Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Korter nach § 71 Abs. unserer Geschäftsordnung zwei Minuten Redezeit. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Körtner, ich glaube, auf diesen kleinen Wissenschaftsstreit brauchen wir nicht länger einzugehen. Ich beziehe mich auf das Max-Planck-Institut in Berlin und auf das Europäische Informationsnetzwerk Eurydice. Sie zitieren einen völlig unglaubwürdigen Wirtschaftswissenschaftler, der seine Studien selbst zurückgenommen hat.
(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: So können wir nicht miteinander umgehen! Das ist eine Unverschämtheit! - Weitere Zurufe von der CDU)
- Das können wir gerne hinterher machen, aber nicht in den zwei Minuten Redezeit, die ich habe. In dieser Zeit möchte ich auf den Minister eingehen.
Herr Busemann, Sie haben gesagt, wir hätten dieses Thema wegen der Wahlen auf die Tagesordnung gesetzt. - Dazu ist es uns viel zu ernst, Herr Minister!
Das Thema „Sitzenbleiben“ ist uns dazu viel zu ernst, und Sie sehen doch, dass wir es nach den Wahlen in den Landtag einbringen und nicht vor den Wahlen. Das hätten wir doch auch machen können.
Was passiert denn mit Sitzenbleibern? Seien Sie doch einmal ganz ehrlich. Sitzenbleiber bleiben bei uns nur ein Jahr sitzen und machen ein Jahr lang noch einmal das Gleiche. Kein Mensch in den Schulen - Sie kommen doch selbst in vielen Schulen herum und haben Erfahrungen gesammelt arbeitet wirkliche Förderprogramme für diese Sitzenbleiber aus.
Das müssen Sie mir erst einmal vormachen. Das habe ich noch nie erlebt - ich bin in vielen Schulen herumgekommen -, abgesehen von den Schulen,
Herr Minister, wollen Sie nun eigentlich das Sitzenbleiben reduzieren oder nicht? Oder finden Sie das Sitzenbleiben sogar gut? Ich habe nach Ihren Einlassungen das Gefühl gehabt, dass Sie das Sitzenbleiben in Ordnung finden und glauben, dass dadurch etwas gewonnen wird. Und Sie glauben auch - daran merkt man: der Kultusminister ist Jurist und eben kein Pädagoge -: Wenn ich „Förderung“ ins Gesetz schreibe - -
- Darf ich mal ausreden, Herr McAllister? - Wenn ich „Förderung“ ins Schulgesetz schreibe, findet sie auch statt.
Herr McAllister hat in der Zeitung angekündigt, dass er sich nun konstruktiver und zurückhaltender benehmen wolle. Ich warte gerne darauf.
Ich möchte gerne auf Herrn Busemann eingehen und nicht auf die Zwischenrufe von Herrn McAllister. Herr Busemann, Sie haben gesagt: Es findet eine Dokumentation der Förderung statt. Alles aufs Papier zu schreiben, Herr Minister, ist einfach zu wenig. Sie haben im gleichen Atemzug 2004 sämtliche Förderstunden gestrichen, mit denen man in der Lage gewesen wäre, Schülern an den Schulen tatsächlich solche Ansätze anzubieten. Man kann nicht nur „Förderung“ aufs Papier schreiben und sie in Wirklichkeit nicht stattfinden lassen. Das ist zu wenig. Da erwarten wir mehr von Ihnen.
In Bayern z. B. - das ist ja sonst Ihr Musterland gibt es die Versetzung auf Probe. Dort werden bei Kindern, die versetzungsgefährdet sind, im zweiten Halbjahr zusätzliche Fördermaßnahmen angedacht. Die FDP in Baden-Württemberg - Herr Schwarz, nur zu Ihrer Kenntnis - fordert eine starke Reduzierung und die Abschaffung des Sitzenbleibens und Fördermaßnahmen. Wir können uns gerne einmal austauschen, wie das in anderen Bundesländern läuft.
Niedersachsen ist offensichtlich gegen jede Innovation und lehnt sogar einen Modellversuch ab. Das ist mir für ein so ernstes Thema zu wenig. Herr Minister, da muss man mehr von Ihnen erwarten können.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wird empfohlen, den Antrag dem Kultusausschuss zur federführenden Beratung zuzuleiten. Mitberatend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen tätig sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 21: Einzige (abschließende) Beratung: Zukunftstaugliche Regelungen im EUChemiekalienrecht sicherstellen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/1272 - Beschlussempfehlung des Umweltausschusses - Drs. 15/2248 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2263
Die Fraktionen sind übereingekommen, den Änderungsantrag als eigenständigen Antrag zu behandeln und sofort darüber abzustimmen. Es soll daher nachher sowohl über die Beschlussempfehlung als auch über den eben von mir genannten Antrag unverzüglich abgestimmt werden.
Ich eröffne die Beratung. Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Zachow zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab drei Gründe, weshalb die EUChemikalienrichtlinie kreiert wurde. Es ging um folgende Aspekte: Wie wirken sich Chemikalien auf die Umwelt aus? Das ist nicht genügend erprobt, schon gar nicht bei den Altsubstanzen. Wie wirken sich Chemikalien auf die Gesundheit aus? Der dritte genauso wesentliche Punkt: Wir brauchen eine einheitliche Chemikalienpolitik in einem europäischen Binnenmarkt. Dieses Anliegen ist sicherlich richtig; so weit, so gut.
Das, was dann allerdings die Kommission auf den Markt brachte, war wirklich haarsträubend. Das war genau das, worüber sich die Menschen im Zusammenhang mit Europa ärgern; ich denke dabei an die Abstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden. Man hat immer mehr das Gefühl, dass einem Europa übergestülpt wird, dass man von Europa erstickt wird, und zwar in erster Linie durch Bürokratie. Der Entwurf der Rahmenrichtlinie war solch ein bürokratisches Monster, das auf große Ablehnung stieß und dessentwegen gerade kleine und mittlere Unternehmen der Chemiebranche große Sorge hatten. Sie hatten die Befürchtung, dass sie über alle Maßen mit Bürokratie belastet würden, dass die Bürokratie sie
Meine Damen und Herren, wir leben weder in Europa noch in Deutschland auf einer Insel der Glückseligen; vielmehr stehen wir weltweit in einem harten Wettbewerb. Eines können wir uns nicht leisten - das gilt für Europa, aber ganz besonders für Deutschland -: weitere Arbeitsplätze in der chemischen Industrie zu verlieren. Wir waren in der Chemie, was Forschung und Produktion betrifft, einmal weltweit führend. Wenn wir uns anschauen, wie viel davon abgewandert ist, so muss uns das mit Sorge erfüllen. Die Gründe für diese Abwanderung sind ausgesprochen vielfältig. Vor einem aber sollten wir uns hüten: diesen Gründen einen weiteren Grund hinzuzufügen und den Prozess der Abwanderung der chemischen Industrie weiter zu beschleunigen.
Deshalb ist es ganz hervorragend, wie das Land Niedersachsen auf diese Chemikalienrichtlinie reagiert hat.
Es wurde unter der Regie des Umweltministeriums die fünfte Regierungskommission mit vielen Fachleuten eingerichtet, die sich an die Arbeit gemacht haben, die in Brüssel beraten haben und sich aktiv in den Konsultationsprozess eingeschaltet haben. Das hat man nicht nur in Niedersachsen gemacht, sondern sehr viele haben an diesem Konsultationsprozess teilgenommen, um die notwendigen Richtlinien - und die sind unbestritten notwendig so kompatibel zu machen, dass man wirklich damit umgehen kann, dass wir die positiven Seiten der Richtlinie behalten, aber die negativen soweit wie möglich minimieren. Ich denke, das ist genau richtig; denn wir in Niedersachsen können uns Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt nicht mehr erlauben. Wir haben 27 000 Arbeitsplätze in der chemischen Industrie. Wenn wir noch diejenigen hinzuzählen, die die Produkte aus der chemischen Industrie weiterverarbeiten, so ist das ein Vielfaches. Ich denke, deshalb sind wir mit unseren Anträgen auf dem richtigen Weg.
Wir fordern eine stufenweise Umsetzung des REACH-Verfahrens, internationale Standards für Chemikalien, akzeptable Schwellenwerte und eine Vereinfachung der Registrierungsbedingungen für Stoffe, die schon seit langem im Umlauf sind. Da fallen mir eine ganze Menge ein, die wir täglich
Wir müssen das eindeutig von anderen Rechtsgebieten abgrenzen, damit wir mit der Abfallwirtschaft, der Chemikalienpolitik, Boden und ähnlichen Dingen nicht in solche Schwierigkeiten kommen, dass kein kleiner Unternehmer das mehr beherrschen kann.
Wir brauchen einen vereinfachten Datensatz für Altstoffe. Wir müssen natürlich - das ist ein ganz wichtiger Punkt, der am Anfang überhaupt nicht im Gespräch war, der aber heute selbstverständlich ist - von den unterschiedlichen Risikokategorien ausgehen. Darüber sind wir uns einig.
Wir haben - ich denke, das ist eigentlich sehr positiv - im Umweltausschuss sehr intensiv und detailliert, aber auch sehr einheitlich beraten. Nun ist es zu einem zweiten Antrag gekommen. Als ich den Antrag gestern das erste Mal las, dachte ich beim Lesen des zweiten Spiegelstrichs: Oh, das geht so nicht. Ich hatte nur gelesen: Gefährlichkeit von Kombinationswirkungen mit anderen Stoffen. Mein erster Gedanke war: Jetzt müssen 30 000 Stoffe gegeneinander geprüft werden. - Das steht da natürlich nicht drin, wie sich bei genauerem Hinsehen ergab. Ich betone das, weil das von anderer Seite auch so gelesen worden ist. Hier steht: Wenn es Hinweise zur Gefährlichkeit von Kombinationswirkungen gibt, dann müssen diese erfasst werden. - Meine Damen, meine Herren, das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Deshalb habe ich keine Probleme damit.
Ich darf Ihnen auch sagen, dass Ihr Antrag von unserem nicht abweicht. Es gibt keinen einzigen Widerspruch in dem Antrag, weder in der Zielsetzung noch in den einzelnen Positionen. Ihr Antrag ist etwas ausführlicher. Bei uns ist knapper und kürzer formuliert worden. Das liegt manchmal an den Autoren; so etwas soll es geben.
Dann kommen bei Ihnen zwei Punkte dazu, nämlich die Frage der Evaluation, die Sie angesprochen haben, und die Frage der 100 Jahrestonnen. Beide Punkte sind Inhalt von REACH, sodass Sie kein neues Feld eröffnen. Insofern denke ich, dass dieser etwas ungewöhnliche Weg, heute über zwei Anträge abzustimmen, genau der richtige ist; denn so können diejenigen, die uns in Brüssel vertreten, sagen: Das niedersächsische Parlament hat sich einstimmig für diese richtigen Ziele von REACH