Protocol of the Session on February 18, 2004

Im Hinblick auf § 20 Abs. 3 haben das Ministerium für Inneres und Sport und der GBD übereinstimmend eingeräumt, dass die Aufrechterhaltung dieser Vorschrift weder aus systematischen Gründen noch im Hinblick auf höherrangiges Recht zwingend geboten sei. Ein Verbandsglied, das zu Unrecht am Ausscheiden aus dem Zweckverband gehindert werde, könne sich sein Recht immer auf dem Klagewege erstreiten. Wenn sie sich dennoch

für eine Beibehaltung des § 20 Abs. 3 in einer veränderten, den Begriff der unangemessenen Erschwerung oder Verhinderung der Kündigung konkretisierenden Fassung aussprächen, dann unter dem verwaltungspraktischen Gesichtspunkt der Streitvermeidung. Die Vorschrift stelle klar, welche Klauseln nicht zulässig seien. Zugleich werde aber auch klargestellt, dass der Zweckverband ein Ausscheiden bis zum rechtlich zulässigen Mindestmaß ausschließen dürfe, was generell zur Stabilisierung der betroffenen Zweckverbände beitrage.

Die streitvermeidende Wirkung sei auch nicht nur theoretisch, sondern unmittelbar praktisch relevant: Zumindest zwischen dem Energieverband ElbeWeser und seinem Verbandsglied Cuxhaven schwele seit langem ein Streit um die Berechtigung, unter angemessener Abgeltung des Anteilswerts aus dem Verband auszuscheiden. Über § 20 Abs. 3 könnten rechtswidrige Erschwerungen des Ausscheidens von vornherein verhindert werden; einer rechtmäßigen Kündigungsklausel könne die Rechtmäßigkeit von vornherein attestiert werden. Dies verhindere die Gefahr einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung.

Die Vertreter des Ministeriums für Inneres und Sport haben ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Die Stadt Cuxhaven sei in erheblicher finanzieller Bedrängnis und habe deshalb mit dem Land einen Sanierungspakt geschlossen. Es sei in diesem Zusammenhang von erheblicher Bedeutung, dass sich Cuxhaven mit einer angemessenen Vergütung möglichst schnell aus dem Zweckverband lösen könne. Für den betroffenen Zweckverband habe ein anderer Aspekt der Regelung Bedeutung: Folge man dem konkretisierenden Formulierungsvorschlag, so könne die Verbandsordnung für die Abgeltung des Anteilswerts die Maßstäbe des Substanz- und Ertragswerts wählen. Das schütze den Zweckverband vor Diskussionen, ob nicht der – unter Umständen erheblich höhere, der Spekulation ausgesetzte – Verkehrswert maßgeblich sei; denn der Verkehrswert dürfe als Bezugsgröße ausgeschlossen werden.

Während sich danach die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen dafür aussprachen, § 20 Abs. 3 beizubehalten, hielten die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen der CDU und der FDP die Vorschrift für entbehrlich. Bereits § 20 Abs. 1 des Gesetzentwurfes enthalte die Regelung, dass die Satzungen bestehender Zweckverbände innerhalb von zwei Jahren nach In-Kraft-Treten des Geset

zes an die neue Rechtslage anzupassen seien. Dies gelte auch für die Kündigungsvorschriften nach § 9 Abs. 2 Nr. 9.

Ich möchte damit meinen Bericht schließen. Der Ausschuss für Inneres und Sport bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 785 zu folgen.

Herzlichen Dank, Herr Coenen. - Damit eröffne ich die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich zunächst der Innenminister. Herr Minister Schünemann, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut. Ich freue mich sehr, dass wir heute das Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit verabschieden können - ein Gesetz, zu dem es ein Vorgängergesetz gab, nämlich das Zweckverbandsgesetz. Dieses stammt noch aus der Vorkriegszeit. Mitte der 90er-Jahre hat man versucht, dieses Gesetz zu modernisieren, damit es zu einer besseren Zusammenarbeit bei den Kommunen kommen kann. Es ist nie ein Gesetzentwurf zustande gekommen. Nach dem Regierungswechsel waren wir in der Lage, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen. Ich bin froh, dass wir nach intensiver Beratung jetzt zu einer Empfehlung gekommen sind, die auch - wenn ich richtig informiert bin - von der Opposition mitgetragen wird. Das ist ein gutes Signal auch für die Kommunen.

(Beifall bei der CDU und bei FDP - Dieter Möhrmann [SPD]: Was haben Sie denn nach dem vorliegenden Entwurf geändert?)

- Wir haben einiges geändert. Darauf komme ich jetzt zu sprechen. Ich wollte, weil es die einzige Beratung im Plenum ist, ohnehin die Gelegenheit nutzen, den Gesetzentwurf ausführlicher zu begründen, Herr Möhrmann.

Nicht mehr warten müssen die Gemeinden und Landkreise nun auf die seit langem geforderten Erleichterungen bei der kommunalen Zusammenarbeit. Dazu zählen die neuen Möglichkeiten, einem Zweckverband nur mit einem Teil seiner Aufgaben, einem Teil des Gemeinde- oder Kreisgebietes oder nur für einen von vornherein begrenz

ten Zeitraum beizutreten. Ebenso gehört dazu die Rücknahme der staatlichen Mitwirkung an dem Zustandekommen, an Änderungen und an der Beendigung der verschiedenen Formen öffentlichrechtlicher Zusammenarbeit, insbesondere bei den freiwilligen Aufgaben. Erstmals ermöglicht wird ferner die Umwandlung eines Zweckverbandes in eine privatrechtliche Gesellschaft. Dies wird man z. B. in Alfeld beim so genannten Zweckverbandskrankenhaus gerne nutzen.

Hinfällig werden die im alten Recht sehr umfänglichen Regelungen über eine zwangsweise Zusammenarbeit in Zweckverbänden und durch Zweckvereinbarungen, von denen allerdings zumindest in den letzten Jahrzehnten ohnehin nicht mehr Gebrauch gemacht wurde. So etwas wird in Zukunft, wenn überhaupt, nur spezialgesetzlich vorgegeben werden können. Der einzige Bereich, der insoweit infrage kommt, ist die Abfallwirtschaft. Da werden wir sicherlich zu vernünftigen Regelungen kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wegfallen wird mit dem neuen Gesetz auch eine Reihe überholter Sonderregelungen für den Landesteil Oldenburg, die Grundlage für gesetzliche Pflichtverbände in der Energiewirtschaft und im Sparkassenbereich waren. Auch dort gilt künftig wie in allen anderen Landesteilen das Freiwilligkeitsprinzip. Zugleich erhält der Bezirksverband Oldenburg, insbesondere als Träger vieler sozialer Einrichtungen dort von beträchtlichem Gewicht, eine neue, moderne Rechtsgrundlage und eine neue innere Struktur.

Es wird Aufgabe aller bestehenden Zweckverbände sein, ihre Verbandssatzungen den neuen gesetzlichen Vorgaben anzupassen und erforderlichenfalls auch ihre Organe entsprechend umzubilden. Hierfür wird ihnen eine Übergangsfrist zugebilligt. Für die Gemeinden und Landkreise stellt das neue Recht ein Angebot dar, das attraktiver als zuvor ist und insoweit den bewährten öffentlichrechtlichen Rechtsformen neue Chancen gegenüber den weiterhin möglichen Rechtsformen einer Zusammenarbeit in Privatrechtsformen gibt.

Erwähnen möchte ich auch, dass es nach den künftigen Rechtsvorgaben eine Schlechterstellung der Entschädigung für die Mitwirkung in den Organen des Zweckverbandes gegenüber der Entschädigung für die Arbeit in den Räten und Kreistagen nicht mehr geben wird.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Ausblick geben. Wir werden das neue Recht zum Anlass nehmen, die bestehenden Staatsverträge mit Nachbarländern gemeinsam mit den dortigen Landesregierungen dahin gehend zu überprüfen, ob die Zusammenarbeit in öffentlich-rechtlicher Form auch über die Landesgrenze hinweg erleichtert werden kann. Wir wollen Verhandlungen auch mit den Nachbarländern Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg über den Abschluss jeweils eines Staatsvertrages führen, der niedersächsischen Kommunen eine Zusammenarbeit mit den entsprechenden Aufgabenträgern in diesen Ländern in der Rechtsform des reformierten Landesrechts ermöglicht; denn auch insoweit gilt, dass kommunale und staatliche Grenzen einer Zusammenarbeit bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben nicht im Wege stehen sollen, wenn sie Vorteile für die Beteiligten - für die Verwaltung ebenso wie für die Bevölkerung - bringt.

Wir haben den Gesetzentwurf intensiv beraten. Ich bin froh, dass wir heute den entscheidenden Schritt tun, um den Kommunen eine bessere Zusammenarbeit zu ermöglichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort erteile ich nunmehr dem Abgeordneten Coenen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man kein Geld hat, dann muss man wenigstens gute Ideen haben. Das hat die Landesregierung mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der vorliegende Gesetzentwurf löst das Zweckverbandsgesetz aus dem Jahre 1939 ab, welches schlecht, überholungsbedürftig und nicht mehr zeitgemäß ist. Hintergrund - dies sage ich für all jene, die sich nicht so intensiv mit dem Gesetzentwurf beschäftigt haben - ist Folgendes:

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die kommunale Zusammenarbeit in Niedersachsen wird ein historisches Gesetz aus dem Jahre 1939 aufgehoben und durch ein modernes, zeitgemäßes Gesetz abgelöst. Viele Regelungen sind nicht mehr auf dem neusten Stand. Sie sind z. B. durch

die Gebiets- und Verwaltungsreform in den 70erJahren überholt und insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land völlig veraltet.

Wir haben bei den Beratungen um einen guten Gesetzestext und um Lösungen gerungen. Dabei haben wir allein zwölf Vorlagen erarbeitet. Deshalb waren die Beratungen im Innenausschuss intensiv, und es gab über einen langen Zeitraum eine gute Zusammenarbeit mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst. Lobend möchte ich an dieser Stelle auch den Ausschuss für Recht und Verfassung erwähnen, der gut zugearbeitet hat. Wir wollten und wollen ein gutes Gesetz.

(Zustimmung bei der CDU)

Da ich aus der kommunalen Praxis komme, kann ich nur bestätigen, dass die Wünsche und Anregungen der Kommunalpolitiker weitestgehend berücksichtigt worden sind. Man wartet förmlich - das ist greifbar hier im Lande Niedersachsen - auf dieses Gesetz. Nicht ohne Grund hat mich als Ausschussvorsitzenden der Niedersächsische Städteund Gemeindebund Anfang dieses Jahres angeschrieben und gebeten, die Beratungen zügig wieder aufzunehmen. Aber da hatte der Innenausschuss schon längst reagiert und den Gesetzentwurf wieder auf der Tagesordnung. Wir haben also keinen Zeitverlust erlitten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die kommunalen Spitzenverbände im Lande Niedersachsen begrüßen diesen Gesetzentwurf uneingeschränkt, werden die Kommunen künftig mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten, demokratische Kontrollen, Steuerungsmöglichkeiten durch die Vertreterkörperschaften und übersichtliche Zuständigkeiten haben. In der Stellungnahme des Niedersächsischen Städteund Gemeindebundes vom 14. Oktober 2003 wird das Einbringen des Gesetzentwurfs ausdrücklich gelobt. Herr Minister, Sie werden sich über das folgende Zitat freuen:

„Auch die Art und Weise, wie das Niedersächsische Innenministerium im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfs frühzeitig die Wünsche und Positionen der niedersächsischen Kommunen erfragt und entsprechende Anregungen aufgegriffen hat, darf als vorbildlich angesehen werden.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich verhehle an dieser Stelle nicht, dass viele Abgeordnete hier im Landtag diesen Gesetzentwurf mit Herzblut und viel Engagement mit erarbeitet und mit begleitet haben.

Natürlich, wie das bei Gesetzentwürfen so ist, hat es auch bei dem vorliegenden Gesetzentwurf umfassende Stellungnahmen und Wünsche gegeben. Aber ich sage ganz deutlich: Was in Verbandssatzungen bei einigen Zweckverbänden nicht geregelt ist, kann auch im Gesetzestext punktuell nicht geregelt werden. Hier müssen die zurzeit 135 bestehenden Zweckverbände auf der Grundlage dieses Gesetzentwurfs ihre Verbandssatzungen anpassen, und dazu - der Minister hat es vorhin deutlich gesagt - haben sie jetzt zwei Jahre Zeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landtag sollte den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form verabschieden und das Gesetz sich in der Praxis bewähren lassen, zumal es in der Ausrichtung der interkommunalen Zusammenarbeit sehr hilfreich sein wird; davon bin ich fest überzeugt.

Aber da Gesetze ja nicht in Stein gehauen sind, sondern nur auf Papier stehen, müssen wir die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten. Ich hoffe, dass wir für die Zukunft die Strömungen in den Kommunen aufnehmen und dann entsprechend reagieren, um hier und da noch bessere Möglichkeiten zu entwickeln. Der Minister hat vorhin ja noch einige Möglichkeiten der länderübergreifenden Zusammenarbeit skizziert.

Aber bei aller Euphorie möchte ich doch ein altes japanisches Stichwort zitieren: Wenn einer sagt, was im nächsten Jahr passiert, dann lacht als Erster der Teufel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Modder. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Endlich!“ werden heute viele Kommunen in Niedersachsen nicht nur denken, sondern auch laut aussprechen, denn immer wieder wurde insbesondere von den kommunalen

Spitzenverbänden auf die Notwendigkeit und die Dringlichkeit dieses nun vor uns liegenden Gesetzes hingewiesen.

Durch dieses Gesetz wird die kommunale Zusammenarbeit neu geregelt. Sie wird vereinfacht und an die praktischen Erfordernisse angeglichen; denn sowohl die veränderte Rechtslage als auch die Entwicklung im Bereich der Zweckverbände haben dies erforderlich gemacht. Mit diesem Gesetz wird nämlich das Zweckverbandsgesetz aus dem Jahre 1939 aufgehoben.

Die Gesetzesvorlage über die kommunale Zusammenarbeit ist in der letzten Legislaturperiode, also noch von der Vorgängerregierung, auf den Weg gebracht worden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Hört, hört!)

Deshalb ist an dieser Stelle ein Dank an den früheren Innenminister Heiner Bartling angebracht,

(Beifall bei der SPD)

der die Wünsche aus der Kommunalpolitik und aus der Praxis sehr frühzeitig aufgenommen hat. - Also wenn wir hier schon Sprichworte anführen, dann sage ich Ihnen einmal ein ostfriesisches: Man soll sich nicht mit fremden Federn schmücken.

(Beifall bei der SPD)

Die neue Landesregierung hat diese Vorlage dankend aufgenommen, doch leider kam das Verfahren dann ins Stocken – leider, wenn man bedenkt, in welchem Tempo hier andere Gesetze - z. B. das neue Schulgesetz oder das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen haben. Das so oft gelobte Arbeitstempo der neuen Landesregierung ist hier etwas ins Stocken geraten, auch wohl deshalb, weil insbesondere die Änderungsvorschläge aus dem Bereich der Zweckverbände bezüglich Kündigung der Mitgliedschaft und Halten von Beteiligungen hier bis zuletzt für Beratungsbedarf gesorgt haben.