Protocol of the Session on December 12, 2007

Ich eröffne die Beratung und gebe dem Abgeordneten Heineking von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat vor einem halben Jahr eine Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes beschlossen. Aufgrund des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 des Bundes vom Sommer 2006 besteht die Notwendigkeit einer Novellierung des bestehenden Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes.

Durch dieses Haushaltsbegleitgesetz des Bundes wird zum einen die bisherige Methodik des Regionalisierungsgesetzes geändert, zum anderen wird die jährliche Dynamisierung aufgegeben bei gleichzeitiger Kürzung der dem Land insgesamt zugewiesenen Regionalisierungsmittel. Diese neuen Vorgaben des Bundes sind in Landesrecht zu übernehmen, um eine mit dem Bundesrecht kompatible Mittelverteilung auf die niedersächsischen Aufgabenträger gewährleisten zu können.

Im Jahr 2006 konnte die CDU/FDP-geführte Landesregierung in Niedersachsen die Kürzungen der Regionalisierungsmittel durch das SPD-geführte Bundesverkehrsministerium in Höhe von 9 Millionen Euro noch ausgleichen. Die Kürzungen im Jahr 2007 wurden entsprechend auf die Aufgabenträger umgelegt. Zur Vermeidung unbilliger Härten wurden durch CDU und FDP im Nachtragshaushalt 2007 des Landes Niedersachsen 30 Millionen Euro Landesmittel zur Kompensation für die Jahre 2008 und 2009 bereitgestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

In einer Pressemitteilung der LNVG vom 18. Juli 2007 ist zu lesen:

„Der Niedersächsische Landtag hat am 5. Juni beschlossen, für 2008 und 2009 jeweils 15 Millionen Euro zusätzlich für den schienengebundenen Nahverkehr bereitzustellen und so einen Teil der Mittelkürzungen des Bundes aufzufangen. Dadurch können gravierende Einschränkungen im Fahrplan vermieden und sogar Kürzungen aus dem letzten Jahr wieder rückgängig gemacht werden.“

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: CDU und FDP wollen den Landeshaushalt weiter konsequent konsolidieren. Dennoch sorgen wir dafür, dass wichtige Nahverkehrsverbindungen erhalten bleiben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Damit wird es auch zukünftig einen attraktiven ÖPNV vor allem in den ländlichen Regionen geben.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Und in Cuxhaven!)

Man kann zu Recht behaupten: Niedersachsen ist am Zug. Eine Bilanz des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom November 2007 über die Entwicklung des SPNV und ÖPNV der letzten Jahre in Niedersachsen unterstreicht dies beeindruckend. Die ÖPNV-Aufgabenträger haben durch unsere Beschlüsse mittelfristig Planungssicherheit und die notwendige finanzielle Ausstattung erhalten, um für die jeweilige Region wichtige Strecken erhalten zu können. Der Nahverkehr auf der Schiene wird auch im Jahr 2008 auf einem hohen Niveau bleiben. Der Fahrplanwechsel am 9. Dezember macht deutlich, dass es in Niedersachsen erneut wichtige Verbesserungen im Schienenpersonennahverkehr gegeben hat.

(Zustimmung von Ernst-August Hop- penbrock [CDU])

Deutlich mehr Qualität bringen die S-BahnVerlängerung von Hamburg-Neugraben nach Stade, der Einsatz neuer Fahrzeuge zwischen Ham

burg und Cuxhaven, Lüneburg und Tostedt sowie zahlreiche Fahrplanverbesserungen. Die Zugstreichungen, die durch die Kürzung der Regionalisierungsmittel durch das Bundesverkehrsministerium befürchtet wurden, sind nicht eingetreten. Zu über 99 % werden die Leistungen im Nahverkehr weiterhin angeboten, und das Land wird durch entsprechende Investitionen auch in der Zukunft für einen attraktiven Nahverkehr sorgen.

Mit der jetzt vorgelegten Novellierung wird auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr das Nahverkehrsgesetz so angepasst, dass die Weichen für unser Zukunftsland Niedersachsen richtig gestellt sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun die Abgeordnete König das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eben in der Aktuellen Stunde bereits sehr ausführlich über die Situation des niedersächsischen Nahverkehrs gesprochen. Dass sich das Angebot in Niedersachsen sehen lassen kann, ist bekannt. Die Qualität der Züge ist hervorragend, die Takte sind dicht, und das Netz ist flächendeckend. Durch die Mittelkürzungen des Bundes hat sich hieran nichts geändert, auch wenn die Opposition in der ihr eigenen Art immer wieder das Bild eines Kahlschlages an die Wand gemalt und davon gesprochen hat, dass ganze Regionen vom Nahverkehr abgehängt würden. Der neue Fahrplan 2008 zeigt: Nichts davon ist wahr. Keine Ihrer Prophezeiungen ist eingetreten. Dies liegt auch daran, dass der Landtag im Nachtragshaushalt 2007 Mittel bereitgestellt hat, um diese Kürzungen des Bundes im erforderlichen Umfang aufzufangen.

(Zustimmung bei der CDU)

Der nun vorliegende Gesetzentwurf führt diese Erfolge weiter und passt die bisherige Regelung an die vom Bund vorgenommenen Änderungen an. Das Gesetz räumt den Trägern mehr Möglichkeiten ein, auf verkehrliche Entwicklungen zu reagieren und auch Leistungen zu finanzieren, die bisher nicht vom Gesetz erfasst wurden. Wir weiten also die Gestaltungsspielräume der Aufgabenträger aus und stärken damit ihre Eigenverantwortlichkeit. Auch im Falle von Mittelkürzungen können so

gleichwertige Alternativangebote bereitgestellt werden. Dementsprechend bleiben finanzielle Vorteile, die ein Aufgabenträger durch Rationalisierung oder Ausschreibung erzielt, beim Aufgabenträger selbst erhalten. Damit setzen wir wichtige Anreize zum sparsamen und effizienten Mitteleinsatz. Gleichzeitig wird im Gesetz natürlich auch die Daseinsvorsorge sichergestellt, indem es die Verkehrsleistungen auf einem hohen Niveau festschreibt.

Wir haben also eine sinnvolle Anpassung des Nahverkehrsgesetzes erarbeitet, die die Erfolge der Vergangenheit sichert und weiterführt. Nicht umsonst hat Niedersachsen ein deutlich höheres Wachstum bei den Passagierzahlen als andere Bundesländer. Ebenso wird der Wettbewerb weiter zunehmen. Niedersachsen ist führend bei der Vergabe von Strecken an Private und wird diese führende Position in den nächsten Jahren eher noch ausbauen.

Das Niedersächsische Nahverkehrsgesetz ist Grundlage dieser Erfolge und verdient daher eine breite Unterstützung durch den Landtag. Bitte stimmen Sie diesem Gesetzentwurf auf breiter Fläche zu!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Hagenah das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben die mit der weitgehenden Durchreichung der Kürzung der Regionalisierungsmittel für die Bahn an die Aufgabenträger und die ÖPNV-Kunden verbundenen Lasten dort abgeladen, anstatt die zugleich vom Bund zugesagten Mittel aus der Mehrwertsteuer dafür selbst einzusetzen.

Trotz der gerade neu im Ausschreibungswettbewerb eröffneten S-Bahn-Strecke Stade - Hamburg und dem verbesserten Metronomangebot Cuxhaven - Hamburg werden mit dem vorgestern begonnenen neuen Fahrplan in Niedersachsen mehr als 1,5 Millionen Zugkilometer weniger pro Jahr als noch in 2006 angeboten. Das spricht ja wohl eine deutliche Sprache, welche Auswirkungen diese Mittelkürzung letztendlich in der Fläche hat. Die größten Kürzungen sind trotz der jetzt überpropor

tional dort ergriffenen Notausgleichsmaßnahmen weiter in der Region Braunschweig und im Harz zu verzeichnen.

Noch tiefgreifender ist allerdings der massive Rückgang der investiven Mittel insbesondere bei der Landesnahverkehrsgesellschaft, die damit ihre bisher erfolgreiche effizienzsteigernde Steuerung bei den Ausschreibungsverfahren der vergangenen Jahre nicht mehr in der bisherigen Form fortführen kann. Auch dringend nötige investive Programme wie „Niedersachsen ist am Zug“ werden durch diese einseitige Kürzung von CDU und FDP nicht mehr in der bisherigen Form aufrechterhalten werden können.

Mit Ihren viel zu klein geratenen Wahlgeschenken, nun doch mit 15 Millionen Euro in 2008 und 2009 einen Teil der Kürzungen auszugleichen, haben Sie bewusst lange gewartet.

(Brunhilde Rühl [CDU]: Aber das ist doch schon mal etwas!)

Denn in der Zwischenzeit haben sich verantwortungsvolle Kommunalpolitiker in der Quadratur des Kreises geübt. Sie haben aus ihren eigenen klammen Haushaltskassen Mittel entnommen, um ihre ÖPNV-Nutzer in der Region nicht an verwaisten Linien und Stationen stehen zu lassen und ihnen keine steigenden Preise zuzumuten. Das, was dort trotz kommunal defizitärer Kassen schon zugeschossen worden ist, darf mit den 15 Millionen Euro Landesmitteln - so, wie Sie es jetzt bestimmt haben - nicht ausgeglichen werden. Das ist zutiefst ungerecht. Damit die Lücke im Verkehrsangebot in den kommenden Monaten bis zur Wahl wenigstens kurzzeitig so weit wie möglich geschlossen wird, haben Sie Ihr Wahlgeschenk nämlich mit der Bedingung verbunden, dass diese Mittel zweckgebunden nur für andernfalls entfallende Schienenpersonenverkehrsleistungen bereitgestellt werden dürfen.

(Brunhilde Rühl [CDU]: Aber wir ma- chen es doch wenigstens!)

Im privaten Miteinander, liebe Kollegin, wäre damit sicherlich der strafbewehrte Tatbestand der Nötigung erfüllt. Politisch einklagbar ist das leider noch nicht. Allerdings können die Wähler ihr Urteil über diese Art des Tricksens und Täuschens in einigen Wochen fällen.

(Brunhilde Rühl [CDU]: Und ich sage dir: Sie werden es tun!)

Als wäre das noch nicht genug an Zumutungen für die Aufgabenträger, kommt jetzt noch die Tragödie zweiter Teil mit der wertgleichen Umsetzung der Einsparungen aus der Kürzung der Regionalisierungsmittel in den Zuweisungen aus dem Nahverkehrsgesetz, das heute zu beschließen ist. Wir werden es in allen Punkten ablehnen, weil wir das für falsch halten. Das wird nämlich zwangsläufig zusätzlich zu weiteren Einschränkungen beim Ausbau und bei der Qualität des ÖPNV führen. Die Kommunen können auch dort zukünftig weniger zuschießen.

Die Kürzung der Regionalisierungsmittel des Bundes macht im kommenden Jahr weniger als 70 Millionen Euro aus, also knapp 10 % der Mehrwertsteuermehreinnahmen, die Sie vom Bund einstreichen. Dass CDU und FDP in Niedersachsen dennoch 2008 wieder über 84 Millionen Euro für die Schülerbeförderung aus dem Regionalisierungsmitteltopf entnehmen und einen viel zu kleinen Betrag von nur 15 Millionen Euro aus den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer dafür generös für den Schienenpersonennahverkehr zurückgeben, ist schlicht politischer Betrug am Fahrgast. Die Quittung dafür erhalten Sie hoffentlich in sechs Wochen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Will das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes hat ausschließlich die Kürzung der Mittel für ÖPNV und SPNV zum Ziel. Die Folge ist eine nicht positive Weiterentwicklung der niedersächsischen Verkehrspolitik. Betroffen sind die Aufgabenträger in den Regionen und die Verkehrsunternehmen mit ihren anerkannten Dienstleistungen. Die Leidtragenden sind am Ende die Fahrgäste im Flächenland Niedersachsen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch im März 2007 waren Minister Hirche und die Regierungsfraktionen kategorisch gegen einen Ausgleich der Kürzungen der Regionalisierungsmittel durch die Steuermehreinnahmen in Niedersachsen. Sicherlich auch durch den öffentlichen und

politischen Druck besann sich diese Landesregierung zumindest ein wenig: Nun sollen 30 Millionen Euro - verteilt auf die nächsten zwei Jahre - für den ÖPNV aus Landesmitteln zur Verfügung gestellt werden.

Dem stehen jedoch nach wie vor über 200 Millionen Euro an Kürzungen bis zum Jahr 2010 gegenüber. Sie fehlen dem niedersächsischen Nahverkehr. Deshalb ist Ihr kleines Wahlgeschenk nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es schafft eben nicht die notwendige Planungssicherheit für einen gut ausgebauten und funktionierenden Nahverkehr.

Meine Damen und Herren, der finanzielle Ausgleich ist viel zu klein und - wahltaktisch durchsichtig - nur auf zwei Jahre befristet. In verschiedenen Anhörungen ist immer wieder deutlich geworden, dass die finanzielle Förderung mindestens fünf Jahre auf dem bis 2006 gültigen Niveau gehalten werden muss. Erst dann sind durch die Einsparungen im Ausschreibungswettbewerb die geringeren Zuschüsse ohne Leistungskürzungen für die Fahrgäste möglich. Dem politischen Ziel des Schutzes des Klimas einerseits und der Förderung der ländlichen Regionen andererseits steht Ihre Kürzungspolitik entgegen. Sie steht auch Ihren vollmundigen Erklärungen in ihren Wahlbroschüren entgegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes - das ist heute bereits erwähnt worden - liegt Niedersachsen in der Kundennutzung des Bahnangebotes auf Platz zwölf und damit hinter anderen Flächenländern wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Das Bundeskanzleramt hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Länder mit der höheren Zuweisung der Mehrwertsteuer - ein Prozentpunkt seit dem 1. Januar 2007 - ausdrücklich die Möglichkeit erhalten haben, den Nahverkehr zu verbessern und sogar attraktiver zu gestalten. Nicht im Einklang mit dieser Absicht des Bundes steht, dass Niedersachsen trotz jährlich zusätzlich zugewiesener Mittel in Höhe von 600 Millionen Euro den Anteil für den Nahverkehr bis zum Jahr 2010 gleichzeitig um rund 200 Millionen Euro reduziert.

Nach den Erhebungen des Deutschen Städtetages kompensiert mehr als die Hälfte der Bundesländer die gekürzten Regionalisierungsmittel mit eigenen Mitteln oder schichtet zumindest für den Straßenbau eingeplante Mittel zugunsten des ÖPNV um. Eine Finanzausstattung, die - wie in Niedersach

sen - aus zu klein geratenen Wahlgeschenken gespeist wird, kann die Anforderungen der Daseinsvorsorge und den Handlungsbedarf zum Klimaschutz in der Verkehrspolitik nicht erfüllen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Investitionen wie die an vielen Orten überfälligen Bahnhofsmodernisierungen oder der nötige Ankauf neuen Zugmaterials müssen weiter zurückgestellt werden. Das zusätzliche Landesgeld soll allein in den Erhalt von Fahrleistungen gegeben werden, damit die Fahrgäste in den nächsten Monaten möglichst wenig von den Kürzungen spüren.

Viele Gemeinden werden durch die damit steigende Unterfinanzierung der kommunalen Verkehrsunternehmen erhebliche Teile der vom Land nicht gedeckten Defizite zu tragen haben. Hinzu kommt die zusätzliche finanzielle Belastung der Kommunen durch die vom Land betriebenen Mittelkürzungen im Zuge der Änderung des Nahverkehrsgesetzes.