Protocol of the Session on June 24, 2004

Damit reden Sie Menschen Probleme ein, die es in Wirklichkeit nicht gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie stellen damit qualitative Mindestanforderungen an Pflege in Frage. Das kann man nicht hinnehmen, meine Damen und Herren. Die pflegebedürftigen Menschen haben ein Recht auf maximale Sicherheit und Leistungen. Sie sind darauf angewiesen. Pflegedokumentation gehört dazu. Übrigens sind auch externe Überprüfungen im Sinne des Verbraucherschutzes außerordentlich wichtig.

Sie wissen ebenso gut wie ich, dass eine Arbeitsgruppe Landespflegeausschuss bereits seit geraumer Zeit an Leitlinien arbeitet. Der Landtag braucht hier keine Beschlüsse zu fassen - das passiert ohnehin. Sie hätten schon lange auf die Ergebnisse zurückgreifen können, die bei einer Untersuchung des bayrischen Sozialministeriums zur Pflegedokumentation herausgekommen sind.

Außerdem beschäftigen Sie sich mit Dingen, die bereits gerichtsanhängig sind. Sie beschäftigen sich mit Dingen, die bereits geregelt sind wie mit der Zusammenarbeit von Heimaufsicht und MDK, und Sie beschäftigen sich weiterhin noch mit mehr Dingen, die der Selbstverwaltung unterliegen, wie der Ankündigungsfrist von Stichprobenprüfungen. Wenn wir das alles abziehen, wird Ihr Antrag fast substanzlos. Aus diesem Grund lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Antrag der SPD-Fraktion finden sich zur Pflegedokumentation fast dieselben Forderungen. Das gipfelt in der Forderung, die Landesregierung solle einen Masterplan zu dem Bürokratieabbau entwickeln. Richtig allerdings - deswegen werden wir uns zu diesem Antrag auch enthalten - ist der Punkt 1 Ihres Antrags, der die Landesregierung auffordert, endlich die Voraussetzungen für den flächendeckenden Ausbau niedrigschwelliger Angebote zu schaffen. Auch da brauchen wir keinen Verweis auf Berlin; denn im Pflegeleistungsergänzungsgesetz sind genau die Voraussetzungen dafür geschaffen worden. Das Problem ist, dass das hier auf Landesebene verschleppt wird und dass die Förderrichtlinie immer noch nicht in Kraft getreten ist. In der Verwaltung wird seit eineinhalb Jahren an diesem Thema herumgearbeitet. Das, finde ich, ist ein Skandal. Da beschäftigen sich CDU und FDP mit Bürokratieabbau in der Pflege. Fangen Sie doch einmal in der Landesregierung mit dem Bürokratieabbau an!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das wäre gut im Sinne der Betroffenen. Bei diesem Vorhaben wünsche ich Ihnen viel Erfolg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich Frau Meißner noch einmal zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihr das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Helmhold, ich wollte hier eines richtig stellen. Sie haben den Eindruck erweckt, als wären wir gegen Pflegedokumentation. Das sind wir in keiner Weise. Wir wollen natürlich die Sicherheit der Patienten,

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

und wir wollen auch eine Pflegedokumentation. Ich lese einmal wörtlich vor, was in unserem Antrag steht: Wir fordern die Landesregierung auf, in Zusammenarbeit mit dem Landespflegeausschuss sowie den Heimträgern in ganz Niedersachsen die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation voranzutreiben. Wir wollen das einfacher. Wir wollen das nicht weg haben, sondern einfacher.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Mundlos zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Helmhold, wenn Sie bei dem Parlamentarischen Abend der Diakonie vielleicht etwas aufmerksamer zugehört hätten, dann hätte Ihre Rede heute eigentlich anders ausfallen müssen. Aber man kann eben nichts machen; denn wer nicht hören will, dem kann man auch nicht helfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Großkurt, der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass wir eine solide Sozialpolitik machen wollen. Bürokratieabbau mit Demenzproblematik zu verquicken, wird der Sache nicht gerecht. Im Übrigen regieren Sie in Berlin. Sie eiern in Ber

lin genau an dieser Nahtstelle. Da kommt ja noch nicht einmal mehr heiße Luft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte noch auf eines aufmerksam machen. Wir haben vorhin einen Show-Effekt eines Fraktionsvorsitzenden erlebt. Das ist selektive Sozialpolitik zum Zwecke der Show-Effekte - weniger orientiert, den Menschen zu helfen,

(Zuruf von der SPD: Nun muss es auch einmal gut sein!)

die in Notlagen sind, sondern mehr daran orientiert, wie der nächste Presseartikel ausfällt. Sonst wäre Herr Gabriel nämlich jetzt im Raum. Er ist hinausgegangen und hört sich solche wichtigen Punkte nicht an. Das ist Ihr Problem.

(Zustimmung von Dorothea Steiner [GRÜNE])

Sie nehmen die Menschen draußen in Not nicht ernst.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Harden [SPD]: Das ist völliger Quatsch! - Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung hat Frau Dr. von der Leyen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt offensichtlich über die Notwendigkeit, Bürokratie in der Pflege abzubauen, einen breiten Konsens in diesem Raum. Das ist schon einmal erfreulich. Auch denke ich, dass niemand in diesem Raum der Erfahrung widersprechen wird, dass es bei all denjenigen, die mit Pflege im weitesten Sinne zu tun haben - bei den Pflegeheimbetreibern, den Pflegenden, den Angehörigen von zu Pflegenden, aber auch bei den Wohlfahrtsorganisationen -, ein gewisses Gefühl der Ohnmacht gibt, was das Thema Bürokratie angeht. Meine Erfahrung ist es zumindest im letzten Jahr gewesen, dass an diese Ohnmacht auch immer die Hilflosigkeit gekoppelt ist, nicht mehr durchzuschauen, wer eigentlich auf welcher Ebene verantwortlich ist: Ist es die Kommune, ist es das Land, ist es der Bund, oder ist es

sonst jemand anderes, der dafür verantwortlich ist? Das bedeutet, meine Damen und Herren, wir sollten hier nicht versuchen, uns gegenseitig Schuld zuzuweisen, wer wo wie versagt hat, sondern ganz pragmatisch daran gehen und jeder auf seiner Ebene das Notwendige tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vor diesem Hintergrund hat sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, überflüssige Verwaltungsvorschriften da abzubauen, wo sie es kann. Ich habe es von Ihnen, Frau Helmhold, als Lob aufgefasst, dass wir diese Arbeitsgruppe eingesetzt haben, die die Qualität der Leitlinien zur Pflegedokumentation ins Auge nimmt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ha- ben Sie richtig verstanden!)

Niemand will die Pflegedokumentation abschaffen, aber die Qualität wollen wir erhöhen. Man muss auch immer wieder Prozesse hinterfragen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Arbeitsgruppe hat Anfang Juni einen Vorschlag unterbreitet. Ende des Monats wird im so genannten Vorbereitenden Ausschuss des Landespflegeausschusses beraten werden. Dann wird auch der Sozialausschuss des Landtages unverzüglich darüber informiert.

Der nächste Schritt - auch das ist eine gemeinsame Arbeit - wird sein, diese Ergebnisse vor Ort in die Praxis umzusetzen, also nicht nur ein Ergebnis auf Papier zu haben, sondern es auch in die Praxis umzusetzen.

Auch über die zweite Arbeitsgruppe Bürokratieabbau in der Pflege habe ich Ihnen berichtet. Frau Kohlenberg, ich kann Ihnen versichern, dass auch die Verfahren zur Verordnung der häuslichen Pflege, die Sie eingangs erwähnt haben, in dieser Arbeitsgruppe unter die Lupe genommen werden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Mitglieder sind gebeten worden, genau bis zum 9. Juli zu benennen, was geändert werden soll und welche Lösung sie vorschlagen. Das ist nicht einfach. Für die Mitglieder aus allen verschiedenen Bereichen, die mit Pflege zu tun haben, ist in dieser Arbeitsgruppe deutlich geworden, dass es nicht einfach ist zu benennen, wo das Problem ist, was man ändern kann und wie man es

ändern kann. Die Ohnmacht vor der Bürokratie ist eine gemeinsame Erfahrung.

Nichtsdestotrotz, die Kommunen, aber auch der Bund, wie ich eben sagte, sind mitverantwortlich. Die B-Länder haben sich deshalb am 13. Mai schriftlich an die Bundesgesundheitsministerin gewandt und erklärt, dass wir bereit sind, eine Änderung des Pflegeversicherungsgesetzes mitzutragen, und zwar ohne gleich die so genannte große Reform zu machen, weil wir wissen, dass in diesen großen Reformen, die kleinen, wichtigen pragmatischen Dinge oft im allgemeinpolitischen Streit untergehen. Ich will wegen der Kürze der Zeit nur einige Dinge antippen.

Für die verpflichtenden Leistungs- und Qualitätsnachweise war bisher ein Zweijahreszeitraum vorgeschrieben. Hier halten wir auch einen Dreijahreszeitraum für möglich. Die Pflegeheimvergleichsverordnung sollte nach unserer Auffassung gar nicht erst erlassen werden. Eine Vereinheitlichung der Vorschriften mit dem Heimgesetz über die Fortzahlung im Todesfall ist notwendig. Und - das ist mir auf Landesebene natürlich wichtig -: Die Hilfsmittelversorgung im Pflegeheim sollte künftig auf Landesebene in einem Rahmenvertrag zwischen den Vertragspartnern vereinbart werden; denn ich bin der festen Überzeugung, dass es dann einfacher geht, als wenn man das bundeseinheitlich machen würde.

Es würde sehr helfen, wenn sich der Bund bereit zeigen würde, sozusagen eine kleine Reform vorzuschalten, ohne dass wir gleich die ganz großen Themen im Konflikt austragen müssen. Aber die Bundesregierung muss jetzt auch handeln.

Schlussendlich: Die SPD-Fraktion hat in ihrem Antrag den Aufbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote für Demenzkranke gefordert. Es wird Sie erfreuen zu erfahren, dass es mittlerweile 74 solcher Angebote in Niedersachsen gibt, nachdem wir seit März sieben weitere Angebote anerkennen konnten. Das Interesse ist also unverändert groß. Der Entwurf meines Hauses für die Förderrichtlinie befindet sich inzwischen in der Verbandsanhörung. Sobald das abgeschlossen ist - auch das ist für die Antragsteller wichtig -, können die Mittel rückwirkend für das gesamte Jahr abgerufen werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, und wir kommen zur Abstimmung.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung zu Punkt 29. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen dann zur Abstimmung zu Punkt 30. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 31: Zweite Beratung: a) Flut und Dürre - zwei Seiten einer Medaille; Vorsorgenden Hochwasserschutz im Binnenland verbessern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/372 b) Landesregierung muss Hochwasserschutz ernsthaft betreiben! - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/377 c) Vorsorge im Hochwasserschutz gemeinsam mit den Bürgern sicherstellen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/557 - Beschlussempfehlung des Umweltausschusses - Drs. 15/1099 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1164