Protocol of the Session on September 12, 2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor wir auch in kommenden Aktuellen Stunden von der FDP als Opposition in der Koalition hier in Niedersachsen zu hören bekommen, was sie alles gerne machen möchte, aber in der Praxis nicht hinbekommt, empfehle ich ihr zunächst eine grundsätzliche Erneuerung ihrer tatsächlichen Politik im Segment „Zuwanderung und Integration“. Sonst bleiben das hier Fensterreden, die keinem nützen, aber viele Enttäuschungen bei denen verursachen, die Ihnen vielleicht zunächst noch glauben, was Sie hier sagen, Herr Bode. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Klaus Ri- ckert [FDP]: Schönen Dank, Herr Ha- genah, für Ihren Beitrag! Wir sind be- geistert! - Karl-Heinz Klare [CDU]: So lehrreich! Man könnte mitschreiben!)

Das Wort hat der Kollege Rolfes.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bachmann, ich sage es Ihnen ganz offen: Ich nehme Ihnen ohne Weiteres ab, dass Sie sich mit Herz, aber auch mit Verstand für Integration, für Asylbewerber insgesamt einsetzen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das Erste stimmt!)

Aber ich weiß nicht, warum in Ihren Reden hier immer Polemik und persönliche Angriffe gegen einen Innenminister dabei sein müssen, der nichts anderes macht, als das Recht, das auf Bundesebene mit großem Konsens verabschiedet worden ist, hier umzusetzen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Er verhindert auf Bundesebene Fort- schritte!)

Ich weiß nicht, warum Sie sich nicht so weit disziplinieren können, dass man das hier einmal in aller Sachlichkeit diskutieren kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, fünf Monate ist es her, dass wir das letzte Mal eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema hatten. Ich kann einfach auf den Redebeitrag von damals verweisen und heute das, was sich zwischendurch entwickelt hat, hier anführen. Ich stelle grundsätzlich fest, dass die SPD es in diesen fünf Monaten geschafft hat, sich bei diesem Thema auf uns zu zu bewegen. Hintergrund dieses begrüßenswerten Sinneswandels ist die Klausurtagung der Bundesregierung in Meseberg am 23. und 24. August 2007. Dort wurde vereinbart:

„Um eine verlässliche Grundlage für Entscheidungen zur Zuwanderung zu schaffen, werden die zuständigen Ressorts zügig einen Vorschlag über ein systematisches Monitoring zur Ermittlung des Bedarfs entwickeln.

Wir wollen eine arbeitsmarktadäquate Steuerung der Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte vorsehen und die Position unseres Landes im Wettbewerb um die Besten stärken....

Die Bundesregierung wird hierfür ein Konzept für eine Zuwanderung entwickeln... Bei der Erarbeitung des Konzeptes sollen... die Erfahrungen anderer Länder bei der arbeitsmarktbezogenen Steuerung von Zuwanderung einbezogen werden.“

Da kann man nur sagen: Warum nicht gleich so? Unser Innenminister hatte damals schon seinen Vorschlag gemacht. Was das Punktesystem betrifft, hat Herr Bachmann eben gesagt, das hätte man mit der SPD ganz leicht hingekriegt. Ich finde, wir sollten uns trösten. Wenn es in Berlin eine andere Koalition gibt, etwa eine wie hier in Niedersachsen, dann werden wir über dieses Punktesystem ganz sicher vernünftig ins Gespräch kommen können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, erfreulich ist auch, dass schon zum November bei Maschinenbau- und Elektroingenieuren aus den zwölf neuen EU-Staaten die Vorrangprüfung abgeschafft werden soll. Dieses Verfahren bedeutet, dass zunächst immer geprüft werden musste, ob sich nachteilige Aus

wirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt ergeben.

(Vizepräsident Ulrich Biel über- nimmt den Vorsitz)

Wir müssen aber noch einen Schritt weiter gehen. Die bürokratische Vorrangprüfung sollte insbesondere in Regionen mit Fachkräftemangel vollständig entfallen, wenn der Hochschulabsolvent einen Arbeitsplatz nachweisen kann.

Die Bundesregierung ist sich auch einig, dass künftig ausländische Studenten, die ihren Abschluss an einer deutschen Hochschule gemacht haben, ohne Vorrangprüfung arbeiten dürfen. Sie haben ein Jahr Zeit für eine Jobsuche und dürfen dann drei Jahre bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem Lob für den Sinneswandel von Müntefering und einigen anderen wichtigen Politikern der SPD in diesem Falle bleibt oberstes Anliegen - das ist hier einvernehmlich; das muss man eigentlich gar nicht extra betonen - selbstverständlich die Anstrengung, die Arbeitskräfte im hiesigen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Daher begrüßen wir das Ziel, an der Förderung deutscher Spitzenkräfte festzuhalten. Wir können es uns auf Dauer nicht erlauben, eigene Fachkräfte in großer Zahl auszubilden und diese dann ins Ausland ziehen zu lassen, beispielsweise weil dort mehr gezahlt wird. Wir werden auch alle Möglichkeiten der Ausbildung und der Förderung von qualifizierten Nachwuchskräften hier in Deutschland ausschöpfen müssen. Richtig ist: In beiden Bereichen gibt es wegen des Fachkräftemangels dringenden Handlungsbedarf. Die Bremser dürfen dabei nicht im Weg stehen. Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Nun hat der Innenminister das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass diejenigen, die politisch verfolgt werden, die eine geschlechtsspezifische Verfolgung über sich ergehen lassen mussten, in unserem Lande ein Aufenthaltsrecht und dann auf jeden Fall

die Fürsorge der Gesellschaft und des Staates bekommen. Die Integrationsmaßnahmen gerade in diesem Bereich sind wichtig. Da lassen wir uns wirklich von keinem übertreffen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Genauso war zumindest bisher Konsens, dass diejenigen, die getäuscht haben, die falsche Angaben gemacht haben, die Straftaten begangen haben oder die es sich im Sozialsystem gemütlich gemacht haben, nicht die Möglichkeit haben, in unserem Land zu bleiben, und auch nicht die Solidarität unserer Gesellschaft genießen können.

(Zustimmung bei der CDU und der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Da sind wir uns einig! Reden Sie zur Sache!)

- Ich habe deshalb darauf hingewiesen, weil Herr Hagenah hier zwei Beispiele beigebracht hat. Auf das eine reagiere ich sofort. Zu dem anderen wird gerade noch ermittelt; dazu werde ich nachher sagen, wie es genau gewesen ist.

Sie haben gesagt, eine bulgarische Familie mit akademischen Abschlüssen sei abgeschoben worden. - Diese Familie war hier. Sie hat bis zuletzt behauptet, sie seien Libanesen. Sie hat hier ausschließlich von öffentlichen Mitteln gelebt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie durfte doch nicht arbeiten!)

Ich sage: Wenn man bis zum Schluss falsche Angaben macht, hat man keine Chance, in unserem Land zu bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Georgia Langhans [GRÜNE]: Sie ha- ben doch keine Arbeitserlaubnis be- kommen!)

- Sie wissen genau, dass diese Landesregierung im Bundesrat eine Alternative gestartet hat, auf die Vorrangprüfung bereits nach einem Jahr zu verzichten, sodass dann freier Zugang zum Arbeitsmarkt besteht. Abgelehnt hat das Herr Müntefering. Das darf man der linken Seite einmal sagen. Das ist die Wahrheit in diesem Bereich.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Meine Damen und Herren, es geht aber vor allen Dingen darum, dass man denjenigen, die hier da

für sorgen, dass unsere Wirtschaftskraft noch weiter an Dynamik gewinnt, wirklich eine Möglichkeit gibt, hier auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Es ist falsch, sich hier abzuschotten und zu sagen, sie würden hier Arbeitsplätze in irgendeiner Weise gefährden. Im Gegenteil, wir haben eben nicht die Rohstoffe, wir müssen alles daransetzen, den Wettbewerb um die klügsten Köpfe zu gewinnen.

Richtig ist auch, dass wir hier in Deutschland, in Niedersachsen eine Qualifizierungsoffensive auf den Weg bringen müssen. Das ist in Meseberg beschlossen worden; das ist auch richtig. Wir in Niedersachsen haben es als Einzige ermöglicht, dass diejenigen, die mit einer akademischen Ausbildung, die aber hier nicht anerkannt wird, aus dem Ausland zu uns kommen, mit einem Ergänzungsstudiengang eine Anerkennung erreichen können, gerade in sozialen Berufen. Wir werden dies auf die technischen Berufe ausdehnen.

Es ist doch aber genauso richtig, dass wir keine Angst vor denjenigen haben müssen, die hoch qualifiziert sind und aus dem Ausland hierherkommen wollen. Deshalb haben wir den Vorschlag gemacht, dass die Einkommensgrenze im ersten Schritt auf 60 000 Euro abgesenkt wird. Aus meiner Sicht kann sie sogar noch weiter gesenkt werden, weil wir wissen, dass Hochschulabsolventen, wenn sie in den Beruf einsteigen, normalerweise 40 000 Euro oder sogar weniger verdienen.

Der zweite Schritt ist, dass wir Selbstständigen die Möglichkeit geben müssen, hier Fuß zu fassen und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Es macht keinen Sinn, 500 000 Euro an Investitionen vorzugeben. Auch diese Summe muss meiner Ansicht nach gesenkt werden. Ich hoffe, dass wir auch diesbezüglich unser Ziel erreichen.

Zum Schluss möchte ich etwas zum Punktesystem sagen, weil dieses - das ist richtig - seit Längerem in der Diskussion ist. Für mich ist bisher die Voraussetzung dafür, hier ein Aufenthaltsrecht zu bekommen, immer gewesen, dass man einen Arbeitsplatz nachweisen kann. Das ist beim Punktesystem, so wie es in anderen Ländern praktiziert wird, nicht der Fall. Vielmehr wird nach gewissen Kriterien verfahren, etwa danach, dass jemand ein Hochschulstudium absolviert hat, diese und jene Voraussetzungen mitbringt oder diese oder jene Integrationsmaßnahme durchlaufen hat. Wenn wir über ein Punktesystem nachdenken, darf man meiner Meinung nach nicht nur die Qualifizierung zur Voraussetzung für die Gewährung eines Auf

enthaltsrechtes machen, sondern auch fordern, dass jemand tatsächlich einen Arbeitsplatz hat. Ansonsten wird es schwierig und es wäre meiner Ansicht nach auch nicht gerecht, zumal wir nicht wissen, was in den nächsten Jahren in diesem Bereich passiert.

Ein Punktesystem ist bürokratisch; denn Sie müssen Prüfungen vornehmen und Festlegungen treffen. Dennoch bin ich bereit, darüber ganz intensiv zu reden, und zwar nicht nur hier im Lande, sondern durchaus auch auf Bundesebene. Die Große Koalition hat ja festgelegt, dass dies ein Thema sein soll. Mir ist wichtig, dass wir das kleine Pflänzchen Wirtschaftswachstum nun wirklich relativ schnell unterstützen und relativ schnell den Fachkräftemangel beseitigen können. Hochqualifizierung, Qualifizierungsoffensive - das ist etwas, was wir angehen müssen. Es ist aber überhaupt keine Frage, dass dies dauert. Was wir jetzt brauchen, sind kurzfristige Lösungen, damit wir in unserem Lande bessere Innovationen absichern können.

Deshalb wäre ich sehr froh, wenn wir hier gemeinsam erklären könnten, dass wir auf Bundesebene diese Initiative aus Niedersachsen weiter verfolgen, die Einkommensgrenze auf 40 000 Euro zu senken und auch bei den Selbstständigen mit der Investitionssumme herunterzugehen.

Herr Minister, die fünf Minuten sind weit überschritten.

Ich glaube, wir sollten gerade bei diesem Punkt nicht immer alles daransetzen, zwanghaft in irgendeiner Weise Gegensätze aufzubauen. Ich glaube, wir sollten gerade im Bereich der Ausländerpolitik, aber auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik alles daransetzen, damit wir hier eine Gemeinsamkeit erreichen.

(Zuruf von der SPD: Dann lassen Sie doch auch diese Angriffe auf Herrn Müntefering!)

Ich kann nur sagen: Gerade was die Asylpolitik angeht, liegt das, was wir in diesem Bereich in den letzten fünf Jahren auf den Weg gebracht haben, durchaus auf der Linie, die auch von anderen Regierungen verfolgt wurde. Ich glaube, dass es gut

ist, hier einen Konsens zu haben. Dazu lade ich Sie ein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

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