Protocol of the Session on February 18, 2004

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ist es zwischen Parlament und Landesregierung wohl völlig unstreitig, dass bei Bedarf in gewissem Umfang Sachverstand von außerhalb der Verwaltung eingekauft werden muss. Das Einkaufen dieses Sachverstands aber muss - wie jede andere Verwaltungsausgabe - auf Sinn und Zweck untersucht werden. Deshalb war

es richtig, dass unser Ministerpräsident - und zwar face to face mit Herrn Berger und nicht hinten herum - deutlich gesagt hat, dass es in der Vergangenheit Gutachten gegeben hat, mit denen schlicht Geld verbrannt worden ist, weil sie für dieses Land nichts gebracht und diese Verwaltung nicht nach vorne gebracht haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Darüber besteht zwischen dem Ex-Ministerpräsidenten und dem jetzigen Ministerpräsidenten zumindest inzwischen Einigkeit; denn Herr Gabriel hat in der HAZ vom 5. Februar 2004 selbst gesagt, dass ihn das Haushaltsgutachten nicht weitergebracht hat. Wir wissen ja, dass es nicht weitergebracht hat, weil darin nur das zusammengeschrieben worden ist, was die Verwaltung Herrn Berger zur Verfügung gestellt hat. Das geschah lediglich mit besseren Worten, als wir es - hölzern, wie wir in der Verwaltung sind - sagen können. Sie können das besser formulieren. Aber ich meine nicht, dass das 200 000 Euro wert war.

Darüber hinaus ist es - wir haben es hinterher festgestellt - ein so genanntes Pfadfindergutachten gewesen. Danach kam das Schreiben. Wenn wir das alles umsetzen sollten, dann bräuchten wir 4 500 Beratertage, die 10,6 Millionen Euro kosten. Wir bieten an, das, was bisher niedergeschrieben und uns geliefert worden ist, als Roland Berger einzubringen. Wenn das, was man da versucht hat, nicht Akquise ist, dann weiß ich auch nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Ministerpräsident hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass es hier Zusammenhang Seilschaften und Abhängigkeiten gegeben hat. Natürlich ist der Name Jobst Fiedler von Berger in Hannover nicht eingesetzt worden, weil er hier ein völlig unbeschriebenes Blatt ist; vielmehr ist das geschehen, um Akquise für Roland Berger zu machen. Herr Jobst Fiedler hat an das Finanzministerium geschrieben - die Akten werden wir offen legen; Sie haben Akteneinsicht beantragt, können es also selbst nachlesen -: Wenn Sie Probleme mit der Finanzierung haben, dann fragen Sie in dem und dem Referat in der Staatskanzlei nach. Dann können Sie unseren Auftrag bezahlen, weil dort noch entsprechende Mittel zu Verfügung stehen. Wo gibt es denn das, dass der Auftragnehmer sagt, wo der Auftraggeber das Geld hernehmen soll? Das ist doch eine Seilschaft. Das ist nicht wegzudiskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wenzel, es macht mir richtig Spaß, wie Sie agieren: Erst beschmeißen Sie links und rechts SPD und CDU, und hinterher sagen Sie, sie beschmissen sich gegenseitig, Sie fordern Akteneinsicht und stellen Anfragen, kritisieren aber, dass die Anfrage erst dann im Parlament beantwortet wird, wenn sie an der Reihe ist. Ich kann es nicht ändern. Ich würde gerne jetzt schon alles offen legen. Aber Ihre Frage wird erst am Freitag behandelt.

Ich muss allerdings zugeben: Wie Sie das machen, ist nicht schlecht. Wenn es in der Politik ein Copyright gäbe, müsste ich von Ihnen Lizenzgebühren bekommen; denn Ihre Vorgehensweise erinnert mich sehr daran, wie ich früher Oppositionspolitik gemacht habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie können nicht am Montag ankündigen, Sie würden einen Antrag auf Akteneinsicht stellen, und sich am Mittwoch darüber beschweren, dass wir, obwohl über diesen Antrag im Haushaltsausschuss noch nicht beschlossen worden ist, weil noch keine Sitzung stattgefunden hat, die Vertraulichkeit noch nicht aufgehoben haben. Wenn der Beschluss des Haushaltsausschusses da ist, werden wir Ihnen im Rahmen von Artikel 24 der Landesverfassung alles offen legen, was möglich ist. Was nach Artikel 24 nicht möglich ist, werden wir nicht offen legen. Das ist völlig selbstverständlich.

Nun noch eines, Herr Möhrmann, weil Sie in Presseerklärungen immer wieder behaupten, wir hätten 6 Millionen Euro für Gutachten ausgegeben.

(Thomas Oppermann [SPD]: Ver- brannt!)

Ich sage Ihnen dazu ein Beispiel. Wenn das Kabinett am 28. November 2002 beschließt, gemeinsam mit den Personalräten eine Gesundheitsstudie zu machen - 2002; das war Ihr Kabinett -, und darüber ein Vertrag nach § 81 PersVG gemacht wird, dann haben wir diesen Vertrag einzuhalten, ob es uns passt oder nicht. Das ist am 7. März unterschrieben worden. Das fällt nicht, wie Herr Aller sagt, in meine politische Verantwortung, sondern in die Verantwortung der alten Regierung. Dass wir das bezahlen müssen, ist doch völlig klar; denn: pacta sunt servanda. Was Sie noch in Auftrag gegeben haben, müssen wir abarbeiten. Das haben

wir im Baubereich gesehen, und das sehen wir auch hier.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich noch eines zu dem Berater- oder Werkvertrag sagen, den es am Anfang nicht gegeben hat, der inzwischen aber schriftlich vorliegt. Da geht es darum, dass jemand beauftragt worden ist, Herrn Ministerpräsident Gabriel in Talkshows und in anderen Fernsehsendungen unterzubringen. An diesem Vertrag fällt zunächst auf, dass die Werkleistung am 15. April vereinbart worden ist, die Werkleistung aber schon am 1. Januar 2002 beginnen sollte. Ich frage mich, wie es jemand schaffen soll, den Ministerpräsidenten Gabriel in einer Talkshow, die schon stattgefunden hat, noch unterzubringen. Oder haben Sie gehofft, dass Sie bei den Wiederholungen, die es ständig gibt, nachträglich hineinkopiert werden?

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben Ihren Fraktionssprecher sagen lassen, es sei gar nicht nötig gewesen, Sie da unterzubringen, Sie hätten Last, alle Anfragen abzuwehren. Jetzt wissen wir auch, warum Sie drei Leute brauchten: einen, der Ihnen den Auftritt besorgte, einen, der abgewehrt hat, dass Sie dort hingingen, und einen weiteren, der diesen Vorgang nach- und vorbereitete.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich rate Ihnen, Herr Ministerpräsident a. D. Gabriel - das rate ich Ihnen jetzt wirklich -: Wenn Sie gelobt werden, dann nehmen Sie es als Schmeichelei, und genießen Sie es, aber behalten Sie einen klaren Verstand, und nehmen Sie es nicht zu ernst. - Wenn Sie jemanden dafür bezahlen, dass er Ihre Meinung niederschreibt und Sie lobt, seien Sie noch skeptischer. Suchen Sie sich einen wahren Freund,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie, Herr Möll- ring!)

der Sie manchmal zur Seite nimmt und sagt: „Lieber Siggi, mach‘ halb lang“, oder: Lieber Siggi, lass‘ den Quatsch.“ - Wenn Sie sich danach richten, kommen Sie politisch auch wieder auf die Füße.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Gabriel.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Persönliche Bemerkung!)

- Wenn Sie eine persönliche Bemerkung abgeben wollen, dann erhalten Sie am Ende der Debatte das Wort. - Dann hat sich Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Althusmann, der von Ihnen angesprochene weiße Ritter ist eigentlich ein schwarzer Ritter.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Meinen Sie jetzt mich?)

Wenn ich mir einmal die Situation von vor drei Wochen vergegenwärtige, als Ihr Ministerpräsident in der Glaskugel, dem Glashaus von Frau Christiansen gesessen hat und sich das erste Mal zu diesem Aspekt geäußert, dann kann ich den Vorwurf nur zurückgeben und sagen: Herr Wulff ist als weißer Ritter angetreten. Aber wir müssen mittlerweile feststellen, dass er den Erwartungen nicht in vollem Umfang gerecht geworden ist.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Das war schon fast ein Lob!)

Wir müssen feststellen, dass die neue Regierung in elf Monaten 6 Millionen Euro für Gutachten ausgegeben hat,

(Widerspruch bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Das ist schlicht die Unwahrheit!)

und das ist schon schöngerechnet.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie haben es schöngerechnet, das stimmt! Das sind Beträge von 2001, Herr Wenzel!)

Da sind schon Aufträge dabei, bei denen man bestimmte Summen herausgerechnet hat, die hinterher wieder erstattet werden sollen, worauf wir aber noch warten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Heute diskutieren wir über genau den Vorgang, über den Herr Wulff vor drei Wochen eine Diskussion in Gang gesetzt hat.

Nachdem Herr Möllring in einer Pressekonferenz über Teile dessen berichtet hat, was die neue Landesregierung an Gutachten in Auftrag gegeben hat, und natürlich auch, was die alte Landesregierung in Auftrag gegeben hatte, müssen wir heute erneut feststellen, dass sich Herr Ministerpräsident Wulff nicht zu diesem Vorgang äußert. Stattdessen greift Herr Minister Möllring mit völlig untauglichen Vorschlägen in die Debatte ein. Wenn Sie uns anbieten, Herr Möllring, uns einmal im Jahr nachträglich zu unterrichten, dann kann ich wirklich nur sagen: Das ist ein lächerlicher Vorschlag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sollten einmal in der Verdingungsordnung für Freiberufliche Leistungen, also im geltenden Recht, nachschlagen! In § 9 heißt es, dass zu Beginn eines Haushaltsjahres die jeweilige Regierung darüber öffentlich berichten muss, was sie in dem jeweiligen Jahr an freiberuflichen Leistungen zu vergeben gedenkt. - Das ist geltendes Recht. Und Sie bieten uns an, ein Jahr später zu berichten. Das ist wirklich eine sehr freundliche Geste, aber es ist nicht ausreichend, Herr Möllring.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen, Herr Ministerpräsident Wulff, würde ich gerne von Ihnen hören: Welche Konsequenzen wollen Sie aus dieser Diskussion ziehen?

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das wird er wahrscheinlich bei Frau Illner erklä- ren!)

Wann sollen künftig freiberufliche Leistungen ausgeschrieben werden? Wie wollen Sie künftig den Landtag unterrichten? Wollen Sie die Gutachten künftig grundsätzlich öffentlich machen, wenn sie mit öffentlichem Geld bezahlt sind? Wann bekommen wir Einsicht in alle Unterlagen: in Ihre und in die der alten Regierung?

(Hermann Dinkla [CDU]: Das hat er vorhin alles gesagt!)

Noch ein letztes Wort, Herr Ministerpräsident Wulff, zu Ihren Äußerungen in der Zeitschrift Capital von vorgestern, vom 16. Februar. Dort zitieren Sie den Bundespräsidenten und sagen, dass es sehr wichtig ist, parlamentarische Entscheidungen nicht an außerparlamentarische Gremien zu dele

gieren. Sie führen dann selbst aus: „Beratung wird hier zum Politikersatz, und das ist nicht ungefährlich.“ Und weiter heißt es: „Das Parlament wird dabei übergangen. Kurz, es ist ein erster Schritt zur Entmachtung des Parlaments.“

Ich hätte gerne heute und an dieser Stelle von Ihnen eine Antwort darauf, wie Sie in Zukunft mit diesen Dingen umzugehen gedenken. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)