Niedersachsen steht in der Ausbildungsbilanz Ihrer Regierungszeit - Herr Hirche, Sie haben gerade vor zwei Tagen wieder die Wirtschaft aufgefordert, mehr zu tun - ganz negativ da. Wenn Sie als Landesregierung den Recht suchenden Menschen in Niedersachsen keine voll funktionsfähige Justiz mehr bereitstellen können, sehr verehrte Damen und Herren, dann haben die Menschen in Niedersachsen eigentlich nur eine Chance, ihr Recht zu bekommen: Sie sollten Sie im Jahr 2008 abwählen!
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz ist ausgezeichnet. Das habe ich in diesem Haus in diesen gut zwei Jahren
noch nicht anders gehört. Daraus schöpfen die Beschäftigten auch einen Teil ihrer Motivation. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen allen an dieser Stelle dafür danken, dass Sie dieses Lob immer wieder auch öffentlich vortragen und damit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz sehr viel Akzeptanz entgegenbringen.
Richtig ist: Die Justiz braucht auch in der Zukunft gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ausreichender Zahl für die jeweils zu erledigenden Aufgaben. Dies sicherzustellen, stellt im Übrigen einen wesentlichen Bestandteil der großen Justizreform dar.
Richtig ist auch, dass angesichts der katastrophalen Haushaltssituation des Landes eine Konsolidierung der Landesfinanzen zwingend erscheint. Aufgrund des Anteils der Personalkosten am Haushalt bedingt dies eine äußerst disziplinierte Personalwirtschaft.
Meine Damen und Herren, wie bereits im Jahr 2003 aufgrund eines noch von der Vorgängerregierung zu verantwortenden Haushalts können auch im Jahr 2004 vom Abschlussjahrgang nicht alle Nachwuchskräfte übernommen werden. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe. Der erste Grund ist: Elternzeiten oder Beurlaubungen werden infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse deutlich zurückhaltender in Anspruch genommen und führen zu erheblich weniger Beschäftigungslücken, als es nach den Erfahrungen der Vorjahre prognostiziert wurde.
Zum Zweiten haben die zur Konsolidierung des Landeshaushalts beschlossenen Personaleinsparungen im Bereich der gesamten Landesverwaltung praktische Auswirkungen. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ stellt eben nicht das Motto einer glaubwürdigen Politik dar.
Meine Damen und Herren, gemeinsam mit den Personalverantwortlichen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften haben wir deshalb für die Nachwuchskräfte des Prüfungsjahrgangs 2004 Planungen erarbeitet, von den 123 jungen Leuten die Besten zu übernehmen. Dieses Konzept ist 2004 mit unserem Hauptpersonalrat abgestimmt und im Rechtsausschuss dieses Hauses vorgestellt worden. Inzwischen ist es uns gelungen, von den 123 Absolventinnen und Absolventen des Jahrgangs 2004 108 weiter zu beschäftigen. Die Qualität der Justiz wird demnach auch zukünftig durch hervorragend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet bleiben. Dies gilt auch für das übernommene Personal aus dem Bereich der ehemaligen Bezirksregierungen. Zum einen ist es selbstverständlich, dass diejenigen, die aus der Jobbörse heraus in den Justizdienst vermittelt werden, sorgfältig ausgewählt werden. Zum
anderen wird dieses Personal auf die besonderen Aufgaben im Bereich der Justiz auch besonders vorbereitet.
Mein Bestreben ist es in diesem Zusammenhang, in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen für die Jobbörse Lösungen zu erarbeiten, die die Interessen aller ausgewogen berücksichtigen. Das sind eben nicht nur diejenigen, die ihre Ausbildung beenden. Es sind gleichermaßen die befristet Beschäftigten und das reformbetroffene Personal aus den Bezirksregierungen. Wir müssen alle diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick haben und dürfen nicht, wie Sie es in Ihrem Entschließungsantrag getan haben, lediglich eine Zielgruppe herausstellen, ohne die anderen auch nur zu erwähnen.
Meine Damen und Herren, für die Anwärterinnen und Anwärter des Abschlussjahrgangs 2005 - auf den sind Sie auch eingegangen, Herr Schneck heißt das Folgendes: Allen 68 Nachwuchskräften des mittleren Justizdienstes kann nach aktuellem Stand angeboten werden, nach gut bestandener Prüfung für eine Überbrückungszeit im Anwärterstatus weiter beschäftigt zu werden.
Im Gegensatz dazu sah es zunächst so aus, dass wir den 127 Auszubildenden im Angestelltenstatus, also den Nichtbeamten, die wir in diesem Jahr zur Prüfung bringen, keine konkreten Perspektiven für eine Weiterbeschäftigung aufzeigen können. Aufgrund der Zusammenarbeit aller Beteiligten - für diese Zusammenarbeit möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken - zeichnet sich aber ab, dass wir einen Großteil auch dieser Absolventen wenigstens bis zum Jahresende beschäftigen können. Durch die angebotenen Überbrückungsmaßnahmen - das ist etwas ganz Entscheidendes - behalten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Fuß in der Tür. Schließlich ergeben sich, wie die Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr wirklich zeigen - da haben wir es bewerkstelligen können -, in einem so personalintensiven Bereich wie der Justiz immer wieder Einstellungsmöglichkeiten. Das wird auch das Ziel sein.
Ich möchte an der Stelle noch kurz auf das eingehen, Herr Schneck, was Sie im Hinblick auf die Mittelfristige Planung im Sinne der Ausbildung angesprochen haben. Ich bin der Auffassung, dass es im Hinblick auf die Fürsorgepflicht für diejeni
gen, die sich jetzt in der Ausbildung befinden - auch angesichts der Situation, was Elternzeiten und die Prognoselücken, die wir da haben, betrifft -, sehr sinnvoll ist, wenn wir die Zahl der Auszubildenden zurückführen, um denjenigen, die jetzt schon in der Ausbildung sind und dann ihre Abschlüsse tätigen, in unsere Justiz übernehmen zu können. Das steckt dahinter, Herr Schneck.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Die Qualität der Arbeit in der Justiz ist aufgrund bestens ausgebildeter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut, und sie wird es auch bleiben. Dafür werde ich mich mit aller Kraft einsetzen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anders als mit Ihren vorbeugenden Unterlassungsanträgen haben Sie mit diesem Entschließungsantrag in der Tat ein Problem aufgegriffen, das es zu lösen galt. „Zu lösen galt“ sage ich, weil es das Justizministerium - ideenreich, fast listig - erfreulicherweise geschafft hat, die meisten der Problemfälle zu lösen. Das war eigentlich überobligationsmäßig, mehr, als zunächst zu erwarten war.
Lassen Sie mich, weil Ihr Antrag unter Ziffer 1 mit einer allgemeinen Bemerkung beginnt, noch etwas zur Qualität der niedersächsischen Justiz sagen. Die niedersächsische Justiz leistet qualitativ hochwertige Arbeit. Sie versteht nicht nur ihr Handwerk, sondern ist auch innovativ und hat Vorreiterfunktion, so z. B. mit den Modellprojekten „Gerichtsnahe Mediation“. Diese Vorbildfunktion der niedersächsischen Justiz hat übrigens Tradition. So hat Peter Hoffmann in seiner niedersächsischen Geschichte über die entsprechenden Reformen 1848 ausgeführt:
„Mit seiner Justizgesetzgebung und der Städteordnung, die eine Stärkung der bürgerlichen Selbstverwaltung brachte, wurde das Land Hannover Vorbild für andere deutsche Staaten.“
Das, was Sie über die Einstellungssorgen in der Justiz gesagt haben, ist vom Grunde her berechtigt. Ich teile Ihre Auffassung, Herr Schneck, dass die Grundfunktionen der Justiz als dritter Säule unseres demokratischen Staatsaufbaus durch Legislative und Exekutive in der Tat nicht eingeschränkt werden dürfen. Insofern bedarf es eines steten Respekts auch dieses Hauses gegenüber der Justiz, und es bedarf der gemeinsamen Anstrengung, dass wir diese dritte Säule unseres demokratischen Staatswesens funktionsfähig erhalten, ausbauen und bürgerfreundlich gestalten. Dabei haben Sie uns auf Ihrer Seite. Es wäre gut gewesen, wenn Sie das in der Vergangenheit selbst beachtet hätten. Denn entgegen Ihren Ausführungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Bearbeitungszahlen in der niedersächsischen Justiz in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit in den letzten Jahren nicht gestiegen, sondern sie sind gesunken. Die Rückstände sind geringer geworden. Das bedeutet, dass es die niedersächsische Justiz trotz der relativ starken Sparmaßnahmen, die auch im Justizhaushalt erforderlich waren, fertig gebracht hat, ihre Erledigungsziffern zu steigern. Dem gebührt unser Dank.
Dass wir in zwei Spezialgerichtsbarkeiten, nämlich in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und in der Sozialgerichtsbarkeit, aber auch in der Finanzgerichtsbarkeit noch Rückstände größeren Umfangs und längere Bearbeitungsdauern als in der Zivilgerichtsbarkeit haben, macht es gerade erforderlich, dass wir diese Spezialgerichtsbarkeiten zusammenfassen, straffen und rationalisieren, um auch dort entsprechende Bearbeitungszeiten zu ermöglichen. Lassen Sie uns alle daran mitarbeiten.
Ansonsten hat die Frau Ministerin alles gesagt, was zur Einstellungspraxis zu sagen ist. Dem schließe ich mich an. Dort leistet die Exekutive, leistet das Justizministerium gute Arbeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Noack, ich muss sagen: Ich bin sehr irritiert. Ich bin wirklich irritiert angesichts Ihres Redebeitrages. Sie sagen hier: In der Justiz ist alles wunderbar. Die Fallzahlen sinken. Die Justizbediensteten arbeiten hervorragend. Die Justiz ist gut ausgestattet. - Sie müssen mir einmal erklären, warum Sie dann, wenn alles wunderbar ist, eine große Justizreform machen. Das verstehe ich überhaupt nicht.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie bei den Bereisungen einmal genau zugehört hätten, wenn Sie dem Richterbund, den Staatsanwälten, den Rechtspflegern oder den Justizbediensteten einmal richtig zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass die etwas ganz anderes erzählen. Die Ausstattung, die Arbeitsfähigkeit und auch die Wertschätzung der Justiz ist - das sage ich Ihnen - in dieser Landesregierung in keine guten Hände geraten.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Unver- schämtheit! Sie sollten besser dich- ten!)
Wir haben eine permanente Aufgabenverdichtung bei gleichzeitigem Personalabbau. Die Belastungszahlen steigen. Die Richter stöhnen. Die Urteile werden unter hohem Zeit- und Arbeitsdruck nicht unbedingt besser; das wissen Sie auch. Wir haben mehrfach Petitionen im Rechtsauschuss behandelt, in denen Beschwerde über die Dauer von Gerichtsverfahren geführt wird. Die Justiz arbeitet unter Hochdruck immer noch relativ gut; da gebe ich Ihnen Recht. Aber es wird nicht besser, sondern es wird schlechter; das muss man einmal feststellen.
Sie wissen, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat vor kurzem eine große Veranstaltung zum Thema „Standortvorteil Recht“ gemacht. Ja, das Rechtssystem in Deutschland ist gut. Aber eine Landesregierung, die sich so gerne als wirt
Herr Hirche - ich spreche Sie einmal direkt an -, Sie haben gerade auf Ihrem Parteitag gefordert, die Justiz sachlich und personell angemessen auszustatten. In Ihrem Beschluss heißt es so schön:
„Entscheidend darf nicht der Finanzminister sein, sondern wir müssen darauf achten, dass die Justiz personell und sachlich adäquat ausgestattet ist.“
Wie ist in Niedersachsen die Realität? - Die Justizministerin ist zur Vollzugsgehilfin des Finanzministers verkommen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Frech- heit! - Bernd Althusmann [CDU]: Un- verschämtheit!)
Eine unausgegorene Justizreform ist der Sanierungsantrag. Ich sage Ihnen: Sie betreiben eine sehr zweifelhafte Politik; denn die innere Sicherheit in Niedersachsen wird ja gepäppelt. In Bezug auf die innere Sicherheit gibt es auf einmal keine fiskalpolitischen Probleme. Da gibt es neue Polizei. Da gibt es IMSI-Catcher. Da gibt es auch eine ganze Reihe neuer Normen. Es ist eine zweifelhafte Politik, die Sie hier machen. Sie päppeln die innere Sicherheit, und in der Justiz wird Abbau betrieben. Der SPD-Antrag stellt deshalb in unseren Augen zumindest in Punkt 1 die richtige Forderung: Die Qualität der Justiz muss trotz aller Haushaltsnöte gewährleistet bleiben. Ich meine, da sind wir uns auch einig.
Ich bin dezidiert nicht der Meinung, dass wir Personal mit langjähriger Verwaltungserfahrung in den Ruhestand schicken sollen und gleichzeitig Neueinstellungen vornehmen können. Ich finde, dass das keine redliche Forderung in diesem Antrag ist. Wenn wir von der unseligen Frühverrentungspraxis weg wollen und auch von dem Unsinn, über den wir heute geredet haben, nämlich Scharen von Beamten nach § 109 des Beamtengesetzes in den Ruhestand zu schicken, wenn wir eine gut arbeitende Justiz haben wollen und wenn wir wieder ansatzweise auf ausgeglichene Haushalte zukommen wollen, dann muss uns beides gelingen: Rekrutierung aus der Bezirksregierung, aber auch eine vernünftige Ausstattung der Justiz. Die SPD kann im Übrigen, wie ich finde, nicht einerseits die