Protocol of the Session on October 30, 2003

Für die, die es nicht wissen: Durch 17 Personen weniger in der Landesmedienanstaltsversammlung sparen wir jährlich 70 000 Euro an Sitzungsaufwand und Reisekosten. Ich meine, das ist gerade in Zeiten knapper Kassen mehr als berechtigt.

Schließlich viertens. Wir beschränken die mittelbare Beteiligung politischer Parteien am Rundfunk.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Verbot der unmittelbaren Beteiligung politischer Parteien gibt es bereits jetzt im Rundfunkgesetz, und zwar in § 6 Abs. 3. Hierzu gibt es einen erfreulichen Konsens. In der Begründung zum Landesrundfunkgesetz von 1983 heißt es:

„Der Ausschluss der politischen Parteien und der von ihnen abhängigen Unternehmen, Personen und Vereinigungen dient der Staatsferne und Überparteilichkeit des Rundfunks.“

Wir sind der Auffassung, dass das nicht nur für eine unmittelbare Beteiligung gelten sollte, sondern bei diesem Thema auch für mittelbare oder stille Beteiligungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun hat es in den letzten Tagen etwas Aufregung um dieses Thema gegeben. Die Aufregung lag allerdings ausschließlich in der kleiner gewordenen linken Hälfte dieses Hauses. Weder die Liberalen noch die Grünen, noch wir Christdemokraten kennen so etwas, nämlich Beteiligung von politischen Parteien an Rundfunkveranstaltern. Wir sind allerdings der grundsätzlichen Auffassung: Parteien haben im Rundfunk und auch in den Printmedien generell nichts zu suchen. Das wollen die Menschen in diesem Land nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In concreto handelt es sich natürlich um die DDVG-Beteilgung über den Madsack-Verlag an ffn, Antenne und Radio 21. Ich will hier eines deutlich sagen: Wir von der CDU sind sehr zufrieden mit der Berichterstattung dieser drei betroffenen Rundfunksender, also ffn, Antenne und Radio 21.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Das sollte Sie nachdenklich machen!)

Wir möchten für diese ausgewogene Berichterstattung ein großes Lob aussprechen. Es ist zurzeit keine Einflussnahme erkennbar. Aber für uns gilt - da wird mit der Verbraucherschutzminister Recht geben -: Für Medien sollte das Gleiche gelten wie für Lebensmittel. Es muss draufstehen, was drin ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Allen Abgeordneten in diesem Hause empfehle ich die Lektüre dieses spannenden Buches: Andreas Feser, „Der Genossen-Konzern - Parteivermögen und Pressebeteiligungen der SPD“, eine höchst spannende Lektüre.

Es ist bekannt, dass die SPD die reichste Partei Europas ist, vermutlich nach der Kommunistischen Partei Chinas die zweitreichste der Welt.

(Rosemarie Tinius [SPD]: Das ist ja eine Unverschämtheit!)

- Zitat aus dem Buch! Das wissen Sie selbst, Sie sitzen ja in den Gremien. Ich weiß.

Die DDVG - das wissen die Menschen in Deutschland erst seit kurzem - ist eine 100-prozentige Medienholding der SPD. Die DDVG erzielte 2001 18,1 Millionen Euro Gewinn. Davon wurden übrigens 9,6 Millionen Euro direkt an die SPD ausgeschüttet.

(Unruhe bei der CDU)

Herr McAllister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jüttner?

Nein. Wir können das vielleicht am Ende machen.

(Zurufe von der SPD)

Die DDVG hält Beteiligungen an Verlagen und Druckhäusern: an 70 Zeitungen mit einer Auflage von 8 Millionen Exemplaren und etwa 16 Millionen Lesern, an drei TV-Produktionsgesellschaften,

(Zuruf von der CDU: Monopolist!)

an 27 Radiosendern mit 8 Millionen Hörern, einem Kinderbuchverlag und an vielem anderen mehr. Wie gesagt: Es ist ein singuläres SPD-Problem. Solche Probleme hätten die anderen Parteien im Land wohl ganz gern. Sie jammern auf sehr hohem Niveau, Herr Gabriel.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Ich jammere gar nicht!)

Eigentlich sollten doch die Medien als vierte Gewalt die Parteien kontrollieren und nicht umgekehrt. Aber das ist in Deutschland zurzeit der Fall.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb wollen wir mit unserer Gesetzesänderung die theoretische Möglichkeit beschränken, dass sich Parteien auf diese Weise mittelbar an den Medien beteiligen. Wir folgen damit Gesetzentwürfen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

(Hört, hört! bei der SPD)

Aber wir setzen hier - darauf legen wir großen Wert - auf ein rechtlich einwandfreies Verfahren.

Erstens. Wir haben eine Bagatellgrenze eingezogen. Beteiligungen unter 10 % der Kapital- und Stimmrechtsanteile fallen nicht unter das Verbot. Damit entsprechen wir in jedem Fall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Zweitens. Es gibt eine großzügige Übergangsregelung. Betroffene Verlage haben ausreichend Zeit bis zur Neulizenzierung von ffn im Jahr 2006 - das Gleiche gilt für Antenne und Radio 21 im Jahr 2010 -, entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Aber schön war es, diese Woche im Focus zu lesen:

„Der Madsack-Verlag, zu 20,4 % im Besitz der SPD-Holding DDVG und an drei Radiosendern beteiligt, reagiert dagegen pragmatisch und bereitet bereits jetzt eine neue Radio-Madsack GmbH & Co. KG vor - ohne die Genossen, die nun ausbezahlt werden sollen.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Also, Herr Gabriel, von Enteignung kann überhaupt keine Rede sein. Sie bekommen noch zusätzlich Geld. Aber was mich noch mehr erfreut hat, ist der letzte Satz:

„Madsack ist mit dem Gesetzentwurf so weit zufrieden, verrät Andreas Fischer von der Landesmedienanstalt. Auch in der Medienbranche gibt es manche, die gar nicht so glücklich darüber sind, dass politische Parteien ihre Finger im Spiel haben.“

Meine Damen und Herren, Demokratie lebt vom fairen Wettbewerb der unterschiedlichen Konzepte und Ideen für unser Land. Nur aufgrund einer neutralen überparteilichen Berichterstattung können

sich Bürgerinnen und Bürger ihre eigene Meinung bilden. Für uns gilt das Gebot der Staatsferne. Nur so funktioniert eine freie Willensbildung. Herr Gabriel, Ihrem bereits jetzt angekündigten Gang zum Staatsgerichtshof sehen wir mit höchster Gelassenheit entgegen. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Abgeordnete Harms gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für mich kommt es - nachdem ich dem Medienausschuss dieses Landtages fast neun Jahre lang angehört habe - doch überraschend, dass die CDUFraktion jetzt den § 6 des Niedersächsischen Mediengesetzes und damit die Regelungen über Beteiligungen von Parteien an Rundfunkveranstaltern mit so großem Engagement ändern will. In den neun Jahren, in denen ich immer wieder Änderungen des Mediengesetzes miterlebt habe, hat es jedoch keinerlei Initiativen der CDU-Fraktion zur Änderung dieses Paragrafen gegeben. Auch Kritik an dieser Vorschrift hat es nie gegeben. Sie ist nie zum Problem gemacht worden. Mir ist außerdem nicht bekannt, dass es in den letzten zehn Jahren, die ich überblicke, in der zuständigen Landesmedienanstalt schon einmal Beschwerden über direkte Einflussnahmen z. B. auf Antenne oder ffn gegeben hat. Hilmar von Poser - er gehört Ihrer Partei an -, der bei Antenne ein mächtiger Mann ist und den ich öfter getroffen habe, hat mich auf so etwas nie angesprochen.

Meine Damen und Herren, meiner Meinung nach fällt es auf die Konservativen und die FDP in diesem Hause zurück, dass die Begründung „Berlusconisierung der Medien“ in der Vorgeschichte der Auseinandersetzung überhaupt keine Rolle gespielt hat. Ich finde interessant, dass die CDU die Medienbeteiligungen der SPD in der Bundesrepublik als Problem entdeckt hat, als sie selbst in hoher Not war. Die CDU hat in den letzten Jahren nämlich sehr viele illegale Einnahmen erwirtschaftet. Ihre Parteispendenaffäre hat die Republik erschüttert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In diesem Moment beschäftigen Sie sich plötzlich mit unternehmerischen Aktivitäten und legalen Einnahmen der Sozialdemokraten. Meine Damen und Herren, für mich ist der Vorwurf, den die Sozialdemokraten Ihnen gegenüber erheben, dass Sie nämlich quasi eine Enteignung herbeiführen, nicht aus der Luft gegriffen. Ich sehe den weiteren Auseinandersetzungen über dieses Vorgehen mit Spannung entgegen. Dies ist auch unter juristischen Gesichtspunkten eine spannende Geschichte.

Warum ich Ihr Vorgehen nicht glaubwürdig finde, will ich Ihnen jetzt sagen: Die tatsächlichen schwerwiegenden Veränderungen in der Medienlandschaft durch Konzentration und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt - darum geht es Ihnen ja angeblich - werden durch die von Ihnen beabsichtigten Änderungen überhaupt nicht berührt. Das ist wirklich nur ein Ränkespiel einer großen Volkspartei gegen eine andere. Wenn wir das Thema Medienkonzentration, Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit der Presse Ernst meinen, dann müssen wir in Zukunft zuerst über Unabhängigkeit und innere Pressefreiheit sprechen. Sie können sicher sein, dass meine Fraktion zu diesem Thema Änderungsanträge in die Beratungen einbringen wird.

(Zuruf von der CDU: Da sind wir aber gespannt!)

Dass Sie das Mediengesetz politisch sehr motiviert und durchaus nicht neutral ändern, können wir feststellen, wenn wir uns Ihren Vorschlag zur Verkleinerung der Versammlung der Landesmedienanstalt ansehen. Wir haben überhaupt nichts gegen eine Diskussion über eine Verkleinerung der Versammlung, auf deren Notwendigkeit der Landesrechnungshof in der Vergangenheit immer wieder aufmerksam gemacht hat. Die Zusammensetzung der Versammlung muss aber repräsentativ sein.

(David McAllister [CDU]: Wie jetzt!)

Der Vorschlag, dass die Gewerkschaft ver.di, in der die meisten Berufstätigen aus der Medienbranche vertreten sind, allen Ernstes keinen Sitz bekommen soll, fällt auf Sie zurück. Dass Sie in der Versammlung keine Vertreter aus den Bereichen Umwelt, Naturschutz und Verbraucherschutz mehr haben wollen, auch das fällt auf Sie zurück. Dass

auch Migranten nicht mehr vertreten sein sollen, fällt ebenfalls auf Sie zurück. Meine Damen und Herren, Sie versuchen, in diesem Gesetz CDUEinfluss auf Medien und Medienpolitik zu organisieren,