Protocol of the Session on February 23, 2005

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Was heißt das?)

- Das überlassen Sie bitte der Landesregierung.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Wann? Sonst sind Sie doch auch immer so schnell: in punkto Bezirksregierungen etc.!)

- Eben! Und das möchte ich noch einmal bekräftigen: Wir haben in den zwei Jahren schon erheblich mehr geleistet als Sie in Ihren 13 Jahren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie noch zehn Anträge oder Gesetzentwürfe einbringen: Wir werden dafür sorgen, dass sich in Niedersachsen die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen verbessern wird. Wir werden auch gemeinsam dafür Sorge tragen, dass ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und ihr Recht auf Selbstbestimmung gestärkt wird.

Frau Ministerin von der Leyen hat gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit bekräftigt, sich für die Menschen mit Behinderungen einzusetzen. Wir haben bereits am 16. Juni letzten Jahres im Sozialausschuss eine Unterrichtung über den Sachstand zu diesem Thema bekommen. Sie wissen deshalb auch ganz genau, dass sich der Gesetzentwurf in der Abstimmung befindet. Insofern ist die Ministerin ihren Worten sofort nachgekommen und hat diesen Gesetzentwurf vorgelegt.

Aber Sie wissen auch genau, welche Problematiken damit verbunden sind; denn diese haben letztendlich ja auch dazu geführt, dass Sie Ihren Gesetzentwurf, den Sie ursprünglich einmal vorgelegt hatten, erheblich abgespeckt haben. Sie wissen, welche Auswirkungen ein solches Gesetz haben wird. Man muss genau berechnen, welche Folgekosten auf die Kommunen zukommen. Und da reicht es nicht, wenn Sie in § 16 wieder einmal fordern, dass das Land für die Kosten, die den Kommunen entstehen, im Rahmen des Finanzausgleichs aufkommen muss. Es muss bezifferbar sein, welche Belastungen bei den Kommunen wirklich entstehen. Das geht nun einmal leider nicht von heute auf morgen. Dafür braucht man Zeit, und deswegen hat das auch etwas länger gedauert.

An dieser Stelle möchte ich Sie aber auch einmal auffordern, meine Damen und Herren von der SPD. Sie haben schließlich jetzt schon die Möglichkeit, selbst tätig zu werden. In den Kommunen, in denen Sie Verantwortung tragen, können Sie sich für die Menschen mit Behinderungen einsetzen.

(Werner Buß [SPD]: Haben wir auch!)

Dort, wo Sie die Entscheidungen mittragen, können Sie erheblich dazu beitragen, dass sich die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen verbessert. Das Gleiche gilt für die kommunalen Spitzenverbände, an deren Entscheidungsfindung Sie mitwirken: Auch dort können Sie sich schon

jetzt einsetzen. Wir werden Sie an dem messen, was Sie in den Kommunen, in denen Sie die Verantwortung tragen, zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen beigetragen haben.

Es ist ganz wichtig, dass wir gemeinsam an dieser Aufgabe arbeiten. Ich hoffe auf Ihre konstruktive Unterstützung des Gesetzentwurfs und freue mich schon auf die Ausschussberatungen.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Wir auch!)

Der Gesetzentwurf wird mit allen Betroffenen abgestimmt werden können, sodass wir auch einen positiven Beschluss erreichen werden. - Herzlichen Dank.

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun haben wir ja zwei Versionen dieser Gruselgeschichte gehört. Lassen Sie mich einen vielleicht etwas neutraleren Blick auf die Angelegenheit werfen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Genau!)

Der erste Gesetzentwurf, der im September 1999 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, stammte vom Landesbehindertenbeauftragten. Offenbar ging er damals der Sozialministerin Merk entschieden zu weit. Er verschwand tatsächlich in der Schublade. Im April 2000 legte dann die damalige Regierungsfraktion einen Entschließungsantrag vor, voll mit relativ vagen und sehr diplomatischen Formulierungen zu einer Reihe von behindertenpolitischen Zielsetzungen. Offenbar lagen bereits damals die Nerven einigermaßen blank.

Unsere Fraktion hat sich das einige Zeit lang angeschaut und nach dem Tag der Behinderten im Jahr 2000 den Gesetzentwurf des Landesbehindertenbeauftragten als eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Diese Kanne Öl ins Feuer der Sozialdemokratie zu gießen, war wohl bitter nötig; denn damals hat niemand verstanden, warum die Landesregierung nicht in der Lage war, entweder den Entwurf des Landesbehindertenbeauftragten zu übernehmen oder einen eigenen Entwurf zu formulieren. Die Behinderten fühlten sich durch die

ses Verhalten sowohl ausgegrenzt als auch vor den Kopf gestoßen.

Was dann im August 2001 im Landtag verabschiedet wurde, blieb inhaltlich erwartungsgemäß weit hinter dem zurück, was Herr Finke mit den Behinderten erarbeitet hatte. Allerdings - und das war dann doch bemerkenswert - wurde die Landesregierung aufgefordert, nach Vorlage des Entwurfs eines Bundesgesetzes zur Gleichstellung dem dann noch nötigen gesetzlichen Regelungsbedarf in Niedersachsen zügig zu entsprechen. Nachdem die Bundesregierung im Herbst 2001 ihren Gesetzentwurf vorgestellt hatte, geschah dies aber nicht.

Im Februar 2002 beschloss der Deutsche Bundestag das Bundesgesetz zur Gleichstellung Behinderter. Auf eine Mündliche Anfrage meiner Vorgängerin Brigitte Pothmer hin erfuhr der Landtag, dass eine interministerielle Arbeitsgruppe nun den Entwurf eines Landesgesetzes erarbeiten solle. Das dauerte dann sage und schreibe so lange, wie es dauert, ein Kind auszutragen, nämlich neun Monate. Dann lag der Gesetzentwurf auf den Tischen des Landtags, und das war tatsächlich im Dezember und damit sozusagen kurz vor Toresschluss. Damit war klar, dass er der Diskontinuität anheim fallen würde. Die Landesregierung erntete damals Hohn und Spott. Die Behinderten fühlten sich zu Recht verschaukelt.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund richteten sich nach dem Regierungswechsel natürlich alle Augen erwartungsvoll auf die neue Mehrheit. Doch man staune: Die Regierungsfraktionen, die - zumindest was die CDU-Fraktion angeht kräftig in das kritische Horn in Sachen Gleichstellungsgesetz geblasen hatten, verfielen quasi in eine Starre: Schweigen im Walde. Inzwischen erleben wir genau die gleiche bekannte Taktik des Verzögerns und Verschiebens, denn inzwischen sind immerhin zwei Jahre vergangen. Meine Mündliche Anfrage vom 15. Mai 2003 erbrachte, dass es noch schwierige Abstimmungsprozesse und haushaltspolitische Gegebenheiten gibt, die unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen haben, und dass es immer noch keinen akzeptierten Vorschlag gibt.

Da stehen wir nun, insbesondere die behinderten Menschen in diesem Land, und sind im Grunde genommen genau so schlau wie vor fünf Jahren, und das ungefähr zwölf Jahre nach der Änderung des Grundgesetzes. Was hat der Regierungs

wechsel den Behinderten also gebracht? Wird nicht, falls es jemals noch zu einem Gesetzentwurf kommen sollte, dieser so seicht und abgeschliffen sein, dass man es auch gleich hätte bleiben lassen können?

Wiederum interessant ist das Vorgehen der SPD. Jetzt bringt sie ihren alten Gesetzentwurf ein. Im Mai 2003 hat sie einen Entschließungsantrag eingebracht. All das hätte sie tatsächlich längst machen können. - Das ist überhaupt nicht mehr zu vermitteln, im Grunde genommen ist das ein Stück aus dem politischen Tollhaus.

Dabei geht es um die Verwirklichung eines Stücks Menschenrecht für Menschen mit Behinderungen. Die rot-grüne Bundesregierung, meine Damen und Herren, hat längst Zeichen gesetzt, auch mit dem Antidiskriminierungsgesetz, das Sie ebenfalls so vehement bekämpfen, obwohl es als Ergänzung des Bundesgesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im zivilen Rechtsraum eine sehr große Bedeutung hat.

Auf Landesebene schauen die Menschen seit sechs Jahren in die Röhre. Das finden wir beschämend. Wir erwarten dazu sehr kurzfristig, also in den nächsten Wochen, klare Antworten der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön - Für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Meißner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Groskurt, Sie haben eben zitiert, was ich im Mai 2003 gesagt habe. Ich habe im Mai 2003 aber auch schon gesagt, dass wir Liberalen die Situation der Menschen mit Behinderungen so verbessern wollen, dass ihnen ein Leben in der Mitte der Gesellschaft möglich ist, jedoch nicht durch Sonderrechte, sondern durch echte gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dieses Ziel verfolgen wir nach wie vor, und dieses Ziel wird, glaube ich, von allen im Landtag vertretenen Parteien auch geteilt.

Dafür brauchen wir allerdings die richtigen Instrumente. Ein Instrument, das die FDP gemeinsam mit der CDU in Form eines Modellversuchs schon

erfolgreich eingeführt hat, ist das persönliche Budget.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine weitere Maßnahme ist die Einbeziehung behinderter Menschen in die Arbeitsförderung, also Hartz IV. Dafür müssen noch einige Dinge geändert werden.

Das Landesgesetz wäre für uns ein weiterer Baustein. Das haben wir schon bei der Regierungsübernahme verkündet. Wir haben uns aber auch vorgenommen, ehrlich zu sein und das, was wir versprechen, auch zu halten.

Hier ergibt sich nun folgendes Problem. Wir haben im Herbst einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Ziel verfolgt, das Konnexitätsprinzip in der Verfassung festzuschreiben. Auf Landesebene soll nur das beschlossen werden, was das Land, wenn den Kommunen dadurch Kosten entstehen, auch tragen kann bzw. wofür es einen finanziellen Ausgleich vornehmen kann. Wir müssen nun überlegen, wie wir das miteinander in Einklang bringen.

Die SPD-Fraktion - das wurde schon gesagt - hat es sich ganz einfach gemacht. Sie hat einen Gesetzentwurf, den die alte Landesregierung damals noch kurz vor Toresschluss eingebracht hatte, wieder aufgewärmt und praktisch nur um einen Paragrafen ergänzt, und zwar um § 16, der die Konnexität betrifft. Darin heißt es: „Das Nähere regelt eine Verordnung.“ In der Begründung hingegen gehen Sie auf die Konnexität nicht weiter ein. Aber genau das ist doch der Punkt! Sie springen hier zu kurz. Wir müssen doch wissen, welche Kosten den Kommunen entstehen und wer sie übernehmen soll.

(Beifall bei der FDP - Dr. Philipp Rös- ler [FDP]: Richtig!)

Das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf schreiben, ist durchaus richtig. Auch wir wollen Zielvereinbarungen für die Herstellung von Barrierefreiheit und den Einsatz von Gebärdensprachedolmetschern in Verwaltungsverfahren. Das sind alles vernünftige Dinge. Das Gleiche gilt für die behindertengerechte Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken.

Die Frage ist nur, wie wir das mit der Haushaltslage des Landes in Einklang bringen können. Wir wollen solide handeln und nichts versprechen, was wir nicht halten können. Deshalb prüfen wir zu

nächst, wie man das, was sinnvoll und notwendig ist, finanziell wuppen kann. Zu diesem Zweck sprechen wir mit den kommunalen Spitzenverbänden und prüfen an den verschiedensten Stellen, was man unter welchen Rahmenbedingungen wie bezahlen und umsetzen kann. Wir wollen schließlich kein Gesetz, das zwar schön ist, das sich letztlich aber nicht durchsetzen lässt, weil es nicht bezahlbar ist. Wir wollen auch kein Gesetz, das, weil es denn bezahlbar sein muss, so knapp gefasst ist, dass es nicht weiter bringt. Wir müssen also versuchen, die richtige Mischung zu finden, und daran arbeiten wir im Moment.

Eines wollen wir aber sicherlich nicht: Wir wollen kein Gesetz, das mit seinen finanziellen Auswirkungen zulasten künftiger Generationen geht. Das ist uns ganz wichtig. Darum prüfen wir noch verschiedene Dinge.

Neben der Konnexität gibt es bei dem SPDEntwurf aber noch weitere Punkte, die man kritisch betrachten müsste, z. B. die Ausweitung der Verbandsklage. Die Verbandsklage ist aus unserer Sicht ein Instrument, das zu einer Prozessflut führt und das Verfahren verzögert, anstatt sie konstruktiven Lösungen zuzuführen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP)

Darüber haben wir auch schon im Zusammenhang mit dem Antidiskriminierungsgesetz gesprochen. Mit dieser Problematik wollen wir das Gleichstellungsgesetz nicht belasten.

Um es noch einmal festzuhalten: Wir wollen auf jeden Fall ein Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Dieses soll aber im Einklang mit der Konnexität stehen, die wir den Menschen versprochen haben. Wir wollen, dass abgeklärt ist, dass sich das, was wir in dem Gesetz festschreiben, realisieren lässt. Dann werden wir diesen Gesetzentwurf zur Diskussion stellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung Frau Ministerin Dr. von der Leyen, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Groskurt, Sie haben gesagt, Aussitzen würde