Protocol of the Session on May 18, 2005

Wir haben in der Vergangenheit die Möglichkeit gehabt, und wir haben sie auch für die Zukunft, über unsere niedersächsischen Agrarumweltprogramme extensive Grünlandnutzung für die Grünlandnutzer zu beanspruchen. Aber man muss hier - das will ich ganz klar sagen - aufpassen, dass man sich in diesem Programm nicht festfährt. Diese Programme gelten fünf Jahre. Bei mir auf dem Schreibtisch landen häufig Fälle, dass Leute nach zwei Jahren feststellen, dass diese Förderung nichts für sie ist und gegen ihr Betriebskonzept läuft. Aus diesem Programm herauszukommen, ist unmöglich. Man kann bei der Europäischen Union auch kein Gnadengesuch einreichen; das ist dort nicht vorgesehen. Hier muss man fünf Jahre durchhalten, auch wenn man miese Betriebsergebnisse einfährt.

Der Verwaltungsaufwand, der hier angesprochen worden ist, sollte vermieden werden. Deshalb bin

ich froh, dass der Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt wird. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zur Geschäftsordnung Herr Kollege Althusmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, insbesondere an Frau Helmhold und Herrn Stefan Wenzel als Fraktionsvorsitzenden, sei die Anmerkung gerichtet, dass derjenige, der hier gerade den Antrag „Fördermöglichkeiten für eine umweltgerechte Grünlandnutzung ausschöpfen“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht hat, den Saal verlassen und sich an der weiteren Diskussion dieses Antrages nicht mehr beteiligt hat. - So viel zur Disziplin im Parlament. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das wollen wir einmal festhalten! Das ist ein ganz starkes Stück! Wenn das die Bild- Zeitung erfährt!)

Es hat sich jetzt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet - -

(Zurufe von der CDU: Frau Helmhold!)

- Nicht Frau Helmhold. Ganz langsam! Ich will nur deutlich machen: Wir befinden uns jetzt in einer Debatte zur Geschäftsordnung. Ich möchte nicht, dass diese Debatte zu einer inhaltlichen Debatte über die Disziplin hier im Landtag ausufert. Vor diesem Hintergrund haben Sie jetzt das Wort, Herr Wenzel.

Frau Präsidentin! Herr Althusmann, ich will an dieser Stelle nur deutlich machen, dass sich Herr Klein bei Frau Helmhold und bei mir abgemeldet hat, weil ihm klar war, dass er der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes nicht bis zum Ende beiwohnen kann.

(David McAllister [CDU]: Wo ist er denn?)

Es hat aufgrund der Verzögerung bei der Abarbeitung der Tagesordnung ein Problem gegeben. Er ist für einen kurzen Moment in einem Chat der Cuxhavener Bürgermeisterkandidaten.

(Zurufe von der CDU: Ach nee! - Bernd Althusmann [CDU]: Wer im Glashaus sitzt - - -! Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, wir haben deutlich gemacht, dass es uns um eine Parlamentsreform geht, um das Gespräch mit allen Fraktionen über dieses Thema.

(Unruhe)

Herr Kollege Wenzel hat das Wort. Ich bitte um Ruhe.

Es stellt sich natürlich die Frage, wie wir alle gemeinsam die Selbstdarstellung des Parlaments bestmöglich organisieren. Das ist unser gemeinsames Gesprächsthema. Darüber wollen wir auch mit Ihnen weiter im Gespräch bleiben. Ich glaube - da kann ich auch auf Ihre Äußerung Bezug nehmen -, dass dies ein gemeinsames Anliegen sein wird. Ich bin auf Ihre Vorschläge zu diesem Thema gespannt. Aber ich glaube nicht, dass es angemessen ist, an dieser Stelle ein Fass aufzumachen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Soweit zu den Erklärungen außerhalb der Tagesordnung.

Zu dem Tagesordnungspunkt 12 liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist gefolgt worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Handlungskonzept: Zwangsheirat ächten Zwangsehen vorbeugen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1676 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Drs. 15/1883 neu

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Annahme in veränderter Fassung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Langhans zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Ich freue mich, dass der Antrag der Grünen bei allen Fraktionen auf so große Zustimmung gestoßen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit diesem gemeinsamen Antrag schaffen wir in Niedersachsen erste Voraussetzungen, um das Thema „Zwangsheirat“ zu enttabuisieren. Die Landesregierung wird beauftragt, das notwendige Zahlenmaterial über Ausmaß und Auswirkungen der Zwangsheirat zusammenzustellen. Schon allein diese Maßnahme wird bei den einzelnen Einrichtungen und Institutionen dazu führen, genauer hinzusehen, bereits auf erste Anzeichen einer drohenden Zwangsehe sensibler zu reagieren.

Meine Damen und Herren, wir schaffen erste Voraussetzungen für Hilfsangebote. Das bedeutet beispielsweise auch, anonyme Schutzeinrichtungen oder spezielle Beratungsstellen für junge Migrantinnen einzurichten, wie das auch der Landesfrauenrat fordert. Auch aufenthaltsrechtliche und zivilrechtliche Bestimmungen müssen im Hinblick auf den Schutz der Opfer von Zwangsehen überprüft werden.

Meine Damen und Herren, wir schaffen erste Voraussetzungen für Präventionsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Polizei, Schulen, Jugendämtern und anderen Einrichtungen, und zwar hier, in den Landkreisen und Kommunen in Niedersachsen, wo die jungen Frauen, die jungen Mädchen - und im Übrigen auch nicht wenige junge Männer - leben

und unter den Folgen von Zwangsheirat leiden oder von der Zwangsheirat bedroht sind.

Meine Damen und Herren, wir sind uns einig, dass nur ein Bewusstseinswandel in den entsprechenden Familien dazu führen kann, die traditionell patriarchalisch verfestigten Familienstrukturen aufzubrechen. Vor diesem Hintergrund kommt den Migrantinnenselbstorganisationen eine große Bedeutung zu. Durch ihre interkulturelle Kompetenz sind sie besonders geeignet, innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft klarzustellen, dass Zwangsheirat durch nichts zu rechtfertigen ist.

Meine Damen und Herren, wir leiten mit diesem Antrag in Niedersachsen erste konkrete Schritte ein, Zwangsheirat als eine Menschenrechtsverletzung zu ächten und Zwangsehen vorzubeugen. Damit sind wir deutlich weiter als die Vorschläge, die dieser Tage aus dem niedersächsischen Innenministerium zu vernehmen waren. Minister Schünemann will Zwangsehen verhindern, indem er das Nachzugsalter von Ehegatten auf 21 Jahre erhöht und Sprachtests in den Herkunftsländern vorschreibt. Auch die FDP hat bereits erkannt, dass es hier verfassungsrechtliche Bedenken gibt. So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom März 1987 eine Wartezeit von drei Jahren ausdrücklich für unverhältnismäßig und nicht mit Artikel 6 des Grundgesetzes vereinbar erklärt.

Meine Damen und Herren, der Schutz von Ehe und Familie - und zwar auch ausländischer Familien - ist ein hohes Gut, offensichtlich jedoch nicht für einen christdemokratischen Minister. Mit dem Ruf nach Mindestalter und Sprachtests für Ehegatten wird das Familienleben von zehntausenden ausländischen und binationalen Ehen eingeschränkt und behindert. Die Altersgrenze, Herr Schünemann, würde generell alle Ehen betreffen, auch die große Zahl von Ehen, die von beiden Partnern gewollt sind. Eine Altersgrenze würde die Zwangsverheiratung lediglich bis zum 21. Lebensjahr verschieben. Und sie verhindert keine einzige Zwangsheirat.

Die Absicht, Herr Minister, die hinter Ihren Forderungen steckt, ist durchsichtig. Faktisch soll damit der Ehegattennachzug verhindert werden. Die Idee, dass Deutschkurse in den Herkunftsländern überall und für jeden erreichbar und finanzierbar seien, entbehrt jeder Realität.

Meine Damen und Herren, mit diesem Antrag gehen wir den einzigen, ersten, richtigen Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Weddige-Degenhard das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Menschen lieben sich und entschließen sich zu heiraten. Das ist das Normalste auf der Welt - in unserem Kulturkreis!

(Oh! von der CDU)

- Es ist ja schön, dass das bei Ihnen auf so nette Resonanz stößt.

Bei vielen Familien mit patriarchalischen Strukturen, z. B. in Südgriechenland, Sri Lanka, ExJugoslawien oder der Osttürkei, sieht das anders aus. Mutter und Vater suchen einen nach ihren Maßstäben passenden Ehepartner für ihre Tochter aus, häufig einen Cousin. Männer sind auch betroffen - Frau Kollegin Langhans erwähnte das schon -, aber nicht so häufig. Alles bleibt in der Familie. Man kennt die Besitzverhältnisse. Der Bräutigam erhält die Möglichkeit, hier einzureisen.

Gelingt es den Eltern, die Braut von ihrem zukünftigen Ehemann zu überzeugen, gibt es eine so genannte arrangierte Ehe. Gelingt dieses nicht, und üben die Eltern psychischen oder sogar physischen Druck aus, kommt es zu einer Zwangsheirat. Eine Zwangsverheiratung verstößt eindeutig gegen unser Grundgesetz und gegen das Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen, in dem eine freie Partnerwahl und ein selbstbestimmtes Leben garantiert wird.

(Zustimmung von Roland Riese [FDP])

Es hat lange gedauert, bis wir diese Schicksale wahrgenommen haben, bis wir hinter die Mauern der Familien geschaut haben. Inzwischen gibt es jedoch vielerlei Initiativen. Seit Februar ist eine Verschärfung des Nötigungstatbestandes in Kraft getreten. Baden-Württemberg hat eine Bundesratsinitiative eingebracht, die auf die Aufnahme eines Straftatbestandes der Zwangsverheiratung

ins Strafgesetzbuch abzielt und den Strafrahmen verschärft.

Dies alles wurde im Fachausschuss beraten. Alle Fraktionen haben sich auf eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung geeinigt. Dabei war uns allen klar, dass lediglich eine Verschärfung des Strafrahmens den Frauen keinen wirklichen Schutz bieten kann. Es ist notwendig, Informationen über das Ausmaß des Problems hier in Niedersachsen zu erhalten.

Darüber hinaus bedarf es eines Konzeptes, das vor allen Dingen zu einer Bewusstseinsveränderung in den betreffenden Familien führen muss. Väter und Brüder sind von der Last, die Familienehre retten zu müssen, zu befreien. Mütter müssen sich gegen die unmenschlichen Traditionen zur Wehr setzen. Zusätzlich dazu bedarf es vielfältiger Hilfen für betroffene Frauen. Polizei, Gerichte und Behörden müssen sensibilisiert werden. Allgemein bildende und berufsbildende Schulen sind in besonderer Weise gefordert, sich dieses Themas anzunehmen. Aber auch den Migrantenorganisationen und den Medien kommt eine große Verantwortung zu.

Im letzten halben Jahr ist das Thema Zwangsheirat in vielen Zeitungen und Fernsehsendungen zur Sprache gekommen. Wie weit es auch in der heimatsprachlichen Presse und in den Fernsehsendungen des türkischsprachigen Programms angesprochen wurde, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis. Ich bin mir aber sicher, dass die Einbindung insbesondere dieser Medien von großer Bedeutung sein kann.

Wir erwarten bis zum Ende dieses Jahres einen Zwischenbericht des Sozialministeriums. Umso erstaunter nehmen wir zur Kenntnis, dass dieses Thema jetzt vom Innenministerium bearbeitet wird. Herr Schünemann, hören Sie ruhig zu! Sprachtests und ein Mindestalter von 21 Jahren für nachziehende Verwandte sind plötzlich als Mittel gegen Zwangsheirat im Gespräch. Herr Schünemann, übernehmen Sie jetzt die Frauenpolitik? - Das wäre ja nicht das erste Mal; denn auch die Abschaffung der Frauenbeauftragten außerhalb der Landkreise war schon Ihr Anliegen.