Protocol of the Session on December 15, 2004

Auch wenn es unpopulär ist: Wir stellen uns weiterhin der Tatsache, dass Deutschland unter RotGrün ärmer geworden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hat sich noch einmal Herr Schwarz zu Wort gemeldet. Herr Schwarz, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie hören ja immer nur bruchstückweise zu, wenn jemand aus der Opposition redet. Insofern haben Sie sich wieder die entsprechenden Stellen herausgesucht. Ich will Ihnen nur eines sagen: SGB XII ist, wie Sie genau wissen, ein Ausfluss aus dem gemeinsam verabschiedeten Hartz-IV-Gesetz. Es gibt aber einen großen Unterschied zu dem, was Sie gerade gesagt haben. Die bisherigen Sozialgesetzbücher in Deutschland stellten einen richtungsweisenden Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik dar. Dabei wurde bewusst von dem Fürsorgesystem weggegangen, und es wurde bewusst zum Nachteilsausgleich für Menschen mit Handikaps hingegangen. Das war

eine riesige sozialpolitische Leistung. Was Sie in Niedersachsen machen, stellt dieses bundesweit einmalig auf den Kopf. Das ist die Tatsache, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Dr. Harald No- ack [CDU]: Sie sagen das mit großer Überzeugung! Aber das ist falsch!)

Das Nächste, was ich Ihnen sagen möchte, das meine ich auch so: Ich habe, wie vielleicht einige von Ihnen, die letzten drei Demonstrationen, die die Blinden hier durchgeführt haben, zum Teil gesehen, zum Teil begleitet. Mir persönlich geht das ziemlich durch und durch, wenn ich dort Menschen mit ihren weißen Stöcken und ihren gelbschwarzen Kappen - -

(Zuruf von der CDU: Dann heulen Sie doch!)

- Ich finde, dass „Heul doch!“ ein toller Zwischenruf ist. Ich sage Ihnen ehrlich: Mir sind fast die Tränen gekommen. Aber man muss wahrscheinlich Ihren Charakter haben, um so reagieren zu können, wie Sie das gerade gemacht haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ich will genau das sagen: Ich finde es erschreckend, wenn man die Hilflosigkeit dieser Menschen sieht. Ich finde es auch erschreckend, dass - Frau von der Leyen hat das heute Vormittag gesagt die Hilflosigkeit auch von anderen schwerbehinderten Menschen sieht. Aber man kann doch nicht die, die etwas ganz früh auf den Weg gebracht haben, dafür büßen lassen, weil man nun sozialpolitisch wieder genau in die Urzeit zurück möchte. Es ist doch nicht in Ordnung, wenn man hier den Versuch unternimmt, die eine Gruppe gegen die andere ausspielen zu wollen. Das lassen die übrigens auch nicht mit sich machen. Die Behindertenverbände und Wohlfahrtsverbände stehen geschlossen, obwohl sie alle Interessengruppen von Behinderten zu vertreten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe vorgestern, wie vielleicht der eine oder andere von Ihnen auch, die Sendung „heutejournal“ gesehen. Es hat sich mit diesem Thema befasst. Das war übrigens überhaupt nicht reißerisch gemacht. Da ist über ein junges blindes Ehepaar berichtet worden, dem es finanziell relativ gut geht. Frau von der Leyen ist da auch zweimal ein

gespielt worden. Das war ein blindes Ehepaar, deren Morgen damit beginnt, dass ein sprechenden Wecker sagt, wie spät es ist. Dieses Ehepaar hat als Hilfsmittel ein Gerät, das ihnen sagt, welche Farbe ihr Kleidungsstück hat, damit sie sich nicht wie ein Clown anziehen. Das ging damit weiter, dass sie Händchen haltend in den Supermarkt gingen, weil sie sich nur so orientieren konnten. Im Supermarkt bekamen sie ihren Rucksack voll gesteckt, weil das Vertrauensverhältnis da war. Das konnten die nicht allein. Dann gingen sie nach Hause und haben ihre Lebensmittel eingeräumt. Dazu hat dann der junge Mann gesagt: Ein Sehender braucht dafür zehn Minuten. Ich brauche dafür zwei Stunden. Aber ich mache das, weil das ein Stück Selbständigkeit ist. - Dann schaute er auf die Uhr - bildlich. Er machte das nämlich mit den Fingern. Er hatte eine blindengerechte Uhr. Im Übrigen hat er einen blindengerechten Computer. Er war nämlich intelligent und arbeitete. Er sagte dann: Das alles habe ich mir vom Blindengeld leisten können. Wenn ich das nicht gekonnt hätte, hätte ich diesen Job nicht.

(Heidrun Merk [SPD]: Genau so ist es!)

Im Übrigen kann ich nur sagen, für mich lohnt es sich zukünftig überhaupt nicht mehr zu arbeiten, weil ich mit Blindenhilfe mehr bekäme, als wenn ich meinen Lebensunterhalt selbst verdiene.

Frau von der Leyen hat darauf geantwortet. Ich fand, nicht sehr qualifiziert; aber das lasse ich einmal außen vor.

An dieser Stelle ist wirklich sehr eindringlich und ohne emotional reißerisch zu wirken - das kann man auch machen -, unter Beweis gestellt worden, welchen Lebensinhalt und welche Lebensperspektive Sie mit Ihrer Entscheidung diesen bedauernswerten Menschen wegnehmen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie das normalerweise mit Ihrem Gewissen nicht vereinbaren könnten. Ich verstehe nicht, dass eine so große Fraktion nicht in der Lage ist, sich in einer so zentralen Frage gegen solche Hardliner in ihren Reihen durchzusetzen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD)

Frau Mundlos, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, Herr Schwarz, dass Sie bei manchen Dingen ein kleines bisschen offener sein und aufmerksamer zuhören sollten.

(Ursula Körtner [CDU]: Mehr als ein kleines bisschen!)

Wir wollen niemanden gegen einen anderen ausspielen.

(Zurufe von der SPD: Das tun Sie aber!)

Wir maßen uns nicht an zu sagen - wie Sie es machen -, dass die eine Behinderung schwerer wiegt als eine andere Behinderung.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war Ihre Argumentation von heute Morgen!)

Es gibt dramatische Behinderungen, bei denen alle betroffenen Menschen den Anspruch haben, dass ihnen der Staat zur Seite steht. Deshalb sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit zu den Dingen, die Sie vorhin erwähnt haben: Wir reden mit den Verbänden, die Landesregierung redet mit den Verbänden.

(Silva Seeler [SPD]: Aber sie hört nicht darauf, was diese sagen!)

Es sind nie zuvor so viele Gespräche geführt worden wie in den letzten Monaten.

(Zuruf von der SPD: Was haben die denn davon gehabt?)

Und Ihr Herr Gabriel, der sich als Sozialpolitiker aufgespielt hat, hat durch Abwesenheit geglänzt, als es zur Sachdiskussion überging und er seinen Showauftritt gehabt hatte.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen, wir nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Sie dagegen ergehen sich im Moment im Schüren von Sozialneid.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Das wird Sie über kurz oder lang einholen, und zwar ganz gewaltig.

(Beifall bei der CDU - Heidrun Merk [SPD]: Das holt Sie ein!)

Jetzt hat noch einmal Gesine Meißner das Wort.

Herr Schwarz, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil Sie die Sendung angesprochen haben, die auch ich mir angeschaut habe. Ich habe in der letzten Zeit alles gelesen und alles angeschaut, was irgendwie mit blinden Menschen zu tun hat, weil mir das sehr wichtig war.

Ich wollte nur an einer Stelle eine Richtigstellung vornehmen. Sie haben das zunächst alles richtig berichtet. Dann haben Sie gesagt, dass dieses Ehepaar nur wegen des Landesblindengeldes der Erwerbstätigkeit nachgehen konnte. Das ist nicht richtig.

(Ulrich Biel [SPD]: Sich das erlauben konnten!)

Die Hilfsmittel für den Arbeitsplatz bekommt man auch so. Nun zu der Finanzsituation des Paares: Sie haben gesagt, sie hätten, wenn sie weiter arbeiten würden, wegen des Wegfalls des Landesblindengeldes nur 200 Euro mehr, als wenn sie nicht arbeiten würden. Es ist mir wichtig, das richtig zu stellen. Ich finde es wichtig, über solche Berichte zu reden. Dann muss man aber die Tatsachen richtig darstellen.

(Zuruf von der SPD)

- Es geht schon darum, dass man berufstätig sein kann. Dafür wird gesorgt. Das ist genau der Punkt. Das haben wir uns vorher sehr genau angeschaut.

(Zuruf von der SPD: Es geht nicht ums Reden, ums Helfen! Geredet ist genug! - Weitere Zurufe von der SPD - Glocke der Präsidentin)

Ich wollte es richtig stellen. Ich halte es für wichtig, darüber zu reden, dann aber auch so, wie es tatsächlich war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir kommen jetzt zum Bereich

Kultus

Ich erteile Herrn Jüttner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kultuspolitiker haben den anderen schon oft Zeit geklaut. Heute ist es umgekehrt. Wir tragen es mit Fassung. Haushaltsplanberatung 2005 zum Kultusbereich heißt, die Arbeit eines Ministers zu bilanzieren, der sich jovial und pragmatisch gibt. Aber, Herr Busemann, unser Fazit vorweg: Versetzung hochgradig gefährdet.