Protocol of the Session on November 10, 2006

Wir stehen zur Gewaltenteilung. Das bedeutet, dass der Landtag auf die Staatsanwaltschaft warten muss.

Zweitens. In erster Linie müssen wir nach der politischen Verantwortung des Landes, der Landesregierung, des Ministers und der Landesbehörde fragen. Wir müssen diese auch prüfen. Es ist das eigentliche originäre Interesse der Opposition, dieses als Erstes in den Mittelpunkt zu stellen. Hier können wir bereits jetzt, nach der letzten Anhörung im Wirtschaftsausschuss, abschließend feststellen, dass es keinerlei Anzeichen für fehlerhaftes Han

deln gegeben hat; denn es gilt - das haben alle Angehörten bestätigt -: Jedes behördliche Handeln muss sich aufgrund des geltenden Rechts und der geltenden Rechtsgrundlage ereignen und juristisch prüfbar bleiben. Die Landesbehörde muss einen eingereichten Antrag für ein Betriebskonzept des Betreibers genehmigen, wenn der TÜV dieses nach den Regeln der Technik als sicher bestätigt. So will es der Bundesgesetzgeber. Genau dies ist geschehen. Dies bestätigen die bisher angehörten Experten. Ich möchte Ihnen deshalb einmal aus dem Protokoll der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zitieren, und zwar Herrn Stürwold vom TÜV:

„Im letzten Stand der Betriebsvorschrift vom 1. April 2006 konnte die TÜV-Arge VME der Genehmigungsbehörde bestätigen, dass die Betriebs- und Verkehrssicherheit der Anlage gegeben ist, wenn die in den Betriebsvorschriften enthaltenen Rahmenbedingungen gegeben sind.“

Durfte der TÜV, durfte das Land mehr einfordern als die geltenden Regeln der Technik? Dies ist eine wichtige Frage für die von Herrn Will aufgeworfenen Punkte. Auch hierzu möchte ich den TÜV zitieren:

„Hierzu können wir nur sagen, dass wir uns als Gutachter an den durch die Regeln der Technik vorgegebenen Maßstab zu halten haben. Dieser ist mittlerweile für den Transrapid in den in Fachausschüssen... erarbeiteten Ausführungsgrundlagen festgeschrieben.“

Keine Alternative. - Die wichtige Frage ist für uns ja nun: Entspricht der Einsatz des Werkstattwagens - so, wie er in Lathen war - den Regeln der Technik? Auch hier möchte ich den TÜV zitieren:

„Bezüglich der Einbeziehung von Sonderfahrzeugen in die technische Sicherung des Betriebs des Magnetschwebebahnfahrzeugs, also in die Betriebsleittechnik,... ist in den Ausführungsgrundlagen festgelegt, dass diese Entscheidung dem Betreiber überlassen ist. Das Fahren von Sonderfahrzeugen unter Personalverantwortung gilt bei Beachtung der Vorschriften als gleichermaßen sicher

und wird auch auf der bisher einzigen kommerziellen Anlage in Shanghai so gehandhabt.“

Herr Dr. Jansen vom TÜV sagte auf die Frage, ob dies gleichwertig ist zu dem, was Herr Hagenah mit der Einbeziehung der Technik gesagt hat:

„Das ist eine Regel der Technik, und in dieser Regel der Technik wird die Betriebsweise als gleichwertig sicher angesehen. Ja.“

Alle anderen Vorschläge wie Satellitenortung, Lichtschranken und Sensoren konnten für die Landesbehörde aufgrund der geltenden Rechtslage des Bundesrechts kein Kriterium sein. Dies bestätigt übrigens auch der von der Opposition benannte Experte, Professor Bode, von der Fachhochschule in Osnabrück. Auf die Frage, ob die Landesbehörde nach den Regeln der Technik des Eisenbahn-Bundesamtes entscheiden musste und nicht nach anderen Regeln anderer Industriebereichen entscheiden konnte, sagte Professor Bode:

„Das muss man in der Tat so sehen, das ist richtig.“

Auf die Frage, ob alle aufgezählten Alternativen der Technik, die im Ausschuss genannt wurden, für die Landesbehörde aufgrund der rechtlichen Situation nicht zur Grundlage gemacht werden durften, sagte Professor Bode:

„Das habe ich so gemeint.“

Das bedeutet, die Landesbehörde hat sich an Recht und Gesetz halten müssen. Sie hat dies getan.

Zu den heutigen Aussagen von Herrn Hagenah hier im Plenum zum Sicherheitskonzept in München und zu den Unterschieden möchte ich nur eines klarstellen: Es gibt die gleichen Sicherheitsstandards in München wie in Lathen. Die Sicherheitsstandards sind in den beiden unterschiedlichen Gesetzen für München und für Lathen beschrieben. Für München gelten die anerkannten Regeln der Technik beim Eisenbahn-Bundesamt, für Lathen galten diese auch.

Bezüglich der Umsetzung, über die wir gesprochen haben - Wie wird man es in München umsetzen? - gibt es nur die Seite 8 einer PowerPointPräsentation, die öffentlich zugänglich ist. Dort finden wir drei Sätze zu dem Konzept, das im Detail umgesetzt wird:

Erstens. Grundprinzip: Fahrt nur möglich, wenn Streckenabschnitt frei. - Dies galt auch für Lathen.

Zweitens. Alle Fahrzeuge und Sonderfahrzeuge sind in die technische Überwachung eingebunden. - Das war auch in Lathen der Fall.

Drittens. Automatische Zwangsbremsung, sobald ein Streckenabschnitt belegt ist. - Auch in Lathen galt laut Betriebsvorschrift: Wenn ein Streckenabschnitt belegt ist, war eine Blocksicherung zu bilden, und der Transrapid wäre automatisch gebremst worden.

Das heißt, wir haben nach den Informationen, die bisher öffentlich zugänglich sind, gleiche Anforderungen in Lathen.

Herr Will, zu der von Ihnen angedeuteten Fragestellung, die durchaus richtig ist, ob sich in den vergangenen Jahren vielleicht die Anforderungen geändert haben - Ihre Frage war ja, ob das Ministerium zu lasch mit der Landesbehörde und mit der Kontrolle war: Auch das war für uns im Ausschuss wichtig, und deshalb hat der Abgeordnete Althusmann den Betreiber gefragt: „Das heißt, die Maßstäbe sind in den letzten Jahren eher strenger geworden?“ Der Betreiber antwortete: „Ja, so ist es.“ Nachfrage: „Für die Genehmigung der Betriebsvorschriften?“ Zitat: „Ja.“ Das heißt, auch in den letzten Jahren haben Minister Hirche und die Landesbehörde die Verantwortung wahrgenommen.

Die Aussagen der in der Öffentlichkeit auch oft erwähnten Eisenbahner Dr. Breimeier und Nötzold in den elementar wichtigen Bereichen möchte ich ebenfalls hier erwähnen. Dr. Breimeier: „Ich bin kein ausgewiesener Sicherheitsexperte, sowohl für den Transrapid nicht als auch für die Eisenbahn nicht.“ Nächstes Zitat, von Herrn Nötzold auf die Frage des Kollegen Hoppenbrock, woher er das Wissen über die Betriebsgenehmigung habe: „Ja, der Bischof von Hildesheim hat so manchmal seine Quellen.“ Weiteres Zitat, Frage des Kollegen Althusmann: „Würden Sie sich selber als Sachverständigen des Sicherheitskonzeptes bezeichnen?“ Herr Nötzold: „Nein.“

Nachdem wir die Aussagen der Experten alle bewerten können, müssen wir feststellen, dass die landespolitische Verantwortung darin lag, Recht und Gesetz einzuhalten. Dies ist erfolgt. Das haben alle Experten eindrucksvoll bestätigt. Nachdem die politische Verantwortung abgearbeitet ist, bleibt also die Frage: Was ist weiter zu tun? Natürlich, Herr Will, haben wir weiterhin die Aufgabe,

genau aufzuklären: Was war an den Regeln der Technik zu ändern, die von den Fachleuten und dem Eisenbahn-Bundesamt erstellt werden, nicht von der Landesregierung, nicht von der Landesbehörde? Dies ist zu klären. War dort etwas, was man noch hätte einfügen können, was man hätte anders machen können? Dies wollen wir mit Ihnen gemeinsam auch gerne im Ausschuss tun, auch mit einer Befragung des Eisenbahn-Bundesamtes, dessen Vertreter man vielleicht tatsächlich aber erst dann wird hören können, wenn sie ihr erstes Gutachten bei der Staatsanwaltschaft abgegeben haben, Herr Jüttner. Ich glaube, wir sollten uns diese Zeit nehmen. Minister Hirche hat ja auch erklärt, dass er diesen Bereich für die Landesregierung aufarbeiten will, dass er eine große Sicherheitskonferenz plant, um die Frage nach den Regeln der Technik abzuarbeiten. Wir sollten dies gemeinsam tun. Wir reichen Ihnen jedenfalls hierfür unsere Hand.

Offensichtlich hat es Kommunikationspannen gegeben. Das ist richtig, und das ist auch nicht zu entschuldigen. Das sage ich auch für die Fraktionen von CDU und FDP hier ganz deutlich. Wir müssen dafür sorgen, dass Kommunikationspannen, die natürlich keinerlei Einfluss auf den viel früher entstandenen schrecklichen Unfall haben, abgestellt werden, dass so etwas auch nicht wieder vorkommt. Hierfür hat Minister Hirche zwei Wege aufgezeigt. Der eine Weg ist, dass er im Rahmen der Innenrevision eine Umstellung im Hause vornimmt und auch beim Betreiber keine telefonischen Meldungen, sondern nur noch schriftliche Meldungen zulässt sowie weitere Maßnahmen im behördlichen Ablauf vornimmt. Der zweite Weg, der eigentlich für eine Landesregierung sehr positiv ist, ist der offene Weg an die Opposition, nämlich nicht selbst unter dem Vorwurf, es vielleicht im Geheimen zu machen, etwas vorzulegen und abzuarbeiten, sondern eine neutrale Ermittlung, eine neutrale Aufarbeitung durch den Landesrechnungshof vorzunehmen. Dieses Angebot ist bei dem wichtigen Thema gemacht worden. Der Weg ist übrigens nicht neu. Er ist nicht von Minister Hirche erfunden worden, sondern wurde bereits 1999 vom damaligen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel beschritten. Ich zitiere aus der Plenarsitzung vom 17. Dezember 1999 Ministerpräsident Gabriel:

„Die Staatskanzlei hat mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofes Herbst gebeten,

die Sachverhalte im Zusammenhang mit den gegenüber dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski erhobenen Vorwürfen aufzuarbeiten und sie zu bewerten.“

Das heißt, auch dort wurde der Landesrechnungshof mit der Aufklärung beauftragt. Wir werden diesen Teil, nämlich den Teil der Kommunikation, gerne mit Ihnen gemeinsam aufarbeiten, Herr Jüttner, genauso wie wir den technischen Teil gerne weiter mit Ihnen aufarbeiten wollen. Der richtige Weg ist - das haben Sie immer gesagt -, dies offen zu tun, mit den Fachleuten im Wirtschaftsausschuss, aber zur gegebenen Zeit, um nicht die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu gefährden. Wenn wir jetzt, was vielleicht wünschenswert wäre, das Eisenbahn-Bundesamt in irgendeiner Art und Weise zwingen würden, Dinge vorzulegen und Aussagen zu treffen, dann kann es Ihnen passieren - das erfahren Sie, wenn Sie einmal Juristen fragen -, dass in einem strafrechtlichen Verfahren, in dem eventuell über das Fehlverhalten Einzelner oder Mehrerer ein strafrechtliches Urteil gesprochen werden muss, dies nicht mehr möglich ist, weil der Beweis des Experten des EisenbahnBundesamtes nicht mehr anerkannt wird.

Deshalb unsere herzliche Bitte an Sie, Herr Jüttner, auch im Interesse der Gewaltenteilung: Respektieren wir alle gemeinsam diese Vorarbeit, klären wir gemeinsam die weiteren technischen Fragen auf, und klären wir auch gemeinsam die Kommunikationsfragen auf. Hierfür reichen wir Ihnen unsere Hand. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Herr Kollege Hagenah hat das Wort zu einer Kurzintervention. Bitte schön! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der Aussagen von Herrn Bode hinsichtlich staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und Untersuchungsausschussarbeit einige Richtigstellungen: Der GBD hat uns gesagt, dass es natürlich nicht so ist, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen rechtlich in irgendeiner Weise einen Untersuchungsausschuss in seiner Arbeit be

hindern oder einschränken würden. Im Gegenteil. Artikel 27 Abs. 4 der Verfassung sagt aus:

„Gerichte und Verwaltungsbehörden haben Rechts- und Amtshilfe zu leisten und ihren Bediensteten die Aussage vor den Ausschüssen zu genehmigen.“

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zusätzlich möchte ich, da Sie ja so viel aus der Anhörung zitiert haben, auf meine Bemerkung zum Zitierkartell eingehen. Viele Aussagen, die in dieser Anhörung gemacht worden sind, erweisen sich doch als sehr parteiisch. So hat zum Beispiel der TÜV - das ist ja die Arbeitsgemeinschaft aus TÜV Nord und dem TÜV Rheinland - gesagt, er habe keinerlei Kenntnisse über das Münchner Konzept. Aus den Protokollen, die uns an dem Morgen übergeben wurden, ist aber klar geworden, dass schon vor einigen Monaten der TÜV Nord vom Eisenbahn-Bundesamt mit der Prüfung des Münchner Konzepts beauftragt worden war.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ehrlich?)

Deshalb kann diese Aussage so nicht richtig sein. Es gibt noch weitere Widersprüche, auf die ich gerne bei späterer Gelegenheit zurückkomme. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Herr Kollege Bode, Sie haben die Möglichkeit, darauf zu antworten. Bitte schön!

Herr Kollege Hagenah, selbstverständlich hat der GBD mit seiner Aussage recht, und auch das Zitat aus der Landesverfassung war natürlich richtig. Allerdings haben wir bei der Frage des EisenbahnBundesamtes eine andere Situation. Das Eisenbahn-Bundesamt ist nach unserer Erkenntnis - so steht es auch in allen Schreiben - von der Staatsanwaltschaft gebeten worden, ein Gutachten, ein Beweismittel zu erbringen. Das Problem ist - das werden auch Sie sicherlich bestätigen können, wenn Sie diesbezüglich den GBD oder Ihre eigenen Juristen fragen -, dass in einem entsprechenden Verfahren derjenige, der diesen Beweis er

hebt, eventuell nicht mehr als neutraler Sachverständiger akzeptiert wird, wenn er sich vorher anderweitig öffentlich festgelegt hat. Damit könnte das gesamte strafrechtliche Verfahren gefährdet werden.

Wir sollten uns die Zeit nehmen, die Staatsanwaltschaft nicht zu behindern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Althusmann das Wort. Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Transrapidunglück am 22. September 2006 hat 23 Menschen plötzlich und unerwartet in den Tod gerissen, allein vier Kinder zu Vollwaisen gemacht und uns allen sehr schmerzhaft vor Augen geführt, dass jede noch so ausgereifte Technik ein Restrisiko beinhaltet und dass wir Menschen nicht in der Lage sind, dieses vollständig auszuschließen.

Selbst wenn es von dieser Stelle schon dreimal gesagt wurde - ich möchte es ausdrücklich auch für die CDU-Fraktion betonen -: Wir trauern mit den Angehörigen, und wir danken den Helfern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion - und ich denke: der gesamte Landtag - hat ein elementares Interesse an einer sachlichen Aufklärung der Hintergründe des Unglücks. Darauf haben nicht zuletzt die Opfer selbst, aber auch die Hinterbliebenen der Opfer dieses Unglücks einen Anspruch. Als gewählte Volksvertreter sollten wir diesem besonderen Anspruch gerecht werden. Ich denke, hierüber besteht in diesem Hohen Haus Einigkeit, und zwar, Gott sei Dank, fraktionsübergreifend.