Protocol of the Session on February 18, 2004

(Beifall bei der SPD)

Leider gibt es in unserem Lande immer noch den politischen Extremismus links und rechts mit verblendeten und zur Gewalt bereiten Menschen. Ich habe persönlich gerade am Montagabend wieder erfahren müssen, wie wichtig eine gut funktionierende Verfassungsschutzbehörde ist. Eine Veranstaltung der Volkshochschule in Buxtehude, in meiner Heimatstadt, zum Thema Rechtsradikalismus konnte sicher - ganz sicher! - durchgeführt werden, weil man vorher genau wusste, dass rechtsradikale Störer zu der Veranstaltung kommen würden. Diese Information ist ja irgendwoher gekommen. Die Polizei konnte sich früh darauf einstellen; und so konnte die Veranstaltung ohne

erwähnenswerte Vorkommnisse durchgeführt werden, obwohl aus dem gesamten Umland Rechtsradikale angereist waren.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, für mich war das an dem Abend wieder einmal ein Beleg dafür, dass wir einen gut funktionierenden Verfassungsschutz benötigen und er auch entsprechend personell und sachlich ausgestattet werden muss. Wie ich schon anfangs erwähnte, die SPD-Fraktion wird Ihrem Antrag aus den vorliegenden Gründen nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Hervorragende Rede!)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Minister Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will konkret zu dem Antrag nichts sagen, weil er sich wirklich erledigt hat, nachdem wir in der letzten Plenarsitzung etwas zu diesem Thema verabschiedet haben.

Ich möchte nur darauf eingehen, was Frau Kollegin Wörmer-Zimmermann zu diesem Thema gesagt hat, nämlich dass der Verfassungsschutz insgesamt auch personell gestärkt werden müsse. Diese Einschätzung teile ich. Deshalb haben wir ja - das haben Sie auch richtig gesagt - sofort Abordnungen veranlasst, sodass wenigstens das Stellenvolumen, das zur Verfügung steht, voll ausgeschöpft wird.

Ich habe auch schon in der letzten Sitzung gesagt, dass wir zusätzlich durch die Abschaffung der Bezirksregierungen und durch die Verwaltungsverschlankung insgesamt Überhangpersonal haben. Wir werden sehen, wo wir diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für einen gewissen Zeitraum vernünftig einsetzen können, weil diese Stellen natürlich mit einem kw-Vermerk versehen werden. Insofern werden wir das nutzen. Wir können nicht noch zusätzlich Geld zur Verfügung stellen. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn wir die Stellen streichen, können wir das Personal noch für eine Übergangszeit einsetzen, unter Umständen auch beim Verfassungsschutz. Insofern handeln wir hier

sehr verantwortungsvoll. Wir geben nicht zusätzliches Geld aus. Aber vorhandene Potenziale müssen wir gerade auch für den Verfassungsschutz einsetzen. Wir reagieren gerne auf Ihren Hinweis und haben auch schon die Lösung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Sehr gut, Herr Minister!)

Ich erteile dem Kollegen Götz für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen! Ihr Antrag geht aus zwei Gründen ins Leere. Erstens ist das novellierte Niedersächsische Verfassungsschutzgesetz bereits in Kraft. Zweitens müssen Sie sich einfach einmal mit den Positionen Ihrer eigenen Partei beschäftigen.

So kritisierte Ihre damalige innenpolitische Sprecherin, Frau Stokar, Ende 2001 als Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht der Grünen den Entwurf des Terrorismusbekämpfungsgesetzes und forderte eine Ausweitung der Befugnisse der Landesämter. Ich zitiere:

„Die Zusammenarbeitsverpflichtung zwischen Bundesamt und Landesämtern ist durch die einseitige Erweiterung der Auskunftsrechte des Bundesamtes verletzt. Die Übertragung der erweiterten Befugnisse des Bundesamtes auf die Landesämter kann und soll aber meines Erachtens in den Landesgesetzen erfolgen.“

(Dr. Hans-Albert Lennartz [GRÜNE]: Jeder kann mal irren!)

Meine Damen und Herren, es ist schon ein weiter Weg zurück in die politische Vergangenheit der Grünen, wenn Sie weniger als zwei Jahre nach dieser positiven Feststellung Ihrer Sprecherin den grundsätzlich bewährten föderalistischen Aufbau der Verfassungsschutzbehören wieder infrage stellen und in Ihrem Entschließungsantrag die Landesregierung auffordern, dem Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz die neuen Befugnisse zu verweigern. Der Hinweis auf die angekündigte Strukturkommission zur Reform der

Geheimdienste auf Bundesebene verfängt im Übrigen nicht. Denn diese Strukturkommission ist Ihre eigene politische Forderung.

Die Bundesregierung plant vielmehr für die eigenen Nachrichtendienste des Bundes eine Untersuchung unter der Leitung des Bundesinnenministers, also durch die Exekutive. Das entspricht im Übrigen auch dem Wortlaut Ihres Koalitionsvertrages.

Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten von Amerika, denen mehr als 3 000 unschuldige Menschen zum Opfer gefallen sind, hat die terroristische Bedrohung weltweit eine neue Dimension erreicht. Vorbereitung und Ausführung der Anschläge waren gekennzeichnet durch Brutalität, Menschenverachtung und Fanatismus. Die Aufarbeitung hat gezeigt, dass unser Land in das Staaten übergreifende Netz logistischer Verknüpfungen und operativer Strukturen der Netzwerke des islamistischen Extremismus und des Terrorismus eingebunden war. Wir dürfen auch nicht zu schnell vergessen, dass drei der islamistischen Selbstmordattentäter in Deutschland studiert haben und sich hier unerkannt aufhalten konnten.

Mit den terroristischen Anschlägen des 11. September 2001 hat die neue Bedrohungslage nicht begonnen. Sie ist damit, wie wir alle wissen, überhaupt noch nicht zu Ende. Ich erinnere an folgende Anschläge und Anschlagsversuche nach dem

11. September: 22 Dezember 2001 Anschlagsversuch der so genannten Schubomas auf den Flug Paris - Miami. 17. März 2002 Handgranatenanschlag auf eine christliche Kirche in Islamabad. 8. Mai 2002 Bombenattentat auf französische Ingenieure in Karachi mit elf Toten. 11. April 2002 Tankwagen-Attentat auf die älteste Synagoge Nordafrikas. 12. Oktober 2002 Bombenattentate auf Touristen-Diskotheken. 28. November 2002 Anschläge von islamistischen Selbstmordattentätern auf ein israelisches Touristenhotel in Kenia. 12. Mai 2003 Sprengstoffanschläge von islamistischen Selbstmordattentätern auf eine Ausländersiedlung in Riad in Saudi-Arabien mit ca. 40 Toten. 16. Mai 2003 In Casablanca verüben 14 Selbstmordattentäter gleichzeitig fünf Bombenanschläge im Diplomatenviertel mit 41 Toten und mehr als 100 Verletzten.

Es gab und gibt einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens darüber, dass es Aufga

be aller staatlichen Kräfte sein muss, dieser neuen, unverändert anhaltenden terroristischen Bedrohungslage, die jedes zuvor für möglich gehaltene Maß übersteigt, mit effizienteren rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzutreten, als dies bisher der Fall war.

Wir wollen, dass Deutschland ein weltoffenes und gastfreundliches Land bleibt. Gerade deswegen müssen wir uns entschieden gegen religiösfanatische und terroristische Bestrebungen schützen. Das liegt nicht nur im erklärten Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch der überwiegenden Mehrheit der friedlich und gesetzestreu in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer.

Trotz aller Vorkehrungen werden wir allerdings nicht mit letzter Sicherheit verhindern können, dass sich bei uns gewaltbereite Extremisten und Terroristen aufhalten. Unsere Gesetze sollten aber einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, sie zu entdecken und aus unserem Land zu verweisen.

Insbesondere durch die Novellierung des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes ist dem Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz ein modernes, an die heutigen Gefahrenlagen angepasstes Verfassungsschutzgesetz an die Seite gestellt worden.

Lassen Sie mich am Schluss noch ein Wort zu den Begrifflichkeiten in Ihrem Antrag sagen. Das Wort „Geheimdienst“ ist völlig verfehlt und soll wohl bewusst an Unternehmen wie Stasi oder Gestapo erinnern. Unser Verfassungsschutz hat damit nichts, aber auch gar nichts zu tun. Er präsentiert sich heute als ein modernes Dienstleistungsunternehmen im Bereich der inneren Sicherheit. Er hat unser aller Vertrauen verdient.

Wir als CDU-Fraktion lehnen den Antrag der Grünen ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen! Wenige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Keine. Damit wird so verfahren.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 14: Einzige (abschließende) Beratung: Volksinitiative gemäß Artikel 47 der Niedersächsischen Verfassung; hier: „Volksinitiative für ein gebührenfreies Studium und Teilzeitstudium“ - Mitteilung des Niedersächsischen Landeswahlleiters vom 20. Januar 2004 - LWL 11 442/13.1 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 15/787

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen in der Drucksache 787 lautet: Die Volksinitiative ist nicht zustande gekommen und daher vom Landtag nicht zu behandeln.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass bei diesem Tagesordnungspunkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch.

Wir kommen daher zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen! - Keine. Stimmenthaltungen? - Keine.

Damit kommen wir zu

Tagesordnungspunkt 15: Einzige (abschließende) Beratung: Modernisierung der Steuerverwaltung Oberfinanzdirektion auflösen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/479 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/807

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Das Wort hat Herr Wenzel von Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den vorangegangenen Debatten deutlich gemacht, dass wir den Personalabbau bei den Fi

nanzämtern bei uns im Lande für höchst problematisch halten. Die Schwächung der Einnahmeverwaltung ist aus unserer Sicht kein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Anhörung, die wir gemeinsam mit allen Fraktionen im Haushaltsausschuss durchgeführt haben, hat gezeigt, dass eine Schwächung der Einnahmeverwaltung auf der Ebene der Finanzämter am Ende auch zu verminderten Steuereinnahmen und zu Einnahmeausfällen führen wird.

Trotzdem haben wir als Grüne-Fraktion deutlich gemacht und mit diesem Antrag auch dokumentiert, dass sich die Steuerverwaltung insgesamt dem Konsolidierungsdruck im Haushalt nicht entziehen kann und nicht entziehen darf. Wir haben in unserem Antrag festgestellt, dass im Bereich der Finanzverwaltung die bislang dreistufige Verwaltung dringend reformbedürftig ist. Wir haben darauf hingewiesen, dass mittlerweile vier Bundesländer auf eine Oberfinanzdirektion als Mittelbehörde verzichten, und wir haben in unserem Antrag die Landesregierung aufgefordert, umgehend ein Konzept vorzulegen, um verzichtbare Aufgaben der Oberfinanzdirektion zu identifizieren und abzubauen und darzustellen, welche Aufgaben der Oberfinanzdirektion auf das Finanzministerium und welche auf Bundesbehörden verlagert werden können.

Sie haben bei der Beratung im Ausschuss unseren Antrag abgelehnt. Deshalb müssen wir damit rechnen, dass Sie das auch heute hier im Plenum tun.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wir sind verlässlich!)