Protocol of the Session on February 20, 2004

Wir reden also jetzt über etwas, was schon vor einiger Zeit auch auf Bundesebene diskutiert wurde. Wir sollen jetzt eine Meinungsbildung für den Fall herbeiführen, dass etwas kommt. Das ist mir völlig schleierhaft. Vielleicht ist es ja eine Art Beschäftigungstherapie für Sie. Das kann ich aber nicht genau sagen.

Bei den Argumenten muss man nicht mehr viel nachschieben; der Kollege Nehrlich hat es im Prinzip sehr dezidiert gemacht. Es ist richtig, dass der Kostendeckungsgrad im Bereich der Registerführung sehr hoch ist. Er wird aber sicherlich nicht 100 % betragen. Das heißt, auch hier könnte man noch zu einer Kostenangleichung kommen.

Wenn wir aber zu einer Digitalisierung kommen und das System so einführen, dass es möglichst nur noch auf elektronischem Wege genutzt werden kann, entstehen erhebliche Investitionskosten. Diese hätten wir sowohl in der Justiz als auch bei den Kammern. Das heißt, ein Einsparungseffekt

würde nicht eintreten; denn sowohl die Justiz als auch die Kammern würden aufgrund des Kostendeckungsprinzips einfach höhere Gebühren nehmen müssen, weil sie das Geld wieder hereinbekommen wollen. Daran führt kein Weg vorbei. Deswegen können wir meines Erachtens dieses Problem ausblenden.

Eine unterschiedliche Behandlung in den Ländern wäre - sofern eine Öffnungsklausel kommen könnte und sollte - nach meiner Auffassung durchaus hinzunehmen.

Jetzt komme ich auf Ihren Einwand zurück, bei einer Zersplitterung der Register wisse niemand mehr genau, wo welche geführt würden. Da muss man ehrlicherweise sagen: Grundsätzlich beschäftigen sich doch wirklich nur die Fachleute mit den Registern bzw. sehen die Register ein, nehmen Anmeldungen vor. Diejenigen, die sich konkret mit diesen Themen beschäftigen, wissen genau, an wen sie sich wo zu wenden haben, auch falls es überhaupt unterschiedliche Zuständigkeiten geben sollte. Aus meiner Sicht ist deshalb das, was Sie hier vorbringen, ein reines Scheinargument.

Von daher meine ich, die gewichtigen Einwände von Ihnen sind im Prinzip widerlegt. Es gibt wirklich nichts, wozu man sagen müsste: Mein Gott, da haben die Recht, darüber müsste man einmal nachdenken. Wir sollten hier abwarten, ob nun wirklich etwas kommt. Sie dürfen nicht immer gleich unruhig werden, wenn das Ministerium Aktivitäten entfaltet. Es ist nämlich die Aufgabe und der wesentliche Inhalt der neuen Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, dass wir etwas tun, etwas unternehmen. Wenn wir die Initiative ergreifen, müssen Sie nicht schon vorsorglich zittern und sagen: Jetzt müssen wir gleich einmal einen Antrag einbringen. - Warten Sie erst einmal ab, was Ihnen vorgelegt wird. Was wir Ihnen bisher vorgelegt haben, war immer gut und richtig. Daher können Sie uns ruhig weiter vertrauen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Rechts- und Ver

fassungsfragen diesen Antrag behandeln, mitberatend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Wie Sie eben gehört haben, ist es ein Antrag der CDU-Fraktion gewesen, ebenfalls den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberatend tätig werden zu lassen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dann ist so beschlossen worden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung: Transparenz und Wettbewerb bei der Vergabe von Gutachten, Beraterverträgen, Werkverträgen, Studien oder sonstigen freiberuflichen Leistungen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/803

Für die Einbringung erteile ich dem Abgeordneten Wenzel das Wort. Herr Wenzel, bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorgang, den wir hier in den letzten Tagen und in den letzten Wochen diskutiert haben, zeigt, dass es in einer parlamentarischen Demokratie Kontrollmechanismen gibt, die in der Lage sind, solche Vorgänge aufzudecken, die wir hier im Zusammenhang mit Beraterverträgen und Gutachten erlebt haben.

Wir müssen aber auch sehen, dass wir Instrumente, Verfahren entwickeln, die sicherstellen, dass das nicht immer nur im Nachhinein passiert, wenn eine Regierung abgetreten ist. Wir als Parlament müssen jeweils auch Kontrollmechanismen haben, die sicherstellen, dass das Kind gar nicht erst in den Brunnen fällt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben hier eigentlich ein Déjà-vu. Wir haben hier lange diskutiert über Berger-Verträge zur EXPO, zur INI, zur Mittelbehörde, zur Konsolidierung, zum Innovationsfonds. Wir haben im November 2002 einen Vergabestop für freiberufliche Leistungen gefordert, leider nicht immer mit der Unterstützung des großen Teils dieses Hauses, leider auch nicht immer mit den Stimmen der damaligen Opposition.

Wir haben eigentlich in jedem Haushaltsänderungsantrag der letzten Jahre gefordert, die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit in der Staatskanzlei zu streichen und zu sagen: Wer dafür noch besondere Notwendigkeiten sieht, der soll das bei seiner Partei in Auftag geben lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, wir haben die Anfrage von Herrn Minister Möllring sehr umfangreich beantwortet bekommen, und wir haben den Eindruck, dass sich für die Regierung Herr Möllring sehr bemüht hat, vollständig zu berichten. Aber, meine Damen und Herren, der Umfang der Listen, die uns vorgelegt wurden, sagt nicht alles. Wir werden auch angesichts der anstehenden Einsichtnahme in die Akten, die noch freigegeben werden müssen, uns diese Listen sehr intensiv ansehen. Wir werden sehr genau prüfen. In jedem Einzelfall werden wir prüfen: Ist das Vergaberecht gewahrt worden? Ist die Qualität der erbrachten Leistungen wirklich sichtbar? Gibt es im Einzelfall tatsächlich die Notwendigkeit, dieses Gutachten jeweils in Auftrag zu geben oder diese Beraterleistung in Anspruch zu nehmen?

Ich kann mich im Nachhinein nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass der Ministerpräsident bei seinem Interview mit Frau Christiansen nicht ganz über den Umfang dessen orientiert war, was alles in seinem Hause und in den anderen Häusern seiner Regierung schon so in Auftrag gegeben wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Da liegen Sie falsch!)

Insofern glaube ich, dass das auch für die neue Regierung ein sehr heilsamer Prozess war und Sie froh sein können, dass Sie zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Gelegenheit haben, Konsequenzen zu ziehen und es anders zu machen, als es in der Vergangenheit gewesen ist.

Dabei ist völlig unbestritten: Eine Regierung, eine Landesregierung kann heute nicht völlig auf externe Dienstleistungen verzichten. Das ist hier kein Streitpunkt - nur um nicht missverstanden zu werden. Aber was wir wollen, sind eindeutige Kriterien, eindeutige Konsequenzen, die sicherstellen: So, wie es in der Vergangenheit war, wird es in Zukunft nicht sein. Wir wollen deshalb auch Instrumente, die dem Landtag hier und heute die Möglichkeit geben, die jeweils aktive Regierung zu kontrollieren, der jeweils aktiven Regierung auf die Finger

zu schauen und im Zweifelsfall sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Wir haben deshalb Forderungen. Herr Minister Möllring, Sie haben mehrfach das Copyright angemeldet, auch heute wieder in der Antwort auf die Mündliche Anfrage. Ich überlasse Ihnen gerne das Copyright. Wenn Sie unsere Ideen in der Substanz angemessen umsetzen, können Sie damit hinterher gerne hausieren gehen. Dagegen haben wir gar nichts.

Ich halte es für notwendig, dass künftig entsprechend § 55 der Landeshaushaltsordnung verfahren wird. Darin steht: Leistungen müssen ausgeschrieben werden. Ich halte es für notwendig, dass wir das eindeutig definieren. Die europarechtliche Grenze, wonach ab 200 000 Euro europaweit ausgeschrieben werden muss, steht auf einem Blatt. Aber unsere Landeshaushaltsordnung steht auf einem anderen Blatt. Wir wollen vierteljährliche Berichte und Sperrvermerke im Haushalt, damit wir vorher sagen können, ob das notwendig ist oder nicht.

Wir wollen die Veröffentlichung von Gutachten, um uns von der Qualität überzeugen zu können. Auch Haftungsregeln wollen wir. Es kann doch nicht angehen, dass die Berater beraten und beraten und hinterher sagen: Für das, was herausgekommen ist, übernehmen wir gar keine Verantwortung. Das Mindeste wäre die Rückforderung der Gelder, die dem jeweiligen Berater für das Gutachten bezahlt worden wären. Eigentlich muss die Haftung aber deutlich darüber hinausgehen, wenn Mist abgeliefert wurde.

Wir brauchen eventuell auch ein Mitwirkungsverbot. Das heißt, bei jemandem, der aus einer Regierung ausscheidet, muss man sehen, dass er nicht im nächsten Monat sozusagen extern schon wieder Beratung von außen anbietet. Ein zweijähriges Mitwirkungsverbot wäre also Bestandteil eines Kodex oder einer Regelung, die verankert werden müsste.

Ich will noch zu einem letzten Aspekt kommen, und zwar zu der Aufarbeitung der fortbestehenden Risiken. Wir haben 21 Berger-Gutachten gehabt. Die meisten haben Sie für schlecht befunden, Herr Minister Möllring, und zwar die zur Mittelbehörde, zur Konsolidierung des Landeshaushalts, zum Innovationsfonds, zur EXPO, zum INI. Das Gutachten zur Auflösung der Nati kam von jemand anders, von Andersen. Wir müssen jetzt erleben, dass wir im

mer noch sehr große, fortlaufende Risiken aus den damaligen Beauftragungen zu tragen haben.

Beim INI frage ich mich allen Ernstes, Herr Stratmann, ob Sie nicht aufpassen müssen, dass Sie sich am Ende nicht eine Konkursverschleppung vorwerfen lassen müssen, wenn Sie weiter in dieser Art und Weise und in dieser Zögerlichkeit mit diesem Projekt umgehen. Sie sagen ganz deutlich: Wir sind damals auf den falschen Pfad gesetzt worden. - Aber wir müssen uns jetzt auch fragen: Ist ein Ende mit Schrecken nicht besser als ein Schrecken ohne Ende? Ich würde doch sehr bald erwarten, dass Sie dazu etwas deutlicher werden als heute bei der Beantwortung unserer Mündlichen Anfrage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zum letzten Punkt. Es gibt noch ein Berger-Gutachten. Das allerdings wird auch von der neuen Landesregierung für gut befunden. Das ist das Gutachten zum Tiefwasserhafen. Dieses Gutachten und die Konsequenzen daraus sollten wir uns noch einmal sehr ernsthaft angucken. Es gibt andere Gutachten - wie beispielsweise das von Planco und dem Institut für Weltwirtschaft -, die zu völlig anderen Ergebnissen gekommen sind. Sollte sich herausstellen, dass diese Finanzierungsmodelle nicht tragbar sind, dann haben wir ein Risiko im Haushalt, das bei 400 bis 500 Millionen Euro liegen dürfte. Ein solches Risiko können wir im Moment nicht tragen. Herr Minister Hirche, Sie haben sich bisher geweigert, eine Finanzierung vorzulegen, die wirklich tragfähig ist.

(Minister Walter Hirche: Das ist Ihre subjektive Interpretation, die von nie- mandem geteilt wird!)

Sie arbeiten in dieser Frage immer noch mit einem Berger-Gutachten. Sie sind in der Rechenschaftspflicht, und ich erwarte hier in letzter Konsequenz eine vollständige Auflistung der Finanzierungsüberlegungen, die dort eine Rolle spielen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es spricht doch Bände, dass sich der Wirtschaftsminister weigert, uns Einzeldaten zur Wirtschaftlichkeit der Landeshäfen vorzulegen.

Meine Damen und Herren, das ist nicht die Konsequenz in der Aufklärung, die wir erwarten. Wir werden Ihnen in Zukunft auf die Finger schauen. Wir erwarten, dass die noch bestehenden Risiken aus

diesen Altlasten konsequent und vollständig aufgearbeitet werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Peters. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag setzt bereits im ersten Spiegelstrich das Verhalten der alten Landesregierung mit dem der neuen Landesregierung gleich. Dagegen verwahre ich mich ganz entschieden!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich kann nicht qualifiziert behaupten, inwieweit die vorherige Landesregierung gesetzliche Bestimmungen umgangen hat. Der Anschein spricht jedoch dafür, dass das in einigen Fällen geschehen ist. Selbstverständlich wünscht die FDP ebenfalls Aufklärung über diese Vorgänge. Ich gehe aber davon aus, dass diese Aufklärung auch erfolgen wird. Soweit ich die Debatten über diesen Themenkreis bislang verfolgt habe, drängt sich mir allerdings auch der Eindruck auf, dass dies durch den Regierungswechsel im letzten Jahr deutlich erleichtert wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht, dass in Zukunft das Beratungsunwesen in seine Schranken verwiesen wird. Darin sind wir uns absolut einig. Diesen Wunsch haben die Regierungsfraktionen mit Ihnen, und sie machen es zum Inhalt ihres Handelns.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist in dieser Woche mehrfach darauf hingewiesen worden, von hundert auf null, von jetzt auf gleich, das geht nicht. Laufende Aufträge sind selbstverständlich zu Ende zu führen, will eine Regierung sich nicht dem Vorwurf aussetzen, alles in den vergangenen Jahren ausgegebene Geld vollständig zu verbrennen.

Die CDU-FDP-Koalition ist mit dem Anspruch angetreten, zu sanieren. Deswegen führt sie diese alten Vorgänge zu Ende. Das ist nicht Beraterunwesen, das ist verantwortlich.