Protocol of the Session on September 17, 2003

Hätten Sie mehr von der Tugend eines mündigen Verbrauchers, dessen wirtschaftliche Vernunft sich im rechten Ausgleich seiner Einnahmen und Ausgaben bewegt, an den Tag gelegt, wäre die Lage nicht so verzweifelt, und Diskussionen über „Kaputtsparen“ erübrigten sich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb hat der Minister mit seiner Feststellung völlig Recht, dass auch die Existenz der Verbraucherzentrale mittel- und langfristig ganz und gar vom Wiedererwerb finanzieller Handlungsspielräume abhängig ist. Ohne diese Konsolidierungsmaßnahmen geht alles, nicht nur die Verbraucherberatung, den Bach hinunter, wie man volkstümlich sagt. Wir können es uns nicht leisten, so weiterzumachen wie zu Ihren Zeiten, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben jede Chance gehabt, aber Sie haben die Finanzen dieses Landes systematisch ruiniert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Körtner [CDU]: Jawohl!)

In Wahrheit wissen Sie das ganz genau. Umsteuern ist also unvermeidlich. Es müssen Strukturveränderungen kommen. Reformbereitschaft bietet Chancen. Es gibt die Möglichkeit, zu schlankeren, schlagkräftigeren und effizienteren Strukturen zu kommen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Zentralis- tische!)

Stellen wir uns der Herausforderung, auf einer Planungsgrundlage von 1 Millionen Euro jährlicher Zuwendungen bis 2007 - das passiert ja nicht schon in diesem Jahr, nicht morgen - einen wirksamen Verbraucherschutz zu organisieren. Jetzt ist nicht der Augenblick für Jammern und Wehgeschrei. Insofern sind Presseverlautbarungen der Verbraucherzentrale zurückzuweisen, die das Ende flächendeckender Beratung und die Schließung von 13 der verbliebenen 19 Beratungsstellen an die Wand malen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist zunächst einmal Polemik, die das zuständige Ressort nicht verdient hat; denn im Vorfeld sind bekanntlich durchaus konstruktive Gespräche mit der Verbraucherzentrale geführt worden. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen ist schlecht beraten, wenn sie nun zu der Auffassung gekommen ist, das Geschäft der Opposition besorgen zu müssen. Damit ist der Verbraucherzentrale nicht gedient, ebenso wenig dem Verbraucher, dessen

Beratung auch zukünftig angemessen gewährleistet werden soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich für die CDU-Fraktion ankündige: Es besteht die bittere Notwendigkeit, Ihre Forderungen zurückzuweisen. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Leuschner hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön!

Frau Kollegin Konrath, ich weiß nicht, wer Ihnen diese Rede zur Aktuellen Stunde geschrieben hat. Vielleicht hätten Sie sich etwas ausführlicher bei Ihrer Kollegin im Vorstand in der Verbraucherzentrale erkundigen sollen.

(Zuruf von Gisela Konrath [CDU])

So stimmt es nicht. Natürlich hat die Verbraucherzentrale in den letzten Jahren auch Kürzungen hinnehmen müssen. Ich habe aber auch gesagt, was beispielsweise im Bereich Braunschweig passiert ist. Das waren Kürzungen auf kommunaler Ebene.

(Angelika Jahns [CDU]: Das stimmt ja nicht!)

Diejenigen Mittel, die wir auf Landesebene reduziert haben, haben nicht dazu geführt, dass die Verbraucherzentrale in ihrer Substanz in irgendeiner Weise gefährdet worden ist. Das passiert aber jetzt. Die Kürzungen in den Jahren 2003 und 2004 betragen 117 000 Euro. Das führt zu Entlassungen von derzeit fünf Kolleginnen und Kollegen, die qualifiziert arbeiten. Wenn man die Kürzungen bis zum Jahr 2007 auf ein Niveau von 1 Million Euro fortschreibt, bedeutet das, dass nur noch eine Hülle existiert, an der der Name Verbraucherzentrale steht und man nichts mehr damit machen kann. Es gibt zwar auch Synergieeffekte, worüber Einnahmen erzielt werden. Aber kommunale Förderung und Projektmittel fallen weg. Frau Konrath, auch darüber hätten Sie sich informieren können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Klein, Sie haben noch einmal das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Konrath und meine Damen und Herren von der CDU! Ich meine, dass Sie es sich verdammt leicht machen, indem Sie jetzt die allgemeine politische Lage und die allgemeine Finanzknappheit als Totschlagsargument dafür benutzen, um jede inhaltliche und fachliche Diskussion zu zerschlagen. So geht das nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich habe von Ihnen kein Argument gehört, das rechtfertigt, die Verbraucherberatung im gesamten ländlichen Raum zu zerschlagen.

In dem Zusammenhang interessiert mich vor allem eine Frage: Wo ist eigentlich der Verbraucherschutzminister? - Letztens habe ich ihn gesehen: Als die Verbraucherzentrale ihr Projekt „Bio macht Schule“ vorgestellt hat, stand er in der ersten Reihe. Er hat verkündet, Schülerinnen und Schüler sind die Verbraucher von morgen, und deshalb sollen frühzeitig die nötigen Grundlagen vermittelt werden. Aber, meine Damen und Herren, will er das denn künftig alleine und nur noch in staatlicher Regie machen? - Ich erwarte hier jedenfalls seinen Protest, und ich erwarte, dass er sich an dem Beispiel seiner Bundeskollegin Renate Künast orientiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Hören Sie zu! Meine Damen und Herren, keine Emotionen, sondern Fakten! - Trotz Länderzuständigkeit sind die Mittel für eine unabhängige Verbraucherberatung und für die Vertretung der Verbraucherinteressen in den letzten Jahren im Bund kontinuierlich erhöht worden. Es gibt inzwischen einen verabschiedeten Aktionsplan Verbraucherschutz, der eine langfristige konzeptionelle Basis bietet, um den Verbraucherschutz als Querschnittsaufgabe im Kabinett zu verankern. Das sind Beispiele, denen Sie folgen können.

Ich habe noch eine Frage: Wo ist eigentlich der Minister für den ländlichen Raum? - Auch den habe ich hier noch nicht erlebt. Wo sind all die

Streiter der CDU-Fraktion für den ländlichen Raum? - Sie haben doch in den letzten Monaten und Jahren Ihren angeblichen Einsatz für die Fläche immer wie eine Monstranz vor sich hergetragen. War das alles Schall und Rauch?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, war denn die Umbenennung des Landwirtschaftsministeriums vielleicht nicht eine Benennung von Schwerpunkten, sondern möglicherweise nur Ersatz für diese Politik? - Das wäre dann wirklich zu wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie bereit sind, Ihre Ankündigungen in Richtung ländlichen Raum umzusetzen, dann werden Sie uns auf Ihrer Seite haben. Aber falls diese Kürzungsvorschläge Wirklichkeit werden, dann werden Sie sich künftig nicht mehr in der Kategorie der Provinzfürsten und kleinen Könige wiederfinden, sondern bei den Rittern von der traurigen Gestalt. Das wünsche ich Ihnen nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An der Nützlichkeit bzw. Notwendigkeit von Verbraucherberatung und -aufklärung kann es keinen Zweifel geben. Beratung und Aufklärung haben in der Marktwirtschaft als Gegenmacht gegen Intransparenz und gegen Marktmacht schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Es ist auch Teil - das beweist etwa die Einrichtung der Stiftung Warentest auf Bundesebene - einer marktwirtschaftlich orientierten Politik. Aber wir sind in einer ganz konkreten Situation, in die vier Jahre Rot-Grün und weitere Jahre SPD dieses Land geführt haben. Dieses Land ist in seinen Finanzen zerrüttet und zerstört, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eigentlich müsste das Land zur Schuldnerberatung gehen. Die VZN, die Verbraucherzentrale Niedersachsen, könnte nichts anderes sagen, als sie auch einem privaten Schuldner sagen würde: Mache einen Sanierungsplan, kürze deine Maßnahmen überall dort, wo du keine Rechtsverpflichtungen hast!

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen das eben auch bei den freiwilligen Leistungen tun. Da muss jeder seinen Teil beibringen. Immerhin hat diese Landesregierung mit Augenmaß gehandelt, auch im Falle VZN; das will ich ganz deutlich sagen. Denn wenn wir dem Rat des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Herrn Sigmar Gabriel, aus seiner Pressekonferenz - -

(Bernd Althusmann [CDU]: Wo ist er denn?)

- Dass er jetzt nicht da ist, ist nicht so wichtig wie das, was er in dieser Pressekonferenz gesagt hat. Zu Beginn dieses Monats hat er gesagt, es müsse ein Sanierungsplan her und alle freiwilligen Leistungen sollten gestrichen werden. Das hätte im Fall VZN bedeutet, dass wir nicht knapp 10 % im nächsten Jahr gestrichen hätten, sondern dass die VZN von einem Tag auf den anderen ausradiert gewesen wäre. Frau Leuschner, ich würde Sie bitten, dass das hier einmal zur Kenntnis genommen wird.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt keine Abkehr vom Weg der Sanierung. Eine solche Sanierung ist Privatpersonen zu empfehlen und muss endlich auch bei der öffentlichen Hand wahrgenommen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt schmerzhafte Abstriche. Wir haben bei den verschiedensten Maßnahmen quer durch den Landeshaushalt eine durchschnittliche Kürzung um 14 %. Wir als das in diesem Fall zuständige Ministerium haben in den Gesprächen mit der Verbraucherzentrale eingesehen, dass das diese Organisation z. B. angesichts bestehender Verträge im nächsten Jahr vor schwierigste Probleme stellt. Daraufhin ist diese Kürzung durch Kürzungen an anderer Stelle abgemildert worden. Es geht in etwa

noch um 7 bis 8 %, jedenfalls um weniger als 10 %. Gegenüber der Mipla, die im Übrigen noch von der alten Regierung aufgestellt worden war, bedeutet das eine Absenkung um 50 000 Euro bei einem Volumen von 1,5 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund kann niemand davon reden, meine Damen und Herren, dass das unverhältnismäßig sei, sondern das ist milde und verhältnismäßig.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Allerdings werden die Sanierungsmaßnahmen nicht im Jahre 2004 beendet sein. Vielmehr müssen sie bis zum Jahre 2007 zu einem verfassungskonformen Haushalt führen. Wir haben gesagt - dazu bekenne ich mich -, dass auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen ihren Teil dazu beitragen muss, indem das Volumen von im letzten Jahr 1,6 Millionen dann auf 1 Million Euro abgesenkt wird. Das ist berechenbar. Es bestehen vier Jahre Zeit, die Art und Weise der Verbraucheraufklärung in Niedersachsen neu zu organisieren. Niemand zerstört etwas. Wenn etwas zerstört worden ist, dann die Finanzsituation im Lande Niedersachsen in den letzten 13 Jahren, meine Damen und Herren!