Auf die Kommunen kommen aufgrund der verstärkten Vorprüfungen statt der UVP ohnehin mehr Arbeit und damit mehr Kosten zu, obwohl die Kommunen häufig angesichts der schlanken Aufstellung ihrer Verwaltung in den zuständigen Fachbereichen und des Wegfalls der Sachkompetenz der Bezirksregierungen zur Erfüllung der einschlägigen Aufgaben zeitnah gar nicht mehr in der Lage sein werden. Zu einem großen Teil werden also die Vorhabensverursacher entlastet, die Kommunen dagegen belastet. Die Frage, ob diese Art der Deregulierung dem eigentlichen Zweck der UVP dient, mag jeder für sich selbst beantworten.
Nun will ich noch kurz auf den Umgang mit Einwendungen im Rahmen der schriftlichen Anhörung, aber auch der Ausschussberatungen eingehen. Fundierte Stellungnahmen, die die Heraufsetzung der Schwellenwerte für eine generelle UVPPflicht zugunsten einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls thematisierten, wurden fast generell zurückgewiesen. Dort aber, wo Verbände eine weitere Erhöhung der Schwellenwerte thematisierten, wurde ihnen schnell Gehör verschafft. Hier blieb die Regierung außer dem lapidaren Hinweis, dies sei fachlich vertretbar, weitere Beweise und Ausführungen schuldig.
Diese Änderungen ergaben sich weder aufgrund vorgelegter Evaluierungen mit bisherigen UVPVerfahren noch aufgrund von Erfahrungen mit Vorprüfungen. Dies wird besonders am Katalog der Schwellenwerte nach § 12 NUVPG deutlich. Hier gab es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eine Reihe von weiteren Neufestsetzungen der Schwellenwerte für die verschiedenen Stufen der Prüfung, nicht jedoch im Sinne der
EU-Richtlinie oder des Bundesgesetzes zugunsten der Umwelt. Nein, konsequenterweise wurde teils fast auf Zuruf interessierter Kreise in der Regel der maximal zulässige Wert in die Anlagen eingefügt.
Begründung: fachlich vertretbar. - Aber fachlich auch richtig und gewünscht oder aber, Herr Dürr, anderen, bestimmten Interessen geschuldet? Letztlich sind alle diese Schwellenwerte politische Festlegungen, wie in den Diskussionen ja sehr deutlich formuliert worden ist. Dass man sogar Bayern noch übertraf, ist ein besonderes Bonmot am Rande.
Ich will mich hier auch angesichts der kurzen Redezeiten gar nicht in allen Einzelheiten der verschiedenen Werte verlieren. Ich stelle aber fest: Stück für Stück wird in Niedersachsen der berechtigte und notwendige Schutz der Umwelt, der in Sonntagsreden gerade angesichts der aktuellen Debatten über das Klima immer wieder betont wird, zurückgedreht. Selbst eine notwendige einfache Novellierung, um EU-Recht anzupassen, wird von dieser Regierung, die einen der höchsten Flächenverbräuche in ganz Deutschland zu verantworten hat, genutzt - oder sollte man besser „missbraucht“ sagen? -, um den überlebensnotwendigen Schutz unserer Umwelt zurückzudrehen, weil man in dem liberalen Irrglauben ist, die Wirtschaft bzw. der Eigentümer allein wisse es am besten. Wenn es ihm gut geht, dann geht es auch allen anderen und der Umwelt gut. Herr Dürr, so stellen Sie es sich doch vor. - Das ist ein fataler Irrtum. Hoffentlich ist es kein nachhaltiger Irrtum.
Es ist nötiger denn je, mit einer neuen Regierung gegenzusteuern, und zwar besonders angesichts der Drohung von vor zwei Tagen von Minister Sander, uns weitere zehn Jahre zu beehren. Wir werden dies verhindern und im Übrigen gegen diese Novellierung stimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich will zunächst ganz kurz zu einem Thema etwas sagen, weil Sie Ihre Aussage dazu im Ausschuss oft wiederholt haben. Manchmal werden Dinge durch Wiederholungen nicht richtiger. Sie haben gesagt, die Landesregierung habe den Gesetzentwurf relativ spät vorgelegt. Es wäre schön gewesen, wenn Sie auch die Stellungnahmen im Rahmen der Verbändeanhörung gelesen hätten. Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten hat in seiner Stellungnahme Folgendes geschrieben:
„Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, Landesgruppe Niedersachsen und Bremen e. V., begrüßt die im Vergleich zu anderen Bundesländern zügige Vorlage eines Entwurfs zur Änderung des Niedersächsischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes.“
Herr Haase, an inhaltlicher Kritik haben wir von Ihnen heute kaum etwas gehört. Es wäre gut gewesen, wenn im Ausschuss in dieser Hinsicht etwas vorgebracht worden wäre.
Herr Kollege Dürr, eine Frage stellt sich nun doch: Habe ich vor dem Hintergrund, dass die Anpassung im Rahmen der Novellierung eigentlich bis Ende 2006 hätte erfolgen müssen, etwas Falsches gesagt?
Gegenfrage: Habe ich etwas Falsches gesagt, als ich gesagt habe, dass Niedersachsen diesen Gesetzentwurf als eines der ersten Länder vorgelegt hat?
Sie haben im Ausschuss die Kritik oft wiederholt, dass gerade Niedersachsen den Gesetzentwurf so spät vorgelegt habe. Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen, da Niedersachsen, wie ich Ihnen gerade vorgelesen habe, als eines der ersten Bundesländer den Gesetzentwurf vorgelegt hat. Inhaltliche Kritik haben wir also auch heute nur wenig gehört. Wenn man inhaltlich aber nicht ganz so viel zu bieten hat, dann fängt man - weil es so viel Spaß macht - meistens an, über Grenzwerte zu diskutieren. Das war im Ausschuss besonders amüsant. Mit Ihnen und mit dem Kollegen von den Grünen ist sehr ausführlich über das Thema Wallhecken debattiert worden. Einig waren wir uns darin, dass zwei Durchfahrten - das hat vorhin schon der Kollege Brandes gesagt - pragmatisch und sinnvoll sind. Darüber herrscht in der Sache wohl kein Dissens. Als es dann aber um die Frage ging, ab wann eine Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend vorzunehmen ist, war es etwas anders. Früher waren es 2 ha. Das war nicht ganz so sinnvoll; denn das ist ein Flächenmaß. Wie wir wissen, haben Wallhecken nun aber eher eine Länge als eine Fläche.
Interessant war die Debatte über die Frage - das hat mir im Ausschuss wirklich Spaß gemacht, Frau Steiner und Herr Haase -, wie viel eigentlich 1 ha ist. Wir haben geschlagene 20 Minuten gebraucht, bis wir uns darauf geeinigt haben, dass 1 ha 10 000 m² sind. Ich bin froh, dass Sie das jetzt erkannt haben.
Wenn man jetzt unterstellt, dass 1 ha 10 000 m² sind - ich hoffe, dass wir darüber nach wie vor keinen Dissens haben -, dann ergeben sich bei einer durchschnittlichen Breite der Wallhecken von 10 m und bei einer Fläche von 2 ha ziemlich genau 2 km, die bisher von einer Umweltverträglichkeitsprüfung freigestellt waren. Wir haben eine Reduzierung auf 500 m vorgenommen. Ich meine, dass
das für den Naturschutz ein Schritt nach vorn ist. Die Grünen wollten auf einmal nur 200 m haben. Fachlich und inhaltlich konnten sie diese Forderung aber nicht belegen. Die vorgenommene Gesetzesänderung bedeutet nun im Bereich der Umweltpolitik und im Bereich des Naturschutzes aber einen Schritt nach vorn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Umweltschutz macht man nicht durch besonders - -
Das ist auch schon mein letzter Satz, Frau Präsidentin. - Umweltschutz macht man nicht durch besonders strenge Gesetze, sondern dadurch, dass man Akzeptanz vor Ort schafft. Das machen wir. In diese Richtung gehen wir weiter. Sie aber kriegen das nicht hin. Und deshalb verlieren Sie auch die Wahl.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal wird das Parlament mit der schwarz-grauen Regierungsmehrheit einen Gesetzentwurf verabschieden, der schlecht beraten und mit heißer Nadel gestrickt worden ist. Wie immer nutzen Sie die Notwendigkeit der Anpassung an Änderungen der Rahmengesetzgebung des Bundes aus, um bewährte Regelungen, die nicht geändert werden müssen, zu verschlimmbessern. Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau nennen Sie das dann scheinheilig.
Ich komme gleich zu den Schwellenwerten; denn diese haben den wesentlichen Teil der Beratungen und der Auseinandersetzungen ausgemacht. Die Anhebung verschiedener Schwellenwerte für die UVP-Pflicht, die Sie hier vornehmen, ist für uns nicht akzeptabel. Vor dem Hintergrund der seit Monaten heftig geführten Klimadiskussion mit all den uns jetzt bekannten Szenarien ist die Anhe
bung der Schwellenwerte für die UVP-Pflicht, die Sie mehrfach vornehmen, kontraproduktiv. Die Wissenschaftler prognostizieren - -
- Sie dürfen ruhig zuhören. Dann können wir das noch einmal vertiefen. - Die Wissenschaftler prognostizieren, dass die Regenfälle im Sommer abnehmen und im Winterhalbjahr zunehmen werden. Wir haben mit erheblichen Auswirkungen des Klimawandels wegen dieser veränderten Niederschlagsverteilung zu rechnen. Wir werden - das wissen Sie - häufiger mit Winterhochwassern zu rechnen haben, aber auch mit Sommerhochwassern und mit Starkregenereignissen. Sie schaffen die zwingende UVP-Pflicht für Flusskanalisierungen ab. Sie entschärfen also das Instrument, das auch dafür geeignet ist, mögliche Folgen des Klimawandels für ein Gewässer, in das in irgendeiner Form eingegriffen werden soll, zu bewerten und entsprechend zu berücksichtigen. Abgesehen davon führen wir in diesem Hause seit Jahren die Diskussion über den Hochwasserschutz. Ich dachte, es sei Konsens zwischen allen Fraktionen, dass Eingriffe in Fließgewässer und insbesondere Flusskanalisierungen erhebliche Auswirkungen auf Hochwassergeschehen haben, sodass jeder Eingriff äußerst sorgfältig zu prüfen ist. Sie aber wollen vor dem Hintergrund aller uns heute vorliegenden Erkenntnisse die Kanalisierung von Flüssen erleichtern. Das aber kann so nicht gehen. Dies werden Sie der Bevölkerung erklären müssen, die von den Folgen der Hochwasser betroffen ist.
Meine Damen und Herren, Sie heben ferner die Schwellenwerte für die UVP-Pflicht für die Grundwasserentnahme an. Auch hierzu kann ich nur feststellen: Die Folgen des Klimawandels werden uns dazu zwingen, Grundwasser noch sorgfältiger zu bewirtschaften, weil die nutzbaren Grundwasservorkommen auch in Norddeutschland zurückgehen werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung beinhaltet auch eine Klimaverträglichkeitsprüfung.
Frau Steiner, warten Sie bitte einen Augenblick! Es ist einfach zu laut hier im Raum. - Jetzt können Sie weitermachen.
Sie schleifen dieses Instrument mit rein formalen Begründungen. Eine kreative, an Problemlösungen orientierte Umweltpolitik ist Ihnen fremd, passt nämlich nicht in Ihr Weltbild.
Noch ein Beispiel für die Unzulänglichkeit dieses Gesetzes ist, dass Sie die Erfordernisse des Klimawandels nicht berücksichtigt haben. Sie setzen den Schwellenwert der UVP-Pflicht für die landwirtschaftliche Bewässerung von 5 Millionen auf 10 Millionen m3 herauf. Können Sie das wirklich verantworten? - Wenn die Sommer in Zukunft immer trockener werden, womit sicher zu rechnen ist, wollen Sie dann den fehlenden Regen durch Bewässerung ausgleichen? Ist das Ihre Strategie der Anpassung an den Klimawandel? - Ich mag es immer gar nicht glauben, wenn ich diesen Gesetzestext lese.
Wir haben in diesem Hause von Herrn Sander schon einmal gehört, dass der Klimawandel in China bekämpft werden muss, nicht aber bei uns. Soll das mit Blick auf die landwirtschaftliche Beregnung heißen, dass die Chinesen die Bewässerung ihrer Reisfelder einstellen sollen, wir dafür aber umso mehr Äcker bewässern?
Ich stelle fest: Der Misthaufen der niedersächsischen Umweltpolitik, den die Herren Wulff und Sander aufgerichtet haben, wird heute wieder ein Stück höher. Genau das aber machen wir nicht mit und lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf deshalb ab. Wenn Sie von der politischen Bühne abtreten, Herr Sander, müssen wir und andere Ihre hinterlassenen Haufen wieder abarbeiten. Ich bin mir aber sicher, dass Sie im nächsten Jahr schon nicht mehr die Gelegenheit haben werden, Ihr politisches Unwesen weiterzutreiben. - Vielen Dank.