Zweitens. Wenn Sie über Abkassieren durch den Finanzminister sprechen und Vermögensfreigrenzen in Relation zu Hartz IV setzen, so kann ich auch Ihnen nur sagen: Wir sprechen über das SGB XII. Das SGB XII ist von der rot-grünen Bundesregierung eingebracht worden. Das heißt, jedes der Worte, das sie eben erwähnt haben, haben Sie Ihrer eigenen Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben.
Drittens. Es ist schon erstaunlich, dass Sie, wann immer die Rede auf die Haushaltslage kommt, mit Gelächter und abwehrenden Handbewegungen reagieren
oder mit Reaktionen, die Sie, Frau Merk, jedes Mal durch Zwischenrufe an den Tag legen. Das heißt, Sie übernehmen in keiner Form die Verantwortung für die letzten 13 Jahre.
Das mag Ihre Form des Handelns gewesen sein, Frau Merk. Wir aber übernehmen die Verantwortung für das, was wir hier tun, auch den schwierigen Schritt mit der Veränderung der Regelung über das Landesblindengeld. Dafür übernehmen wir die Verantwortung.
Deshalb kann ich Ihnen berichten, dass wir in diesen Tagen an jede Blinde und jeden Blinden in Niedersachsen einen Brief zur Ausgestaltung des Blindenhilfefonds unter dem Aspekt schreiben, dass bisher in keiner Form geklärt war, worein die Mittel geflossen sind, sodass wir gemeinsam mit den blinden Menschen in Niedersachsen den Fonds ausgestalten. Das ist konkrete Übernahme von Verantwortung in einer Situation, in der es uns schwer gefallen ist, diesen Schritt zu tun. Ihre Reaktion zeigt jetzt wieder, dass Sie das nicht hören wollen, weil das offensichtlich nicht Ihr Regierungsverständnis ist. Aber das ist unsere Verhaltensweise, nämlich sich für die Dinge einzusetzen, die nachhaltig nötig sind, um diesem Land auch unter den Kriterien der Solidarität, aber auch der Subsidiarität seinen nachhaltigen Bestand zu geben. Das ist uns wichtig. - Vielen Dank.
Die SPD-Fraktion hat nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile ihr drei Minuten. Herr Gabriel, Sie haben das Wort.
- Nicht ich kann mir das vorstellen, sondern die Blinden im Land, Herr Kollege Ontijd. Das sind diejenigen, die sich darüber aufregen, wie mit ihnen hier umgegangen worden ist. Deswegen machen wir das.
Frau von der Leyen, Sie, Ihre Landesregierung, der Sie angehören, haben nach der erstmaligen Kürzung des Landesblindengeldes im Jahre 2004 dem Landesblindenverband versprochen, dass es bei dieser Kürzung bliebe. Das war in allen niedersächsischen Zeitungen zu lesen. Ich würde mich einmal dafür interessieren: Sie sagen immer, das alles sei nicht so, das sei ein Missverständnis. Warum haben Sie nicht damals eine Pressemitteilung herausgegeben und gesagt „Entschuldigung, Sie haben uns missverstanden. Wir haben Ihnen niemals versprochen, dass es zu keiner weiteren Kürzung kommen wird.“? Warum haben Sie das nicht gemacht? Sie haben sich genauso verhalten wie Ihr Ministerpräsident im Jahre 2002, als er dem Landessportbund versprochen hatte, er würde niemals etwas kürzen, und danach hat er gekürzt.
Sie haben im Jahre 2003 auch den Wohlfahrtsverbänden und dem Landessportbund versprochen, niemals wird es im Jahre 2005 zu einer weiteren Kürzung kommen. Sie haben es wieder gemacht, genauso wie vorher. Genauso gehen Sie damit um.
Sie haben, als die Demonstrationen bei Ihnen stattgefunden haben, den Blindenverbänden gesagt, Sie würden sich dafür einsetzen, dass es zu einer besseren Lösung komme. In der HAZ war ein großes Foto abgebildet. Sie haben die Blindenverbände zu einem Gespräch eingeladen, die davon ausgegangen sind, dass sie in Ihnen eine Interessenvertreterin haben. Das Gegenteil ist der Fall gewesen. Als in Ihrer Fraktion Kollegen aufgestanden sind und gesagt haben: „Das können wir nicht machen“, sind Sie als zuständige Ministerin denen
Frau Ministerin, Ihr Ministerpräsident ist, als der Bundespräsident in Hannover im Rathaus war, von dem Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland darauf angesprochen worden, was da eigentlich los sei mit den Blinden. Er hat gesagt: Herr Bundespräsident, Sie können sich darauf verlassen: Wir werden eine akzeptable und angemessene Lösung finden. - Das haben die Blinden aber anders verstanden, als Sie es offensichtlich gemeint haben. Die haben nämlich gedacht, Sie helfen ihnen. Das Gegenteil ist der Fall gewesen, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin, nach den Einkommensregeln im SGB XII kann das Land die entsprechenden Einkommensgrenzen verändern. Dann machen Sie das doch, dann nutzen Sie doch Ihre Möglichkeiten. Das ist jedenfalls mein Kenntnisstand. Sie können ja herkommen und mir sagen, dass das nicht stimmt und dass Sie keinen Ermessensspielraum haben. Ich höre, Sie können das nach dem SGB XII. Dann setzen Sie die Einkommensgrenzen doch herauf. Sie haben doch Handlungsmöglichkeiten. Warum machen Sie das nicht? Stattdessen verbarrikadieren Sie sich in Ihrer bisherigen Argumentation. Ich will Ihnen nur eines sagen: Das bleibt Ihr Kainsmal für Ihr Verständnis von Sozialpolitik, und das werden wir immer wieder thematisieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion versucht bewusst, den Eindruck zu erwecken, als hätten wir mit den Betroffenen und den Beteiligten nicht geredet.
Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als hätten wir Zusagen gemacht und nicht eingehalten. Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben uns vorher ausführlich mit den Beteiligten bzw. mit den Betroffenen auseinander gesetzt. Wir haben stets die Sachlage deutlich gemacht. Wir haben nichts beschönigt und nichts versprochen, was wir hinterher nicht gehalten haben.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Das glauben doch nicht einmal Ihre eigenen Leute! - Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)
Das ist eben nicht unser Stil. Möglicherweise schließen Sie da schlicht und einfach von sich auf andere.
Wer etwas anderes behauptet, der versucht bewusst, die Angelegenheit in einem schlechten Licht stehen zu lassen. Das Thema ist viel zu ernst für Unsachlichkeit und Polemik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mit den Menschen reden, sollten Sie die Fakten wirklich so benennen, wie sie sind. 7 Millionen Euro Zinsen pro Tag, das ist Ihre Hinterlassenschaft. Was wir zu tun haben, resultiert als Konsequenz genau aus diesen Dingen. Da können Sie abwinken, da können Sie den Kopf schütteln, da können Sie so tun, als sei das nicht Realität. Aber Sie sollten den blinden Menschen auch sagen, dass Sie in entscheidendem Maße Ihr Scherflein zu der jetzigen Situation beigetragen haben und niemand sonst.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Werner Buß [SPD]: Sie kürzen und sagen, das ist unsere Schuld? Das ist ja wohl nicht wahr! - Zuruf von der SPD: Was? Das ist ja eine Unver- schämtheit!)
- Herr Gabriel, wir reichen die Hand. Wir reden nicht und polemisieren nicht wie Sie, sondern wir sind ernsthaft bei der Sache und bei den Menschen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Werner Buß [SPD]: Das war jetzt peinlich! - Gegenruf von Norbert Böhl- ke [CDU]: Der soll mal dahin gehen, wo er herkommt! - Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren, auch zu fortgeschrittener Stunde bitte ich um ein bisschen mehr Ruhe. Das hilft uns weiter.
Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hat sich die Abgeordnete Frau Helmhold für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr für zwei Minuten das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Es ist ja schon erstaunlich, welche Kommunikationskatastrophen offensichtlich im Zusammenhang mit den Blinden bei dieser Landesregierung ablaufen. Wenn nun sämtliche Blinden im Lande und wenn alle Verbandsvertreter die Ministerin so verstanden haben, dass sie zugesagt hat, dass nach der Kürzungsrunde, die im vergangenen Jahr stattgefunden hat, nicht weiter gekürzt werden soll, dann ist das meiner Meinung nach eine Katastrophe. Dann hat man sich zumindest so missverständlich ausgedrückt, dass die eigentliche Botschaft nicht angekommen ist. Ob das absichtlich oder unabsichtlich geschehen ist, sei einmal dahingestellt.