Und es bleibt das Land, das auf Eigenverantwortung setzt. Wir wollen keine flächendeckende Umwandlung von Schulen in Einheitsschulen.
Die übergroße Mehrheit der Menschen in diesem Lande will und trägt das differenzierte Schulsystem, meine Damen und Herren. Das sind eben nicht nur Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Das behaupten Sie ja immer so gern. Das sind vielmehr unsere Haupt- und Realschulen, unsere Grund- und Hauptschulen, unsere zehn Förderschulformen, unsere KGS’en, unsere IGS’en, unser sehr differenziertes Schulsystem bei freien Schulen. Alle Schulen haben ihre besonderen Schwerpunkte und Schulprogramme. Die Menschen in Niedersachsen stehen hinter diesen Schulen.
Meine Damen und Herren, ich sage in aller Klarheit: Es nutzt nichts - Frau Korter, Sie haben es wieder probiert; Sie machen es immer wieder -, hier bestimmte Schulformen, wie z. B. die Hauptschule, zu diffamieren.
Wer die Hauptschule so diffamiert, wie Sie das über die Jahre getan haben, diffamiert auch die Kinder, die in den Hauptschulen unterrichtet werden, und diffamiert die Lehrer. Auch da wird individueller Unterricht gemacht. Da wird besondere Förderung gemacht. Da werden besondere Projektarbeiten gemacht. Schauen Sie sich doch einfach einmal an, welche besonderen Projekte Hauptschulen im Rahmen der Ideen-Expo geleistet haben. Das ist aller Achtung wert. Das muss man auch einmal erwähnen, anstatt die Schulen schlechtzureden.
Meine Damen und Herren, Sie reden sie deswegen schlecht, weil Sie Argumente für die Einheitsschule brauchen. Das ist der Hintergrund. Auf die Unterschiedlichkeit unserer Kinder kann man jedoch nicht mit einer Einheitsschule antworten. Unsere Kinder brauchen differenzierte Angebote mit hoher Durchlässigkeit. Das haben wir in Niedersachsen geschaffen.
Es ist bestimmt auch falsch, eine Einheitsschulform - wie Sie es machen - von oben zu verordnen, dem ganzen Land überzustülpen. Das kann nicht sinnvoll sein. Das ist eine Politik - so hat es der alte Landeselternrat gesagt - der totalen Entmündigung von Eltern und von Schulträgern. Eine sol
Herr Jüttner, Sie haben hier etwas vorgelegt, und die Grünen haben etwas vorgelegt. Wenn man Ihnen jedoch genau zugehört hat, dann konnte man feststellen, dass Sie einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der nicht mit dem übereinstimmt, was Sie auf Ihrem Programmparteitag im Juni beschlossen haben.
- Nein. Sie haben heute erklärt, man könne ein Nebeneinander von gegliedertem und integriertem Schulsystem zulassen. Das ist indirekt das Anliegen des Gesetzentwurfs, den Sie heute eingebracht haben. Das Programm, das Sie beschlossen haben, sieht aber nicht ein Nebeneinander von gegliederten Schulen und Gemeinschaftsschulen vor. Es ist auch nicht vorgesehen, dass die Eltern wählen können, in welche Schule sie ihr Kind schicken.
„An den gemeinsamen Schulen werden alle Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I (Jahrgänge 5 bis 10) gemeinsam beschult.“
Sie sollten das darstellen, was Sie wirklich wollen, wenn Sie denn eine Regierung übernehmen wollen.
Das ist die Wahrheit, und das ist beschlossen; das müssen Sie tun. Ich fordere Sie also auf, einen umfassenden Gesetzentwurf einzubringen, der alle Details um die Einführung Ihrer Einheitsschule, Ihrer gemeinsamen Schule regelt.
Wir wollen gerne wissen, wie viele Eltern nötig sind, um eine solche Schule einrichten zu können. Wir wollen gerne wissen, wie die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer ist usw. Ich finde, es ist für eine Partei mit einer so großen Tradition, wie Sie sie auch im Bildungsbereich haben - das will ich gerne akzeptieren -, zutiefst blamabel, dass Sie hier nicht in der Lage sind, ein vom Parteitag beschlossenes Konzept im Landtag öffentlich zur Diskussion zu stellen. Ich finde, das ist zutiefst blamabel.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Noch mehr Ablenkungsmanöver! - Walter Mein- hold [SPD]: Warten Sie mal ab!)
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen genau erklären, warum Sie das nicht tun. Wenn die Menschen in Niedersachsen wüssten, was die SPD für den Fall, dass sie die Regierung übernehmen würde, will, nämlich dass sie alle Kinder eines Jahrgangs in eine gemeinsame Schule schicken will, dann würden Sie eine Riesenprotestwelle hier im Lande ernten. Die ist größer als die heutige Demonstration für Gesamtschulen; das kann ich Ihnen sagen. Konsequenz dieser Einheitsschule, die Sie jedenfalls gemäß Ihrem Parteiprogramm wollen, wäre ein dramatisches Schulsterben im Lande Niedersachsen.
Eine weitere Konsequenz wäre, dass es in Niedersachsen auf Dauer keine Hauptschule, keine Realschule, kein Gymnasium und auch keine Förderschulen mehr gibt. Das ist so nachzulesen. Dass ist das, was Sie beschlossen haben. Dazu müssen Sie schon stehen.
Deswegen frage ich allen Ernstes: Glauben Sie wirklich, dass Sie in weiten Teilen des Landes Niedersachsen eine neue Schulstruktur ohne Gym
Herr Jüttner, wenn Sie so oft Bad Münder erwähnen, dann müssen Sie auch einmal sagen, was Sie dort erklärt haben. Sie haben dort auch eine Absetzbewegung von Ihrem Parteiprogramm gemacht. Sie werden zitiert:
„Gesamtschulen sind nicht das Allheilmittel. Sie sind nicht das Nonplusultra. Aber ich möchte, dass der Elternwille zur Geltung kommt.“
Sehr schön! Erst einmal haben Sie sich von den Gesamtschulen abgesetzt. Das ist schon einmal interessant. Das muss man ja gar nicht. Man kann ja dazu stehen. Aber man muss es so machen, wie wir es tun. Was den Elternwillen anbetrifft, Herr Jüttner, so frage ich Sie: Was ist denn der Elternwille wirklich wert, wenn Eltern überhaupt keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr haben, so wie Sie es in Ihrem Wahlprogramm darstellen?
Wir haben zwei große Schritte umgesetzt - ich wiederhole es -: Wir haben das gegliederte Schulsystem deutlich gestärkt. Darüber hinaus war es auf dem Weg zu mehr Eigenverantwortung unserer Schulen nötig, Instrumente zu schaffen, die uns als Staat in die Lage versetzen, Qualitätsvergleiche zwischen den Schulen durchzuführen. Alle Schulen müssen sich jetzt vor dem Hintergrund der Standards, der zentralen Prüfungen und der Schulinspektion fortlaufend bewähren. Gerade weil wir diese Instrumente des Qualitätsvergleichs eingeführt haben, meine Damen und Herren, ist es jetzt auch möglich, Gesamtschulen zu zulassen.
Wir werden also das Schulgesetz ändern. Wir werden das nach der Wahl in aller Ruhe tun und uns die Zeit nehmen, die notwendig ist. Leitgedanke bei dieser Schulgesetzänderung wird sein, dass auch dort, wo wir zukünftig die Neueinrichtung von Gesamtschulen zulassen, die Eltern eine echte Wahlmöglichkeit zwischen dem gegliederten Schulsystem und den Gesamtschulen haben.
(Heinrich Aller [SPD]: Warum seid ihr so traurig? - David McAllister [CDU]: Weil ich Sie gerade sehe!)
Meine Damen und Herren, diese Debatte, die von der SPD und von den Grünen angestrengt wurde, lenkt von den notwendigen inneren Reformen der Schule ab. Sie verunsichert Eltern und Schulträger. Sie ist nicht finanzierbar und löst kein Problem, sondern behindert die notwendigen Schritte auf dem Weg zu mehr Qualität.
(Zustimmung bei der CDU - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Verhaltener Bei- fall! - Heinrich Aller [SPD]: Was Sie da sagen, glaubt Herr Wulff doch alles nicht; denn er ist dafür!)
Unser Leitbild bei der inneren Reform des Schulwesens, unsere Vision - wenn Sie so wollen - ist die Eigenverantwortliche Schule. Wir wollen eine Schule, in der Schulleitung, Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler und Schulträger gemeinsam die Verantwortung dafür tragen, dass die schulische Arbeit von guter Qualität ist. Alle gemeinsam haben die Verantwortung dafür, dass es besser wird. Auf diesem Wege sind wir schon, und wir werden das Schulgesetz in aller Ruhe nach der Wahl 2008 ändern.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Jüttner, Sie können davon ausgehen, dass ich bzw. wir Ihnen besonders aufmerksam zugehört haben. In einer solch wichtigen Debatte nicht einmal das Wort „Qualität“ zu benutzen, ist enttäuschend.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Das sagt etwas über die Qualität des Kandida- ten!)