Protocol of the Session on April 2, 2003

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Die Sorge ist unbe- gründet!)

Wird es, Herr Möllring, am Ende nur verschlankte Behörden, verschlankte Bezirksregierungen mit neuem Türschild geben? Das wäre sicherlich kein nachhaltiger Beitrag zur Haushaltskonsolidierung.

(Bernd Althusmann [CDU]: Da haben Sie sogar Recht!)

Herr Möllring, Sie zählen die Hinterlassenschaften der SPD-geführten Landesregierung auf: mangelhafte Finanzierung des Tiefwasserhafens, überplanmäßige Bewilligungen beim Beschleunigungsprogramm für Hoch- und Tiefbau, EXPOVerbindlichkeiten. Sie vergessen dabei aber zu erwähnen, dass alle diese Projekte mit Ihrer Zustimmung hier im Haus auf den Wege gebracht worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Regierung Gabriel nicht gespart hat, war doch klar.

(Bernd Althusmann [CDU]: Daran sind wir jetzt schuld?)

Herr Gabriel hat jetzt nachgelegt und seinen ver.diBeitrag gespart. Ob das der SPD nützen oder schaden wird, wird man sehen. Bei den Projekten, die

Sie hier angesprochen haben, hat Gabriel nicht gespart, da haben Sie aber auch nicht gespart.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun zum Thema Folgekosten noch eine Frage an Herrn Hirche. Was ist denn eigentlich mit Sican und dem Technologiezentrum Nord? 13 Jahre nach Hirche I. sind die Folgekosten noch nicht getilgt. Auch dazu hätte ich gern noch einen kleinen Hinweis.

Unverständlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch die singuläre Ankündigung von Kürzungen bei der Beschäftigung von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen an Hauptschulen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist, wenn man sich das Redemanuskript von Herrn Möllring anschaut, eine der wenigen Stellen, an der Sie wirklich konkret werden. Ich habe mich gefragt: Ist das die Bildungsoffensive? Soll jetzt Schule für Schule sparen? - Ausgerechnet hier verstehe ich das wirklich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen weiteren Punkt will ich ansprechen, nämlich die veranschlagten Kosten für den CASTORTransport. Herr Sander, wenn Sie Ihre GorlebenPolitik so fortsetzen, wie Sie das angefangen haben, dann müssen Sie den Haushaltsansatz verdoppeln.

(Bernd Althusmann [CDU]: Soll das eine Drohung sein?)

Das ist das, was zu erwarten ist.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind der Verursacher für diese Kosten!)

Wenn Sie das Moratorium für Gorleben aufheben wollen, dann werden Sie die Diskussionen und Demonstrationen erleben.

(David McAllister [CDU]: Wer verur- sacht denn die Kosten? Doch nicht Herr Sander!)

Herr Sander wurde wohl bei dieser Entscheidung gefragt. Wenn das über seinen Kopf hinweg entschieden wurde, kann ich das nicht wissen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich kann eine Regierung, die gerade erst seit vier Wochen

im Amt ist, noch nicht den großen Wurf hinlegen, das ist völlig klar.

(David McAllister [CDU]: Wir sind schon ziemlich gut!)

Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass sich die angeblich neue Haushalts- und Finanzpolitik nur im Habitus von der Aller‘schen Schuldenpolitik unterscheidet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sind angetreten, das Gegenteil zu beweisen. Dafür hätten Sie auch unsere Unterstützung, wenn Ihre Vorschläge denn sozial ausgewogen wären.

Bei den 2 500 Lehrern, die Sie einstellen wollen, gehen Sie aber schon jetzt davon aus, dass Sie gar nicht so viele ausgebildete Lehrkräfte finden werden. Die Rückkehr zur Dreigliedrigkeit wird so viel bildungspolitischen Schaden anrichten, Herr Busemann,

(Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt fehlt nur noch das Wort „Selektion“!)

dass darüber auch die Einstellung von 2 500 Lehrern nicht hinwegtäuschen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen. Nach der Bundestagswahl – die letzten drei bis vier Monate – hat sich die Bundes-CDU die SonthofenStrategie des ehemaligen Abgeordneten FranzJosef Strauß zu Eigen gemacht: Die Bundesregierung ist an allem schuld, sogar am Wetter. Das war die Ansage, die drei bis vier Monate lang landauf, landab über die Medien verbreitet wurde, die wir von der Bundes-CDU gehört haben. Jede Mitverantwortung, jede gemeinsame Kraftanstrengung für die Gesellschaft als Ganzes wurde verweigert – aus Wahlkampfgründen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Konsequenz hat die CDU u. a. das Steuerpaket des Bundes und eine Einberufung des Vermittlungsausschusses abgelehnt.

Herr Wenzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rolfes?

Ich möchte gern meine Ausführungen zu Ende bringen. Dann gehe ich gern auf die Frage ein.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ich habe eine gute Frage!)

- Ich möchte erst einmal zu Ende ausführen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt sind Sie in der Wirklichkeit angekommen. Spätestens jetzt müssen Sie erklären, wie die erwarteten Einnahmen aus dem Steuerpaket des Bundes anders finanziert werden sollen. Hessen und das Saarland haben das Geld übrigens schon in ihre Haushalte eingestellt. 1,5 Milliarden Euro sollten im Jahre 2003 an die Länder fließen, 4,1 Milliarden im nächsten Jahr. Die Kommunen erwarteten eine Besserstellung von 283 Millionen Euro in diesem Jahr und von 1,3 Milliarden im Jahre 2004.

Sie sagen heute, dass ein Steuervergünstigungsabbaugesetz, das diesen Namen verdient, Ihre Zustimmung finden würde. So hat das jedenfalls Herr Möllring ausgeführt. Wir warten auf Ihre Vorschläge, meine Damen und Herren. Quantifizieren Sie, was Sie im Bereich der Körperschaftsteuer erwirtschaften wollen! Sagen Sie konkret, wie Ihre wachstumsfreundliche Steuerpolitik aussehen soll! Bisher sind das alles doch nur Worthülsen. Gesundbeten wird diesem Haushalt nicht helfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die FDP-Fraktion möchte ich bei dieser Gelegenheit bitten, etwas Genaueres zum Thema Subventionen auszuführen. Sie können natürlich alles über einen Kamm scheren und sagen: „Alles, was der Staat tut, ist Subvention; nach unserer Ideologie ist das negativ; das muss weg, um den freien Markt herrschen zu lassen.“ – Das war die Substanz dessen, was ich hier wahrgenommen habe.

Wir haben mit Subventionen auch Märkte erschlossen. Wir haben seitens der Bundesregierung Forschung und Entwicklung vorangebracht. Wir haben soziale und ökologische, wir haben gesellschaftliche Ziele verwirklicht, die sich mit solchen Mitteln auf den Weg bringen lassen. Ich erwarte schon etwas differenziertere Aussagen zu der Frage, welche Subventionen Sie wollen und welche Sie nicht wollen. Generell zu sagen, jede Subvention sei schlecht, halten wir für platte Ideologie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Steuerpaket des Bundes enthält eine Reihe von Vorschlägen, die bestehende Steuervergünstigungen abbauen, Steuerumgehungsmöglichkeiten einschränken oder Fehlsubventionen begrenzen. Ich will nur zwei Beispiele nennen:

Erstens die Beseitigung der Umsatzsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Personenbeförderung im Luftverkehr. Diese Subventionierung des Flugverkehrs ist durch nichts zu rechtfertigen. Sie führt zu Wettbewerbsverzerrungen und gehört eher heute als morgen abgeschafft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens - auch das ist ein interessanter Punkt im Steuerpaket des Bundes - die Dokumentationspflicht für interne Verrechnungspreise von Konzernen. Diese Maßnahme soll sicherstellen, dass Gewinne möglichst am Entstehungsort versteuert werden. Es kann nicht angehen, dass durch die kreative Gestaltung von internen Verrechnungspreisen dafür gesorgt wird, dass die Verluste eines Konzernteils in Deutschland anfallen und die Gewinne in den Steueroasen ausgewiesen werden. Auch dazu würde mich einmal die Meinung der FDP-Fraktion interessieren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Phi- lipp Rösler [FDP]: Die Leute, die da- von betroffen sind, werden Ihnen gern etwas erzählen!)

Vielleicht kommen Sie noch einmal in die Verlegenheit, genauer darstellen zu können, ob wir hier Ihre Unterstützung finden.