Ich habe aufmerksam zugehört, weil ich meistens auch im Plenum sitze. Da gibt es eine Äußerung der neuen Mehrheit. McAllister - er ist jetzt nicht da -: Kein Gesetz tritt mehr in Kraft, ohne dass seine Folgekosten transparent gemacht werden. Nun lese ich Ihnen mal vor, was in Ihrem Schulgesetz steht:
„Der durch diesen Gesetzentwurf verursachte Lehrerbedarf ist im Rahmen der im Landeshaushalt 2002/2003 und der in der Mipla des Landes vorgesehenen Lehrerstellen abgedeckt.“
Sie haben 100 Tage Zeit, das zu reparieren. Auch als Fraktion, Herr Althusmann, müssen Sie dann schon mindestens das tun, was Sie uns seinerzeit immer vorgeworfen haben.
(Bernd Althusmann [CDU]: Sie müs- sen noch weiter lesen! Zusätzliche Kosten entstehen nicht, steht da!)
Sie müssen die Folgen bei den Kommunen aufzeigen. Sie müssen die Folgen für den Landeshaushalt aufzeigen. All das haben Sie nicht getan. Was sollen diese Sprüche, wenn Sie das nachher nicht durchhalten?
Unter dem Strich, meine Damen und Herren, stelle ich fest: Die Regierungserklärung des Finanzministers enthielt eine ernsthafte Auseinandersetzung. Er hat die Lage real beschrieben. Ich hätte mir gewünscht, dass er in seiner Rolle als finanzpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion in den letzten fünf Jahren ähnlich gewirkt hätte. Dann hätten wir uns über die Probleme auseinander setzen können und
nicht über Wolkenkuckucksheime. Wenn Sie an dem Punkt ansetzen, werden Sie das erleben, was ich am Anfang gesagt habe: Diese Opposition, die SPD-Fraktion, wird Ihre Vorschläge prüfen und wird vor allen Dingen auch eigene einbringen. Wir werden bei unseren Vorschlägen immer prüfen, ob sie finanzierbar sind. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe eben eine sehr emotionsgeladene Rede des Kollegen Möhrmann gehört.
- Verzeihen Sie mir, ich bin neu im Landtag, ich übe noch. Damit werden Sie leben können. - Ich habe eben also eine sehr emotionsgeladene Darstellung von Herrn Möhrmann gehört, die sehr in die Vergangenheit ging. Ich bin neu im Landtag, wie Sie alle wissen. Ich kann nicht in die Vergangenheit gehen, und ich will auch nicht in die Vergangenheit gehen. Ich halte es im Moment für falsch, in die Vergangenheit zu gehen. Wir müssen in die Zukunft schauen.
- Nein, geschichtslos möchte ich deshalb nicht sein. Geschichte ist das aber nicht, was hier aufgearbeitet wird. Das, was hier aufgearbeitet wird, ist Parteiideologie.
Trotzdem möchte ich Ihnen jetzt noch kurz, damit es heute Abend nicht allzu sehr über 20.10 Uhr hinausgeht, das Zahlenmaterial Niedersachsens aus meiner Sicht aufzeigen.
Die alte Landesregierung hatte bereits erhebliche Maßnahmen zur Beschränkung des Ausgabenwachstums ergriffen. Das erkennen wir an. Zahlreiche gestaltbare Ausgaben und Leistungen wur
den deutlich zurückgeführt oder eingestellt. Diesen Weg einer systematischen, noch vertretbaren Ausgabenpolitik hat die Landesregierung unter Herrn Gabriel im Jahr 2000 jedoch verlassen, sodass die Haushaltsdefizite in der Folgezeit - das ist heute nun leider Fakt - angestiegen sind. Der Haushalt des Landes ist unter betriebswirtschaftlichen - ich bin Betriebswirtin - und juristischen Gesichtspunkten überschuldet.
Um dem Land und den Kommunen die notwendige Luft zum Leben und zum Handeln zu geben, muss die Struktur des Haushalts geändert werden. Hierzu bedarf es meines Erachtens einer Aufgabenkritik in allen Bereichen des staatlichen Handelns. Wir stehen de facto vor der Prüfung der Systematisierung der Bereiche, die das Land noch beeinflussen kann, und vor dem Problem der Sanierung, damit die Zukunft des Landes Niedersachsen auch unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen - zu nennen wären hier z. B. die allgemeine Globalisierung, auch die Auswirkungen des IrakKrieges oder der Terrorismus - gesichert werden kann.
Wir, Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben die Aufgabe und die Verantwortung dafür zu tragen, dass die Politik wieder handlungsfähig wird, um die Herausforderungen, die uns noch bevorstehen, bewältigen zu können.
Meine Damen und Herren, wie ist denn nun die Situation in unserem Lande? - Lassen sie mich diese einmal verbal beschreiben. Zahlen haben Sie ja inzwischen genug gehört. Es ist Folgendes festzustellen: Unter den gegenwärtigen Bedingungen kann die Aussage zweifelsfrei gelten, dass das Land Niedersachsen unmittelbar vor der Handlungsunfähigkeit steht. Handlungsunfähigkeit bedeutet, dass sämtliche freien Mittel für Zinszahlungen aufgewendet werden und nicht für gestalterische Aufgaben zur Verfügung stehen. Hinzu kommt noch eine Überschuldung. Die Staatsschulden des Landes können auch in vertretbaren Zeiträumen - ich denke hier in Generationsbereichen nicht oder nur sehr mäßig abgebaut werden. Ein Abbau wäre nur dann möglich, wenn die Einnahmen die Ausgaben überstiegen. Das hat die Bevölkerung erkannt und deshalb uns, der FDP und der CDU, den Auftrag erteilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Sanierung der Staatsfinanzen durchzuführen.
Gleichzeitig hat die Bevölkerung Sie, Herr Gabriel - er ist jetzt nicht mehr anwesend - und Ihren Koalitionspartner, sozusagen als Geschäftsführer unseres Landes abgelöst. Wir, die Regierungskoalition aus FDP und CDU, haben den Auftrag zu einer nachhaltigen Sanierung des Landes Niedersachsen erhalten. Wir haben diesen Auftrag angenommen und werden ihn auch gemeinsam zu Ende führen.
Gestatten Sie mir einen Hinweis. Hier wird immer von „konsolidieren“ gesprochen. Konsolidieren lassen sich dieser Haushalt und die Finanzen dieses Landes aber nicht mehr; denn „konsolidieren“ bedeutet, etwas Bestehendes zu sichern und zu festigen. Wir müssen den Haushalt des Landes hingegen sanieren. Das bedeutet, das Land durch geeignete Maßnahmen aus seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauszuführen. Erst dann kann eine Konsolidierung, eine Festigung der Einnahmen und Ausgaben, erfolgen. Diesem Führungsanspruch wollen und werden wir gerecht werden.
Meine Damen und Herren, wir können dies aber nur dann schnell und zügig erreichen, wenn auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, mithelfen, diese Sanierung voranzutragen; denn die Sanierung erfordert schnelles Handeln - meines Erachtens auch über die Parteigrenzen hinweg. Von daher fand ich diese Ansätze sehr interessant.
Die Konsolidierungsansätze der alten Regierung wurden leider viel zu früh aufgegeben. Sie müssen wieder aufgegriffen und durch weitere Maßnahmen auf allen Ebenen der Regierung und der öffentlichen Verwaltung zur Sanierung der Finanzen ergänzt werden. Mit einer plötzlichen Erhöhung der Einnahmen aufgrund des anziehenden Wachstums ist wohl kaum ernsthaft zu rechen. Im Gegenteil: Die Weltlage, insbesondere der Krieg im Irak, macht Worst-case-Szenarien bis hin zu einem Nullwachstum denkbar. Für solch ein Szenario müssen wir gerüstet sein. Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute halten eine solche Entwicklung bis hin zu einem Nullwachstum durchaus für denkbar. Ziel muss es daher auch in einem solchen Fall sein, haushaltstechnische Rüs
tungen vorzuhalten. Steuererhöhungen, wie sie die Bundesregierung fordert, würden den Rest an Wachstum, der heute noch existiert, völlig zum Erliegen bringen. Insbesondere jeder Diskussion über eine Wiedereinführung der Vermögensteuer muss eine klare und deutliche Absage erteilt werden. Die Bürger brauchen Vertrauen in die langfristige Wirtschafts- und Finanzpolitik, damit sie ihre wirtschaftlichen Aktivitäten ausweiten und Investitionen in Deutschland, vor allem aber in Niedersachsen, durchführen können. Wenn aber die Einnahmeseite, zumindest kurzfristig, nicht beeinflussbar ist, müssen sich die Reformen auf die Ausgabenseite beziehen.
Welche Maßnahmen müssen nun unmittelbar eingeleitet werden? - Herr Minister Hartmut Möllring hat schon einige Maßnahmen ausführlich vorgestellt und seine Planungen dargestellt. Die FDPFraktion teilt diese Einschätzung und unterstützt diese ausdrücklich. Es müssen Reformen eingeleitet werden. Wir müssen weg von der Besitzstandswahrung, weg von dem Grundsatz: Spare und streiche nicht bei mir, sondern bei anderen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, welche Ansatzpunkte für Reformen sind derzeit erkennbar? - Reformbereiche können nach ihren Ansatzpunkten und Wirkungsweisen identifiziert werden. Auf der Ausgabenseite sind kurzfristige Einsparmaßnahmen nötig, um die notwendige unmittelbare Handlungsfähigkeit des Landes sicherzustellen.
Mittelfristig werden Reformen der öffentlichen Verwaltung durchgeführt, um die Kosten des Staatsapparates in den Griff zu bekommen. Langfristig müssen die Steuereinnahmen gesteigert werden, indem ein möglichst hohes und stetiges Wachstum der Wirtschaft erreicht wird. Kurzfristig müssen Einsparungen in allen Ressorts durchgeführt werden. Es müssen wünschenswerte und zwingend notwendige Ausgaben identifiziert werden. Alle nicht elementaren Staatsausgaben werden zur Disposition gestellt und für einige Jahre zurückgestellt oder ganz gestrichen. Dieses gilt gleichermaßen für Sach- und Personalausgaben. Das Programm zur Stelleneinsparung ist bereits sehr ehrgeizig. Im Bereich der Sachausgaben sind noch erhebliche Potenziale offen, ohne wichtige Investitionsausgaben kürzen zu müssen oder grundlegen
de Aufgaben des Staates zu gefährden. Wir werden deshalb alle Aufgaben des Staates auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen und gegebenenfalls auch streichen.
Auch sind mittelfristige Einsparungen durch eine Effizienzsteigerung der Verwaltung möglich. Schon seit vielen Jahren bemängeln Finanzexperten die mangelnde Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Das vorherrschende System der Kameralistik führt zu einem Denken in Inputs, bei dem der Erfolg und die Bedeutung eines Bereiches vor allem in einer Ausweitung des eigenen Budgets gemessen werden. Eine Ausweitung des eigenen Budgets heißt zusätzliche Kosten für das Land. Hier ist es zwingend notwendig, sofort und ohne Verzug die flächendeckende Einführung betriebswirtschaftlicher und bewährter Steuerungsinstrumente wie Kostenrechnung und effizientes Controlling einzuführen. Dieses hätte allerdings - soweit ein Vorwurf an die vorherige Landesregierung - schon längst flächendeckend geschehen müssen. Von daher müssen wir es jetzt nachholen. Die Verwaltung muss und kann derartige Verfahren auch eigenmächtig einführen. Das bedeutet übrigens nicht, dass dadurch zusätzliche Kosten entstehen müssen. An den Hochschulen des Landes stehen die Lehrenden sicherlich mit Rat und Tat zur Verfügung; denn auch die werden vom Staat bezahlt.
Budgets sollten nicht einfach in jedem Jahr nur fortgeschrieben werden, sondern sie müssen im Rahmen eines zero-based Budgeting jährlich komplett neu erstellt werden. Dadurch werden grundsätzlich alle Aufgaben infrage gestellt und müssen mit jedem Haushalt neu gerechtfertigt werden. Der Zwang zu immer neuen Begründungen führt zur Selbsterkenntnis von Überflüssigkeiten.
Weiterhin spielen feste Zielvorgaben, die gemeinsam mit den Mitarbeitern erstellt werden, eine wichtige Rolle. Mittel werden den zu erreichenden Zielen zugeteilt, und durch die Einführung geeigneter Kennzahlen kann der Erfolg jeder Behörde oder Abteilung festgestellt werden. Dadurch kann ein neues Kostenbewusstsein erreicht werden, und die Mitarbeiter erhalten positive Anreize zur Kostenreduzierung. Denn eines ist klar: Eine solche Reform kann nur mit und nicht gegen die Verwaltung durchgeführt werden.
- Ich habe ein paar Jahre in der Verwaltung gearbeitet. Ich glaube, dass ich die Menschen in der Verwaltung durchaus verstehen kann.
Das sehe ich auch so. Danke. - Wir müssen hier ganz besonders für die Unterstützung im Verwaltungsapparat werben, damit jeder Staatsdiener seinen ganz persönlichen Beitrag zur Konsolidierung unseres Landes leisten kann.
Ich komme nun noch zur langfristigen Einnahmegenerierung durch Wirtschaftswachstum. Die beste Möglichkeit zur Erhöhung der Steuereinnahmen ist die Erzeugung von Wirtschaftswachstum. Einige Bundesländer, wie Baden-Württemberg, Hessen oder Bayern, haben demonstriert, wie man auf der Grundlage einer soliden ordnungspolitischen Ausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik die Wirtschaft langfristig stärkt und entwickelt.
Eine Vielzahl von Reformmöglichkeiten ergibt sich im Bereich der Verwaltung und des Rechts. Die Unternehmen in Deutschland und speziell in Niedersachsen stöhnen unter einer umfassenden Bürokratisierung und der hohen Zahl von Vorschriften und Regulierungen sowie den immensen Kosten, die diese ihnen aufbürden. Unternehmerisches Handeln wird erschwert, wenn wichtige Ressourcen für die Bearbeitung von Formularen, Anträgen und die Einhaltung von tausenden von Vorschriften gebunden werden, anstatt produktiv tätig zu werden. Das Wachstum der Unternehmen wird verlangsamt, potenzielle Neugründer werden abgeschreckt. Auf der Seite des Staates generieren diese Maßnahmen aber keinerlei Mehreinnahmen, sondern führen aufgrund der Notwendigkeit zur Überwachung und Kontrolle ihrer Einhaltung nur zu weiteren Kosten.