Meine Damen und Herren, es kann nicht unser Ziel sein, diese Entwicklung noch zu verstärken. Ihr Antrag bewirkt bei allem guten Willen, den Sie haben, mehr Arbeitslosigkeit gerade dort, wo wir die größten Probleme haben, Menschen in Arbeit zu bringen. Ich meine, dass wir in Berlin die Instrumente haben, die wir benötigen, und ich hoffe
sehr, dass sich die Große Koalition im Rahmen der vorhandenen Instrumente bewegt und sich z. B. des Instruments der Allgemeinverbindlichkeit in den geeigneten Fällen bedient. Es ist doch völlig klar, dass hier ein Problem liegt. Ich behaupte aber noch einmal: Die Instrumente sind vorhanden.
Ihre Vorschläge führen dazu, dass am Ende diejenigen mit niedrigen Einkommen morgen noch schlechter dastehen als heute und noch weniger Chancen haben. Dabei nützt dann auch der gute Wille nach dem Motto „Ich habe es gut gemeint“ nichts. Es kommt auf die Wirkungen an. Man kann schon heute sagen, dass die Wirkungen Ihrer Vorschläge schädlich sind.
Federführend soll sich mit dem Antrag der Fraktion der SPD der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auseinandersetzen, mitberatend sollen der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit sowie der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien tätig sein. Wer so beschließen möge, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/3440 Beschlussempfehlung des Umweltausschusses - Drs. 15/3584 - Schriftlicher Bericht Drs. 15/3612
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung geht es zum einen darum, die europäische Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung in niedersächsisches Landesrecht umzusetzen, und zum anderen darum, teilweise neu festzulegen, ab welcher Projektgröße die sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss.
Lassen Sie mich kurz in das Thema einführen, da sicherlich nicht jeder das Thema parat hat, und anschließend einige umweltpolitische Anmerkungen hinzufügen.
Worum geht es bei den beiden Prüfverfahren? Zunächst zur strategischen Umweltprüfung, die ich im Folgenden kurz SUP nenne - diese Abkürzungen sind zwar nicht schön, aber es geht dann einfach schneller -: Ziel der SUP ist, künftig bereits bei der Erstellung von Plänen und Programmen Umweltgesichtspunkte stärker zu berücksichtigen. Im Ergebnis bedeutet das im Falle einer SUP-Pflicht die Erstellung eines zusätzlichen Umweltberichts. Bezüglich der SUP möchte ich jetzt nicht auf Verfahrensfragen im Einzelnen eingehen; die Einzelheiten haben wir uns im Umweltausschuss erklären lassen.
Zunächst möchte ich den Vertretern des MU danken. Sie haben die EU-Richtlinie zur SUP 1 : 1 umgesetzt
- das ist so, Herr Dehde - und nicht noch draufgesattelt, was wir in der Vergangenheit schon erlebt haben. Wir halten das jedenfalls für richtig. Sie mögen das anders sehen.
Ein wichtiger Punkt besteht darin, festzulegen, welche Pläne und Programme einer SUP-Pflicht unterliegen. Das ist etwas unübersichtlich und kompliziert und konnte, wie Sie wissen, im Gesetz nicht abschließend geregelt werden. Deshalb will ich darauf nicht weiter eingehen,
sondern nur zwei Wünsche äußern: Ich wünsche mir erstens, dass in der Verwaltungspraxis, die sich, nachdem wir das Gesetz heute beschließen werden, mit der SUP auseinandersetzen muss, das Verfahren soweit wie möglich vereinfacht wird. Dazu mache ich zwei konkrete Vorschläge. Erstens wäre es sicherlich hilfreich, die Vorprüfung zur Klärung der SUP- und UVP-Pflicht oder auch die UVP selbst in geeigneten Fällen anhand von Checklisten durchzuführen, den betroffenen Antragstellern und Behörden Hilfestellung zu geben und insofern standardisierte Verfahren vorzulegen. Zweitens sollte versucht werden, dem sogenannten Abschichtungsprinzip bei der Verwaltungspraxis so weit wie möglich zu entsprechen. Abschichtung bedeutet, wie Sie alle sicherlich wissen, dass die Umweltgesichtspunkte nicht auf jeder folgenden Verfahrensebene erneut geprüft werden, sondern die Umweltgesichtspunkte, die vorzeitig geprüft sind, einen Verfahrensvorteil für nachfolgende Verfahren darstellen. Leider sieht es in der Verwaltungspraxis oft anders aus. Das heißt, ein Umweltaspekt wird in jedem Verfahrensschritt erneut und immer umfassender geprüft. Auf diese Weise legt sich praktisch eine Planungsebene auf die andere. Im Endeffekt ergibt sich so ein erheblich höherer Verwaltungsaufwand. Das soll mit dem Abschichtungsprinzip, das als Idee dieser vorzeitigen Umweltprüfung zugrunde liegt, vermieden werden.
Den zweiten Wunsch äußere ich in Richtung Brüssel, und zwar parteiübergreifend an Frau Merkel und an Herrn Verheugen, der sich auf diesem Gebiet engagiert. Es wäre sicherlich sinnvoll, das europäische Umweltrecht und dessen Umsetzung und vor allem dessen Erfolge in den Mitgliedstaaten im Rahmen des Bestrebens nach Bürokratieabbau und mehr Effizienz einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Dabei geht es nicht darum, Umweltstandards zu senken, sondern darum, den Verfahrensaufwand zu reduzieren. Auch das sollte angepackt werden.
Nun möchte ich mich der Umweltverträglichkeitsprüfung, der UVP, zuwenden. Es geht dem Europäischen Parlament darum, bei Genehmigungen für Maßnahmen und Projekte, die in unsere Umwelt eingreifen, Umweltaspekte so früh wie möglich einzuschätzen und zu berücksichtigen. Ich gehe
davon aus, dass wir uns darin einig sind, dass diese Verfahrensweise richtig ist; denn durch eine Berücksichtigung dieser Aspekte im Vorfeld kann vermieden werden, dass Umweltauswirkungen überhaupt entstehen. Allerdings muss auch an dieser Stelle gesagt werden, dass den Betroffenen durch eine UVP zusätzlicher Aufwand entsteht. Wenn so etwas unsere Umwelt schützen kann, dann führen wir es durch und müssen es auch durchführen, weil es vorgegeben ist. Es ist allerdings sehr wichtig, dass solche hohen Umweltstandards für alle in Europa gelten. Das wiederum bedeutet, dass solche Verfahren 1 : 1 umgesetzt werden, wie es vom Europäischen Parlament und vom Bundesgesetzgeber vorgegeben ist und wie wir es in Niedersachsen für erforderlich halten.
Ich möchte auf die UVP jetzt nicht weiter eingehen, sondern nur kurz das darstellen, was im Änderungsgesetz im Hinblick auf die UVP erreicht wurde.
Das Verfahren wird nicht geändert. Geändert werden aber sogenannte Schwellenwerte, und es werden Bagatellwerte festgelegt, unterhalb derer eine UVP-Pflicht oder die Pflicht zu einer UVPVorprüfung nicht besteht. Das ist ein überaus sinnvoller Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsvereinfachung; denn es macht keinen Sinn, zusätzliche Umweltprüfungen vorzuschreiben, wenn fachlich eingeschätzt werden kann, dass mit erheblichen Umweltauswirkungen nicht zu rechnen ist bzw. in dem nachfolgenden Verfahren die Umweltaspekte geprüft werden.
Seitens des Umweltministeriums wurde vorgetragen, dass diese Schwellenwerte und vor allem die Bagatellwerte in den Bundesländern sehr unterschiedlich hoch sind. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Werte zum Teil einfach gegriffen wurden und gar keine fundierte fachliche Grundlage haben. Trotzdem haben wir die Werte festlegen müssen, und im Ergebnis ist das auch gut.
Erstens. Wir haben über die UVP-Pflicht bei Erstaufforstungen geredet. Das liegt mir natürlich besonders am Herzen. Hierzu stellt der Gesetzentwurf klar, dass unterhalb von 1 ha keine UVPVorprüfung stattfinden muss. Nach der alten Regelung galt diese Pflicht für jede Aufforstung, auch
für Kleinstflächen. Ich räume ein, ich hätte mir gewünscht, dass wir diese Untergrenze auf 5 ha hätten festlegen können. Das haben wir nicht gemacht. In dem Zusammenhang möchte ich um etwas bitten.
- Ich bin gleich am Ende meiner Rede angelangt. Falls sich die höheren Schwellenwerte aus anderen Bundesländern durchsetzen sollten, schlage ich vor, dass wir uns mit dem Thema noch einmal befassen und eventuell nachziehen.
Der zweite Punkt betrifft Wallhecken. Wir haben dazu ja die beiden Durchfahrten für landwirtschaftliche Maschinen freigestellt. Das ist ein sehr guter Vorschlag zum Bürokratieabbau und zur Erleichterung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Auch hier ist die UVP ein zusätzliches Verfahren. Die Eingriffe werden von der Naturschutzbehörde geprüft. Es besteht also gar keine Gefahr, dass irgendwelche negativen Auswirkungen auf die Umwelt entstehen.
Wir beschließen heute hier ein gutes Gesetz und eine gute Umsetzung der europäischen Richtlinie. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon die verkürzte Redezeit hier im Plenum zeigt, gehört dieses Gesetz nicht zu den wirklich großen, in der Öffentlichkeit breit diskutierten Gesetzen. Dennoch enthält es wie so oft, wenn man es am Anfang vielleicht gar nicht erwartet, einigen Zündstoff, der bei der Behandlung im Ausschuss auch recht deutlich geworden ist.
Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf hat im Wesentlichen das Ziel, die SUPRichtlinie 2001/42/EG für Niedersachsen umzusetzen, nachdem der Bund mit seinem Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung im Juni 2005 seinen Part erledigt hat. Mit der SUPRichtlinie - das ist der Wille der EG - soll dazu beigetragen werden, das hohe Niveau des Umweltschutzes in der EU sicherzustellen.
Im Rahmen der föderalen Zuständigkeiten sind nun wir zuständig, dies auf Landesebene umzusetzen. Das ist eigentlich eine einfache Sache, denkt man sich dabei. Das mag auch der eine oder andere hier im Hause denken. Herr Brandes hat das ja sehr deutlich gemacht. Eine Anpassung an EU-Recht hatten wir ja schon häufiger. All das könnte auch stimmen, wenn diese Landesregierung und dieser Umweltminister mit der geforderten 1 : 1-Umsetzung nicht gleichzeitig weitere Ziele verfolgten.
Wer die seit Jahren von konservativer und liberaler Seite immer wieder geführte Diskussion um die UVPs kennt, die von vielen in der Tat nur als Verwaltungshemmnis bzw. Verhinderungsschikane für wirtschaftliche Entwicklung gesehen werden, kann sich gut vorstellen, dass man sehr genau hinschauen muss, wie Umweltminister Sander die Umsetzung denn nun regeln will.
Vollends skeptisch wird man dann, wenn schon in der Gesetzesbegründung formuliert wird, man greife neben der Umsetzung der Richtlinie zudem Überlegungen zur Deregulierung von Schwellenwertfestsetzungen auf. Es sollten dem Ziel der Deregulierung Rechnung getragen und gleichzeitig die Entscheidungskompetenz der Vollzugsbehörden gestärkt werden. Damit hatte Herr Sander seinen Kampfauftrag, der ja ohnehin konsequent seiner ideologischen Linie folgt: Alle Umweltregeln sind eigentlich überflüssige Bürokratie, erfunden von Bürokraten und Naturschützern. Der Grundbesitzer und Landmann weiß es ohnehin besser.
Das Ganze stand dann noch unter einem gewissen Zeitdruck, Herr Dürr; denn eigentlich hätte die Umsetzung in Landesrecht bis Ende 2006 erfolgen müssen. Es ist also kein Wunder, dass sich wegen der Kürze der Zeit bei der schriftlichen Anhörung dann auch nur einige melden konnten. Mit dem Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, der ja von Ihnen immer so gern zitiert wird, hat dies wenig zu tun, aber es passt vollends zum Stil dieser Regierung.
Inhaltlich begegnet dieser Gesetzentwurf unsererseits im Wesentlichen folgender Kritik: Wir schließen uns der Kritik der kommunalen Spitzenverbände an, die zu Recht bemängeln, dass die niedersächsischen Regelungen z. B. bei der Landschaftsplanung erheblich mehr im Landesrecht
regeln, als vom Bundesgesetzgeber tatsächlich verlangt bzw. für nötig gehalten wird. Eine Verweisung hätte dort gereicht. Dies wird zu einem erhöhten Kosten- und Verwaltungsaufwand bei den Kommunen führen, der vermeidbar gewesen wäre. Die Regelungen in Anlage 3 zum Thema Nahverkehrspläne und ihrer SUP-Pflicht sind ebenfalls zu bemängeln. Es ist nicht nur so, dass die kommunalen Spitzenverbände auch hier eine Abschätzung des Aufwandes oder damit verbundener Kosten derzeit für unmöglich halten, zugleich wird befürchtet, dass zunehmend kostenträchtige Vergaben an Planungsbüros erfolgen müssen. Liefert das Land dann das Geld dafür?
Auf die Kommunen kommen aufgrund der verstärkten Vorprüfungen statt der UVP ohnehin mehr Arbeit und damit mehr Kosten zu, obwohl die Kommunen häufig angesichts der schlanken Aufstellung ihrer Verwaltung in den zuständigen Fachbereichen und des Wegfalls der Sachkompetenz der Bezirksregierungen zur Erfüllung der einschlägigen Aufgaben zeitnah gar nicht mehr in der Lage sein werden. Zu einem großen Teil werden also die Vorhabensverursacher entlastet, die Kommunen dagegen belastet. Die Frage, ob diese Art der Deregulierung dem eigentlichen Zweck der UVP dient, mag jeder für sich selbst beantworten.