Leider hat sich zwischen diesen beiden Regierungsphasen nicht allzu viel im Lande Niedersachsen getan.
Ich freue mich, dass sich sowohl die Regierungsfraktionen als auch die größere Oppositionsfraktion mit diesem wichtigen Politikbereich beschäftigen und gemeinsam nach Lösungen suchen wollen. Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, zuerst unseren Antrag, den Antrag der Regierungsfraktionen, erläutern.
Niedersachsen als Agrarland Nummer eins ist auch einer der wichtigsten Forststandorte in Deutschland. Auf 1,1 Millionen ha, also auf 11 Milliarden m2, wächst ein Rohstoff, der unsere Geschichte auf vielseitigste Art und Weise geprägt hat und der auch in Zukunft eine herausragende Rolle spielen wird. Holz ist einer unserer wichtigsten Rohstoffe. Auf der bundesweiten Waldfläche von 10,7 Millionen ha wachsen jährlich 58 Millionen m3 dazu, von denen ungefähr nur 40 Millionen eingeschlagen werden. In den 25 EU-Staaten, also in der jetzt größer gewordenen Europäischen Union, werden jährlich knapp 340 Millionen m3 Rohholz produziert, aber mehr als 350 Millionen verbraucht. Es gibt also per Saldo Importe in beträchtlicher Größenordnung. Zusammen mit den neuen und dem Ausbau der bekannten Verwendungsmöglichkeiten bieten sich also durchaus erhebliche Chancen hier im Lande, vom Rohstoff bis zum Endprodukt Wertschöpfung zu erzielen.
Meine Damen und Herren, wer im Jahr 2000 einmal unter dem hölzernen EXPO-Dach gestanden hat, der hat eine ungefähre Ahnung davon, was der Baustoff Holz leisten kann. Dank neuer technischer Möglichkeiten sind Konstruktionen mit Spannweiten bis zu 100 m durchaus möglich. Groß- und Brückenbauwerke aus Holz sind realisierbar.
Meine Damen und Herren, wir brauchen in diesem Zusammenhang - da ist Politik, da sind wir, auch Sie, liebe Kollegen, gefragt - begleitend einen wirksamen Bürokratieabbau auch im Baubereich, wenn ich z. B. an erlaubte Geschosszahlen und Brandschutzvorschriften denke. Denn auch hier gibt es eine bemerkenswerte technische Entwicklung, die man berücksichtigen muss.
Nicht außer Betracht lassen sollten wir die Möglichkeiten des Exports deutscher Holzbautechnik im Hausbau, wo wir in Deutschland inzwischen bessere Qualitäten als die Schweden anbieten können. Fachwerktechnik aus Niedersachsen kann für Wohnhäuser eingesetzt werden, wo - wie beispielsweise im Iran - Erdbebensicherheit eine besondere Rolle spielt. Hier gibt es eine durchaus bestehende Nachfrage nach Material und Knowhow. Auch hier muss die Politik unterstützend tätig werden und Türen öffnen.
Meine Damen und Herren, die zukünftige Bedeutung von Holz geht weit über die allseits bekannten Verwendungen hinaus. Die Modifizierung von Holzeigenschaften ermöglicht die Produktion von Werkstoffen mit klaren und eindeutig definierten technischen Eigenschaften. Beispiel: Das so genannte Thermoholz entspricht in seiner Qualität Teakholz. Holzgranulat aus Lignin plus Hanf oder Sisal kann verflüssigt werden und lässt sich formen wie Kunststoff. Holz kann angesichts seiner positiven Ökobilanzen im Vergleich mit anderen Bauund Werkstoffen sowie wegen seines regenerativen Charakters durchaus als Werkstoff der Zukunft bezeichnet werden.
Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, einige Worte zur energetischen Holznutzung; Sie haben es eben angesprochen, Frau Kollegin. Holz ist, wie Biomasse insgesamt, gespeicherte Sonnenenergie. Heizanlagen auf Grundlage von Brennholz, Scheitholz, von Hackschnitzeln oder Pellets erfreuen sich angesichts der Preisentwicklung konkurrierender Energieträger besonderer Beliebtheit. Ein Raummeter Pappelholz beispielsweise ersetzt
120 l leichtes Heizöl, ein Raummeter Eiche beispielsweise 210 l. Sie konnten im rundblick lesen - ich will es nur noch einmal in Erinnerung rufen -: Die Kilowattstunde Wärme aus Holz kostet 1,8 Cent und bei Pellets 3,9 Cent, während Öl und Gas mit 5,5 bzw. 5,8 Cent deutlich teurer sind. Interessant und auch wichtig anzumerken ist, dass hinsichtlich der Lagerung, der Transporttechnik, der Arbeitswirtschaft und der Wirtschaftlichkeit insgesamt Erstaunliches in den vergangenen Jahren geleistet wurde.
Meine Damen und Herren, immer interessanter wird in diesem Zusammenhang auch die Produktion von Kraftstoff aus Biomasse, wobei Holz eine besondere Bedeutung hat. Choren Industries und Shell sind im Bereich BtL bzw. SunDiesel auf dem richtigen Weg, übrigens auch in Begleitung und mit Unterstützung von VW.
Ich möchte mir - Frau Kollegin, Sie haben es vorhin so formuliert - drei Bemerkungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Holz nicht verkneifen.
Erstens. Der in vielen Bereichen im Sinne einer nachhaltigen Waldwirtschaft und des Umweltschutzes notwendige Waldumbau gemäß LÖWE könnte durch den forcierten Einsatz von Holz beschleunigt werden. Das heißt, mehr Einsatz von Holz sorgt auch für mehr Umweltschutz im Waldbau.
Zweitens. Zur Umsetzung der oben genannten Ziele bedarf es einer rationellen und umweltschonenden Holzernte und leistungsfähiger Logistiksysteme, um Kosten zu sparen und das Ökosystem Wald zu schonen. Dazu - das ist natürlich besonders interessant und auch wichtig - bedarf es eines angemessenen Wegenetzes. Sie sehen, meine Damen und Herren, dass uns die vor einigen Monaten geführte Debatte hier im Hause einholt, dass ein solches Wegenetz sogar umweltpolitischen Zielen dient. Wer hätte das, meine Damen und Herren auf Ihrer Seite, gedacht!
Drittens. Die im Produktbereich 1 angestrebte „schwarze Null“ bei den Landesforsten ist erreichbar. Waldverkäufe im größeren Maße zur Haushaltssanierung sind - ich betone das eindeutig noch einmal; ich habe das hier mehrfach getan weder notwendig noch sinnvoll. Unsere Forstwirtschaft kann mit Ideen und Geschick tragfähige
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Chancen dieses - ich zitiere - „liebenswerten und nachwachsenden Materials Holz“ weiterzuentwickeln, sind unvorstellbar groß, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung in München.
Zum SPD-Antrag, den ich für eine gute Basis für die weiteren Beratungen im Fachausschuss halte und aus dem man etwas machen kann,
möchte ich folgende Bemerkungen machen. Wir brauchen langfristig einen Energie- und Materialmix, der am Markt bestehen kann und solide Grundlagen hat. Steuergelder und das Geld der Verbraucher sollen nicht über unvertretbar lange Zeit - wie möglicherweise im Bereich Windkraft - in den Betrieb von Anlagen gesteckt werden, sondern Forschung und Wissenschaft müssen breite Unterstützung erhalten. Die Wirtschaft ist hier von Anfang an komplett mit einzubinden.
Biogasanlagen bilden eine wichtige Säule der regenerativen Energieversorgung. Lassen Sie uns an dieser Stelle den Opfern des schweren Unglücks zu Beginn dieser Woche gedenken. Ihnen und ihren Angehörigen gilt unser Mitgefühl. Die Tragödie zeigt uns, dass auch hier Sicherheit oberste Priorität haben muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre ein bedeutender Schritt, wenn auf Bundesebene das EEG dahin gehend geändert würde, dass in Biogasanlagen erzeugtes Gas direkt ins Gasnetz eingespeist werden kann.
Meine Damen und Herren, alle angeführten Maßnahmen sind eine große Chance für die Entwicklung der ländlichen Räume, die durch die allgemeine Marktsituation, die EU-Agrarpolitik und beispielsweise auch die Änderung der Zuckermarktordnung vor großen Problemen stehen. Wir müssen und wir werden diese Chance nutzen.
Ich freue mich auf interessante und konstruktive Verhandlungen im Ausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Abgeordneter Oesterhelweg, weil Sie vorhin den Zwischenruf „Achterbahnen“ bekommen haben, ein Hinweis: Die größte Holzachterbahn der Welt steht in Niedersachsen, im Heidepark Soltau. - Ich gehe davon aus, dass der Zwischenruf andeuten sollte, dass man mit Holz viel machen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir im September-Plenum unsere Aktuelle Stunde und unseren Antrag „Innovationsoffensive ‚Weg vom Öl‘“ eingebracht und damit den parlamentarischen Aufschlag gemacht haben, haben sich erfreulicherweise jetzt auch die anderen Fraktionen auf den zumindest parlamentarischen Weg weg vom Öl gemacht. Im CDU-Antrag erkenne ich hocherfreut die Abarbeitung des Aufgabenzettels für Länder, den Renate Künast im letzten Jahr anlässlich ihrer „Charta für Holz“ vorgelegt hat. Die Landesregierung würde ein solches Verhalten jetzt als „hinter den fahrenden Zug werfen“ diffamieren. Aber wir sind nicht nachtragend, meine Damen und Herren. Wir bremsen gern noch einmal ab und sagen: Herzlich willkommen! Springen Sie auf!
Wir sprechen heute über ein Multitalent unter den erneuerbaren Energien, nämlich die Biomasse, die eine konstante, flexible und zuverlässige Erzeugung von Wärme, Strom und Kraftstoff ermöglicht. Dazu kommen die stofflichen Nutzungsmöglichkeiten. Dies alles wird heute nur zu einem Bruchteil genutzt. Trotzdem haben wir heute in diesem Bereich - ich beschränke es auf den energetischen Bereich - 50 000 Beschäftigte und das Branchenausbauziel für 2020 beläuft sich auf 150 000 Arbeitsplätze.
Schon heute werden jährlich 26 Millionen t CO2 eingespart; bis 2020 sollen es 120 Millionen t werden. Bis 2030 ist es nach neuesten Studien möglich, 60 % des Stroms, 10 % der Wärme und 12 %
der Kraftstoffe über Biomasse zu erzeugen. Wir haben mit der Biomasse die Möglichkeit, eine CO2neutrale Energie zu erzeugen. Darüber hinaus können wir damit noch viele weitere ökologische Effekte realisieren - ob das der Bodenschutz ist, der Trinkwasserschutz, die Vielfalt von Fauna und Flora, der Erholungswert der Landschaft oder die Erhaltung der genetischen Ressourcen. Wenn wir es richtig machen, ist all das gewährleistet.
Natürlich sind auch die ökonomischen Effekte nicht gering zu achten. Hier sind der Aspekt der Versorgungssicherheit, die Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Entwicklung exportierbarer Zukunftstechnologie zu nennen. Wenn wir das Basisjahr 2004 nehmen, ist auch die Einsparung von 3 Millionen Euro bei den Energieimporten durch erneuerbare Energien nicht zu verachten. Inzwischen dürfte das sogar wesentlich mehr sein.
Grundlage für diese Entwicklung - das sage ich in aller Bescheidenheit - ist zu einem sehr großen Teil unsere Politik gewesen. Wir sind es gewesen, die seit 25 Jahren für den Umstieg auf Sonne, Wind, Wasser und Biomasse geworben haben. Wir haben den Ausbau gefördert, wir haben das EEG wirksam gemacht, und wir haben für die Steuerbefreiung der Biotreibstoffe gesorgt.
Wie, meine Damen und Herren, sehen bei diesen Rahmenbedingungen, auch unter Berücksichtigung all der Dinge, die inzwischen schon angeleiert und geleistet worden sind, die Hausaufgaben der Landesregierung aus? - Man kann es in einem Satz zuspitzen: Jünde muss in Niedersachsen Schule machen. - Wir brauchen ein Startprogramm für Bioenergiedörfer und für Bioenergiestadteile mit Planungs- und Beratungshilfen. Wir müssen die Potenziale erfassen und ein Gesamtkonzept unter Beachtung von ökologischen und naturschutzfachlichen Belangen vorlegen. Wir brauchen ein Wissenschaftsnetzwerk, das die Grundlagenforschung anwendungsbezogen weiterentwickelt und die Dinge koordiniert. Viele andere Punkte kann ich aus Zeitgrünen jetzt gar nicht mehr nennen. Wir werden das im Ausschuss vertiefen.
Wir müssen aber auch die Gefahren im Auge behalten, um das Richtige daraus zu machen. Es kommt darauf an, wie man es macht; ich sagte es schon. Wir müssen sehen, dass das Ganze ökologisch und sozialverträglich vor sich geht. Wir müs
sen Umweltbilanzen beachten, und wir müssen vor allen Dingen darauf achten, dass die Wertschöpfung auch im Land und in den Dörfern bleibt bzw. dort ankommt. Ich will ein paar Beispiele nennen. Beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen kann das einmal in Richtung Maiswüste gehen, aber wenn wir es richtig machen, können wir auch eine Bereicherung der Landschaften durch neue Anbausysteme und Kultursorten erreichen.
Wir müssen Flächenerträge beurteilen, damit wir effektiv arbeiten. Dabei müssen wir beachten, dass die Flächenerträge bei Biodiesel und Ethanol relativ gering, auf der anderen Seite aber bei Biogas und bei den angesprochenen BtL-Strategien relativ hoch sind. Wir können bei der Struktur auf zentrale Großanlagen mit einem unvorteilhaften Flächensaugeffekt im großen Umkreis setzen. Wir können aber auch die neuen Karlsruher Forschungen nutzen und eine dezentrale Herstellung von Zwischenprodukten, den so genannten Slurry, anwenden, die dann zentralen Raffinerien zugeführt werden.
Ein letzter Satz. Bei aller Euphorie für diese neuen Techniken, die ich auch teile - das werden Sie sicherlich empfunden haben -, dürfen wir die beiden ersten E der berühmten drei E nicht vergessen: das Energiesparen und die Energieeffizienz. Ich fände es nämlich ziemlich pervers, wenn wir ein Auto, das 15 Liter Benzin schluckt, mit Biosprit betanken würden. - Schönen Dank.