Protocol of the Session on December 6, 2006

(Beifall bei der CDU)

Dann wird mir vorgeworfen, dass die Bleiberechtsregelung keine Regelung für Kranke enthält. Zunächst haben wir eine Regelung für die gefunden, die 65 und krank sind. Dann muss allerdings der Lebensunterhalt durch Dritte gesichert sein.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Was Fragen der Humanität angeht, sind wir mittlerweile weiter als Sie!)

Zweitens. Wenn durch Krankheit ein Abschiebungshindernis vorliegt, ist völlig klar, dass nicht abgeschoben werden kann und dass die Betroffenen hier bleiben können.

Drittens. Für die Lösung von Sonderfällen haben wir die Härtefallkommission eingerichtet. Dies war nie Bestandteil einer Bleiberechtsregelung, dies ist von der SPD und von den Grünen in der Vergangenheit nicht gefordert worden und wird auch bei einer gesetzlichen Regelung nicht der Fall sein.

Sie haben den Antrag für diese Aktuelle Stunde eingebracht, ohne die Anordnung vorliegen zu haben. Das zeigt schon, wie seriös das ist.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wir haben Sie doch im Innenausschuss gehört!)

Ich kann nur sagen: Hören Sie auf, Stimmung zu machen!

Wir und auch die Fraktionen und der Landtagspräsident haben Gespräche mit Bischof Weber geführt, um seine Stellungnahme zu hören. Mir ist berichtet worden, dass er gesagt hat, dass das, was vereinbart wurde, genau der richtige Schritt sei und dass man diese Vereinbarung in der Öffentlichkeit nicht verurteilen wolle. Meine Damen und Herren, missbrauchen Sie die Kirche nicht für

Stellungnahmen, die überhaupt nicht abgegeben worden sind!

(Beifall bei der CDU - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Vorsicht, Vorsicht!)

Wir haben jetzt einen Kompromiss gefunden, dem alle Fraktionen und auch alle Innenminister zugestimmt haben. Ich hoffe wirklich, dass Sie jetzt endlich aufhören, auf dem Rücken der Betroffenen Politik zu machen, um daraus vielleicht irgendeinen Vorteil zu ziehen. Das macht keinen Sinn. Das ist jedenfalls mit mir nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal die Abgeordnete Langhans zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, es wundert mich, dass es Sie stört, dass wir über einen Erlass reden, den Sie erst heute morgen veröffentlicht haben. Sie hätten ihn ja auch schon früher vorlegen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn die Ausländerbehörden arbeiten bisher mit einem vorläufigen Erlass. Dann hätten wir schon vorher ganz genau darüber berichten können.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Au- ßerdem war er im Innenausschuss und hat schon alles vorgetragen, was er vorhat!)

Ganz kurz zwei Anmerkungen zu Ihrer Aussage, Arbeitsminister Müntefering sei daran schuld, dass geduldete Flüchtlinge keine Arbeit aufnehmen könnten. Ich frage mich, warum Sie nicht den Vorschlag Ihres Kollegen Schäuble aufgenommen und ein zweijähriges Aufenthaltsrecht eingeräumt haben. Dann wäre die Frage der Arbeitsaufnahme nicht mehr gegeben.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist auch ein Vorschlag von Müntefe- ring gewesen!)

Ich möchte Ihnen noch ein kleines Wort zur Residenzpflicht sagen. Seit einem Jahr haben Sie die Ausländerbehörden darauf hingewiesen, dass sich

die Residenzpflicht auf Niedersachsen bezieht. Vorausgegangen ist eine Vielzahl von Prozessen. In meinem Landkreis haben die Ausländer noch heute einen Stempel in ihrem Pass, wonach sie den Landkreis nicht verlassen dürfen. Das ist leider eine Tatsache. Ich kann nur das sagen, was ich sehe.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Herr Schünemann, mit Ihrer Weigerung, ein humanitäres Bleiberecht einzuführen, und mit Ihrem Gerede über die angebliche Einwanderung in die Sozialsysteme geben Sie weiterhin die Botschaft nach draußen: 90 % der langjährig geduldeten Flüchtlinge haben keinen Platz in unserer Gesellschaft, und möglichst viele von ihnen sollten dieses Land so schnell wie möglich verlassen.

Fatal an dieser Sache ist, dass genau diese Botschaft inzwischen bei vielen Ausländerbehörden angekommen ist und in konkretes Handeln umgesetzt wird. Ich möchte hier ein Beispiel aus dem Landkreis Nienburg vorbringen. Er hat nach dem vorläufigen Erlass der Landesregierung einer kurdischen Familie, die seit 15 Jahren ununterbrochen in diesem Lande lebt und deren Tochter das Gymnasium besucht, ein Bleiberecht mit der Begründung verweigert, der Vater der Familie habe sich am Stichtag im Kirchenasyl befunden und von daher keine Duldung gehabt. Dies ist meines Erachtens eine sehr fadenscheinige Begründung. Sie haben vor, die gesamte Familie aus diesem Grunde abzuschieben. Da schleicht sich wirklich der Verdacht ein, dass mit allen Mitteln künstliche Gründe gesucht werden, um eine Familie abzuschieben. Ich befürchte, das wird kein Einzelfall bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Vorwurf der Täuschung oder der Behinderung der Abschiebung wird voraussichtlich auch in anderen Fällen mit dem Segen des Innenministers vorgebracht werden, um die Anwendung des Bleiberechts zu hintertreiben.

(Reinhold Coenen [CDU]: Dies ist ei- ne bösartige Unterstellung!)

Herr Schünemann, ich bleibe dabei: Sie schaden dieser Landesregierung mit Ihrer inhumanen Flüchtlingspolitik. Sie bringen Niedersachsen in Verruf. Wir brauchen ein Bleiberecht samt Anwen

dungserlass, das den Menschen Chancen einräumt, anstatt ihnen erneut Fallen zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus dem Aufenthaltsgesetz zitieren:

„§ 61

Räumliche Beschränkung; Ausreiseeinrichtungen

1. Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt.“

Das ist das Ausländerrecht. Sie wollen wohl nicht behaupten, dass sich die Ausländerbehörden nicht an das Ausländerrecht halten. Das kann ich mir nun nicht vorstellen. Ansonsten können wir uns das noch einmal angucken.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Dann stellen Sie es noch einmal klar! Einige machen es leider anders! Geben Sie noch einmal einen eindeutigen Erlass heraus!)

Sie haben das wahrscheinlich verwechselt. Während des Asylverfahrens - das ist völlig klar - ist der Aufenthalt auf den Landkreis beschränkt.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Nein, so dämlich sind wir nicht!)

Alles andere wäre falsch. Insofern müssen Sie sich schon einmal das vorhalten lassen, was im Gesetz steht. Das wird dann natürlich auch umgesetzt.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Sie haben dargestellt, dass wir beim Kirchenasyl besondere Vorkehrungen träfen. Auch dies ist schlicht unwahr. Wenn man schon einen Abschiebetermin hat und insofern abgeschoben werden muss, dann kann man grundsätzlich nicht unter die Bleiberechtsregelung fallen. Dies war in

der Vergangenheit so und ist auch jetzt so. Wenn man sich der Abschiebung auf diese Weise entzogen hat, hat das nur mittelbar, aber nicht direkt etwas mit dem Kirchenasyl zu tun. Wenn Sie behaupten, es habe direkt damit zu tun, ist das schlichtweg nicht richtig.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist eine schöne Eierei, die Sie da ma- chen!)

Ich fasse noch einmal zusammen: Wenn Sie sich die Anordnung, die heute herausgegangen ist, noch einmal genauer anschauen und mit den Anordnungen anderer Länder vergleichen, werden Sie sehen, dass wir auch in Bezug auf die Täuschung im Grundsatz genau die Formulierung haben, die auch die anderen Bundesländer haben. Schauen Sie es sich in Ruhe an!

Es ist ein richtiges Verfahren, dass wir zunächst einmal einen Anordnungsentwurf herausgeschickt und mit den Ausländerbehörden diskutiert haben, dass wir das ausgewertet haben und heute die endgültige Anordnung herausgegeben haben. Das ist das normale Verfahren. Wenn Sie hier jetzt kritisieren, dass wir etwas nicht sofort herausgegeben haben, dann ist das meiner Ansicht nach völlig falsch.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wir kritisieren die Inhalte!)

Ein geordnetes Verfahren ist wichtig - gerade in diesem Bereich, in dem man sehr sorgfältig mit Einzelschicksalen umgehen muss.

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Frage der Abgeordneten Langhans? - Bitte, Frau Langhans!

Herr Minister, ist es richtig, dass in Ihrem Erlass die Jugendlichen, die in Ausbildungsberufen stecken, herausfallen? Ist es richtig, dass in Ihrem Erlass auch Familien herausfallen, die nur vorübergehend von Sozialleistungen abhängig sind?