Protocol of the Session on February 18, 2004

(Bernd Althusmann [CDU]: Wir sind verlässlich!)

Meines Erachtens sind aber die Argumente, die vorgetragen wurden, bisher nicht schlüssig. Gleichzeitig zeigt mir aber die Beratung im Ausschuss für Haushalt und Finanzen, dass Sie die Oberfinanzdirektion einer genaueren Betrachtung unterziehen wollen und teilweise bereits unterzogen haben. Sie wollen Doppelstrukturen abbauen. Sie wollen effizientere Arbeitsabläufe schaffen. Damit sind Sie bereits dabei, den ersten Spiegelstrich unserer Forderungen zu erfüllen. Insofern haben Sie dabei unsere Unterstützung. Der Umfang externer Beratung, den Sie dabei in Anspruch nehmen wollen, ist meines Erachtens aber noch erklärungsbedürftig. Zudem ist mir unverständlich, warum Sie bereits vor Entscheidungen über die endgültige und künftige Struktur der Oberfinanzdirektion eine zweistufige Lösung von vornherein

ausschließen wollen. Wir bitten Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank für‘s Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Peters von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Weg zu einer Verschlankung des Staates und der sich insgesamt dadurch ergebenden Reduzierung der Verwaltungstätigkeit des Staates auf die Notwendigkeiten offenbar unterstützt. Das fordert die FDP seit Jahren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sehr gut!)

Das Ziel ist richtig: Wir brauchen einen schlanken, aber effizienten Staat. Was aber bedeutet das für die OFD? - Der OFD obliegt neben vielem anderen die Dienst- und Fachaufsicht über 68 Finanzämter mit etwa 12 000 Beschäftigten. Erledigt werden hier z. B. Aufgaben wie die Klärung von rechtlichen und fachlichen Zweifelsfragen und die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen. Eine Aufgabe dieser Tätigkeiten erscheint mir unmöglich. Eine Verlagerung bringt meines Erachtens keinen finanziellen Vorteil für das Land. Reinen politischen Aktionismus nach dem Prinzip „Egal, ob sinnvoll oder nicht, wir tun etwas“ lehne ich jedoch ab.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Organisationstechnisch halte ich derzeit eine Verlagerung in das Ministerium ebenfalls nicht für sinnvoll, da die OFD administrative Aufgaben zu erfüllen hat. Im Ministerium sollen jedoch vorrangig politische Leitungsaufgaben wahrgenommen werden.

Um den in der Begründung zu Ihrem Antrag angegebenen Vergleich mit Bremen, dem Saarland oder Schleswig-Holstein heranziehen zu können, müssten die Strukturen dieser Bereiche miteinander vergleichbar sein. Mir liegt der Abschlussbericht des Projektes „Neustrukturierung der Steuerverwaltung des Landes Schleswig-Holstein“ vor;

denn als Steuerberater bin ich seit eh und je für eine effiziente Verwaltung und ökonomische Aufbauund Ablaufstrukturen in der Verwaltung. Gleichwohl kann ich wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern nicht erkennen. Das dortige System ist sowohl vom Aufbau als auch vom Umfang her überhaupt nicht mit unserem vergleichbar.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: So ist es!)

In Bezug auf die OFD gehen wir infolgedessen nicht konform. Zu beachten ist erstens, dass die OFD einen großen Teil ihres Personals mit Bundesangelegenheiten gebunden hat. Der Wegfall der OFD würde bedeuten, dass diese Bundesangelegenheiten auf andere Bundesländer übertragen werden müssten. Vielleicht auf Sachsen? Überlegen Sie bitte, was das heißt. Die Unternehmer in Niedersachsen können ihre Formalitäten, die derzeit zeit- und ortsnah in der OFD abgehandelt werden können, dann irgendwann nur noch in Sachsen klären. Das führt zu Reisekosten. Ich halte das nicht für sinnvoll.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Das wä- re unmöglich!)

Das ist keine Politik für den Mittelstand. Das können wir als FDP nicht mittragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Außerdem möchte ich nur sehr ungern auf die 550 Arbeitsplätze verzichten, die an der Erledigung der Bundesangelegenheiten hängen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Es ist überhaupt nicht die Rede davon, dass wir sie verlagern wollen!)

Zu beachten ist zum Zweiten - Entschuldigung, ich habe nur noch 25 Sekunden Redezeit -, das erst die Aufgabe fallen muss, bevor die Institution fallen kann, die sie wahrnimmt.

Es ist Ziel und bereits laufende Arbeit der Landesregierung - Herr Wenzel hat das schon bestätigt -, in allen Bereichen der Landesverwaltung eine umfassende Aufgabenkritik durchzuführen, um sich durch eine Verschlankung des Gesetzgebungsunwesens von überflüssigem Ballast zu befreien. Der wichtigste Teil in diesem Kontext der Verschlankung durch Trennung von diesem überflüssigen Ballast ist durch uns jedoch nicht wirklich zu beeinflussen: Er sitzt nämlich in Berlin, heißt

Regierungskoalition und macht Steuergesetze, die auch ein gut ausgebildeter Steuerbeamter nicht ohne weiteres versteht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die OFD abzuschaffen hieße, die Beamten mit dem Chaos alleine zu lassen. Wir müssen zunächst die Aufgabe abschaffen, bevor wir an die Institution und das Personal gehen. Hierzu kann ich nur an Sie appellieren: Stimmen Sie dem Steuerkonzept zu, das die FDP in den Bundestag eingebracht hat. Vereinfachen Sie in Berlin das Steuerrecht und sprechen dann mit uns über Vereinfachungen in diesem Bereich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Thul von der CDU-Fraktion.

Guten Abend, Frau Präsidentin! Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Es ist immer einer, der das Abendgebet sprechen muss; so ist das nun mal.

(Zuruf von der SPD: Noch ist nicht al- ler Tage Abend!)

Der vorliegende Antrag der Fraktion der Grünen vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck heftiger Geschäftigkeit. Aber er verkennt zugleich, dass die neue Landesregierung längst an den dringend notwendigen Verwaltungsreformen arbeitet. Dabei sind nach vielen Jahren des endlosen Tischpalavers mit beauftragten Gutachtern endlich Entscheidungen zu sehen. Es wird deutlich, dass die Regierung das, was sie vor der Wahl versprochen hat, unmittelbar nach der Wahl angeht.

(Zustimmung bei der CDU)

Ganz offensichtlich ist von dem Antrag der SPDFraktion „Neues Leitbild für die niedersächsische Steuerverwaltung“, Drucksache 14/3188, nicht allzu viel umgesetzt worden. Wie sonst erklärt sich die dringende Reformbedürftigkeit in so kurzer Zeit?

Seit geraumer Zeit laufen gerade im Bereich der Steuerverwaltung vielfältige Reformvorhaben. Ich denke nur an „FISCUS“ und „Finanzamt 2003“.

Es ist in letzter Zeit zu Recht darauf hingewiesen worden, dass ein großer Teil der Beschäftigten nur organisatorisch zur OFD gehört. So sind ca. 550 Bedienstete allein mit den Aufgaben der Zollverwaltung und nahezu 210 Bedienstete bei den Bundeskassen in Bremen und Halle beschäftigt. Weitere 470 Landesbedienstete sind in den beiden Steuerabteilungen der OFD tätig. 284 Bedienstete betreuen unsere Finanzämter mit allen personalwirtschaftlichen Fragen bis hin zur Ausbildung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, die Liste der Gemeinsamkeiten, was Ihren jetzt eingebrachten Antrag angeht, ist deshalb relativ schnell abgearbeitet. Sie haben Recht, wenn Sie Maßnahmen zur Deckung des Bedarfs an Reformen in diesem Lande anmahnen. An dieser Stelle zeigt Ihr Antrag - das betone ich ausdrücklich - in die richtige Richtung. Recht haben Sie auch mit der Einschätzung, dass sich die vorherige Regierung immer wieder vom Landesrechnungshof sagen lassen musste, sie arbeite an dieser Stelle unwirtschaftlich.

Apropos: Falls Sie die gesamte Fehler- und Mängelliste interessiert, können Sie das in der Drucksache 14/3523 nachlesen.

Des Weiteren haben Sie Recht damit, dass der Ausschuss für Haushalt und Finanzen der damaligen Regierung empfohlen hat, die Organisationsstruktur zu straffen, Kosten- und Leistungsrechnungen einzuführen und Projekte für elektronische Informationssysteme einzurichten. Umgesetzt wurde - wie in vielen anderen Bereichen auch - davon herzlich wenig.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Ganz offensichtlich verkennen Sie, Herr Wenzel, dass mit der nicht vorgenommenen neuen Aufteilung von Bundesund Landeszuständigkeiten auch die möglichen Chancen, die mit einer Neuregelung verbunden wären, nicht ergriffen worden sind. Außer Acht gelassen wurde auch der räumliche Zuständigkeitsbereich der einzelnen OFDs. Vergleichen Sie nur einmal die OFD-Bereiche von Hannover und München. Ferner verkennen Sie, dass Niedersachsen ein Flächenland ist. Der von Ihnen in dem Antrag vorgenommene Vergleich mit Bremen, Hamburg und dem Saarland geht schon

deshalb ins Leere, weil diese Länder noch nicht einmal eine eigene Bundesabteilung haben.

Eine Aufgabenverlagerung oder gar ein Verzicht auf Kompetenzen zugunsten einer Bundesbehörde können nach den bisherigen Erfahrungen aus Berlin doch nicht im Interesse des Landes sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Toll, dass der Bundesfinanzminister jetzt sogar in dieser Frage die Rolle rückwärts versucht. Ich prophezeie Ihnen, er wird die gleiche Bauchlandung erleben wie sein Ministerkollege Stolpe.

Wir sollten also auf dem Weg, den die Landesregierung geplant hat, weiter gehen und die Neustrukturierung entsprechend umsetzen; denn - ich wiederhole mich - das, was aus Berlin kommt - sehen Sie sich nur die Beispiele Lkw-Maut und Dosenpfand an -, kann beim besten Willen nicht überzeugen.

(Zuruf von der SPD: Was hat das mit der OFD zu tun?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, an dieser Stelle sollten Sie all Ihren Einfluss geltend machen, damit wir Industrie, Handel und Gewerbe endlich die finanziellen Spielräume zurückgeben, die sie benötigen.

Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für die Kommunen. Das können Sie tun, indem Sie etwa einer Erhöhung des Anteils der Umsatzsteuer zustimmen, die Sie erst vor kurzem im Vermittlungsausschuss abgelehnt haben. Eine andere Möglichkeit wäre, dem Vorschlag zuzustimmen, anstelle der Gewerbesteuer ab 2005 ein eigenes Hebesatzrecht für einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommenund Körperschaftsteuer zuzustimmen.

Solange das alles auf Bundesebene nicht erbracht ist, bleibt es bei uns dabei, die größten Kostenarten - das sind nun einmal die Personalkosten - anzupacken und sie wirksam zu reduzieren. Ich bin mir sicher, dass das Finanzministerium bzw. Sozialministerium insgesamt an sozialverträglichen Lösungen arbeitet.

Nach unserer Auffassung wird die zugesagte Stellenkürzung innerhalb der Finanzverwaltung und teilweise auch in den einzelnen Steuerabteilungen erbracht werden. Die Oberfinanzdirektion wird ebenfalls ihren Beitrag dazu leisten.

In diesem Zusammenhang wird selbstverständlich auch eine mögliche Aufgabenverlagerung, was die Abteilungen in Hannover und in Oldenburg angeht, mit dem Ziel der Nutzung von Synergieeffekten konsequenter als in der Vergangenheit geprüft. Auch die schwierige Frage einer länderübergreifend organisierten Zusammenarbeit kann in diesem Zusammenhang geprüft werden.