Protocol of the Session on April 2, 2003

Vielleicht kommen Sie noch einmal in die Verlegenheit, genauer darstellen zu können, ob wir hier Ihre Unterstützung finden.

Sie bezweifeln die Entlastungswirkung der vorgesehenen Maßnahmen. Sicher, das sind Prognosen. Aber sie können nicht so ganz aus der Luft gegriffen sein, denn sonst hätten die Ministerpräsidenten des Saarlandes und von Hessen die Zahlen nicht in ihre Haushaltsentwürfe übernommen.

Wir fordern Sie auf: Springen Sie über Ihren Schatten, Herr Möllring! Der Wahlkampf ist vorbei. Verhandeln Sie ernsthaft über Maßnahmen, die zu einer realen Entlastung des Landeshaushaltes führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Heute Abend tagt die so genannte „Nichtarbeitsgruppe“ des Vermittlungsausschusses, die sich trotz erster Verweigerung der Union gebildet hat. Heute wäre also noch Gelegenheit, Ihren Kollegen, die dort mit am Tisch sitzen, die Ziele mit auf den

Weg zu geben, die letztlich auch für unseren Haushalt von Bedeutung sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Möllring, bedenklich ist – das hat auch mein Kollege Möhrmann schon ausgeführt -, dass Sie nichts zu den Gemeindefinanzen gesagt haben. Sie haben die Politik der SPD-Landesregierung gegenüber den Kommunen

(Frau Harms [GRÜNE]: Das erste Mittel!)

als „Raubzug durch die kommunalen Kassen“ gegeißelt. Die wenigen konkreten Sparmaßnahmen bei den Schulen, die Sie in Ihrer Regierungserklärung aufführen, treffen die Kommunen. Wir erwarten eine klare Aussage, wie viel Geld bei den Kommunen unter dem Strich ankommen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren, wenn es auf Bundesebene eine Gemeindefinanzreform geben soll - wir alle wollen sie seit Jahren, wir diskutieren landauf, landab, in den Kommunen, im Land, im Bund, seit mehr als einem Jahrzehnt dieses Thema -, müssen wir auch alle gemeinsam daran arbeiten, und zwar jetzt.

Welche Position vertritt die Landesregierung in dieser Frage? - Offensichtlich sind Sie bislang nicht sprechfähig, weil die SPD - Entschuldigung, die FDP - die Gewerbesteuer völlig abschaffen will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die FDP hat hier vielleicht ein leichtes Spiel, weil sie auf der kommunalen Ebene sowieso nicht verwurzelt ist.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

In der Sache ist ihre Nichtposition aber bedenklich, und sie schwächt die Position der niedersächsischen Städte und Gemeinden.

Herr Möllring, Sie können sicher sein, dass wir, wie in der letzten Wahlperiode, unsere Haushaltspolitik mit konkreten Konsolidierungsvorschlägen fortsetzen werden. Wir hoffen, dass Sie davon mehr umsetzen als die Vorgängerregierung. Der Volksmund sagt: „Ein leerer Geldbeutel ist schwerer zu tragen als ein voller.“ Wenn das Land unter dieser Last nicht zusammenbrechen soll, reicht es nicht aus, hier nur mit dem Großen Latinum zu

wedeln. Nach Ihrer Regierungserklärung befürchten wir, dass Sie mit Ihrem Haushaltslatein zu schnell am Ende sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Rolfes.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschäftsführer haben offensichtlich abgesprochen, dass die Mittagspause erst nach der Debatte über die Regierungserklärung anfängt. Aber man sieht ja, dass viele Abgeordnete es gewohnt sind, sehr eigenständig zu handeln.

(Heiterkeit bei der CDU)

Vielleicht darf ich zu Beginn der Ausführungen ein paar Worte zu dem Beitrag von Herrn Möhrmann sagen. Frau Peters hat seine Rede eben als sehr emotionsgeladen empfunden. Dazu kann ich sagen: Das ist das Einzige, bei dem ich ihr nicht zustimmen kann. - Herr Möhrmann, ich habe das eher als eine buchhalterische Aufrechnung empfunden, nach dem Grundsatz: Buchhalter, Buchhalterlisten, alles drauf, ob es einer hören will oder nicht. Dazu sage ich Ihnen: Probleme der Zukunft löst man allenfalls, wenn man zunächst zu einer sauberen Bilanz kommt, ganz sicher aber nicht durch das Verlesen alter Reden und alter Anträge. Das ist das alte Ritual. Die Leute im Lande haben die Nase voll davon, dass hier solche Schaukämpfe ausgetragen werden.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben die dramatische Situation, in der sich das Land Niedersachsen befindet, längst erkannt. Sie wollen durchaus strittige Diskussionen, aber sie wollen auch, dass diese Diskussionen dann zu einem Ergebnis geführt werden. Sie wollen die Ergebnisse dieser Diskussionen sehen können, und sie werden auch Einschränkungen aufgrund von Einsparungen hinnehmen.

(Zuruf von Heinrich Aller [SPD])

- Herr Aller, zu Ihnen komme ich gleich noch. Ich glaube schon, dass das eine wichtige Voraussetzung ist.

Ein Wort zu den Kommunalfinanzen. Ich meine nicht, dass es die CDU-Fraktion nötig hat, sich von denen Vorschriften und Vorhaltungen über die Situation der Kommunalfinanzen machen zu lassen, die sie in einer Weise zerrüttet haben, wie sie sich jetzt darstellt. Das ist zunächst einmal festzuhalten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es um die Frage der Gewerbesteuerumlage geht, hat diese Landesregierung - wenn ich das richtig sehe: dieser Finanzminister - immer gesagt, dass sie den Antrag Bayerns im Bundesrat unterstützen wird. Das ist eine konkrete Entscheidung dazu. Dann werden wir sehen, wie weit sie umzusetzen ist.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Kann er das auch im Haushalt darstellen?)

Überhaupt muss ich sagen: Dies ist eine Bilanz, mit der wir starten. Das ist die Situation, vor der wir stehen und auf der wir aufbauen können.

Herr Möhrmann, es ist vier Wochen her, dass diese Regierung ins Amt gekommen ist. Diese Regierung hat nach vier Wochen diese Bilanz vorgelegt. Diese Regierung hat einen Nachtragshaushalt, der so weit fertig ist, dass er ins Kabinett gehen kann. Diese Regierung wird diesen Nachtragshaushalt dem Parlament im Mai zuführen, und dann werden all diese Fragen, die Sie gestellt haben, beantwortet werden müssen. Dann kann auch nicht davon gesprochen werden, es werde nicht gesagt, wo gespart wird. Wo gespart wird, steht dann drin. Dann wollen wir sehen, dass innerhalb von hundert Tagen ein Nachtragshaushalt vorgelegt wird.

Ich darf Sie vielleicht einmal daran erinnern, dass wir im Mai letzten Jahres einen Nachtragshaushalt beantragt haben, als nämlich die Steuerschätzungen deutlich darauf hinwiesen, dass die Steuereinnahmen weit unter den Erwartungen zurückblieben. „Das brauchen wir nicht“, hat der damalige Finanzminister gesagt, „alles im Lot.“ Im November kommt er mit einem Verschuldungsnachtrag, in dem er die Schulden - die Kreditaufnahme wegen der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts mal eben verdoppelt.

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen, die Regierung Gabriel hat eine katastrophale Bilanz hinterlassen. Für den, der eine solche Bilanz hinterlässt, genügt eine Klausurtagung mit demosko

pischer Beratung, wie kürzlich stattgefunden, nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Da mutet es eher merkwürdig an, wenn Sigmar Gabriel glaubt, seine Wahl sei wegen der Berliner verloren worden und er sei gänzlich unschuldig daran.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Glauben Sie, Sie hätten die Wahl gewonnen, weil Sie so gut sind?)

Kein anderer Ministerpräsident hat in seiner kurzen Amtszeit das Land so sehr verschuldet wie Sigmar Gabriel. Wir haben die Zahlen, die ich jetzt nicht alle wiederholen will, eben vom Finanzminister gehört. Beim Ausgabenwachstum hat es Sigmar Gabriel innerhalb von drei Jahren auf den letzten Tabellenplatz geschafft.

Bei dieser Gelegenheit will ich zu dem, was Herr Möhrmann zum Länderranking gesagt hat, erklären: Es mag sein, dass Niedersachsen bei einer Position gut dasteht. Aber wie sieht es denn aus, wenn es um Wirtschaftsförderung und Insolvenzen geht? Wie ist es denn, wenn es bei der Wirtschaft um die Frage der Arbeitslosigkeit geht? Wie ist es denn, wenn es bei den Finanzen um die Frage der Verschuldung geht? Wie ist es denn, wenn es bei den Finanzen um das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben geht? Wie ist es denn, wenn es um die Pro-Kopf-Verschuldung geht? Wie kommt es denn, dass bei diesen nackten Zahlen Niedersachsen überall auf dem letzten oder vorletzten Tabellenplatz steht? Da können Sie so viele mildernde Umstände anführen, wie Sie wollen: Fakten lassen sich nicht aus der Welt diskutieren, und deswegen muss das hier in einer Abschlussbilanz festgestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Unter der Verantwortung der SPD-Finanzminister stieg die Verschuldung in Niedersachsen pro Kopf von 1990 bis 2002 um 79 %. Wer sich das einmal angucken möchte: Dies ist die Treppe der Verschuldung.

(Der Redner zeigt eine Grafik)

Da kann man sich vorstellen, wie oft man diese Treppe mühsam hochgehen muss. Sie sehen: von ca. 19 Milliarden auf über 42,6 Milliarden im Jahre 2002. Das ist die Bilanz sozialdemokratischer Finanzminister!

(Beifall bei der CDU)

Bevor man darauf aufbaut, darf man diese Bilanz wenigstens einmal deutlich machen. Jeder Niedersachse - das ist gesagt worden - ist mit 5 020 Euro dabei. 5 020 Euro - das sind satte 10 000 DM -, für die jeder im Lande mithaftet. Das sind 500 Euro mehr, als sie im Durchschnitt auf die Einwohner der westdeutschen Flächenländer entfallen. Für die Zinsen zahlen wir 276 Euro und damit 80 Euro mehr als im Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer.

Diese Bilanz muss man vortragen, weil daraus deutlich wird, wie schwer es sein wird, aus diesem Tabellenkeller herauszukommen. Diese neue Landesregierung hat keinen Meisterschaftsaspiranten, sondern einen Abstiegskandidaten übernommen. Wir wollen aber keinen Abstieg, sondern wir orientieren uns - das ist ja unsere Mentalität; das ist doch selbstverständlich - natürlich am Aufstieg.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Wir sind kein Kandidat für die zweite Liga!)

Dass das allerdings eine schwere Aufgabe ist, dürfte wohl selbstverständlich sein. Dafür gibt es natürlich

(Zuruf von der CDU)