der alten Regelung durch eine Änderung des § 22 Abs. 6 einsetzen, durchaus zustimmungswürdig ist.

Wir von der SPD-Fraktion stimmen selbstverständlich auch dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu. Sie haben dies im Ausschuss nicht gemacht. Von daher wissen wir, in welche Richtung Sie im Endeffekt gehen wollen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen. Vielleicht gibt es Ihnen zu denken, dass auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst Ihre Haltung kritisiert hat. Wahrscheinlich wird auch auf EU-rechtlicher Ebene noch etwas auf Sie zukommen. Darüber muss noch einmal nachgedacht werden.

Meine Damen und Herren, Ihre Entscheidung steht wahrscheinlich schon fest. Das verwundert mich nicht. Deshalb haben wir mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen gemeinsamen Antrag vorbereitet, mit dem der Datenschutz in Niedersachsen gestärkt werden soll. Mit der Änderung des § 22 Abs. 6 - das habe ich eben schon erwähnt - wollten wir altes Recht wiederherstellen. Wir legen Ihnen einen gemeinsamen Antrag vor. Ich hoffe, dass er nun die Zustimmung auch der Fraktionen der CDU und der FDP im Landtag erhält.

(Zuruf von Hans-Christian Biallas [CDU])

- Ich möchte Ihnen das noch einmal erklären, Herr Biallas. Wir wollen, dass endlich konkrete Handlungsfolgen aus dem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz gezogen werden. Ziel unseres gemeinsamen Antrages ist es, die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Anregungen und Vorschlägen des Landesdatenschutzbeauftragten in einer öffentlichen Landtagsdebatte zu führen und die wichtigen Forderungen des Datenschutzes nicht in internen Beratungen versanden zu lassen. Wie Ihnen bekannt ist, hat der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte nach § 22 Abs. 3 des Gesetzes alle zwei Jahre die Verpflichtung, aber auch - das betone ich

hier noch einmal - das Recht, einen Tätigkeitsbericht vorzulegen.

Dieser Tätigkeitsbericht ist unserer Meinung nach das wichtigste Instrument, um den Landtag und die Öffentlichkeit über datenschutzrechtlich bedeutsame Fragestellungen und Vorfälle zu unterrichten. Die Unterrichtung im Tätigkeitsbericht war Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, nicht ganz angenehm, weil darin auch politische Entscheidungen und Gesetze kritisiert worden sind. Wir meinen, dass der Tätigkeitsbericht hier im Landtag debattiert werden muss.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Warum haben Sie das in den 13 Jahren Ihrer Regierungstätigkeit nicht gemacht?)

Ziel unseres Antrages ist es, die inhaltliche Auseinandersetzung hier in einer Landtagsdebatte zu führen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, den Datenschutz in Niedersachsen ernst nehmen, dann können Sie unseren Antrag ja unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt gehe ich noch einmal auf die einzelnen Punkte ein, meine Damen und Herren. Wir sehen in der Tätigkeit des Landesdatenschutzbeauftragten und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Datenschutzbewusstseins in Verwaltung und Wirtschaft und auch eine Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für den Schutz und die Wahrnehmung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Vielleicht findet das nicht Ihre Zustimmung, Herr Biallas.

Frau Abgeordnete Leuschner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Biallas?

(Lachen bei der CDU)

Wir wollen, dass bei der Ausarbeitung von Rechtsund Verwaltungsvorschriften, die die Regelungen zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum Gegenstand haben, rechtzeitig eine Anhörung des Landesbeauftragten für den Datenschutz stattfindet, sodass Anforderungen, die sich aus der Sicht des Datenschutzes und der technischen

Datensicherheit ergeben, bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die Überlegungen einbezogen werden können.

Wir fordern die Landesregierung auf, schnellstmöglich einen Gesetzentwurf über die aus Anlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2005 erforderlichen Änderungen des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzulegen. Wir halten es für wichtig, dass bei automationsgestützten Verfahren der Personal- und Haushaltsbewirtschaftung Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der dabei verarbeiteten personenbezogenen Daten in vollem Umfang gewährleistet werden müssen. Hierfür ist es notwendig, dass die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen der Datensicherheit in einem Sicherheitskonzept zusammengefasst werden.

Wir erwarten, dass die in dem Sicherheitskonzept vorgesehenen Maßnahmen vor Aufnahme des Echtbetriebes des jeweiligen Verfahrens umgesetzt und in ihrer Wirkung durch ein Technikfolgencontrolling begleitet werden, und wir halten die vom Landesbeauftragten für den Datenschutz gemeinsam mit der Sozialministerin sowie mit den Standesorganisationen der Ärzte und mit Berufsund Patientenverbänden initiierte Aktion „Datenschutz in der Arztpraxis“ für eine gute Maßnahme, die weiter fortgesetzt werden sollte.

Frau Abgeordnete, kommen Sie zum Schluss!

Ja! - Wir halten es auch für notwendig, dass die Aktivitäten der Landesverwaltung und der Kommunen im Bereich des E-Governments für Datenschutz durch die Entwicklung datenschutzgerechter Lösungen und Anwendungen unterstützt werden.

Um es kurz zu machen: Wir wollen mit dem Antrag eine Stärkung des Datenschutzes. Demgegenüber will der amtierende Innenminister

(Zuruf von der CDU: Was heißt „am- tierend“? Der ist schon sehr lange im Amt!)

den Datenschutz offenbar demontieren und völlig vernachlässigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Herr Dr. Lennartz das Wort.