Das Handwerk tritt gemeinsam mit dem Kultusminister fortlaufend für die Hauptschule ein. Erst kürzlich hat es auf einer Pressekonferenz gesagt, dass es eine ganze Reihe von gut motivierten Hauptschülerinnen und Hautschülern bekommt, die gut vorbereitet auf die Berufe sind, für die freie Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Im Bereich der Handwerkskammer Hannover stehen Hunderte von unbesetzten Ausbildungsstellen zur Verfügung, mit denen man beispielsweise Hauptschülern Perspektiven bieten möchte. Man könnte zu diesem Thema durchaus auch einmal eine Regierungserklärung abgeben.
Ich will noch zwei Punkte ansprechen. Erstens. Unser Ansatz, an den Hauptschulen die Praxistage einzuführen, wird von der ausbildenden Wirtschaft in Niedersachsen einhellig begrüßt. An diesen Tagen erhalten die Schüler ein besonders hohes Maß an zusätzlicher Lernmotivation, weil sie durch die Kontakte in den Betrieben sehen, dass sie gebraucht werden, dass auch für sie eine sinnvolle Tätigkeit im beruflichen Leben möglich ist, dass es in den Betrieben Ansprechpartner gibt, z. B. die Ausbilder, die ihnen eine Perspektive eröffnen.
Zweitens. Im Februar werden wir gemeinsam mit dem Präsidenten der Bundesagentur für Arbeit, Herrn Weise, ein Modellvorhaben starten, das bundesweit einzigartig ist. Zum ersten Mal wird die Bundesagentur für Arbeit zusammen mit einem Kultusministerium - nämlich dem von Herrn Busemann - in die Begleitung und Förderung von Schülerinnen und Schülern bereits in der 8. und 9. Klasse der Hauptschule einsteigen, um sie ausbildungsreif zu machen und so zu motivieren, dass sie keine Warteschleifen im berufsbildenden Bil
dungswesen drehen müssen, sondern sofort fähig sind, eine duale Ausbildung zu beginnen. Wenn diese 500 Schüler zum Schulabschluss gebracht und erfolgreich in die Wirtschaft integriert werden, dann ist das mustergültig für ganz Deutschland. Dann können wir die Zahl der Schulabbrecher bzw. der Schüler ohne Abschluss wirklich reduzieren.
Meine Damen und Herren, die Rednerliste sieht folgendermaßen aus: Herr Briese, Frau Dr. Heinen-Kljajić, Herr Meihsies, Frau Korter, Herr Wenzel, Frau Langhans und Herr Hagenah.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wohl gesprochen, Herr Ministerpräsident. Ihre Ziele sind richtig, aber wir sind davon überzeugt, dass Ihre Rezepte falsch sind.
Über die Integrationslügen der Konservativen wollen wir jetzt nicht diskutieren. Dort müssen Sie sich einiges vorwerfen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Noch eines will ich einleitend sagen: Positive Worte von dieser Landesregierung hinsichtlich der integrativen Schulsysteme - so, wie Sie sie gerade gebraucht haben - hören wir sonst nicht. Sonst wird diese Schulform von Ihnen nur diskreditiert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will für die Grünen noch einmal deutlich machen: Uns geht es darum, möglichst alle Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss zu bringen.
Das wollen wir vorurteilsfrei, pragmatisch und mithilfe von wissenschaftlicher Expertise erreichen. Das ist der Hintergrund dieser Debatte. Deswegen muss mir die Landesregierung noch einmal genau erklären, warum dann die integrativen Systeme, beispielsweise auch die kooperativen Hauptschulsysteme, eine sehr viel geringere Abbrecherquote als etwa die Hauptschulen haben. Warum haben die gemeinsamen Schulsysteme eine viel geringere Abbrecherquote? - In diesem Zusammenhang müssten Sie deutlich machen, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum Sie diese Systeme so vehement bekämpfen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Briese, die Frage ist, ob Sie einen Systemwechsel propagieren wollen oder ob Sie hinsichtlich der zugrunde liegenden Frage, wie sich die Abbrecherquote oder die Quote derer ohne Abschluss senken lässt, präzise Modelle vertreten. Beides geht nicht.
Nur ein Systemwechsel, ein Auswechseln von Türschildern, führt sicherlich nicht zu Ergebnissen. Hierzu ist wirklich ein Paket von Einzelmaßnahmen erforderlich. Dazu habe ich Ihnen schon vorhin einiges vorgetragen.
Nun können wir uns alle hier nicht mit einem Rechenschieber oder einem Taschenrechner beschäftigen. Aber ich bitte Sie, die Zahlen, die ich vorhin in meiner Antwort geliefert habe, in Relation zur gesamten Schülerzahl des Abschlussjahrgangs zu setzen. Dann kommen Sie zu bestimmten prozentualen Ergebnissen. Wenn Sie das in die Bildungsbeteiligung an den einzelnen Schulformen bzw. die Bildungsbeteiligung der Gesamtschulen am Gesamtsystem umrechnen, relativieren sich diese Zahlen. Dann ist Ihre Aussage von eben auch etwas plump und nicht mehr haltbar, dass integrative Systeme eine geringere Nichtabschlussquote hätten.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist schlicht nicht richtig, Herr Busemann! Jetzt versuchen Sie, die Statistik zu verbiegen!)
- Passen Sie auf! - Weil nur 5 % unserer Schülerinnen und Schüler auf die Gesamtschulen unseres Landes gehen, kommen Sie zu anderen Zahlen, wenn Sie dies in Relation zueinander setzen.
Aber trotzdem ist kein ideologischer Streit an dieser Stelle nötig. Der Ministerpräsident hat etwas zu den Gesamtschulen gesagt. Wir haben 3 200 Schulstandorte, wenn wir einmal die Schulen in freier Trägerschaft außen vor lassen, die ja mit hervorragenden Profilen tätig sind. Dazu müssen Sie die 59 Gesamtschulstandorte in Relation setzen, wobei ich durchaus sage, dass dort ordentlich gearbeitet wird. Wenn Sie manche Debatte der letzten Jahre und auch Beiträge von mir zugrunde legen, erkennen Sie, dass wir zwar aus bestimmten Gründen ein Neuerrichtungsverbot erlassen haben, aber aus guten Gründen auch gesagt haben - -
Ich habe hier in mehreren Beiträgen nachgewiesen, dass wir die Gesamtschulen in die Lage gesetzt haben, sich weiterzuentwickeln. In etlichen Fällen haben wir den Gesamtschulen Oberstufen gegeben. Tun Sie also nicht so, als hätten wir nicht auch die Gesamtschulen positiv in unserem Blickfeld.
Experten sehen die Ursache für die hohen Abbrecherquoten bei den Hauptschulen im sogenannten anregungsarmen Lernmilieu, was nichts anderes als den Umstand beschreibt, dass leistungsschwache Schülerinnen und Schüler von der gemeinsamen Beschulung mit leistungsstarken besonders profitieren. Sie gehen nun mit Ihrem Projekt „Abschlussquote erhöhen - Berufsfähigkeit steigern“ genau den umgekehrten Weg, indem Sie leistungsschwache Schülerinnen und Schüler noch einmal aussortieren und damit sehr wahrscheinlich in Sachen Motivation annähernd Ähnliches wie bei einer Abschiebung in eine Förderschule auslösen, wobei wir wissen, dass dort die Abbrecherquoten bzw. die Quoten derer, die nicht zum Abschluss kommen, noch höher sind.
Deshalb frage ich die Landesregierung noch einmal: Woher nehmen Sie den Optimismus, dass Sie mit einem Mehr eines Systems, das offensichtlich gescheitert ist
Meine Damen und Herren, man sollte den Fragesteller wirklich ausreden lassen. Wir können die Beiträge hier oben ganz schlecht verstehen, wenn dazwischengerufen wird. Ich gehe davon aus, dass andere es auch nicht können. Lassen Sie deswegen bitte die Fragestellerin oder den Fragesteller erst einmal ausreden! Dasselbe gilt für denjenigen, der hier für die Landesregierung antwortet. Das Instrument der Dringlichen Anfrage ermöglicht es, dass jede und jeder Abgeordnete hier Fragen stellen kann. - Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, durch die Zahlen, die ich in meiner Antwort vorgetragen habe, ist doch klar geworden, dass die Nichtabschlussquote nicht steigt, sondern gleitend sinkt. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur Kenntnis!
Da Sie das Thema Hauptschulen angesprochen haben, sage ich Ihnen in diesem Zusammenhang wie auch im Übrigen, dass wir nicht sortieren und schon gar nicht selektieren, sondern fördern. Dazu musste ich in den letzten Jahren ja schon ein paar Mal Anmerkungen machen. Wir fördern individuell und wollen bei der Förderung auch besser werden. Dass im Hauptschulbereich besondere Förderung erforderlich ist, sei gern zugestanden. Dazu können wir aber wohl nachweisen, dass wir in den letzten Jahren gerade in diesem Bereich einiges gemacht haben. Wenn Sie von mir eine Aussage sozusagen PISA-belegt haben wollen, wie ein Schulwesen besser werden kann, dann gebe ich Ihnen darauf eine klare Antwort: nicht durch Systemwechsel - hier ist nicht irgendein System gescheitert -, sondern indem wir innerhalb des Systems an jeder Stelle das Notwendige und Richtige tun.
Hierbei geht es insbesondere um das Kriterium der individuellen Förderung. Dabei können wir überall besser werden, gerade auch bei den Hauptschulen - einverstanden!