Protocol of the Session on June 23, 2005

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann haben Sie gesagt, der Bier-, Wein- und Spirituosenmissbrauch ist zurückgegangen. Da haben Sie Recht. Bier, Wein und Spirituosen werden von den Jugendlichen in der Tat weniger konsumiert. Alkoholmischgetränke aber werden vermehrt konsumiert. Vor allem das Komasaufen hat es in diesem Umfang früher nicht gegeben. Das ist etwas, was jetzt z. B. die NLS dazu veranlasst hat, am 5. Juli zu einem Forum einzuladen, bei dem überlegt werden soll, wie es zu diesem Binge-Drinking - wie es so schön heißt - gekommen ist und was man zu dessen Bekämpfung machen kann. Das heißt, es gibt sehr wohl ein aktuelles Alkoholproblem. Ein Drogenproblem erst recht, wie Frau Siebert hier schon angeführt hat.

Als Letztes haben Sie auch noch die Kürzung von Projektmitteln angesprochen. Ferner haben Sie auf die ambulante Drogen- und Suchtberatung in den Gefängnissen verwiesen. Die Mittel dafür sind beim Sozialministerium gestrichen worden. Diese Aufgabe wird jetzt vom MJ wahrgenommen. Natürlich ist das Externe vorher besser gewesen. Auch ich hätte es sehr gern erhalten, wie ich hier schon einmal gesagt habe. Es wird aber weiterhin daran gearbeitet, den Betroffenen zu helfen. Die Betroffenen sind übrigens keine Jugendlichen. Deshalb hat das mit dem Antrag im Prinzip überhaupt nichts zu tun. Ansonsten haben wir die Drogen- und Suchtberatung bis jetzt unverändert erhalten und

haben keine Kürzungen ausgesprochen. Das will ich hier noch einmal ausdrücklich sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe das, was gesagt wurde, eindeutig widerlegt. An unserem Antrag gibt es nichts zu rütteln. Ich bitte alle, diesem Antrag zuzustimmen, damit wir handeln können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich nun Frau Janssen-Kucz das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der Regierungskoalition eingebrachte Antrag zur Suchtprävention in der jetzt vorliegenden Fassung wird von der Grünen-Landtagsfraktion mitgetragen. Die Suchtprävention ist ein dringliches, ja sogar vordringliches Arbeitsgebiet in Niedersachsen, egal, was welche Statistiken sagen; jeder sucht sich nämlich immer die passende Statistik heraus. Der Drogenkonsum - insbesondere der Alkoholkonsum - ist aber eindeutig zu hoch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das heißt, wir brauchen eine ganz konkrete und aktuelle Istanalyse. Es wäre ja ganz einfach gewesen, wenn wir eine detaillierte Liste über die Projekte zur Drogen- und Suchtbekämpfung im schul-, sozial-, justiz- und innenpolitischen Bereich und auch über den Mitteleinsatz seitens der Landesregierung bekommen hätten. Ich finde es gut, dass sich die Landesregierung mit diesem Entschließungsantrag verpflichtet, ihre Hausaufgaben zu machen. Das ist doch auch schon etwas. Mit diesem Entschließungsantrag stellt die Landesregierung ebenso fest, dass die interministerielle Koordination nicht existiert bzw. nicht funktioniert und dass aktueller und akuter Handlungsbedarf besteht, dem sie jetzt nachkommen will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Vorgehen können wir nur begrüßen. Das unterstützen wir.

Meine Damen und Herren, wir halten die verbesserte landesweite Vernetzung aller an der Drogenund Suchtberatung Beteiligten für sehr wichtig.

Doch damit verbunden ist unseres Erachtens eine Leistungsvereinbarung für die Präventionsarbeit. Wenn die Landesregierung die Suchtprävention als wichtiges Themenfeld ansieht - das soll der Antrag ja dokumentieren -, dann erwarten wir Grüne, dass im Rahmen der Haushaltsberatungen für die geleistete Präventionsarbeit auch ausreichende Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden und dieser Bereich von weiteren Kürzungen ausgenommen wird, und das nicht nur für das Haushaltsjahr 2006, sondern auch darüber hinaus.

Die Suchtprävention muss langfristig und verlässlich abgesichert werden, weil sie sonst ihre Wirkung nicht entfalten kann. Präventionsarbeit ist mühselige Kärrnerarbeit und kein Selbstläufer. Sie ist auch nicht hauptsächlich ehrenamtlich zu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie muss letztendlich professionell und qualitativ hochwertig unter ständiger Evaluierung durchgeführt werden. Dafür brauchen alle Beteiligten Planungssicherheit.

Meine Damen und Herren, mit dem Antrag geht es darum, die dringend notwendige Suchtprävention weiter voranzutreiben und neue Wege zu suchen: mehr Kooperation, mehr Vernetzung, aber keine weiteren Kürzungen. Diesen Weg gehen wir Grünen gern konstruktiv und kritisch mit. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich nun Frau Ministerin Dr. von der Leyen das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerade in den letzten Tagen nahm sich die Presse in Niedersachsen der Alkoholproblematik junger Menschen an. Anlass war die Presseerklärung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom 7. Juni dieses Jahres. Die BZgA bezog sich auf die von ihr veranlasste kontinuierlich durchgeführte Drogenaffinitätsstudie. Hier ging es um Daten aus dem Jahr 2004.

Die dort getroffenen Feststellungen zeigen, dass der vorliegende Entschließungsantrag richtig ist. 72 % der 12- bis 15-Jährigen haben schon einmal Alkohol konsumiert, 28 % in den letzten 30 Tagen Alkoholmixgetränke. 6 % tranken mindestens einmal pro Woche Bier, und 12 % haben diese eben schon angesprochenen Binge-Drinking-Erfahrungen, haben also schon einmal bis zum Rauschzustand getrunken.

Diese Zahlen muss man aber auch andersherum betrachten. Wenn in den letzten 30 Tagen 28 % der 12- bis 15-Jährigen mindestens einmal Alkoholmixgetränke getrunken haben, so sind es auch 48 %, die nicht, und 24 %, die seltener als einmal im Monat getrunken haben. Ich sage dies nicht, um das Problem zu verharmlosen, sondern um den Gedanken der Präventionsarbeit zu unterstreichen. Offensichtlich sind die Präventionsbemühungen der Gesellschaft nicht umsonst geblieben. Die langfristigen Statistiken belegen zwar, dass die Zahlen auf einem hohen Niveau liegen, zeigen aber letztlich doch, dass kein Anstieg des Konsums legaler und illegaler Drogen stattgefunden hat. Das ist keine Entwarnung, denn es gibt Verschiebungen innerhalb des Systems. Der Alkoholkonsum ist bei den Älteren stabil geblieben und hat bei den Jüngeren etwas zugenommen. Das ist beunruhigend. Nichtsdestotrotz stärken oder unterstützen diese Zahlen den Erfolg von Präventionsarbeit.

Die genannten Zahlen zeigen, dass es einerseits gilt, die abstinent lebenden jungen Menschen in ihrem Verhalten zu bestärken, andererseits aber natürlich auch jenen, die Missbrauch betreiben oder bereits in die Sucht abgerutscht sind, zu helfen.

(Beifall bei der CDU)

Hier engagiert sich das Land in dem Bundesmodell HALT. Dieses Modell nimmt sich der alkoholvergifteten Kinder und Jugendlichen in Krankenhäusern durch aufsuchende Arbeit an. Bei Erfolg dieses Ansatzes muss geprüft werden, in welcher Form diese Hilfe in die Regelleistungen des Gesundheitssystems aufgenommen werden kann.

Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist erforderlich, die gesamte Bandbreite jener Maßnahmen zu betrachten, die vorbeugend wirken. Hierzu gehören eben nicht nur die pädagogischen und kommunikativen Maßnahmen in der Schule und bei Kampagnen. Auch die Rahmenbe

dingungen, unter denen Missbrauch und Sucht entstehen, müssen genauer betrachtet werden. Ich denke in diesem Zusammenhang z. B. an das eben schon genannte Thema des allzu leichten Zugangs für Kinder und Jugendliche gerade zu den legalen Drogen. Die Möglichkeiten einer konsequenten Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes müssen voll genutzt werden.

Aber auch das Jugendschutzgesetz ist kritisch zu hinterfragen. Hier komme ich wieder auf die Diskussion im Zusammenhang mit den Alkopops. Die Alkopops zu besteuern, ist richtig. Es hat dieses Marktsegment zwar nicht zum Einbruch gebracht. Aber das Trinkverhalten hat sich nicht verändert, sondern nur auf andere Marktsegmente verschoben. Ich bin da, wie Sie wissen, anderer Meinung. Ich bin der Meinung, dass das Jugendschutzgesetz konsequent sein muss, dass man sagen muss „kein Alkohol unter 18“,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

anstatt zwischen branntweinhaltigen und nicht branntweinhaltigen Getränken zu unterscheiden, die jeweils verschiedenen Altersgruppen zugänglich sind. Der Unterschied, dass die eine Sorte von Getränken erst ab 18 Jahren frei verkäuflich ist, die andere bereits ab 16 Jahren, hat überhaupt keine medizinische oder pharmakologische Erklärung. Alkohol bleibt Alkohol, insbesondere wenn es Kinder und Jugendliche betrifft. Wir sollten hier nicht nachlassen, mit den Fachleuten und Interessenvertretern darüber zu diskutieren, ob es nicht angebracht ist, Alkohol grundsätzlich erst ab 18 Jahren zuzulassen.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß sehr genau, dass bei diesem Thema ein Riss quer durch alle Parteien geht, dass dies also weiß Gott kein parteipolitisch isoliertes Thema ist, sondern eine Frage der Grundhaltung.

Frau Krämer, was Ihr Spötteln über Schirmherrschaften angeht, lassen Sie mich noch einmal Bezug nehmen auf die Sitzung am 25. Februar dieses Jahres. Ich sagte, dass wir uns darum bemühen, die Spirituosenindustrie in die Finanzierung von Präventionsmaßnahmen einzubeziehen. Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass dies geglückt ist. Die Spirituosenindustrie sieht durchaus ihre Verantwortung als Produzent. Bei allen natürlichen Gegensätzen, die es zwischen Herstellern und Handel einerseits und der Suchtprävention andererseits gibt, gibt es dennoch auch eine gemein

same Schnittmenge: die Abstinenz während der Schwangerschaft, die Einhaltung des Jugendschutzes und natürlich die Abstinenz im Straßenverkehr und bei der Arbeit. So kann ich Ihnen heute von einem gelungenen ersten Schritt berichten: Die Spirituosenindustrie in Niedersachsen wird sich finanziell an Präventionsmaßnahmen beteiligen, und zwar zunächst einmal im Bereich des Fahrens ohne Alkohol. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will - sie lautet auf Annahme in geänderter Fassung -, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Ich rufe vereinbarungsgemäß nunmehr auf

Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Übertragung des betriebsbedingten Liegenschafts- und beweglichen Vermögens auf die neue Hafengesellschaft - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/1481 - Ergänzung der Landesregierung - Drs. 15/1881 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/2027

Die Beschlussempfehlung lautet auf Zustimmung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich von der Landesregierung Herr Minister Hirche. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niedersachsens Seehäfen brauchen ein modernes und schlagkräftiges Management, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Deswegen haben wir privatrechtliche Strukturen geschaffen. Dazu gehört, das Liegenschaftsvermögen und das bewegliche Vermögen,

das für den Betrieb der Gesellschaft erforderlich ist, auf die Gesellschaft zu übertragen. Damit wird die neue Gesellschaft substanziell mit Betriebsvermögen ausgestattet und ihre Handlungsfähigkeit am Markt sichergestellt. Die Kontrolle über Verwendung und Erhalt des Vermögens wird über die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat der Gesellschaft ausgeübt.

Die Eigentumsübertragung dokumentiert auch nach außen hin deutlich und eindeutig die Verantwortung für das Vermögen. Der Gesellschaft wird damit die Verpflichtung auferlegt, nach den Grundsätzen ordentlicher kaufmännischer Geschäftsführung dieses Immobilienvermögen zu bewirtschaften. Das bedeutet, es nicht nur zu verwalten, sondern es so einzusetzen, dass es dem Zweck der Gesellschaft nützt und ihre Unternehmensaufgaben fördert. Es soll der Verwaltung, der Unterhaltung, dem Bau und dem Betrieb von Hafenanlagen dienen. Das ist der Auftrag an die Gesellschaft, und daran wird sie gemessen. Für mich ist deswegen der Einwand, die Gesellschaft wolle das Eigentum an dem Grundvermögen erhalten, um die Liegenschaften anschließend zu verkaufen, überhaupt nicht nachvollziehbar.

Mit welchem Erfolg die Gesellschaft das ihr übertragene Vermögen bewirtschaftet, lässt sich aus der handelsrechtlichen Rechnungslegung ableiten, zu der die Gesellschaft verpflichtet ist. Dies schafft die notwendige Transparenz, damit Aufsichtsrat und Gesellschafter die ihnen obliegenden Kontrollen durchführen können. Diese gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen zusammen mit der Prüfungsmöglichkeit durch den Landesrechnungshof führen zu einem Maß an Transparenz, das in einer staatlichen Verwaltung nicht höher ist, und lässt deshalb keinen Raum zu Spekulationen, dass dieses Vermögen nicht sachgerecht eingesetzt wird.

Die Vermögensübertragung ist ein essenzieller Baustein, damit die Überleitung in privatrechtliche Strukturen erfolgreich wird. Damit sie durchgeführt werden kann, muss der Niedersächsische Landtag zustimmen. Ich möchte Sie deshalb bitten, der Vermögensübertragung auf der Grundlage der Landtagsdrucksache 15/1881 Ihr Einverständnis zu erteilen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Wenzel! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, die von Ihnen vorbereitete Hafenprivatisierung, der mit diesem Beschluss ein weiterer Baustein hinzugefügt werden soll, ist eine Geschichte der Pleiten, des Pechs und der Pannen.