Protocol of the Session on September 18, 2003

Ich ziehe zurück.

Die nächste Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Harms.

Herr Minister, nachdem wir gestern über die OECD-Studie zu Hochschulen im internationalen Vergleich viel lesen konnten, die uns den Hinweis gegeben hat, dass Deutschland seine Kinder und Studenten im internationalen Vergleich vernachlässigt,

(Zuruf von der CDU: Das steht da nicht!)

dass Deutschlands Bildungswesen, gerade auch der Hochschulbereich, katastrophal unterfinanziert sei, wollen Sie uns heute nach wie vor verkaufen, dass extrem viel weniger Geld für die Hochschulen in Niedersachsen eine positive Perspektive darstellen würde?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Liebe Kollegin Harms, ich habe doch vorhin erläutert - auch da mache aus meinem Herzen überhaupt keine Mördergrube -: Jeder in diesem Haus hätte gerne mehr Geld für Wissenschaft, für Forschung, auch für Kultur, für Soziales, Erwachsenenbildung und, und, und.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Sie sind aber nicht jeder! Sie sind für diesen Bereich, den die OECD begutachtet hat, zuständig!)

Auch ich hätte dieses Geld gerne zusätzlich zur Verfügung, auch der Herr Ministerpräsident und der Herr Finanzminister. Aber: Es ist so, wie es ist. Wir haben es nicht. Wir können jetzt wieder stundenlang darüber streiten, wer dafür verantwortlich ist und wer nicht. Tatsache ist: Diese Regierung ist für fünf Jahre gewählt worden, ihre Pflicht zu tun. Wir haben die Hausaufgaben zu erledigen, die sich uns innerhalb eines extrem schwierigen Finanzrahmens stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt kann ich natürlich Folgendes machen: Ich kann sagen, so wie Sie das tun: Ich mache gar nichts; ich brauche mehr Geld! - Dann passiert aber nichts, sondern es wird sogar alles viel schlechter. Oder ich kann genau das machen, was z. B. die viel gelobten Finnen oder auch die viel gelobten Niederländer vor zwölf oder 13 Jahren unter dem gleichen Finanzdruck gemacht haben, unter dem wir stehen. Sie sind an die Arbeit gegangen. Sie haben Mut gehabt und Strukturen verändert. Herausgekommen ist ein besseres Hochschulsystem trotz geringer werdender Mittel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Hagenah.

Herr Minister, Sie haben uns vorhin erläutert, wozu es der geheimen Drohkulisse, dieser Streichliste des Ministeriums bedarf. Sie wollen die Unipräsidenten stärken, damit sie in ihren Häusern einen konstruktiven Dialog pflegen können und Ergebnisse herauskommen. Ist Ihnen bekannt, welche Blüten diese Drohkulisse bei den Unipräsidenten treibt? Mir ist von verschiedenen Seiten Folgendes zugetragen worden: Ein Unipräsident sagt auf die Frage, warum denn diese oder jene Kürzungsvorschläge von ihm kommen, ungestraft: Ich schieße in den Nebel und schaue dann anschließend, wer liegen bleibt. - Als Antwort auf die Frage, welche sachlichen Argumente für die Kürzung in dem einen oder anderen Fachbereich vorgebracht werden - -

Herr Hagenah, ich bitte Sie zu fragen.

Ich habe die Frage gestellt, was der Minister dazu sagt.

Die Frage haben Sie bereits gestellt. Jetzt folgt eine Erklärung.

Das zweite Beispiel, wozu ich gerne eine Aussage des Ministers dazu hätte, ob er das denn mit der Drohkulisse bewirken wollte, ist, dass die Unipräsidenten ihren Professoren und Assistenten in den Fachbereichen drohen - -

(Zuruf von der CDU: Frage!)

Herr Hagenah hat es so formuliert, dass er jetzt fragt. - Herr Hagenah, fahren Sie fort!

(Unruhe)

Ich bringe zwei Beispiele. Es gibt auch einen Unipräsidenten, der seinen Fachbereichen droht, Professoren und Assistenten würden unter entsprechendem Abzug der Gehälter vorzeitig in den Ruhestand versetzt, wenn sie nicht von sich aus Vorschläge dazu machten, wo sie denn abbauen wollten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wissen Sie jetzt eigentlich, was Sie fragen?)

Das verstößt gegen jedes Dienstrecht, gegen jede rechtliche Grundlage.

Das sind die Blüten, die Ihre Drohkulisse bei den Unipräsidenten zur Folge hat. Ich hätte gern gewusst, Herr Minister, ob Sie diese Auswirkungen Ihrer Drohkulisse bedacht haben, ob sie Ihnen zugetragen worden sind bzw. ob Sie es so gewollt haben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war jetzt die vierte oder fünfte Frage!)

Bevor der Minister antwortet, möchte ich darauf hinweisen: Es waren eben mit Goodwill drei Fragen, Herr Hagenah. - Herr Minister, es liegt an Ihnen, wie Sie es beantworten.

Ich weiß ja, was er meint.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Das ist aber eigentlich kein witziges Thema. Herr Hagenah, es ist völlig klar: Da, wo es Rechtsverstöße gibt, die uns angezeigt werden, wird das Haus, das ja auch die Rechtsaufsicht ausübt, tätig. Aber so, wie es schlechte und gute Politiker gibt, gibt es auch schlechte und gute Hochschulpräsidenten. Auch das ist eine Folge der Autonomie und der Stärkung der Präsidien. Ich kann dazu nur sagen: Je mehr Autonomie wir den Hochschulen verschaffen, desto häufiger wird wahrscheinlich auch ein Redebeitrag wie der Ihrige hier im Plenum oder an anderer Stelle gehalten werden. Wenn wir diesen Prozess wirklich konsequent gehen wollen, dann müssen wir auch in Kauf nehmen, dass die eine oder andere Hochschule schwach regiert, schwach bestimmt wird und dass sich das dann über den Wettbewerb rächt. Nach der Devise „Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass“ können wir diesen Prozess nicht betreiben, sondern wir müssen dann auch so etwas in Kauf nehmen.

Ich sage noch einmal: Wenn Sie konkrete Anhaltspunkte für Rechtsverstöße haben, dann teilen Sie sie mir bitte mit. Dann werden wir auch insoweit sehr schnell aktiv werden.

Eine zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Dr. Andretta.

Herr Minister, seit dem DFG-Ranking wissen wir, dass von unseren niedersächsischen Hochschulen - Sie haben es selbst erwähnt - nur noch die MHH, die Uni Hannover und die Uni Göttingen in der ersten Bundesliga mitspielen. Nun steht aber in der Ostfriesen-Zeitung zu lesen, dass gerade diese Hochschulen bei den anstehenden Sparmaßnahmen

besonders bluten müssen. Ist das Ihre Interpretation davon, Stärken stärken zu wollen?

Herr Minister!

Zunächst einmal stelle ich fest, dass die Tatsache, dass wir in den Ranking-Listen stark abgesackt sind, nichts damit zu tun haben kann, dass die CDU in den letzten 13 Jahren in der Opposition gesessen hat; vielmehr wird das andere Gründe haben. Da frage ich Sie: Haben Sie vielleicht Ihre Hochschulen unterfinanziert oder haben Sie sie unterfinanziert und gleichwohl die notwendigen Strukturveränderungen unterlassen?

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Lesen Sie doch einmal die OECD-Seiten!)

Frau Dr. Andretta, weil das so ist, müssen wir jetzt endlich das tun, was in den letzten Jahren mangels Mut nie getan worden ist. Das ist das Entscheidende.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Noch mehr sparen!)

- Zu Ihrem Einwurf „Noch mehr sparen“ habe ich doch jetzt alles gesagt! Frau Harms, bitte, Sie sind so eine intelligente, nette Kollegin. Angesichts dessen müssten Sie doch an dieser Stelle akzeptieren, dass wir darüber monatelang diskutieren können, aber dass wir kein zusätzliches Geld herbeizaubern können - Punkt. Wir haben eine Verantwortung künftigen Generationen gegenüber, denen wir nicht ständig neue Schulden auf die Schultern laden dürfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was den Artikel in der Ostfriesen-Zeitung anbelangt: Zurzeit wird viel spekuliert.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Es ist ein Zitat!)

Die üblichen Kriterien, die ich genannt habe, sind bekannt. Es gibt in der Tat Hochschulen, die in den letzten Jahren unterfinanziert worden sind, die sozusagen im Gesamtkontext Niedersachsen noch schlechter abschnitten, und es gibt Hochschulen, die etwas besser davongekommen sind und die

etwas mehr Speck haben ansetzen können. Das wird sich beim Strukturprozess auswirken. Ich glaube, das ist auch klar. Da kann man sich die Kriterien anschauen und eins und eins zusammenzählen. Das hat dazu geführt, dass es in diesem Land insoweit viele Gerüchte gibt. Diese werden aber schon in Kürze aus der Welt sein.

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Dr. Heinen-Kljajić.

Wie beurteilt die Landesregierung die Aussage des wissenschaftspolitischen Sprechers der FDPFraktion, Herrn Professor Dr. Zielke, in der Lüneburger Landeszeitung, das Wissenschaftsministerium sei mit der Aufgabe, die Kürzungsvorgaben umzusetzen, überfordert?

Herr Minister!

Ich höre diese Aussage zum ersten Mal. Da ich den Kollegen Zielke außerordentlich schätze, kann ich mir nicht vorstellen, dass er das so gesagt hat.

(Beifall bei der CDU)