auch Migranten nicht mehr vertreten sein sollen, fällt ebenfalls auf Sie zurück. Meine Damen und Herren, Sie versuchen, in diesem Gesetz CDUEinfluss auf Medien und Medienpolitik zu organisieren,
und verkaufen das als Initiative zu mehr Unabhängigkeit, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt. Ich finde das ziemlich plump, Herr McAllister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr McAllister hat darauf hingewiesen, dass angeblich nur die SPD über Medienbeteiligungen verfüge. Sie wissen, dass das nicht stimmt; denn Ihre Schwesterpartei verfügt ebenfalls über solche Beteiligungen. Ich möchte jetzt ein bisschen erläutern, wie es dazu gekommen ist.
Meine Damen und Herren, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten waren in der Gründungsphase der SPD Menschen, die keine Chance hatten, an der Gesellschaft teilzuhaben.
- Dass Sie darüber lachen und den Begriff „bürgerliche Mehrheit“ benutzen, deutet ja darauf hin, dass Sie sich in diese Zeit zurücksehnen.
Ich glaube, dass es Herr Noack war, der eben durch sein Nicken deutlich gemacht hat, dass er weiß, dass es diese Zeit gegeben hat. - In dieser Zeit hatten Sozialdemokraten keine Chance, politische Mehrheiten auszuüben. Sie durften außerdem nicht in Vereine wie etwa den MTV, Kirchengesangsvereine oder bürgerliche Sportvereine eintreten. Sie hatten keinen Zugang zur Presse, die es damals gab, zur Fotografie oder zu Illustrierten. In dieser Zeit haben sich Sozialdemokraten und Gewerkschaften zusammengetan und haben gesagt: Wir brauchen eine eigene, auch für unsere Menschen, für unsere Wählerschicht, für diese so
ziale Schicht zugängliche Kultur. - Darüber sind Zeitungen entstanden, die den damals Herrschenden - im Kaiserreich, später aber vor allem in der Nazizeit oder unter dem Kommunismus - ein Dorn im Auge waren. Deshalb wurden sie immer wieder verboten oder enteignet.
Die Entstehungsgeschichte des demokratischen Rechtsstaates nach 1945 und nach der Wiedervereinigung in den Jahren 1989/1990 hat es möglich gemacht, der Sozialdemokratie diese ursprünglichen Vermögensbeteiligungen, Zeitungsbeteiligungen wieder zurückzugeben, also nach 1945 im Westen Deutschlands und nach 1989/90 in Ostdeutschland. Herr McAllister, über - im wahrsten Sinne des Wortes - Arbeitergroschen und über die Einführung eines demokratischen Rechtsstaates in der Bundesrepublik Deutschland, an dem Menschen, die ein bisschen älter sind als Sie und ich, maßgeblich beteiligt waren, haben Sozialdemokraten Vermögen erworben. Es war die Rückgabe von Vermögen, das durch die Mitglieder und Wähler von Gewerkschaften und Sozialdemokraten entstanden ist.
Dann haben Sozialdemokraten auch in der Bundesrepublik Deutschland, also in einem demokratischen Rechtsstaat, Zeitungen herausgegeben. Sie haben den Fehler begangen, den Sie uns heute unterstellen. Sie haben nämlich Parteizeitungen herausgegeben. Weil die Gesellschaft Gott sei Dank liberaler war als in der Weimarer Zeit oder der Kaiserzeit, haben die Menschen diese Zeitungen nicht mehr abonniert. Im neuen westlichen Deutschland hatten die Sozialdemokraten ja auf einmal Zugang zu allen gesellschaftlichen Schichten. Deshalb war es Unsinn, zu unterstellen, man bräuchte Parteizeitungen. Deshalb haben die Menschen sie abbestellt. Sie wollten eine größere Meinungsvielfalt als - -
- Objektiver. Genau. Das ist der Grund dafür, dass sie gesagt haben: Die Zeiten, in denen wir Parteizeitungen brauchen, sind vorbei.
- Genau das haben wir getan. Wir haben gesagt: Diese Zeitungen lassen sich nicht wirtschaftlich führen. Wir müssen sie verkaufen. - Daraufhin haben uns freie Unternehmer das Angebot gemacht, diese Zeitungen zu übernehmen. Aber weil sie uns nicht auszahlen wollten, haben sie uns Medienbe
Sie ignorieren die Entstehungsgeschichte. Es ist für einen Sozialdemokraten bitter, dass jemand wie Sie - in Ihrem Alter - wieder so tut, als gäbe es Bürgerliche hier und Sozialdemokraten da. Wir dachten, diese Unterscheidung wäre bei Menschen Ihres Alters vorbei. Wir dachten, das sei eine moderne Generation.
Wir haben gedacht, Sie hätten die intellektuellen Fähigkeiten, zwischen politischer Zuspitzung und Gemeinsamkeit im Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland zu unterscheiden.
- Ich rede zur Sache. - Sie wollen einen politischen Schlag gegen die Sozialdemokraten führen und nicht für die Pressefreiheit eintreten. Das ist das, was Sie wollen.
Sie geben zu, dass es für Ihr Gesetz keinen Anlass gibt. Sie sagen, Sie seien zufrieden. Übrigens: Journalisten sollten immer aufpassen, wenn irgendjemand in irgendeiner Partei sagt, man sei zufrieden. Spätestens dann sollten Journalisten die Berichterstattung überdenken.
Sie sagen: Es gibt keinen Anlass. Aber wir wollen sozusagen vorbeugend schützen. - Damit unterstellen Sie zwei Dinge: Erstens. Sozialdemokraten würden reaktionär als Eigentümer Journalisten unter Druck setzen wollen. - Wir sind nicht immer mit dem zufrieden, was Zeitungen schreiben. Das ist normal. Dann setzen wir uns mit Journalisten auseinander. - Sie hingegen glauben, wir würden als Eigentümer von Zeitungsverlagen den Journalisten gleichsam am Arbeitsplatz erpressen: Schreibst du nicht so brav, wie wir uns das vorstellen, werden wir dafür sorgen, dass du deinen Job verlierst oder Schwierigkeiten bekommst. Das unterstellen Sie. Bei Ihnen gilt das Motto: Was ich denk‘ und tu‘, das trau‘ ich jedem andern zu. Das ist es, was Sie vorhaben.
Wir haben nicht dieses erzreaktionäre Verständnis vom Umgang mit Journalisten, das Sie offensichtlich in der Seele und im Kopf tragen.
Zweitens. Sie unterstellen auch den Journalistinnen und Journalisten, dass sie das mit sich machen lassen würden. Das ist meiner Meinung nach ein genauso großer Skandal. Wenn Sie übrigens unterstellen, wir würden mittelbar - über mehrere Schachtelbeteiligungen - auf Rundfunkanstalten Einfluss nehmen wollen, dann müssen Sie doch unterstellen - im Sinne vorbeugenden Verbraucherschutzes -, dass wir das dort, wo wir direkten Einfluss im Verlag haben, schon jetzt tun oder es jedenfalls viel stärker versuchen würden. Meine Damen und Herren, unser Eindruck ist, dass wir eher umgekehrt den Nachweis führen könnten, dass das Gegenteil von Einflussnahme der Fall ist.
Sie produzieren etwas, was es in Wahrheit nicht gibt. Wenn man Ihnen Glauben schenken könnte, dann müssten Sie an einer Stelle konsequent, nämlich bei Ihrer Minderheitenbeteiligung - diesen 10 % - den realen Kapitaleinfluss gelten lassen. Den lassen Sie aber nicht gelten. Sie rechnen ja nicht durch, sondern der abstrakte, am Anfang der Kette stehende Anteil reicht aus, um am Ende der Kette jemanden auszuschließen.
Sie haben ein einziges Ziel. Sie wissen, dass die Parteifinanzierung in Deutschland ungleich organisiert ist, im Ergebnis bei den beiden großen Volksparteien allerdings fast gleich ist. Erstens. Wir haben beide Mitgliedsbeiträge - Sie etwas weniger als wir; aber ich gebe zu, da nähern wir uns zurzeit durch eigenes Zutun an. Zweitens. Wir erhalten deutlich weniger Spenden als Sie. Sie haben, bezogen auf Ihre Mitgliederzahl, verglichen mit den Sozialdemokraten ein riesiges Spendenaufkommen. Bei der FDP ist das noch dramatischer. Sie kriegen also viel Geld und auch Großspenden, manche veröffentlichen Sie, bei manchen lassen Sie Ihrem Ehrenvorsitzenden durchgehen, dass er bis heute nicht gesagt hat, woher er das Geld bekommen hat.
Bei den Spenden haben Sie einen großen Vorteil, beim Vermögen haben wir den großen Vorteil. Wir gleichen Ihre hohen Spendenaufkommen durch
unseren in 140 Jahren erworbenen Vermögensbesitz aus, wozu Arbeiter und Angestellte beigetragen haben.
(Zuruf von der CDU: Warum laufen Ihnen denn die Arbeiter wohl weg? - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Nun müssen Sie einen Vermögensschaden hinnehmen, weil Ihnen bei der Parteispendenaffäre etwas missglückt ist, da man Sie bei Illegalität und Strafbarkeit erwischt hat. Da haben Sie ein Problem.
Erst seitdem Sie Probleme mit den Parteispenden haben, entwickeln sich dort, wo Sie die Mehrheiten haben, Gesetzentwürfe, wie Sie sie hier einbringen. Sie wollen finanziellen Schaden bei der SPD anrichten. Sie haben keinerlei Sorge um den Einfluss bei Journalisten und bei Medien. Das wissen Sie, das geben Sie intern ja auch zu. Hier haben Sie auch gesagt, Sie hätten nie Anlass gehabt, darüber Sorge zu äußern. Es gab nie einen einzigen Vorwurf, nie eine einzige Beschwerde. Sie wollen aus Ihrer Sicht die finanziellen Schäden, die Sie sich selbst über die Schwarzgeldaffäre, über Schwarzgeldkoffer sowie über andere Geschichten zugefügt haben, ausgleichen. Wenn es Ihnen um Medieneinfluss geht, dann frage ich Sie nicht nur, was bei den Großverlagen in den neuen Ländern passiert ist, als Sie die über die Treuhand privatisiert haben, sondern ich frage Sie etwas anderes: Wieso ist es eigentlich möglich gewesen, dass einer der größten Medienkonzerne der Bundesrepublik Deutschland über eine komplette Legislaturperiode hinweg Ihre ehemalige Bundesregierung fast zur Hälfte auf seiner Payroll gehabt hat? Wer hat denn die Großspenden gemacht? Da liegt doch der Verdacht nahe, dass sich derjenige, der jetzt Pleite gegangen ist, am Tag der Abwahl Ihrer Regierung für die Sicherung eines riesigen Medieneinflusses revanchiert hat, indem er Ihren Kohl - und wie sie alle geheißen haben - hinterher auf die Payroll seines Konzerns zulasten der Eigentümer, der Banken und anderer genommen hat. Da ist der Medieneinfluss. Aber da wollen Sie ihn, und Sie lassen sich ihn hinterher sogar noch in Cent
und Euro entgelten. Das ist Ihre Moral in der Medienpolitik. Sie haben hier wirklich jede Glaubwürdigkeit verspielt.
Herr McAllister, Sie sind das Schoßhündchen derjenigen, die die Sozialdemokraten schädigen wollen. Sie versuchen nur, sich durch Ihre Redebeiträge als Pitbull zu gerieren. In Wahrheit sind Sie ein braves Hündchen an der Seite Ihrer Herren und wollen die SPD schädigen - finanziell, nicht politisch.
Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion hat sich nun die Abgeordnete Kuhlo zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Gabriel, nun bleiben Sie mal ganz ruhig.