Protocol of the Session on October 27, 2004

(Beifall bei den Grünen - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Unver- schämtheit! - Zuruf von der FDP: Das ist das Hinterletzte! Unglaublich!)

Wir werfen Ihnen auch vor, dass Sie in Ihrem Amt keine Visionen entwickeln, nicht für den Schutz von Natur und Landschaft und nicht für die Energiepolitik. Die Umweltpolitik ist heute keine Kür mehr - das kann sich kein Land dieser Welt und auch kein Bundesland mehr leisten -, sondern die Umweltpolitik sichert langfristig die ökonomischen und ökologischen Grundlagen dieser Gesellschaft. Das können Sie am besten bei den Volkswirten der großen Rückversicherer gerade in diesen Tagen nachlesen. Wir müssen in diesem Feld die Grundlagen für eine energiepolitische Zukunft legen. Das wird auch langfristig der Motor des Arbeitsmarktes sein, wenn wir diese Visionen entwickeln.

Herr Sander, Sie wollen die Atomkraft wieder. Abgesehen von Folgekosten und Sicherheit ist Uran genauso endlich wie Öl. Aber Sie haben keinen Willen und keine Visionen, um in der Windkraft, in der Solarenergie, bei Bioenergie und Biomasse voranzuschreiten und in Effizienztechnologie zu investieren. Das ist der Fehler. Das ist der zentrale Vorwurf, den wir Ihnen machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit ist der Punkt 1 b) erledigt; denn mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 1 c):

c) Trittin gefährdet wichtiges niedersächsisches Zukunftsprojekt Küstenautobahn A 22 Antrag der Fraktion der CDU Drs. 15/1377

Zu diesem Tagesordnungspunkt erhält Frau Kollegin Vockert das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Nordwest-Zeitung vom 11. Oktober dieses Jahres wird Bundesumweltminister Trittin zitiert: „Für A 22 gibt es keinen Bedarf.“

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, Fehleinschätzungen der Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind wir ja gewohnt. Aber dermaßen daneben zu liegen und wirklich so weltfremd Behauptungen in die Welt zu setzen, die jeglicher Grundlage entbehren, bedeutet schon eine Ignoranz seitens des Bundesumweltministers, die nicht mehr hinzunehmen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Tatsachen sprechen hier eindeutig eine andere Sprache. In Wahrheit haben sich parteiübergreifend Kreistage im Elbe-Weser-Raum, Kreistage in der Weser-Ems-Region und der Niedersächsische Landtag mehrfach für die Küstenautobahn ausgesprochen - mit einer kleinen, immer geringer werdenden Ausnahme: die wenigen Personen von Bündnis 90/Die Grünen. Alle anderen sind für die A 22. Wir wissen auch, warum: Weil die Grünen grundsätzlich

(Bernd Althusmann [CDU]: Alles bes- ser wissen!)

gegen Autobahnen sind und auch grundsätzlich alles besser wissen - Herr Kollege Althusmann, Sie haben Recht -, weil sie ja die Wahrheit für sich gepachtet haben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Die Grü- nen!)

Sie nehmen die sachlichen Argumente, die für die A 22 sprechen - ich habe wenig Neigung, alle auf

zuzählen; dann würde ich meine Redezeit überschreiten -, überhaupt nicht zur Kenntnis. Mobilität ist der Motor der Wirtschaft. Es ist eine Binsenwahrheit: Nur dann, wenn Güter und Personen schnell befördert werden können, kann sich die Wirtschaft weiterentwickeln.

Es steht fest, das zwei Teilräume eines Landes, die mit deutlichen Entwicklungsproblemen zu kämpfen haben, von der A 22 profitieren werden. Es gibt durch die A 22 Entwicklungschancen sowohl für Airbus Deutschland, für den Tourismus, für den JadeWeserPort, für den gesamten Container-Bereich als auch für die chemische Industrie.

Diese sachlichen Argumente wollen die Grünen nicht hören, sondern sie wischen jedes Gutachten zur Seite: ob vom Institut für Wirtschaftsforschung, ob vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, ob das Gutachten zur Raum- und Wirtschaftsstruktur, das Gutachten „Fernstraßennetz im norddeutschen und westdeutschen Küstenraum“ von der Planungsgruppe Ökologie + Umwelt, die alle einhellig zu der Aussage kommen: Die A 22 muss kommen. Sie bietet die Chance für den gesamten norddeutschen Raum. - Sie ignorieren das. Es ist frappierend!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn der Bundesumweltminister jetzt gegenüber der Presse darstellt, dass es für die A 22 oder, wie er sogar abfällig sagt, „für diese Piste“ überhaupt keinen Bedarf gibt, oder wenn er behauptet, dass der KostenNutzen-Faktor viel zu gering sei, dann ist das Ignoranz. Was uns, meine Damen und Herren, aber auch erschrecken muss, ist: Bei diesem Bundesumweltminister handelt es sich um eine Person, die aus Niedersachsen kommt. Das heißt, er verrät damit nicht nur die Interessen von Weser-Ems, von Elbe-Weser, sondern er verrät die Interessen Niedersachsens!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Schlimme ist: Er macht das auch noch wissentlich! Er tätigt wissentlich solche Falschaussagen. Er weiß ganz genau, dass die Ministerpräsidenten der vier norddeutschen Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen sogar schon drei Schritte weiter sind. Sie sagen nämlich: Wir brauchen gerade vor dem Hintergrund der gesamteuropäischen Dimension, vor dem Hintergrund der Ausnutzung des EU

Finanzrahmens die Aufnahme der Küstenautobahn in die transeuropäischen Netze.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Damit die Container besser von Rot- terdam nach Hamburg kommen!)

Vier Zusagen liegen vor. Aus dem Bundesverkehrsministerium gibt es Stellungnahmen, die besagen: Beim Thema Autobahn ist es wirklich zum Verzweifeln. Ich zitiere Angelika Mertens, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, die gesagt hat: „Ich verhehle nicht, dass es vor allem mit dem Bundesumweltminister Trittin Probleme gibt.“ Frau Faße, SPD-Bundestagsabgeordnete, sagt: Die Küstenautobahn A 22 ist nur deshalb nicht in die Stufe „Vordringlicher Bedarf“, sondern in die Stufe „Weiterer Bedarf mit Sternchen“ hineingekommen, weil Bündnis 90/Die Grünen nicht mitmacht und es hier die Vereinbarung gibt.

Sie verhindern die Zukunftschancen unserer Region. Das ist zu kritisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Ich vermute, dass der Bundesumweltminister, der das ja wissentlich macht, das deshalb macht, weil er von Autobahnen keine Ahnung hat. Er liebt ja das Fliegen. Da kann ich nur sagen: Hoffentlich fliegt er bald.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden alles daransetzen, dass die A 22 gebaut wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Kollege Oppermann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Frau Vockert hat so viel über Jürgen Trittin geredet, dass ich nicht sicher bin, ob sie wirklich die A 22 voll im Fokus hat. Aber es ist in der Tat richtig: Jürgen Trittin hat ein Interview in der NordwestZeitung gegeben, das leider einige sehr unqualifizierte Passagen über die A 22 enthält.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Bundesumweltminister mag seine Verdienste haben, aber von der A 22 hat er keine Ahnung.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wo Oppermann Recht hat, hat er Recht!)

Wir brauchen diese Straße. Die A 22 ist notwendig, um eine ganze Region wirtschaftlich besser erschließen zu können. Sie ist eigentlich die Erschließungsstraße für die deutschen Seehäfen an der Nordseeküste. Sie ist zwingend geboten, meine Damen und Herren, um den Tiefwasserhafen, den JadeWeserPort, auch wirklich effektiv zu machen. Man kann nicht einen großen Hafen bauen und ihn dann nicht an das Straßennetz anbinden.

Wir werden diese Autobahn auch durchsetzen. Im ersten Schritt ist es dazu allerdings notwendig, Herr Hirche, dass Sie als Landesverkehrsminister jetzt Ihre Hausaufgaben machen. Wir haben den Planungsstatus „Weiterer Bedarf mit Sternchen“. Das heißt, das Land darf die Planungen vorantreiben. Das muss jetzt zügig mit den schon von den Kommunen, von der Wirtschaft und vom Land aufgebrachten Mitteln geschehen. Dann muss im zweiten Schritt natürlich auch die Finanzierung sichergestellt werden. Dazu haben Sie gesagt, dass Sie das privat machen wollen. Wenn Sie das privat machen wollen, dann haben Sie dafür eine schöne Blaupause. Sie können in der Regierungszeit der SPD studieren, wie es gelungen ist, wie Ministerpräsident Gabriel es geschafft hat, die A 31 mit Unterstützung der Kommunen, mit Landesmitteln und mit Bundesmitteln zu bauen.

(Zuruf von Wolfgang Ontijd [CDU])

- Reden Sie doch mit den Menschen in der Region! Die wissen sehr genau, wer das durchgesetzt hat. Reden Sie mal mit Ihren eigenen Kollegen von der CDU! - Diese Straße ist schnell gebaut worden. Das ist gutes politisches Management gewesen. Daran werden wir Sie messen, ob Ihnen das bei der A 22 auch gelingt.

Bisherige Verdienste bei der Planung der Straße kommen Ihnen aber nicht zu. Sie hatten in langen Kohl-Jahren überhaupt keine Planung für die A 22. Sie haben jahrelang am „Krause-Bogen“ festgehalten. Frau Vockert, Kohl und Krause wollten Hamburg umfahren, aber nicht die A 22 bauen. Diese Planung ist erst jetzt korrigiert worden. Die Bundesregierung hat das mit dem Bundesverkehrswegeplan ermöglicht. Sie müssen jetzt Ihre

Hausaufgaben machen. Trittin ist eine absolute Mindermeinung in dieser Frage. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt der Kollege Rickert. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 23. Januar haben wir im Plenum über den Bau der Küstenautobahn A 22 debattiert. Es ging darum, die Aufnahme der Küstenautobahn in das Raumordnungsprogramm einzuleiten. Mein Kollege Oetjen hat in dieser Sitzung auf drei Gründe für dieses sehr wichtige Verkehrsprojekt hingewiesen: erstens Entlastung für die A 1, an deren sechsstreifigen Ausbau auch hier noch einmal erinnert werden soll, zweitens Erschließung für den JadeWeserPort - zur optimalen Logistik dieses Hafens gehört eine entsprechende verkehrliche Infrastruktur - und drittens Ausbau der wirtschaftlichen Entwicklung des Elbe-Weser-Raums.

Es spricht also wirklich nichts gegen dieses Projekt. Das ganze Land sieht die Bedeutung dieser Maßnahme. Alle Fraktionen haben in jener Sitzung auf die zweite Beratung verzichtet und diesen Antrag sofort beschlossen. Wirklich alle Fraktionen? Nein, die Abgeordneten der kleinsten Fraktion dieses Parlaments weigern sich, die Zukunft anzunehmen, und haben dagegen gestimmt. Sie sind ja auch gegen den JadeWeserPort. Wenn es um Wachstumsprojekte geht, die die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern sollen, dann sind die Grünen dagegen. So findet Herr Trittin bei den Grünen auch Unterstützung für seine Auffassung, dass die A 22 nicht in den „Vordringlichen Bedarf“ gehört. Andererseits hat er sich im Gegensatz zu seinen Parteifreunden im Lande für den Bau des JadeWeserPorts ausgesprochen. Was denn nun? - Jeder weiß doch, dass die A 22 für diesen Hafen eine lebensnotwendige logistische Ader darstellt. Damit beweist Herr Trittin eindrucksvoll, dass er von Arbeit, Wirtschaft und Verkehr wirklich keine Ahnung hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Selbstverständlich ist die Finanzierung dieser Maßnahme angesichts der Haushaltslage problematisch. Die Bereitschaft der Wirtschaft, der Landkreise und der Kommunen, sich an den Planungs

kosten zu beteiligen, ist ein positives Signal in Richtung Public Private Partnership. Wir könnten uns eine ähnliche Lösung für die Finanzierung des Gesamtprojektes vorstellen. So hat die FDPFraktion in Zusammenarbeit mit der Bauindustrie entsprechende Konzepte entwickelt bzw. ist sie gerade dabei, sie aufzustellen.