Wohlgemerkt: Die Landesregierung wird sich mit diesem Problem beschäftigen. Der Ministerpräsident hat dargelegt, dass er im Gespräch mit der Geschäftleitung ist. Natürlich lässt es uns nicht kalt, wenn ein Unternehmen wie Avontec GmbH möglicherweise seinen Sitz, später vielleicht sogar auch seine Forschungsabteilung von Niedersachsen weg nach München verlagert. Aber der Ministerpräsident hat deutlich gemacht, dass er bereits 1997 mit der Landespressekonferenz in Martinsried war. Hätten wir - das ist meine feste Überzeugung - die Wahl 1998 gewonnen, hätten wir alles darangesetzt, um die erfolgreiche Politik der letzten zehn Monate bereits früher einsetzen zu lassen. Ich bin sicher, meine Damen und Herren, es wäre uns gelungen, jedenfalls die Bedingungen in Göttingen, in Hannover und in Braunschweig, im Metropolendreieck, noch weiter zu verbessern. Wir hätten dann eine ganz andere Ausgangslage gehabt, um Unternehmen wie Avontec GmbH in Niedersachsen zu halten.
Lieber Herr Oppermann, bei allen Verdiensten, die Sie bei Ausgründungen erworben haben, auch bei der Gründung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften: Die SPD-Landesregierung - das kann ich Ihnen einfach nicht ersparen - hat in den 13 Jahren ihrer Regierungszeit hemmungslos in Stellenvermehrungen investiert, hat den Haushalt schludern lassen
und hat deshalb auch nicht die notwendigen Mittel bereitstellen können, um Unternehmen weiter zu fördern, während Bayern und Baden-Württemberg - nicht zufälligerweise CDU- bzw. CSU-regierte Bundesländer - ihre Investitionen gerade in solche Technologiezentren wie Martinsried oder Stuttgart
Bei allem Wohlwollen, Herr Oppermann: Ich glaube in der Tat, dass dieser Antrag ein Schnellschuss war, dessen Implikationen und Auswirkungen Sie sich nicht überlegt haben. Ich gehe davon aus, dass wir diesen Antrag im zuständigen Ausschuss behandeln werden und dass wir gemeinsam - das ist in der Tat eine gemeinsame Aufgabe - die Voraussetzungen noch weiter verbessern werden, damit Unternehmen wie Avontec in Niedersachsen gegründet werden können und damit sie hier bleiben, auch wenn sie die Gewinn- und Marktschwelle überschreiten. Dafür lohnt es sich zu streiten. Dieser Antrag ist ein Rohrkrepierer.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir stehen dem Antrag so, wie er jetzt vorliegt, kritisch gegenüber. So, meinen wir, können wir ihm nicht einfach zustimmen. Wir würden gerne im Wirtschaftsausschuss ausführlich darüber beraten und die Hintergründe noch genauer durchleuchten.
Allerdings macht mir Herr Noack durch seine Vorrede, in der er in Bausch und Bogen alles abgelehnt hat, diese Position etwas schwerer, als sie eigentlich war; auch das muss ich dazu sagen. Nach dem, was uns an Informationen aus den Veröffentlichungen vorgelegen hat und was im Antrag dargelegt ist, stellt sich ein Problem, dem wir als Landtag nicht kurzfristig abhelfen können. Offensichtlich fehlt es nicht wirklich kurzfristig an Eigenkapital. Man wird sich mit dem Produkt sicherlich um zusätzliches Kapital für eine Produktion bewerben. Das kann man aber vom Standort Göttingen ebenso vernünftig wie vom Standort München aus tun. Das scheint nicht das Problem zu sein; der Forschungsstandort Göttingen scheint nach wie vor die erste Wahl zu sein. Aber dem Argument, dass die Hauptkunden nun einmal in München sitzen, können wir als Landtag nicht wirklich abhelfen.
als die veröffentlichten Fakten, Herr Oppermann, dann müssen diese in einer vertraulichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses auf den Tisch. Denn wenn wir das hier in aller Öffentlichkeit ausbreiten, tun wir weder der Sache noch dem Unternehmen noch dem Land Niedersachsen einen Gefallen.
Dabei verbietet es sich aus unserer Sicht, einen derartigen Förderpersilschein, wie er in Ihrem Antrag derzeit noch vorgesehen ist, als Landtag politisch festzuklopfen. Das, was Sie bisher vorgelegt haben, verleitet zu maßlosen Forderungen auf der Seite des Geförderten. Denn Sie versprechen, alles möglich zu machen, sodass der Geförderte, wenn das beschlossen würde, seine Forderungen als Professor oder als Unternehmer ins Unermessliche steigern könnte.
Letztendlich wird davon auch ein anderer Aspekt betroffen: Wir kritisieren seit Jahren den laxen Umgang mit Fördermitteln im Wirtschaftsministerium. Wenn wir als Landtag in dieser Art und Weise erneut pauschal sagen, dass jemand, der gehen will, bekommen soll, was er will, dann möchte ich wissen, was der Landesrechnungshof anschließend dazu sagt und was wir selber im Sinne des Controllings vor dem Hintergrund eines sinnvollen Einsatzes von Wirtschaftsfördermitteln, die im Land Niedersachsen wirklich nicht mehr üppig vorhanden sind, hinterher dazu sagen. Wir haben in diesem Zusammenhang schlechte Erfahrungen gemacht und müssten von daher sehr viel differenzierter mit diesem Punkt umgehen, Herr Oppermann.
Außerdem erwarten wir von den Banken und Institutionen in Niedersachsen sowie vom Land, dass dann, wenn zukünftig Venture-CapitalEinlagen, also Risikokapitaleinlagen, an Firmen gegeben werden - was ja, auch von Ihnen, Herr Oppermann, angeregt, niedersächsische Banken und Institutionen in Göttingen getan haben -, vor
Das hätte uns auch bei dem vielen Geld, das wir als Land Niedersachsen in der vergangenen Wahlperiode bei der Venture-Capital-Gesellschaft verloren haben, die das Land besonders ausgestattet hat, sicherlich geholfen. Dann müssten wir heute dem Geld nicht nachtrauern.
- Dann muss da kein öffentliches Geld hinein. Herr Oppermann hat ja gesagt, er habe angeregt, dass gerade Göttinger Firmen hier offensiv VentureCapital-Kapital locker machen. Dann muss damit auch in irgendeiner Weise eine Standortverbundenheit zugesichert werden. So kann man es nicht machen, dass man einfach auf Nimmerwiedersehen Geld gibt und die Firmen sich dann flügge machen, wenn sie ausgeforscht haben. Das ist kein sinnvoller Umgang mit Geld aus der Region. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Begründung des Antrages, der uns vorliegt, ist man zunächst vom Kenntnisreichtum der Verfasser beeindruckt - „Decoy-Oligonukleotid-Technologie“ usw. -, bis man darauf kommt, dass diese Passagen wörtlich von der Internetseite der Firma abgeschrieben worden sind.
Aber Spaß beiseite - werden wir mal ernst -: Noch haben wir ein freies Unternehmertum, und zum Glück bestimmt der Staat noch nicht, wie sich Unternehmen organisieren und wo sie ihre größten Chancen sehen dürfen.
(Zustimmung bei der FDP - Uwe Har- den [SPD]: Wir sind aber im Nieder- sächsischen Landtag und nicht im Deutschen Bundestag!)
Als jemand, der selbst einmal ein solches Start-upUnternehmen aus der Hochschule heraus gegründet hat, kann ich Ihnen nur sagen: Die Motive, weshalb eine Firma ihren Geschäftssitz verlegen will, sind meistens sehr vielschichtig und fallen oft in Bereiche, von denen Außenstehende keine Ahnung haben, und die Politik erst recht nicht.
Die Firma Avontec hat indirekt eine gewisse Startförderung durch Sie, Herr Oppermann, als damaligem Wissenschaftsminister erhalten. Jeder kann das beispielsweise in der Zeitschrift Spectrum aus dem Jahr 2001 nachlesen. Wer sich aber auskennt, der weiß, dass bei der Entwicklung von Medikamenten die ersten paar 100 000 Euro wichtig sind, dass aber der Mittelbedarf für die notwendigen Investitionen erst danach rasant steigt. Auch wenn jetzt die Phase 2 a der Erprobung dieser Medikamente gestartet werden soll, ist der Weg bis zu einem marktreifen Produkt noch weit. In Fachkreisen schätzt man die Gesamtkosten für die Entwicklung eines innovativen Medikaments bis zur Marktreife auf mehrere 100 Millionen Euro. Es ist doch klar, dass Investoren bei diesen Größenordnungen auch bestimmenden Einfluss auf die Firmenentscheidungen nehmen wollen und die beteiligten Wissenschaftler nur noch ein begrenztes Mitspracherecht haben - und erst recht Politiker, die auf Förderungen aus Gründertagen verweisen.
Was bezwecken Sie eigentlich mit Ihrem Antrag, Herr Oppermann? Glauben Sie, die Regierung sollte mal eben persönliche Kontakte spielen lassen und die Financiers von Avontec zum Umdenken bewegen? Was hätten Sie denn gesagt, wenn die Landesregierung durch materielle Hilfe die Firma zum Bleiben bewegen würde? - Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir, lanciert von wem auch immer: „Regierung hilft Firma des Ehemanns eines Kabinettsmitglieds.“
Haben Sie ernsthaft gedacht, dass Sie dadurch, dass Sie die Abwanderung einer Firma aus Niedersachsen - die wir alle bedauern - ans Licht der Öffentlichkeit bringen, helfen, die Abwanderung zu verhindern? - Meine Erfahrung ist, dass man solche Verhandlungen am besten so geräuschlos wie möglich führt.
Wenn es eine Möglichkeit geben sollte oder gegeben haben sollte, Avontec in Niedersachsen zu halten, dann haben Sie diese genau durch Ihren Antrag nachhaltig beschädigt,
und Sie haben Niedersachsen als Anziehungspunkt für neue Firmenansiedlungen geschädigt; denn der Eindruck bleibt: In Niedersachsen muss man damit rechnen, dass alles öffentlich wird und öffentlich zerredet wird.
Oder wollten Sie eher den Namen eines Kabinettsmitglieds in die Schlagzeilen bringen nach dem Motto „Semper aliquid haeret“ - „Es bleibt immer etwas hängen“?
Oder konnten Sie es als Ex-Minister nicht ertragen, dass eine der Gründungen, die Ihnen so sehr am Herzen liegt, an der Sie beteiligt waren, eines Ihrer Küken, mittlerweile flügge geworden ist und in die weite Welt hinausstrebt?
Mit Ihrem Antrag haben Sie weder dem Forschungsland Niedersachsen noch der Region Göttingen einen Dienst erwiesen. Zugleich haben Sie die Wettbewerbschancen eines aufstrebenden Unternehmens geschädigt. Jetzt sollten Sie wenigstens den Antrag zurückziehen. Falls Sie sich nicht dazu entschließen können, dann beantragen wir die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zur federführenden Beratung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur. - Vielen Dank.
(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Bravo! Eine sehr gute Rede!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem - aber wirklich nur in einem - Punkt, Herr Kollege von der FDP-Fraktion, haben Sie Recht: Mir tut es weh, dass ein niedersächsisches HightechUnternehmen an der Schwelle zur Profitabilität das Land verlässt, seinen Sitz in München nimmt und die möglichen vielen Millionen in Bayern verdient werden. Das tut mir persönlich weh. Ich muss sagen, das war mein Antrieb.