Protocol of the Session on May 20, 2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf Herrn Wiese eingehen. Sie haben ja gerade eine böse Kritik auch an Herrn Meyerding, Ihrem Staatsmodernisierer, formuliert. Denn er hat zu SPD-Zeiten maßgeblich in ähnlicher Funktion für die damalige Landesregierung gearbeitet. Wenn Sie das jetzt in Bausch und Bogen verurteilen und sagen, da sei nichts gelaufen, dann attestieren Sie zugleich Herrn Meyerding, dass er für das jetzige Amt gar nicht qualifiziert gewesen sei.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Jetzt konnte er sich erst entfalten!)

Jetzt zur Sache. Herr Wiese, Ihre Argumentation „Wir haben das Widerspruchsverfahren abgeschafft; damit haben wir den Kunden der Verwaltung in Niedersachsen erst die Möglichkeit eröffnet, schnell zu Entscheidungen zu kommen“ ist doch absurd. Ich meine, dass eine große Zahl der Kunden, um die es geht, gar nicht das Interesse hat, zu einer gerichtlichen Entscheidung zu kommen. Sie zwingen diese Leute aber dazu, wenn sie meinen, dass sie mit einem Bescheid nicht richtig behandelt worden sind, das gerichtliche Verfahren anzustrengen, mit den Konsequenzen, die eben dargestellt worden sind und die auch in der schriftlichen Begründung des Antrages im Einzelnen aufgelistet sind.

Im Übrigen - noch ein Punkt -: Offensichtlich haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, was auch in der schriftlichen Begründung des Antrags sehr gut dargestellt ist: Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren und dem Widerspruchsverfahren. Im Widerspruchsverfahren wird auch die Zweck

mäßigkeit überprüft. Im gerichtlichen Verfahren wird die Rechtmäßigkeit überprüft. Das ist in der Sache ein zentraler Unterschied.

Herr Professor Lennartz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bode?

Nein, ich habe nur noch etwas mehr als zwei Minuten Redezeit. Herr Bode, Sie können ja gleich darauf eingehen.

In dem Antrag und in der schriftlichen Begründung hierzu sind ja einige Probleme genannt worden, die die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens mit sich bringt. Das Widerspruchsverfahren ist für meine Begriffe der sensibelste Teil Ihrer Verwaltungsreform der Phase 1, und zwar deswegen, weil eine relativ große Zahl von Menschen in Niedersachsen von der Frage, ob sie Rechtsmittel gegen einen Verwaltungsakt einlegen können, tangiert ist. Diese Menschen müssen nun zur Kenntnis nehmen, dass ihnen neben dem gerichtlichen Weg kein weiterer Weg offen steht. Ich kann insofern nachvollziehen, dass Herr McAllister das Problem wahrgenommen hat und dass er sich in der Art und Weise, wie es eben zitiert wurde, dazu geäußert hat. Man muss ja auch ein bisschen Geduld haben. Es muss von der CDU ja nicht gleich gesagt werden, dass sie eine Korrektur vornehme. Eine Andeutung in die richtige Richtung ist immerhin schon etwas.

Ihre Entscheidung zur Abschaffung des Widerspruchsverfahrens auf der kommunalen Ebene und auch auf der Ebene der Landesbehörden hat einen Eiertanz ausgelöst. Sie bringt es mit sich, dass jetzt auf Rechtsmittelbelehrung verzichtet wird und dass eine Einjahresfrist eingeläutet wird, damit sozusagen informell etwas korrigiert werden kann. Das bedeutet nichts anderes als das Eingeständnis, dass der mit der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens eingeschlagene Weg kein optimaler Weg ist und dass Sie den Versuch machen, auf halbherzige Art und Weise eine Heilung zu erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Führen Sie sich bitte auch das vor Augen, was in der Anhörung des Rechtsausschusses vorgetra

gen worden ist. Der einzige Sachverständige, der sich für die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in der von Ihnen praktizierten Form ausgesprochen hat, war Professor Ibsen aus Osnabrück. Alle anderen - auch die Richterverbände - haben sich dagegen ausgesprochen. Sie können jetzt natürlich auf deren Berufsrolle verweisen.

(David McAllister [CDU]: Das ist nahe liegend!)

Wenn es nur diese gewesen wären, wäre das Argument vielleicht plausibel. Es waren aber alle, die als Sachverständige auftraten. Deswegen glaube ich, dass die Justizministerin für den Erhalt des Widerspruchsverfahrens hätte eintreten müssen. Von der Justizministerin hat man ja nie gehört, dass sie in internen Beratungen eine Lanze für den Erhalt des Widerspruchsverfahrens gebrochen hätte. Sie wird uns ihre Auffassung vielleicht bei anderer Gelegenheit erläutern, da sie jetzt nicht anwesend ist.

Ich komme auf einen letzten Punkt zu sprechen. Wir hatten Ihnen mit einem Änderungsantrag eine goldene Brücke gebaut. Darin war vorgesehen, dass die Befristung der Abschaffung auf zwei Jahre reduziert wird. Das wäre ein Zeitraum für ein Pilotprojekt gewesen, den wir für interessant gehalten hätten. Wir wollten 13 weitere Rechtsgebiete zusätzlich zu den 13 Gebieten, die Sie übrig gelassen haben, erhalten wissen, und zwar orientiert an dem umfangreichen statistischen Material, das uns allen vorgelegen hat. Das haben Sie damals mit einem Federstrich weggeschoben. Ich muss der Vollständigkeit halber sagen, dass wir darüber im Innenausschuss beraten haben. Die Mehrheit von CDU und FDP im Innenausschuss hat unseren Änderungsantrag abgelehnt. Bei Annahme unseres Antrags hätten Sie uns bei Ihrem Versuch, die Gegebenheiten auszuloten, ein Stück weit auf Ihrer Seite gefunden. Sie haben unseren Antrag jedoch abgelehnt. Wir werden im Ausschuss nun weiter beraten. Wenn sich die Beratungen nicht durch neue Erkenntnisse auszeichnen, werden wir dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen müssen. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Als Nächster hat sich der Kollege Carsten Lehmann für die FDP-Fraktion gemeldet. Herr Lehmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass die SPD den Fraktionen von CDU und FDP gern möglichst schnell falsches Handeln nachweisen möchte. Das ist für die Opposition eine völlig legitime und eigentlich auch eine originäre Aufgabe, wenn man es denn kann. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum Sie nicht die Geduld aufbringen, die Entwicklung dessen abzuwarten, was wir eingeleitet haben, nämlich die Abschaffung der Widerspruchsverfahren beim größten Teil der bisher vorgesehenen Vorverfahren. Warum bringen Sie nicht die Geduld auf und warten erst einmal ab, welche Entwicklung sich ergibt? Es sind jetzt erst ungefähr vier Monate vergangen, seitdem diese Regelung in Kraft getreten ist. Im ersten Monat haben wir aufgrund der Übergangsregelungen ohnehin noch Verfahren gehabt, bei denen Klagen gegen die jeweiligen Widerspruchsbescheide eingelegt werden konnten. Sie meinen, schon nach vier Monaten belegen zu können, dass das, was wir sinnvollerweise eingeleitet haben, verkehrt ist. Es gibt dafür bisher kein belastbares Material und auch keine belastbaren Zahlen.

Herr Lehmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Saalmann?

Nein, das ist jetzt leider nicht möglich. - Es gibt also noch keine belastbaren Zahlen. Es gibt nur einzelne Verlautbarungen von Gerichten, aber noch keine belastbaren Zahlen, die belegen, dass eine Entwicklung eingetreten ist, die auf die Änderungen, die wir vorgenommen haben, zurückzuführen ist. Wenn es Belege in dieser Hinsicht gäbe, hätte man eine vernünftige Gesprächsgrundlage. Ich vermag sie nicht zu erkennen.

Ihnen bleibt heute nichts anderes übrig - daran wird auch die Sinnlosigkeit Ihres Antrages deutlich -, als die alten Argumente, die Sie schon in der Diskussion über die Abschaffung der Bezirksregierungen und die Abschaffung des Widerspruchs

verfahrens angeführt haben, einfach wieder aufzuwärmen. Sie können schlicht und ergreifend nichts Neues bieten, sondern kommen immer wieder mit den alten Argumenten.

Es ist völlig klar, dass dann, wenn das Widerspruchsverfahren weggefallen ist, die Zahl der Klagen zunächst steigen wird, weil die Leute natürlich eine Rechtsschutzmöglichkeit suchen und auf die Klage Rückgriff nehmen. Es ist aber auch so - das ist von dem Kollegen von der CDU richtig gesagt worden -, dass wir dazu kommen wollen, dass sich die Kommunen vor einer Entscheidung viel mehr mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern auseinander setzen. Dass dies passiert, weiß man doch aufgrund der Rückkoppelungen mit der Praxis. In Einzelfällen - Frau Saalmann wollte vielleicht eben gerade nach dem Beispiel Braunschweig fragen - versuchen die Kommunen durchaus kreativ - „kreativ“ ist in diesem Falle nicht negativ gemeint -, das vorhandene rechtliche Instrumentarium zu nutzen. Wenn die Kommunen kreativ handeln, indem sie sagen „Wir gewähren euch Jahresfristen bis zur Klageerhebung, damit wir in Ruhe eine Prüfung durchführen können“, so ist dagegen grundsätzlich doch gar nichts einzuwenden.

Natürlich kann man sagen, Herr Professor Lennartz, zwei Jahre wären vielleicht die geeignete Zeit gewesen, um das zu beurteilen. Daran hätte sich die Sache aber nicht entschieden. Man sollte jetzt erst einmal sagen: Lasst uns erst einmal angucken, wie sich das Ganze über das Jahr oder die Jahre wirklich entwickelt, ob sich das Ganze also einspielt. Wenn die Kommunen sich darauf eingestellt haben, auf den einzelnen Rechtsgebieten vernünftig vorbereitete Entscheidungen zu treffen, wenn es dann aber immer noch so sein sollte, dass die Leute keinen anderen Ausweg sehen, als vermehrt Klagen einzureichen, und wenn diese Klagen darüber hinaus auch durchweg eine große Erfolgsquote hätten - dies wäre eine weitere Voraussetzung; auch diesbezüglich können Sie bisher noch keine Belege anführen, weil die Verfahren noch nicht entschieden sind -, würden wir uns das Thema gern wieder zu Gemüte führen und sagen: Lasst uns überprüfen, ob das Ganze sinnvoll war. Natürlich gibt es auch weniger gute Beispiele aus anderen Bundesländern, angesichts deren gesagt wurde, es habe nicht gut funktioniert. Wir haben daher gesagt: Wir treffen eine Auswahl bestimmter Rechtsgebiete, auf denen wir das Widerspruchsverfahren anwenden wollen bzw. auf denen es Ausnahmen vom Widerspruchsverfahren

geben soll. Ich bin gespannt, was Sie uns in der weiteren Ausschussberatung darbieten werden und wie Sie Ihren Antrag wirklich begründen wollen. Bis jetzt fehlt uns eine überzeugende Begründung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Minister Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen, bevor ich auf die Einzelheiten eingehe.

Erstens wende ich mich an Sie, Herr Dr. Lennartz. Ich freue mich sehr, dass Sie Staatssekretär Meyerding so gelobt haben. Dazu haben Sie auch wirklich allen Grund.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das musste mal gesagt werden!)

Ich gebe auch gern zu, dass unter der SPDRegierung, als Herr Meyerding Verantwortung für die Staatsmodernisierung gehabt hat, ebenfalls einiges auf den Weg gebracht worden ist. Ich nenne hier die Abschaffung des Landesverwaltungsamtes und den Aufbau des izn. Herr Meyerding war zwölf Monate in der Staatskanzlei unter Ministerpräsident Glogowski für Staatsmodernisierung zuständig. Anschließend kam Herr Gabriel. Es gab dann dreieinhalb Jahre Tiefschlaf bei der Verwaltungsreform, als Herr Meyerding nicht mehr zuständig war. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben nicht mehr den Mut gehabt, irgendetwas umzusetzen.

Zweitens freut es mich natürlich sehr, Frau Kollegin Bockmann, dass Sie mich immer gerne hören, wenn ich hier rede. Ich würde dieses Kompliment auch gerne zurückgeben; denn Sie sind immer sehr charmant. Inhaltlich ist es aber meistens doch sehr schwierig, Ihnen zu folgen. Das will ich an einigen Punkten deutlich machen. Wir müssen uns einmal vor Augen führen, wie die Fakten sind. Sie haben hier behauptet, dass im Januar und Februar

die Zahl der Klagen vor den Verwaltungsgerichten um zwischen 28 und 30 % angestiegen ist. Das stimmt. Aber, meine Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal die Geschichte dieser Klagen an. Im Januar haben 80 % der Kläger ein Widerspruchsverfahren durchlaufen. Im Februar haben noch 70 % der Kläger ein Widerspruchsverfahren durchlaufen. Das können wir ihnen nachweisen. Meine Damen und Herren, das sind mithin Klagen, die sogar noch nach den Regelungen des alten Systems behandelt worden sind. Es ist - Entschuldigung, auch wenn Sie es charmant vorgetragen haben - absurd, daraus abzuleiten, dass wir hier jetzt schon etwas korrigieren müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir müssen uns anschauen, wie die Widerspruchsverfahren, die in der Vergangenheit durchgeführt worden sind, zu bewerten sind. Auch hierzu sind die Fakten im Rahmen der Anhörung und während der Beratung des Gesetzes sehr klar vorgetragen worden. Das ist auch unstrittig. Die Abhilfequote lag in der Vergangenheit bei 10 bis 15 %. Alles andere ist genau so beschieden worden, wie es die Kommunen schon vorher beschieden haben. Das zeigt, dass in den Kommunen hervorragende Verwaltungsarbeit geleistet wird. Insofern sehen wir, dass wir den Kommunen in dieser Frage vertrauen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich weiterhin vergegenwärtigen, dass im Jahre 1996 in die Verwaltungsgerichtsordnung eine Öffnungsklausel eingeführt worden ist, wonach diese Widerspruchsverfahren und Vorverfahren abgeschafft werden können. Meine Damen und Herren, Sie haben selbst schon einmal darüber nachgedacht, haben aber nicht den Mut gehabt. Sie müssen einmal schauen, in welchen Ländern dieses Vorverfahren abgeschafft worden ist: in Bayern, in Baden-Württemberg, in Hessen. Jetzt, wo die CDU zusammen mit der FDP in Sachsen-Anhalt regiert, ist das Vorverfahren auch dort abgeschafft worden. Meine Damen und Herren, alles das sind Länder, vor allem die südlichen Länder, die - ich betone: noch - gerade wirtschaftlich sehr weit vorn liegen. Die Unternehmen, die in diesen Ländern angesiedelt sind, haben genauso wie wir gemeint, dass wir damit sogar eine Beschleunigung der Verwaltungsverfahren erzielen können, und zwar im Gegensatz zu der bisherigen Situation in Niedersachsen. Das zeigt, dass wir auf Erfahrungen aufbauen

können und wir von anderen lernen. Dazu sind Sie während Ihrer Regierungszeit leider Gottes nicht in der Lage gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es wird behauptet, dass dadurch der Rechtsschutz der Bürger in Deutschland und gerade jetzt hier in Niedersachsen zurückgedrängt wird. Was zu Recht zurückgedrängt wird, ist der Instanzenstaat. Auch deshalb haben wir das so beschlossen.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich hierzu sehr eindeutig geäußert. Es hat festgestellt, dass das Vorverfahren die Bürger nicht unzumutbar lange von den Verwaltungsgerichten fern halten darf. Denn auf den gerichtlichen Rechtsschutz gibt es in Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes einen Anspruch. Die Abschaffung der Vorverfahren dient damit auch dem Rechtschutz des Bürgers. Denn welchen Wert hat ein Vorverfahren für Bürgerinnen und Bürger, das mehrere Monate oder ein Jahr dauert und mit großer Wahrscheinlichkeit in die unveränderte Entscheidung mündet?

Meine Damen und Herren, lassen Sich mich zusammenfassen. Wir werden in diesen fünf Jahren natürlich evaluieren, wie sich diese Abschaffung bewährt. Aber ich kann noch einmal darauf hinweisen: Es ist richtig, dass im ersten Jahr und vielleicht noch im zweiten Jahr ein Anstieg der Fallzahlen bei den Gerichten zu verzeichnen sein wird. Aber in Bayern ist jetzt schon deutlich, dass die Gerichtsverfahren genau auf dem Niveau liegen wie in dem Zeitraum, als das alte Verfahren noch gegolten hat. Man sieht daran: Die Bürger gewöhnen sich daran. Das wiederum liegt vor allem daran - das hat Herr Wiese dargestellt -, dass man nicht nur ein formelles Widerspruchsverfahren benötigt, sondern dass es sehr viel sinnvoller ist, in den Kommunen ein Management vorzuhalten, das auf die Bürger eingeht, Widersprüche nicht nur zu beantworten und dann, wenn es Probleme gibt, mit dem Bürger zu sprechen, um Abhilfe zu schaffen. Das ist sehr viel moderner, besser und bürgerfreundlicher als das, was wir auf der Basis der bisherigen Verwaltungsstrukturen erlebt haben. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hat sich die Kollegin Bockmann noch einmal zu Wort gemeldet. Frau Bockmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, wenn das mit Ihrem Verfahren so toll läuft und die Bürgerinnen und Bürger so unglaublich zufrieden sind, dann frage ich mich z. B., warum der Vorsitzende von Haus + Grund aus Braunschweig, Herr Müller, seines Zeichens CDU-Mitglied, eine Petition an den Landtag gerichtet hat, die in die Richtung geht, das Widerspruchsverfahren beizubehalten, weil man eben sonst in der Praxis nicht zurechtkommt. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt betrifft das Beispiel Bayern, das Sie angeführt haben. Bayern hat 1960 das abgekürzte Verfahren eingeführt - die Klagewelle war unerträglich. Es hat es wieder abgeschafft. Bayern hat 1970 noch einmal einen Versuch unternommen - mit dem gleichen Resultat. Die Steigerungen beliefen sich in Bayern an den Gerichten, z. B. bei den ausländerrechtlichen Entscheidungen, auf 137 % plus. Das heißt, die Gerichte sind sozusagen unter einem Arbeitsanfall erdrückt worden, woraufhin Bayern die Konsequenz gezogen hat, die Sache ad acta zu legen und das Widerspruchsverfahren wieder einzuführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir sind der Auffassung des Kollegen Lennartz, dass wir die Schraube nicht von heute auf morgen zurückdrehen können. Aber wir sollten uns in einem angemessenen Zeitraum überlegen - im Rechtsausschuss die Argumente austauschen -, wie wir mit den Eingangszahlen vor den Gerichten umgehen. Denn uns liegen nicht nur die Zahlen von Januar und Februar vor. Wir befinden uns heute im Mai und stellen fest: Die Zahlen haben sich nicht verändert, sie steigen nach wie vor an. Wenn Ihr Vorschlag, die Erfahrungen mit dem neuen Verfahren fünf Jahre abzuwarten, wirklich durchgezogen wird, dann wird hier Geld in einem unerträglichen Maße zum Fenster herausgeschmissen werden. Das können wir als SPD-Fraktion nicht verantworten. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Die Fraktionen haben um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile der CDU-Fraktion drei Minuten