Ein anderes Elternpaar hat gesagt: Wir wollen unser Kind unbedingt in die Gesamtschule schicken, weil die individuelle Förderstrategie dort besser ist. Dort kann es die Chancen besser optimieren als im gegliederten Schulwesen. Wir werden das juristisch durchkämpfen. Für uns gibt es keine Alternative.
Dann hat noch eine Mutter gesagt: Herr Jüttner, ich habe ein behindertes Kind. An der Gesamtschule ist die Integrationskraft höher. Deshalb soll mein Kind unbedingt auf diese Schule gehen.
Herr Busemann, was aber passiert in der schönen Stadt Neustadt? - Sie erzählen ja immer, die sollen ihre Kapazitäten ausschöpfen. Dort ist eine achtzügige Gesamtschule genehmigt, die zurzeit siebenzügig fährt. Der Schulelternrat und die Schulleitung wollen den achten Zug einrichten. Aber der Schulträger, die CDU-regierte Stadt Neustadt, verweigert das, und Sie unterstützen den Schulträger dabei. Das ist wirklich peinlich!
Sie sagen: „Wir müssen das in Ruhe beraten“ - Frau Korter hat gesagt, in diesem Zusammenhang geht es nur um eine Handvoll Wörter -, „das hat Zeit bis zum nächsten Jahr.“
Dazu nenne ich Ihnen ein zweites Beispiel: Bad Münder. Das ist ein schönes Beispiel. Seit der Abschaffung der Orientierungsstufe pendeln über 60 % der Kinder aus Bad Münder aus ihrem Wohnort aus, und zwar in die KGS nach Salzhemmendorf, nach Barsinghausen ins Gymnasium, nach Hameln ins Gymnasium und in andere Orte auch. Über 60 %! Man muss sich einmal vergegenwärtigen, was es für die Chancen und für die Lebensqualität bedeutet, dort eine Gesamtschule zu verweigern! Wer das verantworten kann, der muss wirklich einmal über sich nachdenken, Frau Körtner. Das ist die Situation.
Sie wissen genauso wie ich: Wenn das Schulgesetz nicht bis zum Ende dieses Jahres geändert wird, dann ist der Start dieser neuen Schulen im August nächsten Jahres nicht zu halten. Herr Busemann hat soeben draußen den Eltern wieder das Gegenteil erzählt. Fragen Sie Ihre Fachleute, die werden Ihnen das bestätigen.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Diese niedersächsische CDU hat null Interesse an einer Veränderung des gegliederten Schulwesens und wird jedweder Eröffnung von Gesamtschulen die
Der Beleg dafür steckt übrigens in Ihrem Wahlprogramm. Eine Woche nach der Ankündigung von Herrn Wulff haben Sie in Oldenburg getagt. Ich dachte, Sie hätten dann wenigstens die Traute, das, was er gesagt hat, über einen Änderungsantrag in das Wahlprogramm einzubringen nach dem Motto „Wir werden bei dem Thema Gesamtschulen eine leichte Öffnung vornehmen“. Nein, meine Damen und Herren, nichts. Darin steht: Wir haben ein gegliedertes Schulwesen, und ansonsten gibt es auch noch Gesamtschulen und Schulen in privater Trägerschaft, das soll so bleiben. - Nun könnten Sie ja sagen: Ein Wahlprogramm kann nicht so detailgetreu sein, Herr Jüttner, seien Sie doch nicht so eng an dieser Stelle!
Dazu sage ich Ihnen zum Abschluss - Lesen bildet -: Mir liegt hier ein Buch vor, das demnächst ein Bestseller ist: Christian Wulff - „Besser die Wahrheit“.
- Ich glaube, ich habe ein Rezensionsexemplar bekommen. - Herr Wulff traut sich, detailgetreu zu werden. Darin antwortet Herr Wulff - „Besser die Wahrheit“ - auf die Frage, wie er zu den Gesamtschulen steht: Wir schließen keine Gesamtschulen, aber wir eröffnen auch keine neuen. - So ist es. Das ist Christian Wulff! Wulff und Wahrheit - das verträgt sich nicht, meine Damen und Herren.
(Heiner Bartling [SPD]: Um Gottes Willen! - Weitere Zurufe von der SPD und Gegenrufe von der CDU - Unru- he)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gedacht, dass wir, wenn wir über Schulpolitik reden, wenn wir eine schulpolitische Debatte führen, in der es auch um die Zukunft unserer Kinder geht, hier eine angemessene Sachlichkeit an den Tag legen.
Herr Bartling, diese Zwischenrufe dienen nicht der Sachlichkeit. Herr Jüttner, auch Sie haben zumindest zeitweise die Sachlichkeit verlassen. Da gehen die Pferde mit Ihnen durch. Das nehmen wir Ihnen auch nicht übel. Ich wünsche mir, Sie kehren zu dieser Sachlichkeit zurück. Es geht nämlich um mehr als nur um den Wahlkampf, den wir hier führen müssen. Das ist nicht sachdienlich; das kann ich Ihnen sagen.
Meine Damen und Herren, unser Ministerpräsident hat angekündigt, unter ganz bestimmten Voraussetzungen auch neue Gesamtschulen in Niedersachsen einzurichten bzw. dass sie eingerichtet werden können. Dieser Vorstoß war schulpolitisch sehr folgerichtig.
Meine Damen und Herren, er war deshalb folgerichtig, weil wir die Eigenverantwortliche Schule auf den Weg gebracht haben und weil wir geeignete Instrumente für die Qualitätssicherung und die Qualitätskontrolle an unseren Schulen eingeführt haben. Weil diese Reformen jetzt greifen, können wir auf bestimmte Elternwünsche eingehen, wir können auf bestimmte regionale Besonderheiten andere Antworten geben, und wir können auch auf Wünsche der Schulträger andere Antworten geben und flexibler reagieren. Das ist der Wunsch aller hier im Landtag.
Meine Damen und Herren, was die Frage der Schulstrukturdebatte betrifft: Ich habe den Eindruck, als hätten Sie vieles von dem, was wir in den letzten zwei Jahren auf den Weg gebracht haben, was die Qualitätsverbesserung an den Schulen angeht, nicht mitbekommen.
Angesichts dieser Entwicklungen in den letzten zwei Jahren sind für mich, für alle, die draußen Schulpolitik machen, für Eltern, für Schulträger, die reinen Schulstrukturfragen nachrangig zu betrachten. Wir konzentrieren uns auf das, was inhaltlich neu zu machen ist.
Meine Damen und Herren, das Ziel unseres politischen Handelns sind und bleiben die innere Qualifizierung und Profilierung jeder einzelnen Schule. Das ist es, was die Eltern von uns mit Recht erwarten. Das ist auch das, was Ausbildungsbetriebe von uns mit Recht erwarten können. Die Qualität an unseren Schulen muss stimmen; denn das ist die Hauptsache, meine Damen und Herren.
Wir müssen sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler, die unsere Schulen verlassen, in der Lage sind, mit ihrem Wissen und Können eine berufliche Perspektive und damit auch eine Lebensperspektive zu schaffen. Darauf kommt es an. Aber umgekehrt muss auch die Wirtschaft - das zeigen die vielen Gespräche - davon ausgehen können, dass unsere Schüler über ganz bestimmte Kompetenzen verfügen, die der Markt braucht und die in Zukunft gefordert sind. Unser Land muss damit auch im internationalen Wettbewerb auf Dauer bestehen können. Das ist unser Anspruch an die Schulpolitik, meine Damen und Herren.
Das Signal, das der Ministerpräsident ausgesandt hat, ist in Niedersachsen angekommen. Sie spüren es doch auch!
In Niedersachsen wird eine Schulpolitik gemacht, die allein an den Interessen der Kinder und Eltern orientiert ist, mit Weitblick und Zukunft, ohne ideologische Scheuklappen und ohne die Debatte, die Sie seit fünf Jahren hier jedes Mal wieder anfangen.
- Außer bei Ihnen, habe ich den Eindruck, meine Damen und Herren. Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie nicht gerne hören, dass das angekommen ist. Es ärgert Sie einfach, dass unser Minis
Meine Damen und Herren, Sie merken gleichzeitig, dass Ihre Politik aus den 70er-Jahren eben nicht im Zeichen der Zeit ist. Das merken Sie.
Wir sind stolz darauf, was wir in den letzten viereinhalb Jahren alles auf den Weg gebracht haben. Was wirklich schön ist: Wir sehen die ersten Erfolge. Wir freuen uns darüber, meine Damen und Herren, dass es weniger Zurückstellungen gibt. Wir freuen uns darüber, dass mehr Schüler unsere Schulen mit einem Abschluss verlassen. Wir freuen uns darüber, dass in den ersten Klassen der Grundschule Migrantenkinder besser Deutsch sprechen. Wir freuen uns auch darüber, dass Niedersachsen beim Bildungsmonitor auf Platz sechs gekommen sind. Darüber sollten Sie sich vielleicht auch einmal freuen.
Aber wir wissen natürlich auch, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Wir haben im Lande Niedersachsen 60 Gesamtschulen. Alle konnten sich weiterentwickeln. Einige haben es auch getan. So haben wir z. B. drei gymnasiale Oberstufen an Gesamtschulen genehmigt. Wenn wir jetzt den Wünschen einiger Schulträger und Eltern nachkommen und einige Gesamtschulen einrichten,
heißt das, dass wir diese Gesamtschulen als Ergänzung zum differenzierten Schulsystem einführen, von mir aus auch als Konkurrenz - das kann man nehmen, wie man will. Aber das ist ja auch in Ordnung. Sie sind fester Bestandteil unserer Schullandschaft und unterliegen der gleichen Bewertung wie andere Schulen. Das Ergebnis dieser Bewertung werden die Leistungen dieser Schulen zeigen.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist und bleibt das Land des differenzierten Schulwesens mit einer Vielfalt von Schulen.
Und es bleibt das Land, das auf Eigenverantwortung setzt. Wir wollen keine flächendeckende Umwandlung von Schulen in Einheitsschulen.