Protocol of the Session on February 19, 2004

Zu Frage 1: Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung der Person und der ihr gehörenden Sachen auf Grundlage der Strafprozessordnung lagen vor. Ein Entkleiden und die Durchsuchung der Kleidung sowie eine Visitation des Körpers waren erforderlich, um festzustellen, ob sich weiteres, gegebenenfalls am Körper der Verdächtigen verstecktes Rauschgift, wie es bei Rauschgiftstraftätern häufig anzutreffen ist, finden ließ.

Zu den Fragen 2 und 3: Der Betroffene hat auf Nachfrage des für den Einsatz verantwortlichen Polizeivollzugsbeamten seine Einwilligung zur Anwesenheit von Medienvertretern erteilt, die auch Bildaufnahmen umfasste.

Meine Damen und Herren, trotz dieser rechtlichen Zulässigkeit räume ich ein, dass die Anwesenheit von Medienvertretern und damit die Herstellung, insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen nicht richtig waren.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich will Ihnen ganz offen sagen, dass ich zum ersten Mal bei einer solchen Durchsuchung dabei gewesen bin. Das ist sicherlich eine schwierige Situation für die Betroffenen, aber es ist auch eine sehr schwierige Situation für den Polizeibeamten, der diese Durchsuchung vornehmen muss. Die Situation war für alle, die dort anwesend waren, nicht ganz einfach. Ich möchte es ganz offen sagen: Heute würde ich die Tür zumachen, um die Medienvertreter von einer solchen Durchsuchung auszuschließen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich möchte aber abschließend darstellen, wie ich diese neun Stunden insgesamt erlebt habe. Im Polizeialltag geraten die Polizeibeamtinnen und -beamten in sehr schwierige Situationen. Vor allen Dingen ist die Vielfalt der Einsatztätigkeiten für mich sehr beeindruckend gewesen. Ich führe mir nur einmal vor Augen, bei welchen Situationen ich dabei gewesen bin: Es fängt bei der einfachen Aufnahme von Verkehrsdelikten und -unfällen an. Ich war dabei, als die Beamten zu einem Wohnungsbrand gerufen worden sind; ein Fernseher war implodiert.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie müssen sich vorstellen, wie eine Wohnung anschließend aussieht oder zerstört ist und wie Feuerwehr und Polizei dort gearbeitet haben. Wir sind hinzugerufen worden, als sich Skinheads geprügelt haben. Ein Streit in einer Diskothek musste geschlichtet werden. Aber was mich besonders beeindruckt hat, war, wie die Polizeibeamtin und der Polizeibeamte schlichtend eingegriffen und wie viel Psychologie sie verwendet haben, als sich Angetrunkene in einem sozial sehr schwierigen Umfeld gestritten haben. Das alles hat mich sehr beeindruckt.

Meine Damen und Herren, ich bin als Innenminister und Dienstherr für Polizeibeamtinnen und -beamte zuständig, die Tag für Tag mit den unterschiedlichsten Sachverhalten, mit Freud und Leid, mit Hilfe Suchenden, aber auch mit gefährlichen Straftätern, mit Personen, die ihnen körperlichen Widerstand entgegenbringen, und mit Familientragödien konfrontiert werden. Insofern möchte ich als Fazit dieser Nachtfahrt ziehen, dass die Polizeibeamtinnen und -beamte eine hervorragende Arbeit leisten, dass sie unsere Unterstützung verdienen und, meine Damen und Herren, dass wir den Polizeibeamtinnen und -beamten unser aller Dank schulden.

(Starker Beifall bei allen Fraktionen)

Es liegen keine Wortmeldungen für Zusatzfragen vor. Somit kommen wir zu

b) Fragliche Vergabepraxis für Gutachten und Beratungsleistungen durch die ehemaligen SPD-Landesregierungen unter den Ministerpräsidenten Schröder, Glogowski und Gabriel - Anfrage der Fraktion der CDU Drs. 15/816

Die Anfrage wird vom Abgeordneten Althusmann eingebracht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen am 11. Februar 2004 haben sich Hinweise darauf ergeben,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

dass die alte Landesregierung beispielsweise 198 240 Euro (exklusive Mehrwertsteuer) für die Beratung durch die Firma Roland Berger zur Mittelinstanz ausgegeben hat, für die ein überprüfbares und ein verwertbares Ergebnis oder ein konkret erteiltes Arbeitsprogramm anscheinend bis heute nicht vorliegen. Der Vertrag wurde zunächst nur mündlich abgeschlossen und laut Pressemitteilung der SPD-Fraktion vom 13. Februar 2004 sogar nachgebessert.

Weitere Gutachten, Beratungsleistungen und damals verschwiegene Werkverträge offenbaren ein in den Augen von Politikbeobachtern fragwürdiges Verständnis von Politikberatung der Gabriel-Regierung.

Unter anderem wollte sich der ehemalige Ministerpräsident Gabriel nach eigenem Eingeständnis im Landtagswahlkampf 2002 durch eine Medienagentur auf Kosten des Steuerzahlers (35 000 Eu- ro) zusätzliche Auftritte in bundesweiten TV-Veranstaltungen und Präsentationen in Medien mit hoher Aufmerksamkeit verschaffen lassen.

Darüber hinaus hat die SPD-Fraktion eingeräumt, dass die Antwort der ehemaligen Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Gutachtenvergabe vom 18. Oktober 2002 unvollständig war und nicht den Tatsachen entsprochen hat.

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Welche weiteren Gutachten, Studien und Beraterverträge sind in der Zeit von 1994 bis Ende Oktober 2002 unter den ehemaligen Ministerpräsidenten Schröder, Glogowski und Gabriel vergeben worden, die bisher nicht in der Antwort auf die

Große Anfrage der CDU-Fraktion erfasst sind, wie hoch waren die Auftragssummen, und wie lauteten die konkreten Arbeitsaufträge?

2. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit, Verwertungsmöglichkeit und den objektiven Nutzen dieser Gutachten/Beratungsleistungen?

3. Wie beurteilt sie die Beratungsleistung, Vertragsanbahnung und Vertragsabwicklung z. B. für die begleitende Beratung zur Mittelinstanz, für das Haushaltskonsolidierungsgutachten 2002 oder die Tatsache, dass sich Ministerpräsident Gabriel auf Kosten des Steuerzahlers im Landtagswahlkampf 2002 durch eine Medienagentur zusätzliche Auftritte in bundesweiten TV-Veranstaltungen und Präsentationen in Medien mit hoher Aufmerksamkeit verschaffen lassen wollte?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Beantwortet wird die Anfrage für die Landesregierung von Herrn Minister Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Diskussion der letzten Tage wurde immer wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, alle, die bis zum März 2003 die politische Verantwortung trugen, hätten großen Wert auf Transparenz, Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Vergabe von Gutachten und Berateraufträgen gelegt. Dieser Versuch, meine Damen und Herren, musste misslingen. Es war die CDU-Fraktion, die bereits in der letzten Wahlperiode versucht hat, mit einer Großen Anfrage Licht ins Dunkel zu bringen. Es war der Ministerpräsident Christian Wulff, der am 25. Januar bei der Sendung „Sabine Christiansen“ die Problematik kritikloser Gutachtenvergabe in die öffentliche Diskussion gebracht hat. Es war die CDU-FDP-Landesregierung, die den Auftrag zur Erfassung und Veröffentlichung aller unter ihr vergebenen Gutachter- und Berateraufträge erteilt hat, lange bevor andere Parteien dies fordern konnten. Es war eindeutig die alte Landesregierung, die der Verpflichtung aus Artikel 24 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung, nämlich der vollständigen Beantwortung von parlamentarischen Anfragen, nicht nachgekommen ist, und es waren die Grünen, die schon damals in unserem Windschatten segelten

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

und zugegebenermaßen durchaus hilfreiche Zusatzfragen gestellt haben. - Das war eindeutig. Wir haben damals die Große Anfrage gestellt. Herr Golibrzuch hat sich daran angehängt. Das war ja sehr hilfreich, das habe ich eben zugegeben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war so! - Rebecca Harms [GRÜNE]: Wer sich da wohl immer an wen gehängt hat!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Initiative zu unserer Anfrage im Oktober 2002 kam nicht von ungefähr: Das Verhalten der alten Landesregierung bei der Vergabe von Gutachtenaufträgen und externen Beraterleistungen hatte bei der CDU schon damals den Verdacht aufkommen lassen, dass die Regierung in vielen Bereichen Gutachten quasi als „Politikersatz“ in Auftrag gegeben hat - also anstelle des doch zunächst zu fordernden eigenverantwortlichen Handelns. Zudem ließ die bekannt gewordene Vergabepraxis die Frage aufkommen, ob in allen Fällen die Vergabevorschriften beachtet wurden. Die uns damals bekannt gewordene Häufung freihändiger Vergaben ohne Ausschreibung und die minimale Information des Landtages und der Öffentlichkeit über Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Konsequenzen aus den erkauften Beratungsleistungen hatten eine Vielzahl weiterer Fragen aufgeworfen.

Das Ergebnis der Anfrage ist bekannt. Eine besondere Erkenntnis ebenfalls: An einen bestimmten Gutachter wurden die Aufträge fast regelmäßig freihändig vergeben, und die jeweiligen Auftragssummen lagen in rund sieben Fällen knapp unter 200 000 Euro, sodass eine europaweite Ausschreibung unterbleiben konnte. Mitunter war dies offenbar erst durch eine entsprechende Stückelung von Aufträgen erreicht worden. Mit transparenter und nachvollziehbarer Auftragsvergabe hatte all das nicht viel zu tun. Der Nutzen blieb häufig fragwürdig. Nehmen wir als Beispiel das Gutachten zum „Innovationsfonds Niedersachsen“ im Wert von 199 537,99 Euro, das mit einem Umfang von 31 Seiten und vielen Anlagen schlicht nutzlos war, weil Ministerpräsident Glogowski, der es hat anfertigen lassen, dann ausgeschieden ist und sein Nachfolger Sigmar Gabriel es schlicht eingedampft hat, oder solche Gutachten, die offensichtlich vordringlich zu dem Zweck angefertigt wurden, bekannte Widerstände innerhalb des eigenen Regierungslagers aufzulösen, wie das Gutachten zur EXPO 2000, das die Erwartung von

40 Millionen Besuchern bestätigte, ohne der späteren Realität - 18,1 Millionen Besucher - damit auch nur annähernd gerecht zu werden. Oder nehmen wir die Begutachtung des Projektes Hirnzentrum INI, das von dem gleichen Beratungsunternehmen rentabel gerechnet worden ist. Hier wurden übrigens im März 1996 erst ein Gutachten über 110 613 Euro und dann im August ein „Feinkonzept“ über 184 355 Euro in Auftrag gegeben. Auch das Gutachten zur Konsolidierung des Landeshaushalts fügt sich in diese Reihe nahtlos ein. Der uns vorliegende 80-seitige Zwischenbericht enthält wirklich keinerlei neue Ideen und Erkenntnisse zur Konsolidierung des Landeshaushalts, sondern stattdessen nichts als bekannte Vorschläge. Dies sehen inzwischen wohl alle so, wie ein Zitat des ver.di-Landeschefs Wolfgang Denia belegt. Er hat gesagt:

„Das Gutachten zur Haushaltskonsolidierung hätten unsere Personalräte zwischen Frühstück und Mittagessen auch kostenfrei aufschreiben können.“

So weit Herr Denia.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Papier enthält keinen ernst zu nehmenden Vorschlag, der nicht auch von der Verwaltung hätte erarbeitet werden können und - so behaupte ich - auch erarbeitet worden ist. Sparen tut weh - das ist bekannt - und ist nicht immer populär. Daran ändert sich aber auch dadurch nichts, dass bekannte Sachverhalte mit neuen Begrifflichkeiten umschrieben werden. Ich darf einmal zwei zitieren: „Konsolidierungspotenzial im eingeschwungenen Zustand“ - das fällt uns als Verwaltung nicht ein; ich weiß auch nicht, was das ist - oder „zero-based Dimensionierung von Aufgaben“. Aber das Gutachten hatte letztlich ja auch einen anderen Zweck, wie durch eine Aussage unseres Kollegen Möhrmann auf der SPD-Pressekonferenz vom letzten Freitag - 13. Februar 2004 - bestätigt wurde, der auf Nachfrage hin sinngemäß erklärte, man habe einen neutralen Zeugen für die schlechte Haushaltslage des Landes benötigt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hätten Sie schlicht den Grünen und uns geglaubt, hätten Sie 600 000 Euro gespart, und die Haushaltslage wäre jetzt etwas besser.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dass durch „die Optimierung und Reorganisation der Aufgabendurchführung“ - so wörtlich - ein nicht behördenscharf zuzuordnendes Einsparpotenzial von 345 Millionen Euro besteht, ist zwar schön, hilft in dieser Abstraktheit aber damals wie heute nicht weiter. Diesen Vertrag habe ich deshalb umgehend gekündigt, um dem Land wenigstens die Kosten für die nicht mehr in Anspruch genommenen 73,25 Beratertage zu ersparen und die Landesverwaltung von der Begleitung entsprechender Arbeiten zu entlasten. Dadurch haben wir etwa 210 000 Euro gespart.

Ich meine, die Beispiele machen deutlich, wie fragwürdig der Nutzen solcher, wohl überwiegend politisch motivierter Gutachten und Beratungsleistungen ist.

Diese Landesregierung will es anders machen. Wir sind entschlossen, uns weder vor Entscheidungen noch vor unserer Verantwortung zu drücken. Praktisch heißt das: Während die SPD ein Gutachten zur Haushaltskonsolidierung vergibt, haben wir mit dem Zweiten Nachtragshaushalt 2003 und dem Haushaltsplan 2004 bewiesen, dass Konsolidierung auch mit eigenem Sachverstand möglich ist. Bei uns gibt es keine Flucht der Politik aus der Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wilhelm Heidemann [CDU]: So ist es!)

Wir verstecken uns nicht bei jedem Thema hinter Gutachtern, Runden Tischen und Beratergremien. Wir trauen unseren eigenen Fachleuten nicht nur über den Weg, wir trauen ihnen auch etwas zu. So hat es der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung gesagt, und so haben wir es im letzten Jahr auch konsequent gehandhabt.

Wir vertrauen auch auf die Kraft unserer eigenen Argumente. Diese durch externe Experten mit der Aura der höheren Weisheit bestätigen zu lassen, ist deshalb überflüssig und wäre angesichts der Situation unseres Landeshaushalts auch nicht zu rechtfertigen.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Völlig richtig!)

Dies scheint die Regierungen Schröder, Glogowski und Gabriel nicht weiter bekümmert zu haben. Sie fanden es offenbar komfortabel, ihre politische Verantwortung viel zu häufig an Berater und Gutachter weiterzureichen.

So sind die Auftraggeber zufrieden, wenn Roland Berger im Sommer 2002 der Regierung Gabriel bescheinigt, dass bei Umsetzung einer Vielzahl radikaler Spar- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen sowie Verkäufen von Landesvermögen Ausgabeminderungen und Einnahmesteigerungen möglich wären. Wohlgemerkt: „möglich“, nicht „sicher“. – Natürlich nicht: Niemand hat die Haftung übernommen, niemand die Verantwortung. Der Erkenntnisgewinn war gleich null. Über 500 000 Euro netto an die Berater und für die Regierung eine willkommene Legitimation, um auf dieser Basis eine neue mittelfristige Finanzplanung vorzulegen. Die Botschaft soll lauten: Alles im Griff, Roland Berger hat bescheinigt, dass wir es schaffen können. - Am Ende haben also die Berater gut verdient, und niemand ist richtig verantwortlich. Die Wähler hat dieser Weg jedenfalls ganz und gar nicht überzeugt.