Erstens. Wir wollen eine bestmögliche Föderalismusreform zur Entflechtung der Zuständigkeiten und zur Stärkung gerade der 16 deutschen Bundesländer.
Zweitens. Wir wollen die Finanzierung wichtiger Aufgaben klären, und wir wollen eine langfristige Perspektive für die Finanzgrundlage der Länder. Wer mit Gerhard Schröder verhandelt, der weiß, dass man gerade bei Finanzfragen sehr präzise arbeiten muss.
Drittens. Unser Ziel ist es, nicht nur Deutschland, sondern auch Niedersachsen zukunftsfähig zu machen, damit die Menschen in unserem Land wieder eine Perspektive bekommen. Dazu zählt auch die Föderalismusreform. Aber eines ist klar: Die Interessen der 16 Länder müssen berücksichtigt werden, und Christian Wulff ist gewählt worden, um die Interessen Niedersachsens zu vertreten. Das tut er, daran gibt es überhaupt nichts zu kritisieren. Ihre Aktuelle Stunde war leider ein Reinfall.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege McAllister, ob die Aktuelle Stunde ein Reinfall war, sollte man immer erst am Ende beurteilen.
Um bei dem Beispiel mit dem Europapokal zu bleiben: Wenn man das so macht wie Sie, dann muss man allerdings auch bei der regulären Spielzeit auf dem Platz sein, und vor allem darf man am Ende keine Eigentore schießen. Genau das befürchten wir aber.
Der erste Punkt ist: Wir stimmen dem Ministerpräsidenten ausdrücklich zu, dass es bei der Neuordnung der Aufgabenverteilung natürlich darum gehen muss, dass die Finanzmittel, die bisher durch den Bund für die Aufgabenerledigung zur Verfügung gestellt wurden - z. B. in den Gemeinschaftsaufgaben -, nach Möglichkeit dauerhaft in den Länderhaushalten bleiben müssen. Man kann sicherlich darüber reden, ob der Bund eine Interessenquote erhält. Aber das muss über 2012 hinaus passieren. Das ist ausdrücklich richtig.
Meine Frage ist, Herr McAllister: Warum haben Sie das eigentlich, als wir exakt das am 10. September 2003 im Landtag beantragt haben, abgelehnt? Was haben Sie eigentlich in der Debatte um die Föderalismusreform getan, um diese Position einzubringen? Sie kommen doch jetzt wie Zieten aus dem Busch
- wir haben noch mehr Beispiele - und erklären, es gibt da noch ein großes Thema, bei dem Sie offensichtlich die Möglichkeiten nutzen wollen, die Sache am Ende scheitern zu lassen.
Der zweite Punkt ist: Wenn Sie über den Länderfinanzausgleich und über die Steuersystematik in Deutschland reden wollen, dann kann ich nur hoffen, dass Sie Ihre Position aus der Zeit, in der Sie in der Opposition waren, grundlegend geändert haben.
Ihr damaliger Oppositionschef und Ihr finanzpolitischer Sprecher haben von der damaligen SPDRegierung gefordert, dass wir uns auf den Vorschlag Bayerns, Baden-Württembergs und übrigens auch Nordrhein-Westfalens zu einem stärkeren Steuerselbstbehalt und zum Steuerföderalismus in Deutschland einlassen sollten. Dies hätte - das ist in der Kommission berechnet worden das Land Niedersachsen 150 Millionen Euro gekostet, die wir, weil wir es nicht mitgemacht haben, für den Landeshaushalt erreichen könnten. So viel zum Thema Eigentore. Ich hoffe, dass Sie sich von dieser Position verabschieden.
Aber für viel wichtiger ist doch die Frage: Was bezwecken Sie eigentlich mit dem Versuch, kurz vor Neubeginn ein neues Thema anzuschneiden, ein
neues Fass aufzumachen? - Herr Ministerpräsident, wir haben einmal nachgesehen: Von sechs Sitzungen sind Protokolle einsehbar. Da kann die Öffentlichkeit feststellen, was Sie dort getan haben. Wir haben festgestellt, dass Sie bei vier dieser Sitzungen überhaupt nicht anwesend waren.
Eine davon war die konstituierende Sitzung. Sie haben Frau Heister-Neumann geschickt, die auch immer anwesend war.
Weiter haben wir uns die Wortmeldungen angesehen und geguckt, was eigentlich eingebracht worden ist: von Ihnen gar nichts.
Von Frau Heister-Neumann gibt es einen Zwischenruf, immerhin eine Nachfrage und eine siebenzeilige Bemerkung, dass sie sich den Ausführungen ihres Vorredners anschließt - ansonsten gar nichts.
Ich frage mich: Was haben Sie in dieser Zeit eigentlich gemacht? Warum haben Sie eigentlich das, was Sie jetzt als so wichtig erachten, nicht in der Föderalismuskommission beantragt, obwohl die SPD-Fraktion Sie im Landtag darauf hingewiesen hat? Was haben Sie eigentlich in dieser Föderalismuskommission gemacht?
Sie haben uns als Antwort gegeben - ich zitiere den Herrn Ministerpräsidenten am 27. Mai im Landtag -:
„Wir haben vom Arbeitsstil her vereinbart, dass wir unsere Positionen innerhalb der Vorgespräche der Arbeitsgruppen und der Fachkreise einbringen. Damit können wir bisher auch zufrieden sein.“
„Durch erfolgreiche Führung der Vorgespräche konnten alle unsere Positionen Eingang in das Positionspapier
Zum Schluss kann man nur sagen: Entweder er hat damals gepennt, oder er hat dem Landtag gegenüber die Unwahrheit gesagt, oder er hat sich an der Debatte um die Föderalismusreform überhaupt nicht beteiligt. Mein Eindruck ist: Sie haben nur ein einziges Ziel - das ist vorhin schon gesagt worden -: Sie sagen Nein zum Thema Subventionsabbau. Sie sagen Nein zur Effizienzförderung. Sie sagen Nein zu den Ergebnissen des Jobgipfels und sagen Nein zur Föderalismusreform. Sie wollen nicht, dass Deutschland vorankommt, weil Sie hoffen, sich damit eine bessere Ausgangsposition zur Bundestagswahl zu verschaffen. Sie sind der Gromyko des deutschen Föderalismus. Der hat auch immer Nein gesagt, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gabriel, ich glaube, dass der 22. Mai nicht nur Herrn Müntefering zu Panikreaktionen bringt, sondern auch Sie.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Dann haben Sie mich aber noch nicht panisch er- lebt!)
Ihre Fraktion hat Ihnen vielleicht nicht zu Unrecht nur etwas Redezeit übrig gelassen. Ich habe es da etwas besser. Meine Kollegen waren sehr fair zu mir. Dafür möchte ich mich bedanken.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Wenn Sie so weitermachen, dann haben Sie auch keine mehr! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Die Föderalismusreform ist tot - es lebe die Föderalismusreform. So könnte man das Thema auf einen Kurznenner bringen. Sie wurde auch oft die Mutter aller Reformen genannt. Diese Bezeichnung hat sie auch verdient, wenn man die ihr zunächst auferlegten Aufgaben zugrunde legt. Denn sie sollte eine grundlegende Neuorientierung in den Beziehungen zwischen Bund und Ländern bringen.
Die Kompetenzverteilung sollte grundlegend neu definiert werden. Wir alle wissen, dass dieser Versuch gescheitert ist, wenn auch in einigen Teilen durchaus Konsens erreicht worden ist. Meine Damen und Herren, es gilt, den Konsens in den Bereichen zu retten, in denen Einigkeit erzielt worden ist. Es nützt auch nichts, Herr Gabriel, wenn Sie Schuldzuweisungen machen und ausführen, wer denn wohl am meisten an diesem Scheitern schuld ist. Das hilft uns nicht weiter. Das Land hat es verdient, dass wir diese Föderalismusreform zustande bringen.
Es muss mit den Schuldzuweisungen mit Blick auf Wahltermine und Parteienproporz Schluss sein. Wir müssen die Ergebnisse retten. Dazu wird meine Fraktion in dieser Woche im Bundestag einige Gesetzesinitiativen einbringen - sie wurden gestern vorgestellt -, z. B. dazu, wie die Kompetenz für die Grundsteuer vom Bund auf die Länder verlagert werden soll. Auch ist ein Tausch zwischen Versicherungssteuer und Kfz-Steuer vorgeschlagen worden mit dem Ziel, eines Tages die Kfz- auf die Mineralölsteuer umzulegen. Nicht zuletzt ist nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichtes vorgeschlagen worden, den Ladenschluss in die Kompetenz der Länder zu geben. Das Wenige, was erreicht worden ist, müssen wir sichern.
Meine Damen und Herren, im Bundestag wird sich bei der Beratung zu diesen Gesetzesinitiativen zeigen, wer mit Blick auf Wahltermine mauert und wer zum Wohle des Landes an einer echten Reform interessiert ist. Herr Gabriel, Sie können dann mit Ihren Kollegen im Bundestag sprechen, vielleicht können die sich ja einbringen.
Die Föderalismusdiskussion war von vornherein zu eng begrenzt. Das haben wir in diesem Hause und auch die Kollegen im Bundestag häufig gesagt. Ausgeklammert worden sind alle Fragen, die mit Steuerautonomie der Länder, mit dem Länderfi
nanzausgleich und nicht zuletzt auch mit einer Neugliederung der Ländergrenzen zusammenhängen. Wir dürfen diesen Fehler bei einer Neuaufnahme der Föderalismusdiskussion nicht wieder machen, sondern wir müssen die Thematik ausweiten. Die FDP-Fraktion ist unserem Ministerpräsidenten ausgesprochen dankbar, dass er in der vergangenen Woche angemahnt hat, dass die gesamten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern in die Diskussion mit einbezogen werden müssen.
Meine Damen und Herren, wer in diesem Zusammenhang von einem „Draufsatteln“ spricht, wie es der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck tut, der denkt kleinkariert und kapituliert vor seinen Aufgaben.