Dezember 2006: Die SPD forderte die Abschaffung der Kita-Gebühren. Die CDU lehnte das damals ab. Im Februar 2007 war die Gebührenabschaffung ein CDU-Projekt.
Januar 2007: Kinderrechte in die Verfassung, Änderungsantrag der SPD-Fraktion - „Blödsinniger Vorschlag“. Wenige Wochen später: Heimlich, ohne erste Lesung, als CDU-Vorschlag eingebracht.
Im gesamten Jahr 2006 werde ich vom gegenwärtigen Ministerpräsidenten wegen meiner Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn beschimpft. Noch im Juli lehnen CDU und FDP einen entsprechenden Antrag hier ab. In den letzten Tagen lese ich: Herr Wulff findet den Mindestlohn sehr bedenkenswert und überzeugend und ist dafür.
Herr Wulff, ich finde, den krönenden Höhepunkt haben Sie am letzten Sonnabend gesetzt. Da haben Sie erstmalig - wie ich zur Kenntnis genommen habe - die geförderte Altersteilzeit für sich entdeckt.
Im März dieses Jahres ist man in diesem Landtag über mich hergefallen, weil ich mit meiner Fraktion für geförderte Altersteilzeit sei, das sei Fundamentalradikalismus und noch schlimmer, als die PDS überhaupt sein könnte. Herr Wulff, herzlich willkommen im Club!
Herr Wulff, wir haben es hier mit Anscheinserweckung und der Vorbereitung von Wahllügen zu tun. Darum geht es, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der SPD - Heiner Bartling [SPD]: Besser die Wahrheit! Und nicht immer diese Verlogenheit! - Gegenruf von Joachim Albrecht [CDU]: Ord- nungsruf! - Gegenruf von Heiner Bart- ling [SPD]: Gerne! - Zuruf von der CDU: Sanitäter! - Anhaltende Zurufe von allen Fraktionen)
Wenn Sie zur Ruhe gekommen sind, können wir fortfahren. Vorher nicht. Ich bitte im Übrigen Herrn Bartling, sich bei seinen Äußerungen zurückzuhalten.
Jetzt kommen wir zum Thema Gesamtschulen. Ich zitiere Herrn Wulff vor dem Philologenverband am 30. November 2005:
„Wir genehmigen keine neue Gesamtschule, weil diese Schulform nachweislich all das nicht einhält, was sie verspricht, weder die soziale Integration noch die optimale Förderung ihrer Schüler.“
Meine Damen und Herren, ich räume ein, dass ich mich verschätzt habe. Ich habe ernsthaft geglaubt, dass bei diesem Thema die Ideologie über den Opportunismus siegt.
Mein Eindruck war übrigens, dass Herr Busemann der gleichen Einschätzung war. Aber dann hat ihn sein Ministerpräsident - lassen Sie mich nachsehen - am 18. September 2007 aus seinem intellektuellen Tiefschlaf herausgerissen. Denn Herr Wulff hat in der HAZ erklärt:
„Dort, wo es bisher keine Gesamtschulen gibt und wo die Kommunen als Schulträger diese unbedingt haben wollen, soll auch eine eingerichtet werden können.“
Meine Damen und Herren, das ist der niedersächsische Wackel-Wulff - Jüttner lobt den WackelWulff. Ich finde, diese Position geht nicht weit genug. Aber das wäre ein Schritt in die richtige Richtung, wenn es ernst gemeint wäre, meine Damen und Herren.
Gegenüber dem Durcheinander, das wir seit diesem 18. September in der CDU-Fraktion erleben, ist ein niedersächsischer Hühnerhaufen eine militärische Grundformation.
Das beginnt zwei Tage später mit dem ersten Diener seines Herrn, Herrn McAllister, der, weil er auch für Elternwillen ist, Gesamtschulen jetzt sogar unterstützen will.
hat schon zwei Tage später - nachdem das alles für uns ja überraschend kam - öffentlich gemacht, dass schon seit Monaten an diesem Thema gearbeitet wird. Seit Monaten!
Ich zitiere die Deister-Weser-Zeitung: Frau Körtner ließ durchblicken, dass fünf weitere Standorte für Gesamtschulen ins Auge gefasst seien und dabei auch schon an Bad Münder gedacht werde.
Damit war klar: Nur wir waren überrascht. Die CDU war einbezogen. Das war lange vorbereitet, und die zusätzlichen Standorte standen schon fest. - Das habe ich jedenfalls bis heute früh geglaubt. Denn heute früh lasen wir die Berichterstattung im rundblick: Herr Busemann hat am Montagabend in einer Philippika vor den Journalisten mal richtig vom Leder gezogen und uns bei der Gelegenheit neue Weisheiten mitgeteilt, nämlich dass es noch Bedarf für zwei bis drei neue Standorte geben könnte. Frau Körtner, das wird eng für Bad Münder. Das will ich Ihnen nur sagen.
So geht das weiter, meine Damen und Herren. Frau Mundlos sagt: Der Elternwille ist für uns richtungweisend. - Eine ganz neue Erfahrung, großartig!
Einer richtigen philosophischen und rechtlichen Herausforderung muss sich Herr Althusmann stellen - der ja, wie wir heute Morgen wieder gesehen haben, übender Staatsschauspieler ist -, der sich beim Thema Schaumburg auf glattes Eis begibt.
Meine Damen und Herren! Herr Althusmann ist in dem Dilemma, dass dort, wo es schon eine Gesamtschule gibt, keine mehr hin soll, in Schaumburg die Lage aber besonders prekär ist. Da wird
natürlich gefragt: Was ist mit Schaumburg? - Herr Althusmann sagt: Eine Gesamtschule wird möglicherweise genehmigungsfähig sein. - Herr Wulff, das ist wirklich eine klasse Ausgangslage, in die Sie Ihre Fraktion gebracht haben.
Es gibt auch welche, die sind sehr dezent und zurückhaltend. Zum Beispiel hat Herr Langspecht in Celle gesagt: Na ja, da wird wahrscheinlich nichts draus, gucken wir mal, was nächstes Jahr ist.
Das ist eine 1-a-Veranstaltung. Ich bedanke mich ganz herzlich, obwohl mir das in der Sache richtig wehtut.
Sie reden von Elternwillen. Wir haben hier darüber diskutiert: 2 000 Schüler sind von Gesamtschulen abgelehnt worden - diese Zahl bezieht sich übrigens nur auf Standorte, an denen es Gesamtschulen gibt. An anderen Standorten können Schüler gar nicht abgelehnt werden, weil es da gar kein entsprechendes Angebot gibt. Das heißt, die Anzahl der Eltern, die ihre Kinder auf Gesamtschulen schicken wollen, wird viel größer sein.
Warum aber schicken Eltern ihre Kinder eigentlich auf eine Gesamtschule? - Ich war in Neustadt und habe mit Eltern geredet, deren Kinder von der dortigen Gesamtschule abgelehnt worden sind. Ein Elternpaar hat mir gesagt: Unser Kind ist ein „Kippelkind“, das steht zwischen Gymnasium und Realschule. Wir haben die Befürchtung, dass es im gegliederten Schulwesen nach kurzer Zeit zu einem Schulwechsel käme. Das wollen wir unserem Kind nicht zumuten. Es soll seine Freunde nicht verlieren und nicht beschämt werden. In der Gesamtschule müsste es sozusagen nur einen Klassenraum weiter und bliebe im gleichen Freundeskreis.
Ein anderes Elternpaar hat gesagt: Wir wollen unser Kind unbedingt in die Gesamtschule schicken, weil die individuelle Förderstrategie dort besser ist. Dort kann es die Chancen besser optimieren als im gegliederten Schulwesen. Wir werden das juristisch durchkämpfen. Für uns gibt es keine Alternative.