Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schünemann, ich kann nur Folgendes feststellen: Ich habe das Gefühl, dass Sie als Verwaltungsreformer die Filterfunktion des Widerspruchsverfahrens immer noch nicht ganz erkannt haben. Ihre Aussage ist ja richtig, dass oftmals die Widerspruchsbehörde die Ausgangsentscheidung bestätigt hat. Aber gerade das ist die Filterfunktion, das ist die befriedende Funktion des Widerspruchsverfahrens.
- Doch! Die Leute betreiben heute deswegen das Klageverfahren, weil sie die Möglichkeit nicht mehr haben. Deswegen saufen jetzt die Verwaltungsgerichte ab. Sie verstehen die Funktion des Filters nicht, sie verstehen diese kostengünstige, bürgerfreundliche Filterfunktion des Widerspruchsverfahrens nicht. Das ist die gute Wirkung der Widersprüche gewesen.
Lassen Sie mich ein Zweites sagen. Wenn Sie hier die Unternehmerverbände als Kronzeuge für die tolle Verwaltung heranziehen, dann kann ich Ihnen dazu nur sagen, dass es die Unternehmer waren, die in der Anhörung darauf gedrängt haben: Bitte lasst uns das Widerspruchsverfahren beibehalten! Das ist eine kostengünstige, wichtige Maßnahme für uns! Die wollen wir behalten. - Darauf sind Sie sogar eingegangen. Insofern haben Sie in der Debatte hier gerade die völlig falschen Kronzeugen angeführt.
Der Kollege Bode hat sich nach § 71 Abs. 2 zu Wort gemeldet. Aber ich denke, dass jetzt Herr McAllister der Nächste ist. Bitte schön, Herr McAllister, Sie haben drei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, die Frau Kollegin Bockmann - es tut mir Leid, dass ich das jetzt machen muss - und ihre anwesenden SPD-Kollegen zu beruhigen. Ich möchte dazu gerne etwas zitieren - Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis -:
„Die Reduzierung der Widerspruchsverfahren soll in ausgewählten Bereichen zu einem zügigen und einfacheren Ablauf von Verwaltungsverfahren führen und damit auch den Verwaltungsaufwand spürbar verringern. Nach einer Erhebung der bayrischen Verwaltung, die einem bayrischen Gesetz mit gleicher Zielrichtung zugrunde liegt, werden knapp 80 % aller Widersprüche zurückgewiesen. Das entspricht in etwa auch den Erfahrungen in Niedersachsen. Angesichts einer so hohen Quote qualifizierter Ausgangsentscheidungen erscheint es vertretbar, begrenzt auf bestimmte Rechtsgebiete Sachverhaltsermittlungen und sachliche Würdigungen auf einen einmaligen Vorgang zu beschränken und eine verwaltungsinterne Kontrolle im Vorverfahren entfallen zu lassen.“
„In den Fällen, in denen Ausgangsund Widerspruchsbehörde identisch sind, werden die angegriffenen Verwaltungsakte aller Erfahrung nach überwiegend bestätigt. Daher führt ein Widerspruchsverfahren insoweit zu einer vermeidbaren Verzögerung und vermittelt darüber hinaus den Eindruck, dass die Selbstkontrolle durch
Meine Damen und Herren, ich habe aus der Drucksache 3345 aus der 13. Wahlperiode, Gesetzentwurf zur Reduzierung von Vorverfahren vom 10. Oktober 1997, eingebracht durch die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, zitiert.
(Große Heiterkeit und starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU und der FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das stimmt! Die SPD kann ich in dieser Frage wirklich nicht mehr toppen, lieber Herr Kollege McAllister. Mich hat schon ein wenig gewundert, was hier von den Grünen vorgetragen worden ist. Ich habe auch das Gefühl, auch wenn es erst ein paar Monate her ist, seit wir über die Verwaltungsreform gesprochen haben, möchte man sich an das eine oder andere nicht mehr so gerne erinnern.
Lieber Herr Kollege Dr. Lennartz, wir haben im Ausschuss mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass die Grünen, nachdem sie zuerst alles kritisiert haben, was wir in der Verwaltungsreform angefangen haben, einen Änderungsantrag eingereicht haben, in dem definitiv stand, die Grünen wollen auch die Abschaffung des Vorverfahrens. Weiter steht in Ihrem Änderungsantrag, Sie wollen die Abschaffung des Vorverfahrens mit Ausnahmen in den Bereichen belegen, in denen es eine hohe Befriedungsfunktion gibt. Sie haben in der Diskussion auch - das streiten Sie jetzt ab, Herr Briese gesagt, eine hohe Befriedungsfunktion sei dort gegeben, wo die Vorverfahren dazu führen, dass keine Klage eingereicht wird, dass heißt, in der weiteren Diskussion dort, wo eine Änderung des Bescheides erfolgt ist.
Dann haben wir uns gemeinsam die von Ihnen genannten 13 Fälle angeschaut und festgestellt, dass bei diesen 13 Fällen genau das Gegenteil der Fall
war. Ich glaube, ein einziges Rechtsgebiet, das Sie genannt hatten, kam auch nur annähernd über die 30 % oder 40 % an Fällen, in denen der Bescheid geändert worden ist. Dass heißt, alle Ihre 13 Fälle waren überhaupt nicht stichhaltig.
Sie führen immer die Unternehmerverbände an. Genauso ist es richtig gewesen. Wir haben gesagt, wir wollen das Vorverfahren in den Fällen behalten, in denen es einen Sinn hat, in denen es zu geänderten Entscheidungen führt. Das war im Bau- und im Umweltrecht der Fall. Deshalb haben wir diese Fälle entsprechend als Ausnahme gesehen. Die Unternehmerverbände waren zufrieden und haben gesagt, in den anderen Fällen sei der Verzicht sogar richtig. Von daher überlegen Sie, was Sie damals gesagt haben, und schließen Sie sich dem Antrag nicht an. Es ist besser für Sie.
Zwei kurze Ergänzungen. Zum einen war es natürlich sehr gut, was das Widerspruchsverfahren betrifft. Aber ich kann Ihnen an einem Beispiel zeigen, dass man das jetzt sehr viel besser mit dem Beschwerdemanagement machen kann. Wenn ein Gebührenbescheid hinausgeht, der offensichtlich falsch ist und einen Rechenfehler enthält, hat man in der Vergangenheit Widerspruch eingelegt, ein großes formelles Verfahren. So rufen Sie bei demjenigen an, der den Bescheid ausgefüllt hat. Sie können sich gemeinsam einigen, mit dem Taschenrechner ausrechnen, und Sie haben es wieder im Griff.
Das kann man also sehr viel einfacher machen, um es an einem kleinen Beispiel darzulegen. Sie müssen es überhaupt nicht formell machen. Das ist überhaupt keine Frage.
Meine Damen und Herren, gerade ist das Beispiel des Herrn Müller aus Braunschweig angeführt worden. Wir müssen davon ausgehen, dass im Verfahrensgesetz eine Einmonatsfrist vorgesehen ist. In Braunschweig hat das der Oberbürgermeis
ter durch eine sehr pragmatische Lösung so hinbekommen, dass man auch eine Einjahresfrist einräumen kann. Das wollen wir insgesamt im Lande ermöglichen. Deshalb wollen wir die Abgabenordnung im Lande in diesem Fall auch ändern, sodass es ganz unbürokratisch möglich ist, ein Jahr lang Zeit zu haben, um dieses Beschwerdemanagement hinzubekommen. Eine kleine Änderung der Abgabenordnung kann schon dazu beitragen, dass wir Abhilfe schaffen und der Petition insofern Rechnung tragen können. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es ist empfohlen worden, federführend den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, mitberatend den Ausschuss für Inneres und Sport zu befassen. Gibt es dazu Änderungsvorschläge? - Nein, das ist nicht so. Dann wird so verfahren.
Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung: Das Präventionsprogramm Polizei-Sozialarbeit erhalten! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1906
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte zu dem eben abgelaufenen Tagesordnungspunkt noch eine Bemerkung. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist in der Tat, wie Herr McAllister richtig zitiert hat, etwas in den Landtag eingebracht worden. Aber es ist nicht beschlossen worden, weil nämlich die Justizministerin das damals mit denselben Argumenten, die Frau Bockmann vorgetragen hat, verhindert hat. Die Situation war ähnlich. Es sieht etwas anders aus, als es durch Herrn McAllister so publikumswirksam dargestellt worden ist.
- Eingebracht, Herr McAllister! Das ist nicht beschlossen worden, weil die Justizministerin es mit denselben Argumenten, die Frau Bockmann genannt hat, verhindert hat. Das war wohl damals vernünftig und ist auch heute vernünftig.
(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Was Heiner Aller zu Papier gebracht hat, muss doch richtig ge- wesen sein!)
- Es gibt in den Ressorts Überlegungen, die dann aber in der Fraktion oder in der Gesamtabstimmung nicht umgesetzt werden. Das ist nun einmal Realität.
Meine Damen und Herren, um Ihnen aber eine weitere Freude zu machen, will ich darauf verzichten, Ihnen bei der Einbringung des letzten zu beratenden Antrages zehn Minuten lang das vorzutragen, was inhaltlich im Antrag steht.
Wir sprechen uns nachdrücklich für die Erhaltung des Präventionsprogramms Polizei-Sozialarbeit in Hannover aus. Ich sage: in Hannover. Dazu will ich als einzigen Punkt in der Debatte etwas erwähnen, was auch bei uns eine Rolle gespielt hat, nämlich die Frage: Warum macht ihr so etwas Erfolgreiches, so etwas Gutes, das man nicht aufgeben darf, nur in Hannover? - Das hat damit zu tun, dass wir nach dem In-Kraft-Treten des Gewaltschutzgesetzes im Lande BISS-Stellen haben entstehen lassen. Wir waren nicht in der Lage, die BISSStellen so flächendeckend einzurichten, wie es eigentlich notwendig gewesen wäre, weil dafür das Geld nicht zur Verfügung stand.
In Hannover war dieses Polizei-Präventionsprogramm ein Erfolgsprogramm der Zusammenarbeit von Polizei und Sozialarbeit, die ich für zwingend notwendig und erforderlich halte. Wir haben es in Hannover und wollen es auch für die Zukunft erhalten. Wir vertrauen nicht darauf, auch wenn die Landesregierung das zugesagt hat, dass sie flächendeckend BISS-Stellen einrichten wird. Dann könnte man über so etwas diskutieren.
Aber ich sehe das noch nicht, Herr Schünemann. Ich sehe das auch deswegen nicht, weil ich nicht sehe, woher Sie das Geld nehmen wollen, um im Lande flächendeckend BISS-Stellen einzurichten. Deswegen würde ich erst in dem Moment vernünftig darüber diskutieren, ein solches Programm, das hier besteht, aufzugeben, wenn diese BISS-Stellen tatsächlich eingerichtet werden. Vorher halte ich es