Mittlerweile wurden zahlreiche Ställe auf der Basis des niedersächsischen Erlasses umgerüstet bzw. neu gebaut, mit größter Zufriedenheit der Landwirte. In Anbetracht der Diskussion von heute Morgen über so manchen unhaltbaren Zustand in niedersächsischen Schweineställen wäre es sicherlich angebracht, diesen Erlass nicht nur auf Neu- und Umbauten zu beziehen, sondern als Standard für alle Schweineställe vorauszusetzen.
Wir begrüßen ausdrücklich den von der CDUFraktion gewünschten Zusatz, dass die Interessen des Tierschutzes berücksichtigt werden sollen. Für uns ist das eine Selbstverständlichkeit. Aber wir freuen uns natürlich über diese Aussage und werten sie als Selbstverpflichtung der Mitglieder der CDU- und der FDP-Fraktion.
Meine Damen und Herren, wir erwarten von Herrn Minister Ehlen, dass der niedersächsische Erlass als Kompromissvorschlag zur Tierschutz-Nutztierverordnung im Bundesrat eingebracht wird und das sture Verharren auf der Position einer 1 : 1Umsetzung der EU-Schweinehaltungsrichtlinie entsprechend dem Antrag aufgegeben wird. Bisher war das leider weder aus den Protokollen der Agrarministerkonferenz noch aus Veröffentlichungen erkennbar. Wohin eine Blockadehaltung führen kann, müssten Sie eigentlich alle von dem Zustandekommen der Legehennenhaltungsverordnung kennen.
Auf dem Landesbauerntag hat Herr Raufuß von dem Wursthersteller „Rügenwalder“ deutlich gemacht, warum er den größten Teil des Schweinfleisches aus Dänemark bezieht. Er zeigte Unverständnis für die mangelnde Bereitschaft hiesiger Landwirte, Teil einer durchgängigen Produktionskette mit entsprechenden Verpflichtungen zu sein, und nannte dabei insbesondere die Qualität, die in Dänemark besser sei.
Qualitätskriterium aber, meine Damen und Herren, ist auch nach unserem Verständnis z. B. bei QS die Haltungsform. Dieser Bericht eines niedersächsischen Unternehmens hat deutlich gezeigt, dass über die EU-Vorgaben hinausgehende Standards, wie in Dänemark praktiziert, keine Wettbewerbsnachteile nach sich ziehen; ganz im Gegenteil.
Meine Damen und Herren, wer sehr viel Zeit hat, sollte sich einmal die Synopse über die unterschiedlichen Haltungsanforderungen anschauen. Gegenübergestellt werden der niedersächsische
Erlass, die EU-Vorgaben und der Vorschlag des BMVEL selbst. Der bewährte niedersächsische Erlass unterscheidet sich in mehr als 90 % der Punkte nur marginal von den Vorschlägen des Bundes oder der EU, in manchen Bereichen gehen wir sogar noch weiter.
Worum geht es denn? - Es geht einzig und allein um die unterschiedlichen Vorgaben zu den Liegeflächen. Gerade hier bietet der niedersächsische Erlass einen hervorragenden Kompromiss. Dieser Erlass wird von der Landwirtschaft akzeptiert. Unser Eindruck ist, dass dieser Kompromiss auch auf Bundesebene große Aussicht auf Erfolg hat. Das haben wohl auch die Fraktionen von CDU und FDP erkannt. Nach der Ausschussberatung waren wir davon ausgegangen, dass uns ein eigener Antrag der Fraktionen von CDU und FDP vorgelegt wird. Das ist nun nicht der Fall. Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion dem vorliegenden Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat im August dieses Jahres die 2. Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die so genannte Schweinehaltungsverordnung, dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet. Bereits im April dieses Jahres, als Verbraucherschutzministerin Frau Künast den Verbänden ihre Verordnung vorlegte, war klar, dass dieser Gesetzentwurf aus vielerlei Gründen im Bundesrat keine Zustimmung bekommen konnte; insbesondere deshalb, weil Frau Künast mit ihrem engstirnigen und ideologischen Vorpreschen bei der Umsetzung der nationalen Legehennenhaltungsverordnung im Oktober 2001 den Beleg geliefert hat, dass ihr an fachlichen und wissenschaftlich fundierten Kompromisslösungen nicht gelegen war. Das hatten noch viele Beteiligte in Erinnerung, meine Damen und Herren.
Wir diskutieren diese Problematik heute oder morgen auch noch einmal unter einem anderen Tagesordnungspunkt. Möglicherweise werden wir auch zunächst in die Beratung des Fachausschusses einsteigen, bei der es u. a. um die Frage geht,
warum Frau Künast bisher einer eindeutigen Bundesratsvorgabe, nämlich zum Sommer 2003 ein Prüfungsergebnis über die Auswirkungen verschiedener Haltungsverfahren bekannt zu geben, nicht nachgekommen ist.
Viele Länderagrarminister auch aus SPD-geführten Landesregierungen sind sich verstärkt darüber klar geworden, dass alles andere als eine grundsätzliche Umsetzung europäischer Tierhaltungsrichtlinien im Verhältnis 1 : 1 in deutsches Recht fachlich ungerechtfertigt ist, deutsche Schweinehalter in ein wettbewerbspolitisches Abseits stellt und unsere Verbraucher in unverantwortlicher Weise in die Abhängigkeit von ausländischer Importware bringt. Es geht dabei um Importlieferungen aus Zweit- und Drittländern, die für die Produktion von Schweinefleisch sehr viel niedrigere Tierschutz-, Gesundheits- und Hygienestandards vorgegeben haben als wir.
Bundesverbraucherschutzministerin Künast muss uns erklären, wo diese Politik in ihrem Grundsatz tierschutz- und verbraucherfreundlich ist. Folgerichtig hat sich die bundesdeutsche Agrarministerkonferenz im März in Schwerin für eine 1 : 1Umsetzung der EU-Richtlinie ausgesprochen.
Dies hat Frau Künast aber nicht davon abgehalten, erneut einen Gesetzentwurf vorzulegen, der in wesentlichen Teilen deutlich von der EU-Richtlinie abweicht. Einige Beispiele: vorgeschriebener Liegeflächenanteil für Mastschweine von 86 bis 110 kg gemäß EU-Richtlinie 0,65 m² je Tier, gemäß deutschem Gesetzentwurf 1,1 m². Weitere Abweichungen gibt es bei Sauferkeln, Ferkeln, Jungsauen und Sauen. Deutsche Sonderregelungen gelten außerdem bei der Schlitzweite von Betonspalten und bei der Mindestbuchtenlänge von Kastenständen in der Sauenhaltung.
Meine Damen und Herren, da Frau Künast bisher nicht kompromissbereit, aber nachhaltig beratungsresistent in fachlichen Fragen war, ist es ihr bisher nicht gelungen, die EU-Richtlinie auf dem Konsenswege rechtzeitig zum 1. Januar 2003 in nationales Recht umzusetzen. Mittlerweile hat die EU gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Eine Umsetzung zum Jahresende 2003 scheint ebenso wenig in Sicht. Das scheint Frau Künast aber nicht zu stören, da ihr gemäß Legehennenhaltungsverordnung offenbar an einer ideologischen Umset
Die alte Niedersächsische Landesregierung hat die durch die fehlende Umsetzung der EU-Richtlinie entstandene Rechtslücke durch einen landesseitigen Erlass ausgefüllt. Frau Stief-Kreihe hat darauf Bezug genommen. Dieser Erlass fand in weiten Teilen auch unsere Zustimmung.
Die SPD-Landtagsfraktion fordert nun in ihrem Antrag, diese Werte und Kriterien für eine deutsche Schweinehaltungsverordnung zu übernehmen. Dem konnten wir nicht zustimmen, da wir in einigen Bereichen weiter gehende Bestimmungen und Präzisierungen für notwendig erachten, die aus Wettbewerbsgründen jede Willkür vermeiden und Planungssicherheit für die Schweinehaltungsbetriebe bieten sollen.
Die neue Landesregierung hat es auch auf unser Anraten hin im Bereich Liegeflächenanteil, Beleuchtungsintensität, aber auch beim Beschäftigungsmaterial für Schweine als Änderung einer strikten 1 : 1-Umsetzung - nur dann! - angezeigt gesehen, wo - das ist sehr wichtig, Frau StiefKreihe, denn das macht den Unterschied aus erstens dies den berechtigten Interessen insbesondere von Tierhaltern und Tieren im Sinne des Tierschutzes nicht entgegensteht, zweitens nachvollziehbare wissenschaftliche Erkenntnisse dieses gebieten, drittens Einvernehmen mit den Betroffenen erzielt worden ist und viertens die landwirtschaftliche Praxis, wie beispielsweise mit dem Liegeflächenanteil von 0,75 m² je Mastschwein, längst über die EU-Regeln hinausgeht.
Wir halten auch weiterhin in unserer Politik für Tierhaltung und -veredlung daran fest, gesetzliche Regelungen unter Berücksichtigung neuer fachlich-wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der guten fachlichen Praxis zu fassen. Nur so erhalten wir nachhaltige, nachvollziehbare Gesetze und Verordnungen, die es ermöglichen, dass in dem Veredlungsland Nr. 1, in Niedersachsen, ausreichend viele Betriebe existenzfähig bleiben und für unsere Verbraucher auf den nationalen Märkten unter tierschutzgerechten Bedingungen gesunde Nahrungsmittel erzeugen können.
Frau Stief-Kreihe, mir ist nicht ganz klar geworden, welche Position die SPD-Fraktion hier einnimmt.
Im Ausschuss haben Sie unserem Änderungsantrag, den ich hier ausführlich begründet habe, die Zustimmung - -
- Natürlich gibt es einen Änderungsantrag, der dem Ausschuss zugeleitet worden ist. Diesem Änderungsantrag haben Sie Ihre Zustimmung versagt. Wir haben im Ausschuss lang und breit darüber diskutiert. Ich bitte, diesem Änderungsantrag, der mit einer Nummer versehen ist und der eine vernünftige, normale Grundlage gehabt hat, zuzustimmen, und hoffe auf Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grünen lehnen diesen Antrag, den die SPDFraktion eingebracht hat und den die CDU-Fraktion durch eine Placebo-Änderung und einige argumentative Purzelbäume zu ihrem eigenen gemacht hat, ab.
Zwar kommt der Entschließungstext relativ harmlos daher, aber ich meine, die Intention ist in der Diskussion relativ deutlich geworden. Es geht darum, eine Front gegen den Entwurf der neuen Schweinehaltungsregelung von Renate Künast aufzumachen. Vor allen Dingen die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion bedienen sich dazu des Kampfbegriffes der 1 : 1-Umsetzung in Bezug auf die EU-Normen, die sie einfordern. Sie benutzen diesen Begriff - das ist ja auch in dem Beitrag des Kollegen Biestmann deutlich geworden - wider besseren Wissens. Eigene Vorstellungen gehen dabei längst materiell darüber hinaus. Wenn Sie ehrlich sind, müssten Sie zugeben, dass es bei
diesem Problem lediglich um ein paar Quadratdezimeter mehr oder weniger geht. Mit dieser 1 : 1Polemik versuchen Sie das Kunststück, der eigenen Schweinemästerklientel Honig ums Maul zu schmieren und gleichzeitig Sand in die Augen zu streuen. Meine Damen und Herren, das ist keine ernsthafte Argumentation, sondern einfach nur Randale.
Wenn man wirklich 1 : 1 umsetzen wollte, dann bedeutet das die Übernahme von völlig überholten und veralteten Rechtsvorgängen aus der EU. Der Stand der Technik ist längst weiter. Die Novellierung der EU-Bestimmungen steht an; das wissen Sie. Wenn man das 1 : 1 übernehmen würde, dann bedeutet das auch, einfach zu negieren, dass Standards über der allgemeinen Norm eben nicht unbedingt einen Wettbewerbsnachteil bedeuten, sondern durchaus auch einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen. Waren es nicht Holland und Dänemark, die mit deutlichen Standards über der EUNorm ihre starke Marktstellung im Schweinebereich erreicht haben, während es in Niedersachsen teilweise immer noch einige Leute für unter ihrer Würde halten, Verarbeiter- und Verbraucherwünsche zu berücksichtigen? Hätte man früher mal auf grüne Ideen gehört - ich erinnere an die ganzen Umbauprogramme zu Südoldenburg, die wir eingebracht haben -, dann könnte Herr Rauffus das Sauenfleisch für seine Rügenwalder Teewurst längst in Vechta oder Cloppenburg kaufen und müsste nicht nach Dänemark ausweichen.
Mein Fazit ist, meine Damen und Herren: Der Künast-Entwurf entspricht dem grünen Anspruch, Agrarpolitik von der Ladentheke aus zu machen. Er verbindet die Interessen des Tier- und Verbraucherschutzes mit Marketingvorteilen der Erzeuger und sichert so langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und damit den wirtschaftlichen Erfolg der heimischen Fleischerzeugung. Der Entwurf ist deswegen sachgerecht und zukunftsfähig. Wir brauchen keine scheinheiligen Ratschläge - weder von der einen noch von der anderen Seite dieses Plenums.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Frage des Tierschutzes in der Schweinhaltung ist sehr aktuell. Wir haben ja heute Morgen schon darüber gesprochen. Aber auch die Beratungen auf Bundesebene laufen zurzeit auf Hochtouren. Aus unserer Sicht ist allerdings - das stelle ich hier für die Fraktion der FDP fest - der Entwurf von Frau Bundesministerin Künast nicht tragbar.
Es wäre schön gewesen - auch Frau Stief-Kreihe hat das ja gesagt -, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen in Berlin mehr am niedersächsischen Entwurf orientiert hätten. Auch die derzeitige niedersächsische Erlassregelung - die ja unter erheblichem Druck aufgebaut worden ist, als wir die Regelungslücke hatten, nachdem die Bundesregelung gekippt worden ist - ist aus meiner Sicht noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir müssen eine Regelung finden, die in grundsätzlichen Positionen eine 1 : 1-Umsetzung von europäischem Recht in nationales Recht vorsieht. Dies können wir gerade vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft den niedersächsischen Bauern auch gar nicht anders zumuten.
Von dieser grundsätzlichen 1 : 1-Umsetzung europäischen Rechts kann man aus meiner Sicht dann abweichen, wenn es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die eine andere Regelung, als die EU sie vorsieht, notwendig machen. Das könnte zum Beispiel im Bereich Tageslichteinfall durchaus der Fall sein. Ich bin aber auch bereit - das haben wir gerade schon besprochen -, von einer 1 : 1Umsetzung dann abzuweichen, wenn die landwirtschaftlich-fachliche Praxis schon heute vom EUStandard abweicht.
Ich sage hier aber auch, verehrte Kolleginnen und Kollegen und Frau Stief-Kreihe von der SPDFraktion - eine kleine fachliche praktische Nach
hilfe in Marktwirtschaft -: Wenn es sich für einen Bauern lohnt, vom EU-Standard abzuweichen, d. h. darüber hinaus zu gehen, dann wird er das auch tun, egal wie die Erlassregelung ist.