Protocol of the Session on July 12, 2007

(Ah! bei der CDU)

Ich erinnere mich: Vor 1994 freute ich mich auf einen Einstieg in den Landtag. Damals war ich noch interessierter Zeitungsleser. Da hatten Sie hier, glaube ich, Herrn Bruns als Fraktionsvorsitzenden, aus Emden. Der hatte das so genial organisiert, dass Sie bis heute keine IGS in Emden haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der wusste, warum - ein kluger Mann. Das muss ich ehrlich sagen. So läuft es doch immer. Bei allem Respekt: Es gibt schwarze Hochburgen, es gibt rote Hochburgen. Das ist schon alles in Ordnung. An der Ems-Achse verstehen wir uns bestens. Aber wie genial das manchmal gemacht wird: Hier werden riesige Reden gehalten und Parteitagsbeschlüsse gefasst, wie man das Volk verwöhnen will, und wenn es dann Realität wird, sagt man dann: Donnerwetter! Das Hemd ist näher als die Hose - oder umgekehrt. Das machen wir lieber einmal nicht. - Ich weiß es nicht. Oder ob man da den politischen Schub nicht richtig erzeugt? 29 Standorte über 13 Jahre, das sind etwas mehr als zwei Standorte pro Jahr. Das ist eigentlich eine sehr blamable Ausbeute.

Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Wenn die richtige Regierung mit dem richtigen Schub, den richtigen Leuten und dem richtigen Finanzminister - zusammen mit der ganzen Regierung - dahintersteht,

(Ralf Briese [GRÜNE]: Am Thema vorbei!)

dann kann man in vier Jahren z. B. die Zahl der Ganztagsschulen, Herr Kollege, von 155 auf 546 erhöhen. Man kann Hochbegabtenverbünde und vieles mehr machen.

(Beifall bei der CDU)

Man kann mithilfe des Bundes doch einmal 400 Millionen Euro für Ausbaumaßnahmen organisieren, die mit unserer Richtlinienkompetenz in ein paar hundert Standorte hineingebracht werden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Auch noch Berliner Geld einkassieren!)

Was meinen Sie, welche Entwicklung sich da im Lande ergeben hat, wie wir in vier Jahren die Bildungslandschaft in Niedersachsen nach vorne gebracht haben? Wie Sie es hingekriegt haben, in 13 Jahren nur bescheidene 29 Standorte aus der Taufe zu heben, obwohl Sie so stramme Parteiprogramme, -beschlüsse und was nicht alles haben, das ist schon ein Kunststück in sich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Meinhold, bitte sehr!

Herr Minister - erste Frage -, Sie haben eben auf die Frage der Kollegin Bertholdes-Sandrock zum Leistungsstand der Gesamtschulen gesagt, dass sie zwischen den Haupt- und den Realschulen liegen. Trifft das aus Ihrer Sicht auch auf die Gesamtschulen in Niedersachsen zu?

Zweite Frage. Glauben Sie tatsächlich, dass eine solch große Zahl von Eltern ihre Kinder bewusst an eine minder leistungsfähige Schule entsenden möchte?

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Meinhold, zuerst zu der Einschätzung auf der Grundlage der PISAStudie, dass die Gesamtschule zwischen der Haupt- und Realschule liegt, was die Kompetenzen angeht. Manchmal ist es schwer, Ergebnisse auf ein Land herunterzubrechen, weil die Zahlen der zu testenden Schulen und Schüler im Vergleich zum Gesamtsystem entsprechend gering sind. Man kann diese Analyse für den Sek-IBereich auf Niedersachsen übertragen, aber nicht für den Sek-II-Bereich. So weit müssen wir differenzieren.

Was die Eltern anbelangt: Es ist doch wohl völlig klar, das ist hier unstreitig, dass die Eltern für ihre Kinder immer das Beste wollen. Dass sie manchmal an den IGS-Standorten gewisse Vorzüge in

den IGSen für ihre Kinder sehen, ist auch völlig klar. Es ist ein objektiver Tatbestand, dass das Ganztagsangebot immer eine besondere Attraktivität gehabt hat und immer noch hat, weil andere dieses Angebot nicht vorhalten. Das ist völlig klar. Da kommt das eine zum anderen.

In dem Zusammenhang möchte ich auch sagen, von mir aus auch als ein ernstes Wort in Richtung Elternschaft: Nicht nur die Beliebtheit einer Schule macht die Qualität einer Schule aus, sondern da kommen auch noch ein paar andere Dinge hinzu. Das mit der Einschulung und dem darauffolgenden Wechseln ist das eine. Aber das Endergebnis zählt. Das hauptschulempfohlene Kind, um das es an unseren Gesamtschulen sehr oft geht, wofür wir im Lande alles Mögliche tun, hat, wenn es die Gesamtschule durchlaufen hat, keinen Gesamtschulabschluss, sondern einen Hauptschulabschluss. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Albrecht stellt jetzt eine Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie steht eigentlich der amtierende KMK-Präsident, der Berliner Schulsenator Zöllner, ein enger Vertrauter des SPDParteivorsitzenden Beck, zu der Frage integrativer Schulsysteme?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Albrecht, der Kultussenator aus Berlin, Herr Zöllner, ist ein außerordentlich profilierter Bildungskenner und erfahrener Minister in deutschen Landen. In Rheinland-Pfalz war er lange Jahre Kultus- und Wissenschaftsminister, in den letzten Jahren dann Kulturminister.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wissen- schaftsminister!)

Ich bin in der KMK gerne unter dem amtierenden Präsidenten Zöllner mit den Kolleginnen und Kol

legen zusammen, um gemeinsam zu überlegen, wie es weitergehen soll.

Als Herr Zöllner nach Berlin wechselte, dachte ich: Jetzt geht es da mit der gemeinsamen Schule los, er setzt die richtig auf den Topf und macht das, was man schon immer im Programm hatte. Aber eigentlich weit gefehlt! Er sagt erst einmal: Status quo bewahren und punktuell gucken, was zu tun ist. - Er hat vor einer Woche in der Wirtschaftswoche zu den Fragen, die Sie umtreiben, ganz schlicht gesagt - das ist, glaube ich, der Weisheit des Alters geschuldet; er hat mehr Amtsjahre als ich auf dem Buckel -: Alles in einen Topf zu werfen, löst allein keine Probleme. Zunächst müssen wir wissen, wie wir die Schüler dazu bringen, wieder vernünftig rechnen und schreiben zu lernen. Dann können wir über die Schulform diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Klare hat eine Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine Frage zu den Kosten der Schule, die die SPD favorisiert, die Einheitsschule. Welche Kosten würden entstehen, wenn die SPD für ihr Einheitsschulkonzept die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte, die jetzt an den Gesamtschulen gegeben ist, zugrunde legen würde?

Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Klare, liebe Bildungsexpertin Müller,

(Zuruf von Elke Müller [SPD])

in Niedersachsen ist die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer ebenso wie in den meisten anderen Bundesländern präzise geregelt; für die einzelnen Schulformen ist sie unterschiedlich geregelt. Abseits der Thematik der Arbeitszeitkonten kann ich sagen, dass die Arbeitszeit zwischen 23,5 und 27,5 Stunden beträgt. Wenn man Einheitsschulen einrichten will, muss man die Frage der Arbeitszeit ebenso wie andere Fragen klären. Man muss diese Fragen bedenken, bevor man Programme vor

legt, sonst macht man sich lächerlich. Unterstellen wir einmal eine durchschnittliche Arbeitszeit von 24 Stunden an Gesamtschulen und rechnen diese Stunden in das Gesamtsystem mit ein, so würde dadurch nach dem Status quo ein Mehrbedarf von 3 400 Lehrerinnen und Lehrern ausgelöst.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie und Ih- re Mathekenntnisse, Herr Busemann! Da würde ich still schweigen!)

Das würde eine jährliche Mehrbelastung von 170 Millionen Euro bedeuten. Die Frage ist auch, wo man diese Lehrkräfte kurzfristig herbekommen kann. Bei dieser Frage stoßen Sie schnell an eine Leistungsgrenze.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, es kommt ein bisschen Unruhe auf, und viele fragen sich, wann sie ihre Frage stellen könnten. Dazu möchte ich sagen, dass mir noch 15 Wortmeldungen vorliegen. Ich muss Sie also um Geduld bitten. Das hilft alles nichts. - Der Kollege Voigtländer ist der Nächste. Er war auch schon ganz ungeduldig. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass die Eltern für ihre Kinder das Beste wollen. Das war Ihre Aussage; in dieser Frage stimmen wir völlig überein.

Die Eltern schaffen aber auch Fakten, so steht es in einem Kommentar von Herrn Randermann in der Neuen Presse von gestern. Ich gönne es mir, Ihnen diesen Kommentar mit Erlaubnis des Präsidenten vorzulesen:

„Als Kultusminister Bernd Busemann (CDU) vor vier Jahren die Neugründung von Gesamtschulen verboten hat, wollte er das dreigliedrige Schulsystem und dessen Sorgenkind, die Hauptschule, stärken. Gemessen daran ist die jetzige Entwicklung desaströs: Die Hauptschulen verkümmern an vielen Orten zur Restschule, die nicht einmal eine volle fünfte Klasse zusammenbekommen. Und die Gesamtschulen laufen über vor An

meldungen. Die Hinweise der Union, dann könne man doch mehr Parallelklassen aufmachen, gehen ins Leere. Was für Monsterschulen sind das, in denen acht Parallelklassen mit über 200 Schülern in einem Jahrgang unterrichtet werden? Und wo sollen diese Schüler überhaupt sitzen, wenn Außenstellen nicht außerhalb einer bestimmten Entfernung gegründet werden dürfen?“

Herr Minister, ich frage Sie: Wie stehen Sie zu diesem Kommentar?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister, bitte.

Herr Präsident! Herr Kollege, natürlich habe ich den Kommentar gelesen. Bei aller Freiheit, die der Journalist bei der Kommentierung natürlich hat, muss ich doch sagen, dass der Inhalt dieses Kommentars auf das Verbreitungsgebiet - das ist eine Landschaft, in der es viele IGSen gibt - zugeschnitten ist. Es läuft nicht ohne Probleme ab, wenn ein Schulträger im Stadtgebiet oder in der Region überwiegend IGSen vorsieht.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Der hat die Kinder alle in die Gesamtschulen reingezwungen!)