Protocol of the Session on April 25, 2007

Aber Herr Thiele hat hier gezielt am Thema vorbei gesprochen. Uns geht es nicht darum, die CDU zu diffamieren. Uns geht es darum, deutlich zu machen: Der Landtag war sich in dem Beschluss einig, dass es viele Bereiche gibt, in denen die Polizei, die örtliche Politik und die Verwaltungen gemeinsam dafür gesorgt haben, die politischen und die rechtlichen Spielräume in der Auseinandersetzung mit der NPD auszuschöpfen. Das habe ich eingeklagt.

(Beifall bei der SPD)

Zu diesem Bild passt es nicht, wenn der oberste Mandatsträger einer Gemeinde, der in einem solchen Falle ja Vorbild sein müsste, sich hinstellt und sagt - diese Äußerung hat er nicht zurückgenommen -: Solange ein Landesparteitag der NPD friedlich abläuft, können die das auch bei mir in der Gemeinde machen. - Das ist der Teil der Auseinandersetzung, Herr Wulff, zu dem Sie sich hier nicht geäußert haben.

Unsere Aufforderung an Sie ist: Sorgen Sie dafür, dass das, was Sie hier proklamiert haben, in Ihren Reihen von Ihren kommunalen Mandatsträgern in der örtlichen Auseinandersetzung auch geleistet wird.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Wulff das Wort.

Herr Kollege Jüttner, es macht, glaube ich, wenig Sinn, wenn wir auf diese Art und Weise versuchen, Menschen ins Zwielicht zu rücken.

(Beifall bei der CDU)

In Dörverden sind die Aktivitäten lange bekannt gewesen und über Monate und Jahre entsprechend bekämpft worden. Wir selber haben daran mitgewirkt. Ich erwähne in diesem Zusammenhang den Heisenhof. Wir haben auch in Delmenhorst gegen die Nutzung des Hotels mitgewirkt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das weiß ich!)

In diesem Falle ist aber erst Stunden vor dem Parteitag bekannt geworden, dass dieser Parteitag im Harz stattfinden soll. Am Tag des Parteitags, nach Beginn des Parteitags sind erste Stimmen bei der Polizei und dann auch beim Bürgermeister angelandet, dass dieser Parteitag dort stattfindet.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wo ist Ihre öffentliche Stellungnahme anschlie- ßend? Das ist die Frage!)

Wie man dann noch Widerstand der Bevölkerung gegen diesen Parteitag mobilisieren soll, was Sie ja unter Hinweis auf Dörverden eingefordert haben, werden Sie nicht sachkundig herüberbringen können. Hier ist vielmehr eine Fehleinschätzung erfolgt, was der Pächter, der wiederum mit dem Bürgermeister nichts zu tun hat, hätte tun und unternehmen können. Ich hoffe, dass Pächter in Zukunft in dieser Frage energischer vorgehen, wenn sie getäuscht worden sind.

Ich halte wenig davon, dass bei uns jetzt z. B. gesagt wird: In Wolfenbüttel gibt es eine Riesenberichterstattung darüber, dass der SPD-Landrat bei der Verabschiedung des Haushaltes gegen Ihre Partei und mit der NPD gestimmt habe und dass im Landkreis Wolfenbüttel ein Zusammenwirken von NPD und Landrat der SPD stattgefunden habe. Wir würden diese Problematik sonst dahin gehend missbrauchen, dass die NPD vor Ort in kommunalen Bereichen aufgewertet und gewissermaßen auf einen Sockel gestellt wird, wodurch wir alle Schaden nehmen würden. Davor möchte ich gerne warnen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und lebhafter Beifall bei der FDP)

Ich stelle fest, dass keine weiteren Wortmeldung zu diesem Punkt vorliegen. Damit ist dieser Punkt erledigt.

Ich rufe nun auf

d) Für neue Ideen und Wachstum: Niedersachsen braucht leichtere Zuwanderung von Hochqualifizierten - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/3737

Ich eröffne die Beratung. Herr Bode, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lenz, ich halte es schon für sehr erstaunlich, dass Sie heute Morgen in der Aktuellen Stunde gefragt haben, warum man nicht einmal das wichtige Thema Fachkräftemangel diskutiere. Erstens haben Sie als SPD, wenn es Ihnen doch so wichtig ist, es nicht als ein Thema der Aktuellen Stunde eingebracht. Zweitens haben Sie persönlich, Herr Lenz, noch nicht einmal die Tagesordnung gelesen. Denn dann hätten Sie festgestellt, dass die FDP es für die heutige Aktuelle Stunde eingebracht hat. Von daher bin ich gespannt, wie Sie sich hier tatsächlich einlassen werden.

(Zustimmung bei der FDP)

Der Fachkräftemangel in Niedersachsen, aber auch in Deutschland ist ein ernsthaftes Problem auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Viele Unternehmen könnten leistungsfähiger sein, könnten mehr Wirtschaftswachstum erzielen und könnte neue, zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Es könnten weitere Investitionen entstehen, und es könnten weitere Arbeitsplätze für wenig oder gering Qualifizierte entstehen. Studien gehen davon aus, dass wir hierdurch eine Wertschöpfung von weit mehr als 3,5 Milliarden Euro verlieren. Dieser Mangel - Herr Lenz, das ist besonders erschreckend - ist dort groß, wo die traditionellen Stärken Deutschlands liegen: in der Ingenieurausbildung. 2006 sind hier immerhin 48 000 Stellen unbesetzt geblieben. Es geht aber auch um gewerbliche Berufe wie den Werkzeugmacher, Elektriker und Schlosser. Hier gibt es überall Engpässe.

Natürlich ist unsere erste Aufgabe, im eigenen Land für Abhilfe zu sorgen. Wir müssen die junge Generation wieder für die technischen Berufe interessieren. Niedersachsen geht hierbei mit gutem Beispiel voran. Wir beginnen damit bereits in der Schule. In diesem Jahr wird die IdeenExpo starten.

Dies ist ein wichtiger Beitrag, um den traditionellen Bereich der Ingenieure zu stärken.

Wir dürfen aber nicht nur an die Schule denken, sondern müssen auch an das Studium herangehen und die Technikbegeisterung an den Hochschulen erhalten und die Studienbedingungen in den Fächern verbessern, bei denen es Mangel gibt. Auch hierbei kann man feststellen, dass sich Niedersachsen auf dem richtigen Weg befindet. Mit dem Hochschulpakt schaffen wir neue Studienplätze, wir bieten Anreize für Mangelfächer, und über den Zukunftsvertrag schaffen wir bessere Studienbedingungen.

Trotz dieser Initiativen darf man drei Punkte nicht vergessen.

Erstens. Dies alles dauert lange. Wir werden in jedem Jahr, in dem wir darauf warten, dass die Erfolge eintreten, weiterhin Wertschöpfung verlieren.

Zweitens. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird dies allein nicht ausreichen, um den eigenen Fachkräftemangel zu beseitigen.

Drittens. Entscheidend ist, dass dort, wo es wie etwa in Baden-Württemberg eine besonders hohe Ausländerquote gibt, die Innovationen am häufigsten sind. Das Institut für Arbeitsmarktforschung hat belegt, dass es hierbei einen Zusammenhang gibt; denn andere Sichtweisen, andere Kulturen und neue Erfahrungen bringen nun einmal mehr Ideen und mehr Wachstum.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die deutsche Wirtschaft fordert nun die Erleichterung für die Zuwanderung von Hochqualifizierten und von Fachkräften. Die vorhandenen Hürden sollen gesenkt werden. Ich zitiere einmal den Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Herrn Hüther:

„Es gibt kein anderes Instrument, das auf kurze Sicht vergleichbar wirksame Abhilfe verspricht. Deswegen sollten wir den Mut für eine wirklich ökonomisch gesteuerte Zuwanderung aufbringen.“

Herr Hüther hat recht.

Die Debatte geht derzeit quer durch die Gesellschaft und quer durch die Parteienlandschaft. So

kann man von den Spitzenpolitikern der SPD - Herr Bachmann, das ist jetzt das Spannende

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Die haben keine Spitzen!)

Erstaunliches hören: Klaas Hübner beispielsweise nennt dies zynisch, und Klaus Brandner will auf die Ausbildung der kommenden Generationen warten.

Was sagt im Gegensatz dazu die CDU? - Von ihr werden sehr unterschiedliche Initiativen gestartet: Die Bundeskanzlerin will das Zuwanderungsgesetz prüfen. Bundeswirtschaftsminister Glos und auch Laurenz Meyer wollen Freizügigkeitsregelungen innerhalb der EU für die Zuwanderung ändern. Die Mittelstandsvereinigung der CDU fordert eine Halbierung der Verdienstgrenzen für die Zuwanderung. Bundesminister Schäuble allerdings plädiert für eine zurückhaltende Position.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen geht mit besonders gutem Beispiel voran. Bereits am 1. Januar dieses Jahres hat unser Innenminister Schünemann eine Bundesratsinitiative vorbereitet, um die Verdienstgrenzen für die Zuwanderung in einem ersten Schritt um 25 % abzusenken, und er hat erklärt, spätestens ab 2010 sollten weitere Schritte folgen. Es ist kein Geheimnis, dass es der Chance auf eine Mehrheit im Bundestag geschuldet war, eine stufenweise Variante vorzuschlagen. Aufgrund der Diskussion, die jetzt in Gang gekommen ist - auch aufgrund der Diskussion hier in Hannover, losgelöst von der Aussage der Bundeskanzlerin - haben wir aber vielleicht eine Chance, noch bessere Lösungen zu erreichen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Einerseits kann man über weitere Absenkungen auf 3 000 Euro im Monat, wie es die CDUMittelstandsvereinigung vorschlägt, nachdenken. Andererseits kann man aber auch - dies ist nach meinem Dafürhalten viel wichtiger - andere Steuerungsinstrumente einführen. Ich denke hier etwa an ein Punktesystem, wie wir es aus den USA, aus Kanada und aus Australien kennen. Bereits im Jahr 2001 hat die von der damaligen Bundesregierung eingesetzte Kommission unter dem Vorsitz von Frau Süßmuth exakt dieses Modell vorgeschlagen.

Wir als FDP werden weiterhin für ein modernes Zuwanderungsgesetz mit einer Zuwanderung nach einem Punktesystem werben. Ich appelliere an Sie

alle, im Interesse Niedersachsens diese Debatte ohne ideologische Vorbehalte anzunehmen. Insbesondere an die SPD appelliere ich, Herr Bachmann, sich diesem Gedanken nicht zu verweigern und im Gegensatz zu ihrer Bundesführung wenigstens die Absenkung der Verdienstgrenzen zu akzeptieren. Nur so werden wir schnell eine Lösung für den Fachkräftemangel finden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Bachmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein bisschen verdrehen Sie die Tatsachen, Herr Bode. Ich zitiere einmal aus dem ersten Entwurf des Zuwanderungsgesetzes mit Stand vom 1. März 2002, damals eingebracht von der rotgrünen Bundesregierung. In diesem Entwurf war ein § 20 vorgesehen:

„Zuwanderung im Auswahlverfahren

(1) Eine Niederlassungserlaubnis wird zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erteilt, wenn ein Ausländer erfolgreich am Auswahlverfahren teilgenommen hat. Dies gilt auch für Ausländer, die sich bereits rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.“ Dann kommen sehr viele Vorschläge, wie man dies ausgestalten kann. Ich zitiere nur noch einen Absatz: „Das Auswahlverfahren erfolgt im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interesse der Bundesrepublik Deutschland und dient der Zuwanderung qualifizierter Erwerbspersonen, von denen ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland zu erwarten sind.“ Nun raten Sie einmal, warum diese Vorschrift beim Zuwanderungsrecht I nicht Gesetz geworden ist. Dort sitzen diejenigen, die es verhindert haben. (Beifall bei der SPD)

Lieber Herr Bode, klären Sie einmal in Ihrem Koalitionsausschuss, wie weit Sie in dieser Frage gehen wollen.

(Jörg Bode [FDP]: Wir reden aber über das Jetzt! Was macht die SPD denn jetzt?)

Als nun im Hinblick auf das Zuwanderungsrecht II - so bezeichne ich einmal die Fortschreibung der Entwicklung mit dem Aufenthaltsgesetz und der Übernahme von Rechtsvorschriften der EU - die SPD in der Verhandlungsgruppe vorgeschlagen hat, genau diese Vorschrift einzubauen, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion entgegen Ihrer Aussage abgewunken und erklärt, darüber rede sie noch nicht einmal. Das ist im Augenblick leider die Realität in der Großen Koalition! Ich erinnere Sie auch daran, wie Sie sich verhalten haben, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Green-Card-Debatte angestoßen hatte. Es war wiederum diese Seite des Hauses, die mit vielen gewichtigen Stimmen dagegen ständig polemisiert hat.