Protocol of the Session on February 25, 2005

(David McAllister [CDU]: Richtig!)

Eine sinnhafte verkehrliche Beruhigung der Zentren durch Reduzierung oder Befreiung vom Individualverkehr kann durch ein vielfältiges Instrumentarium sowohl städtebaulich-planerischer als auch verkehrsbehördlicher Maßnahmen der Kommunen ohne neue Abgaben erreicht werden. Als Beispiele will ich nur die Ausweitung von Fußgängerzonen, eine intelligente Parkraumbewirtschaftung oder Verkehrslenkungseinrichtungen nennen.

Durch eine City-Maut verlieren die Städte gegenüber dem Umland weiter an Attraktivität - die gleichen Städte, die sich heute schon darüber beklagen, dass die Kaufkraft aus den Innenstädten an den Rand der Städte abwandert. Die großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese - zumeist straßenverkehrlich exzellent erschlossen werben schon heute erfolgreich mit kostenlosen Parkplätzen. Eine City-Maut würde diesen Kostenvorteil noch vergrößern.

Die Folge: die Stadt verliert als Wirtschaftsstandort weiter an Bedeutung, Umsatzrückgänge sowie die Abwanderung weiterer Produktionsbetriebe und flächenintensiver Einzelhandelsgeschäfte sind zu befürchten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nein.

Zu 2: Ich verweise auf meine Vorbemerkungen.

Zu 3: Die Landesregierung trifft keine eigenen Maßnahmen in dieser Thematik; ihr steht auch kein geeignetes Instrumentarium hierfür zur Verfügung.

Bei der Ausarbeitung der Maßnahmen für den Luftreinhalteplan Hannover wurde im Übrigen festgestellt, dass ein erheblicher Anteil der innerstädtischen Stickoxid- und Partikelbelastung überregionalen Ursprungs ist - eine Erkenntnis, die bundesweit bestätigt ist. Die Reduzierung dieser Belastung ist daher durch lokale Maßnahmen nicht möglich. Vielmehr sind zusätzlich Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene erforderlich, um diesen Anteil an der Gesamtbelastung deutlich zu verringern und die Immissionsgrenzwerte sicher einhalten zu können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die erste Zusatzfrage stellt Herr Wenzel.

Herr Minister, Herr Dinkla, Sie haben eine Bemerkung eines Kollegen aus Hannover aufgegriffen. Sie wissen aber sicherlich, dass diese Maßnahme in keiner Weise weiter verfolgt und dies politisch auch nicht gefordert wird. Insofern ist der Anlass Ihrer Anfrage im Grunde hinfällig.

Ich habe aber trotzdem eine Nachfrage zu Nr. 3. Wir haben gehört, dass der Wirtschaftsminister zur Umsetzung der EU-Richtlinie und zur Schaffung von Luftreinhalteplänen keinerlei Pläne hat und überhaupt keine Maßnahmen einleiten will. Meine Frage an den Umweltminister: Was plant der Umweltminister des Landes Niedersachsen, um die EU-Richtlinie umzusetzen und sicherzustellen, dass der Schutz der Bevölkerung vor Feinstaub in allen niedersächsischen Städten und auf allen stark befahrenen Durchgangsstraßen so erfolgt, wie er aufgrund der zu befürchtenden hohen Zahl an Todesfällen bzw. an gesundheitlichen Problemen notwendig ist und zu erwarten wäre?

Herr Wenzel, Sie können Fragen nur an die Landesregierung stellen. Aber Herr Sander wird antworten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Wenzel, Sie wissen, dass die Kommunen das umsetzen müssen. Wir haben den Umweltdezernenten der Stadt Hannover rechtzeitig aufgefordert, uns Vorschläge zu machen; denn nicht das Land sagt, was zu tun ist, sondern die Kommunen müssen in eigener Verantwortung Vorschläge machen. Wenn wir der Meinung sind, dass diese Vorschläge zu einem Ergebnis führen, dann stimmen wir ihnen auch zu.

Nun warten wir auf Herrn Mönninghoff. Aber Herrn Mönninghoff - das haben wir in der letzten Landtagssitzung schon diskutiert - fiel als einziges ein, noch eine Dieselabgabe zulasten Dritter zu fordern. Das ist nicht das, was wir erwarten. Wir erwarten, dass Herr Mönninghoff uns sachliche, sinnvolle und auch ökologisch sinnvolle Vorschläge unterbreitet. Ich hoffe, dass Sie ihn dabei unterstützen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel zu seiner zweiten Zusatzfrage!

Herr Sander, Sie haben jetzt noch einmal versucht, etwas zu unterstellen, was von uns nicht vertreten wird. Ich frage daher, da das Land die Messstellen betreibt und es wichtig ist, dass das Land verlässliche Messdaten zur Verfügung stellt: Warum gibt es in den Kommunen immer wieder Diskussionen um die richtigen Messprogramme und Messstellen? Warum kooperieren Sie nicht besser mit den Kommunen, um die erforderlichen Daten zeitnah und in dem notwendigen Umfang zur Verfügung zu stellen?

Das waren zwar zwei Fragen, aber Herr Sander antwortet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das, Herr Wenzel, ist Ihnen bekannt: Wir haben landesweit 27 Messstellen. Das liegt über dem Bedarf, das ist gar nicht gefordert. Wir haben dadurch ein sehr viel dichteres Messnetz als andere vergleichbare Länder und Städte.

Hannover ist die erste Stadt, die uns einen Maßnahmenkatalog vorzustellen hat. Dieser Maßnahmenkatalog reicht unseres Erachtens nicht aus, wenn die 35 Tage, bei denen eine stärkere Belastung zulässig ist, eintreten würden.

Daher kann ich Sie nur alle auffordern, nun endlich den Umweltdezernenten der Stadt Hannover Herrn Mönninghoff aufzufordern, er möge endlich seine Schularbeiten erledigen und nicht nur Sprüche klopfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. - Wir kommen zu

Frage 3: Präventionsmuffel - ein männliches Phänomen?

Die Frage wird gestellt von der Abgeordneten Frau Mundlos. Frau Mundlos, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Bericht der Techniker Krankenkasse vom Dezember 2004 ist überschrieben mit: „Männer sind Präventionsmuffel“. Im weiteren Text wird ausgeführt, dass nur 23 der Teilnehmer an Bewegungskursen im Vorjahr männlich waren, dass Männer erst einen Präventionskurs belegen, wenn sie Krankheitszeichen verspüren oder ernsthaft erkrankt sind, und dass sich nur 31 % der bei der Techniker Krankenkasse versicherten Männer im Vorjahr - also im Jahr 2003 - vorsorglich auf Krebs haben untersuchen lassen. Ähnlich sieht es bei der Teilnahme an einem Gesundheits-Check-up aus.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann sie diese Tendenz insgesamt für Niedersachsen bestätigen?

2. Inwieweit werden Überlegungen bei allen Planungen für Präventionsmaßnahmen dieser Tendenz Rechnung tragen und ein anderes Präventionsverhalten befördern können?

3. Wo sieht die Landesregierung Möglichkeiten, Männer dazu zu bewegen, sich verstärkt an Präventionsmaßnahmen zu beteiligen?

Für die Landesregierung antwortet die Sozialministerin Frau Dr. von der Leyen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Davon, dass sich die Lebenserwartung in den vergangenen Jahren allgemein erhöht hat, konnten zum größten Teil die Frauen profitieren. Sechs Jahre leben Männer im Durchschnitt weniger.

Männer haben also allen Grund, sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Wir sehen eine interessante Entwicklung: Krankheiten bzw. Gesundheitsrisiken, die rundweg Frauen zugeschrieben wurden, werden neuerdings auch als Männerkrankheiten entdeckt. Beispielhaft erwähnen möchte ich die männlichen Wechseljahre, Störungen in der Sexualität, operative Korrekturen durch die plastische Chirurgie, Osteoporose und Depression.

Auch Männer - immerhin etwa 40 % - geben an, unter Stress durch den Spagat zwischen Beruf und Familie zu leiden. Sie reagieren darauf bevorzugt mit einem schädigenden Lebensstil wie Rauchen, Alkohol und Überernährung. Ob deshalb die Männer gleich als „Muffel“ abqualifiziert werden müssen, sei dahingestellt.

Das Thema ist zumindest erkannt und wird entsprechend diskutiert. Die herkömmlich drei K´s, die für „Kinder, Küche, Kirche“ stehen, werden in den gender studies bereits geschlechtsspezifisch umgedeutet mit „Karriere, Konkurrenz, Kollaps“.

Noch immer rauchen 35 % der über 18-Jährigen in Deutschland. Hier liegen die Männer, obwohl die Frauen aufholen, noch vorne. Der Pro-KopfVerbrauch an Alkohol hat sich in den letzten 15 Jahren von 12 Liter auf 48 Liter pro Person und Jahr vervierfacht. Auch hier wird das Feld von Männern dominiert. Sie sind ab einem Alter von etwa Mitte 50 durchweg häufiger von Krebserkrankungen betroffen. Ihr Risiko, z. B. an Lungenkrebs zu erkranken und zu sterben, ist sogar dreifach erhöht.

Die Teilnahme an Früherkennungsprogrammen bietet die Chance auf frühzeitige Diagnose und Behandlung. Sie geben Gelegenheit, sich Information und Motivation zu holen. Es genügt schon die Änderung des Lebensstils und der Ernährung, um Risiken zu mindern. Aber der Anstoß dazu muss

auch wahrgenommen werden. Geht Mann nicht zur Untersuchung, ist diese Chance vertan.

Wir erleben also eine widersprüchlichen Situation. Auf der einen Seite stehen Männer, die einfach zu wenig auf ihre Gesundheit achten und Erkrankungszeichen nicht wahrnehmen wollen. Auf der anderen Seite entdecken gerade die WellnessBewegung, die plastische Chirurgie und die pharmazeutische Industrie insbesondere den alternden Mann als Kunden.

Der Arztbesuch folgt zu häufig erst dann, wenn akute gesundheitliche Probleme dazu zwingen. Es scheint für Männer vom Selbstverständnis her schwerer zu sein als für Frauen - -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Warten Sie bitte einen Augenblick, Frau Ministerin! Es ist einfach zu laut hier. Ich bitte insbesondere die Männer, hier zuzuhören; denn es geht hier um Ihre Gesundheit.

(Beifall)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ja, zu dem Eindruck kann man tatsächlich gelangen. Die Tendenz, dass Vorsorgeuntersuchungen von Männern deutlich weniger wahrgenommen werden als von Frauen, ist sowohl auf Bundesebene als auch in Niedersachsen zu erkennen. Dies zeigen Zahlen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Köln, die Veröffentlichungen einzelner Kassen wie die der Techniker Krankenkasse, auf die sich die Anfrage bezieht, und Stichproben zu wissenschaftlichen Zwecken.

Besonders deutlich ist die geringe Inanspruchnahme der Krebsfrüherkennung durch Männer. Hier liegt die Rate bei Frauen im mittleren Lebensalter bei etwa 60 % und ist damit viermal so hoch wie bei Männern, bei denen sie 15 % erreicht. Bei Männern erhöht sich die Inanspruchnahmerate immerhin mit zunehmendem Alter, während sie bei Frauen eher sinkt. Aber auch dann beträgt der Anteil der Männer im Schnitt noch weniger als 30 % der Anspruchsberechtigten.

Sicherlich gibt es dafür multifaktorielle Ursachen. Die höhere Inanspruchnahme durch Frauen mag zum Teil darin begründet sein, dass sie schon ab etwa dem 20. Lebensjahr im Rahmen der gynäkologischen Vorsorge mit der Krebsfrüherkennung vertraut sind. Dies erklärt aber sicherlich nicht alles.

Zu 2 und 3: Bei diesem Thema haben die Frauen die Nase vorn: Frauen haben mit der frauenspezifischen Gesundheitsförderung schlichtweg 20 Jahre Vorsprung. Multiplikatoren für Gesundheitsthemen sind in der Regel weiblich, Selbsthilfevertreter sind Frauen. Hier können Männer noch viel lernen und positiv erfahren, dass Engagement für Gesundheit nicht im Widerspruch zum eigenen Rollenverständnis steht. Schmerz und Krankheit sind keine Schwächen.

Auch bei diesem Thema steht die Verantwortung der Eltern ganz vorn. Für den Umgang mit Gesundheit im Erwachsenenalter spielt die Prägung in der Familie eine wichtige Rolle. Diese scheinbar ganz banalen Dinge des täglichen Lebens spielen auch eine zentrale Rolle bei dieser Kleinen Anfrage: Wenn in Anwesenheit von Kindern als Zeichen von Coolness geraucht wird, wenn Kindern täglicher Alkoholkonsum vorgelebt wird, wenn signalisiert wird, dass nach dem Sport die Fluppe und ein Bier entspannend wirken, dann müssen wir gerade da ansetzen.