Ich habe hier natürlich keine Geschäftsgeheimnisse oder Firmeninterna verraten. Das ist völliger Blödsinn. Diese Information darüber, was da passiert, ist allen, die ein Ohr an der Biotech-Szene haben, seit Ende November bekannt.
Frau von der Leyen, ich habe übrigens den Namen Ihres Mannes nicht mit der Absicht ins Gespräch gebracht, irgendetwas zu unterstellen. Ich finde es gut, dass Herr von der Leyen in diesem Unternehmen Geschäftsführer ist. Ich wollte damit nur deutlich machen, dass Sie ja wohl auch ein bisschen Kenntnis gehabt haben müssen. Die Verlegungsentscheidung ist kein Internum der Firma. Das hat der Direktor der Göttinger Sparkasse vor 14 Tagen auf dem Neujahrsempfang vor mehr als 1 000 Leuten mit dem Ausdruck größten Bedauerns erklärt.
Mit diesem Antrag habe ich einen Bericht auf der Wirtschaftsseite des Göttinger Tageblattes von Mittwoch aufgegriffen. An demselben Mittwochmorgen habe ich hier im Landtag gesagt: Leute, darüber müssen wir diskutieren. - In diesem Bericht erläutert Professor Hecker alle Details, die Sie hier als Firmengeheimnisse erklärt haben. Machen Sie sich also erst einmal schlau, bevor Sie hier einen solchen Unsinn reden, Herr Kollege!
(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wenn Sie es so lange wussten, weshalb haben Sie den An- trag nicht früher gestellt? - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
- Ich bitte Sie! Er hat gesagt, ich hätte den Geschäftsinteressen dieser Firma geschadet. Das ist doch dummes Zeug! Lesen Sie mal diesen Bericht, bevor Sie sich überhaupt in dieser Sache zu Wort melden.
Herr Wulff, ich möchte an eine Diskussion erinnern - auch Sie haben ja so ähnlich argumentiert -: Ich erinnere an die Debatte über die Firma Otis in der vergangenen Wahlperiode. Da haben wir Sie gebeten, das nicht öffentlich zu debattieren, weil dort noch alle möglichen Hilfsoptionen im Gespräch waren. Davon haben Sie sich nicht abhalten lassen. Sie haben hier im Landtag öffentlich über dieses Unternehmen diskutiert. Ich finde, wenn Sie mir solche Ratschläge geben, dann sollten Sie sich vorher mal an die eigene Nase fassen.
Sie haben gesagt, Sie waren in Martinsried und waren tief beeindruckt. Ich war auch in Martinsried. Herr Domdey, der sozusagen alle Gründungsunternehmen dort unter seinen Fittiche hat, hat ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Aber seit 2000 ist in Martinsried keine Dynamik mehr. Ein Unternehmen wie Avontec, das so schnell wächst und eine derart erstaunliche Entwicklungsdynamik hat, finden Sie momentan in Bayern nicht. Es ist hier in Niedersachsen. Hier ist es gegründet worden. Hier ist es an die Schwelle marktfähiger Produkte gekommen. Bis dahin ist hier alles bestens gewesen.
In Göttingen gibt es mit dem Institut für Bioanalytik ein Gründerzentrum. Jetzt kommt der Science Park hinzu. Das hat alles noch die alte Landesregierung gemacht. In Braunschweig steht übrigens das Biotech-Gründerzentrum bereit. Das sind Bedingungen, die die Qualität wie Martinsried haben.
Das Problem ist, dass hier in SPD-Zeiten ganz offenkundig eine sehr erfolgreiche Unternehmensgründung möglich gewesen ist. Ich habe nicht gesagt, dass wir das selber gemacht haben, sondern wir haben nur die Rahmenbedingungen geschaffen. In CDU-Zeiten wendet dieses Unternehmen dem Land den Rücken und wandert ab. Das ist das Problem.
(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Eigentlich müsste man den Antrag doch ablehnen! - Zuruf von der CDU: Daran glauben Sie doch selbst nicht!)
Herr Wulff, Sie haben gesagt, Sie seien mit dem Unternehmen in guten Gesprächen. Ich habe nichts gegen gute Gespräche. Was das Unternehmen jetzt braucht, ist vermutlich eine Alternative zum Lead-Investor; denn vom Lead-Investor geht der Druck in Richtung München. Die Firma
braucht im Prinzip einen zweistelligen Millionenbetrag - nicht vom Land. Aber das Land hat die NBank. Warum ist die NBank übrigens erst seit Anfang Januar in Betrieb?
Ich komme zum Schluss. - Es geht hier um viel mehr als um ein einzelnes Unternehmen. Wer soll denn in der Biotech-Szene für Aufbruch sorgen, für Gründungsdynamik sorgen, wenn Sie es hinnehmen, dass die Unternehmen, die profitabel werden, das Land Niedersachsen verlassen?! Das wäre ein psychologischer Rückschlag. Daran werden Sie lange zu knabbern haben. Deshalb bitte ich Sie noch einmal: Tun Sie alles, um diese Entwicklung noch zu ändern.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen deswegen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit diesem Antrag beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen, der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Küstenautobahn A 22 - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/708
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Frau Vo- ckert ist wieder da! - Astrid Vockert [CDU]: Haben Sie mich vermisst? - Hans-Dieter Haase [SPD]: Ja! Bei ei- ner ganz wichtigen Abstimmung! - Astrid Vockert [CDU]: Ach wie schön, da freue ich mich!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die Zurufe von Herrn Kollegen Haase, die mir von vornherein die Unterstützung zusagen. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch bei diesem Thema der Küstenautobahn A 22 tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch vor der Sommerpause dieses Jahres soll die fünfte Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen in Berlin verabschiedet werden. Gerade vor diesem Hintergrund ist unser Antrag, den wir heute einbringen, von ganz entscheidender Bedeutung.
Jetzt, meine Damen und Herren, sind wir nämlich aufgefordert, erstens gegenüber der Bundesregierung und zweitens auch gegenüber den Bundestagsabgeordneten in Berlin deutlich zu machen, dass die Küstenautobahn, die A 22, die Schlüsselverbindung zwischen Elbe und Ems ist.
In den vergangenen Jahren ist immer wieder darüber diskutiert worden, ob es sinnvoller ist, von der geplanten neuen Elbquerung bei Glückstadt die A 20 dann bis zur A 1 bei Sittensen weiterlaufen zu lassen oder sie als A 22 über Bremervörde durch den Wesertunnel nach Westerstede zur A 28 zu führen. Ich bin davon überzeugt, wir können heute ganz klar die Entscheidung treffen, dass bei einer derartigen Konkurrenzsituation eindeutig, ohne Wenn und Aber, der Küstenautobahn der Vorzug zu geben ist.
Erstens. Am letzten Dienstag dieser Woche haben wir die Eröffnung des Wesertunnels gefeiert. Der Wesertunnel, meine Damen und Herren, ist der Vorbote der Küstenautobahn und wird auch das Kernstück dieser A 22.
Einen Augenblick. - Meine Damen und Herren, es muss hier ruhiger werden, auch an der Regierungsbank. Verlegen Sie bitte Ihre Gespräche nach draußen. Es ist im Augenblick hier drin wirklich sehr laut.
Am Dienstag war die Eröffnung des Wesertunnels. Wir haben ihn alle gewollt. Wir alle im Hause sind mit Sicherheit unendlich froh darüber. Vom Wesertunnel geht eine positive Auswirkung auf die regionale Wirtschaftsstruktur aus.
Aber die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen könnten noch größer sein - darüber gibt es bereits Studien -, wenn wir den Wesertunnel an die Küstenautobahn anbinden würden, wenn die Küstenautobahn von Glückstadt zum Wesertunnel führt und wir dann die Anbindung an die A 28 bei Westerstede vornehmen.
Das zweite Argument: Wir müssen schon jetzt feststellen - nicht nur wenn Sie morgens hierher anreisen und es dann im Verkehrsfunk hören -, dass die A 1 ohnehin völlig überfüllt ist. Da könnten wir schon von einer Stau-Autobahn sprechen. Es ist unumstritten so - das belegen weitere Studien -, dass die Küstenautobahn gerade für diese Stau-Autobahn, die A 1, eine Entlastung von ca. 3.000 bis 15.000 Lastwagen des Fernverkehrs erreichen würde. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Das dritte Argument: Zwei Teilräume unseres Landes Niedersachsen, die bisher mit ganz entscheidenden Entwicklungsschwächen zu kämpfen gehabt haben, würden von der A 22 ganz besonders profitieren. Es handelt sich dabei um den Unterweserraum mit Bremerhaven, dem Landkreis Cuxhaven und der Wesermarsch sowie die Stadt Wilhelmshaven und ihr Umland. Auch dazu gibt es bereits Studien.
Über die besondere Bedeutung der Küstenautobahn für die Nutzung seehafenbezogener Entwicklungspotenziale brauche ich wohl nur zwei Stichworte zu nennen: zum einen die Konsequenzen aus der Neuausrichtung der Warenströme gerade im Hinblick auf die EU-Osterweiterung und die Bedeutung der Vernetzung für die Häfen der Nordsee-Range mit denen der Ostsee sowie zum
anderen die wirtschaftlichen und verkehrlichen Konsequenzen des für uns alle herausragenden Infrastrukturprojekts Tiefwasserhafen JadeWeserPort in Wilhelmshaven.
Schauen wir uns doch einmal das produzierende Gewerbe an, z. B. hinsichtlich der Bedeutung der A 22 auch für die chemische Industrie. Die Vertreter der chemischen Industrie sagen sehr deutlich, dass die Küstenautobahn die Chemiestandorte an der Nordseeküste optimal miteinander vernetzt. Das heißt auch, dass rund 8 000 Arbeitsplätze gesichert werden und die Zahl der Arbeitsplätze mit Sicherheit noch weiter ausgebaut werden kann.
Auch unsere Flugzeugindustrie will ich in diesem Zusammenhang nennen mit den AirbusStandorten in Varel, Nordenham, Stade, Hamburg und Bremen. Dort sind es ungefähr 17 000 Beschäftigte. Durch die A 22 wird eindeutig die Luftfahrtindustrie gestärkt. Ich denke allein daran, zu welcher Verbesserung die Transportlogistik dort insgesamt kommen kann.
Ein letztes Argument: Die Tourismusbranche ist für die Nordseeküste von ganz entscheidender Bedeutung, liebe Inse-Marie Ortgies. Die Nordsee GmbH - sieben Inseln, eine Küste - hat sich deshalb auch ganz besonders energisch für die Küstenautobahn A 22 ausgesprochen, weil sie sich durch die A 22 eine bessere Erschließung der Tourismus- und Naherholungsregion für europäische und auch nationale Gäste erhofft.
Über den dringend notwendigen Bau der Küstenautobahn A 22, meine Damen und Herren, ist sich letztlich nicht nur eine Region einig, es sind Regionen, und zwar länderübergreifend. Ich will es kurz aufführen. Das ist einerseits die regionale Arbeitsgemeinschaft Bremen-Niedersachsen. Da werden wir am Ende des Monats zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, um noch einmal darauf hingewiesen zu werden, dass der Nordwesten auch mit der A 22 durchstartet. Es ist die regionale Innovationsstrategie Weser-Ems. Es sind die Landkreise Ammerland, Aurich, Cloppenburg, Cuxhaven, Diepholz, Emsland, Ostfriesland, Grafschaft Bentheim, Leer, Oldenburg, Osnabrück, Osterholz, Vechta, Verden, Wesermarsch und Wittmund. Es sind die Städte Delmenhorst, Emden, Oldenburg, Osnabrück und Wilhelmshaven. Es sind die Freie Hansestadt Bremen und die Stadtgemeinde Bremerhaven. Es sind die Industrie- und Handelskammern Bremen, Bremerhaven, Oldenburg, Osnabrück-Emsland, Ostfriesland, Pa
penburg, die IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum, der Niedersächsische Industrie- und Handelskammertag und auch der Kommunalverbund Niedersachsen-Bremen e. V. Hierdurch wird deutlich, dass alle Beteiligten eine riesige Chance sehen, um diese beiden Teilräume wirtschaftspolitisch nach vorne zu bringen. Alle wären sehr froh, wenn die A 22 bereits jetzt schon im LandesRaumordnungsprogramm stünde, wie dies von 1982 bis 1994 der Fall gewesen ist.
Trotz unseres Beschlusses vom 25. Oktober 2001 hat es die alte Landesregierung damals nicht mehr geschafft, dieses umzusetzen. Insofern halten wir es für dringend notwendig, unseren Planungswillen auch gegenüber den Abgeordneten des Deutschen Bundestages deutlich zu machen und jetzt ohne Wenn und Aber die neue Landesregierung zu bitten, endlich diesen Schritt zu tun, nämlich die A 22 in das Landes-Raumordnungsprogramm aufzunehmen.
Für uns, meine Damen und Herren, ist die Küstenautobahn eindeutig der Favorit. Das gilt es den Abgeordneten des Deutschen Bundestages ebenso wie der Bundesregierung deutlich zu machen, und zwar gerade vor dem Hintergrund, dass wir wissen, dass in Berlin am 9. Februar im Verkehrsausschuss der gesamte verkehrspolitische Bereich des Landes Niedersachsen abschließend diskutiert wird. Geben Sie den Abgeordneten in Berlin und der Bundesregierung die Chance, dafür zu sorgen, dass wir in unserer Region – ich habe die Bereiche genannt – entwicklungsperspektivisch vorankommen. Mit der A 22 haben wir die Chance, aus der Strukturschwäche herauszukommen. Herzlichen Dank.