Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Albers, man kann bei vielen Themen durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Was mich jedoch langsam, aber sicher stört, ist das dauernde Herumgehacke auf den Kommunen. Es ist mittlerweile wirklich unerträglich geworden,
Wenn Sie sich hier auf das Jahr der Jugend berufen, möchte ich einmal aus dem Antrag „Niedersächsische Jugendpolitik neu ausrichten“ der Fraktionen von CDU und FDP vom Februar 2005 zitieren. In diesem Antrag wurde nicht nur erstmals ein Jahr der Jugend gefordert. Unter Nr. 3 heißt es dort auch wörtlich:
„die Strukturen der Jugendhilfe und Jugendarbeit auf Landesebene zu stärken und hierbei insbesondere Möglichkeiten der Effizienzsteigerung durch Synergieeffekte, Bürokratieabbau und die Vermeidung von Doppelstrukturen zu berücksichtigen...“
Meine Damen und Herren, nichts anderes tun wir jetzt. Wir wollen die Arbeit für Kinder und Jugendliche stärken, indem wir die Entscheidungsstrukturen verbessern. Neben der bereits erfolgten Konzentration der Verwaltungsverfahren bei den ESFgeförderten Landesprogrammen in der NBank ist eine Organisationsreform des Landesjugendamtes ein Kernpunkt, wenn es um mehr Effizienz geht. Die Föderalismusreform eröffnet uns die Möglichkeit, einen eigenen Organisationsrahmen zu entwickeln. Sicher brauchen wir auch in Zukunft die Wahrnehmung von Steuerungs- und Koordinierungsfunktionen auf Landesebene. Wir brauchen dazu aber nicht notwendigerweise die Behörde Landesjugendamt.
Selbst Herr Albers hat am 2. August verlautbaren lassen - ich zitiere wörtlich -: Für uns ist nicht entscheidend, wie diese Behörde organisiert ist. Im Mittelpunkt müssen vielmehr die Inhalte stehen. - Damit haben Sie recht, Herr Albers.
Zu Beginn der Legislaturperiode haben wir für den Bereich der Kindertageseinrichtungen den Vorrang der Bildungsaufgabe festgelegt. Damit haben wir auch die politische Verantwortung an das Kultusministerium gegeben. Ist es dann nicht sinnvoll, die für Steuerungsaufgaben zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Fachbereich 2 des Landesjugendamtes in das entsprechende Referat des Kultusministeriums zu integrieren? Könnten
die kommunalen Jugendhilfeträger nicht mehr Freiräume im Rahmen der Aufsicht über die Kindertageseinrichtungen erhalten, wenn die Beratung und Qualitätssicherung unter dem Dach der Landesschulbehörde sichergestellt bleiben? Ich glaube, das ist so.
Wir wollen die gesellschaftliche Verantwortung für Kinder und Jugendliche wahrnehmen. Wir brauchen dazu vor allem soziale Infrastrukturen vor Ort. Wir brauchen aber auch eine effiziente Verwaltung auf Landesebene. Der Beschluss der Landesregierung zur Änderung der Ausführung des Kinderund Jugendhilfegesetzes ist in diesem Zusammenhang ein zentraler und richtiger Schritt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich eindringlich, mit Bedacht zu diskutieren. Es ist gut, dass sich die Opposition ihre eigenen Gedanken macht. In einer Demokratie ist das auch von großer Wichtigkeit. Ich zitiere damit die Kollegin Siebert aus dem Plenum im September. Ich frage mich aber: Was ist zwischenzeitlich passiert? Hat Frau Siebert beim letzten Mal nicht gewusst, wohin die Reise der schwarz-gelben Landesregierung in Sachen Kinder- und Jugendpolitik geht und was mit dem Landesjugendamt geplant ist? Sonst hätte sie sich nicht so unbedarft hier hinstellen und uns zur Diskussion auffordern können.
Bis zu einem gewissen Grade ist das, wie ich glaube, ein Lehrstück für das Demokratieverständnis und auch das Beteiligungsverständnis der schwarz-gelben Landesregierung. Wie der Opposition ein Brocken hingeworfen wurde, so wurde auch dem Landesjugendring und dem Landesjugendamt ein Brocken hingeworfen. Auch heute hieß es wieder: Wir optimieren nur.
Ich will Ihnen einmal eines sagen. Seit Jahren - seit 1998 - ist das Landesjugendamt immer wieder Gegenstand von Diskussionen.
- Unter der SPD, genau! - Wenn man aber eine Fachbehörde optimieren will, wenn man wirklich qualitativ gute Kinder- und Jugendpolitik betreiben will, wenn man Standards einziehen will, wenn man zum Schutz der Kinder agieren will, dann lässt man eine Fachbehörde in Ruhe und optimiert aus der unabhängigen Behörde heraus; dann darf es nicht so ein wildes Agieren geben, indem man ohne Konzept etwas abschafft.
Trotz unseres Antrages aus dem SeptemberPlenum und trotz der Worte der jugendpolitischen Sprecherin haben Sie am 24. Oktober über das Kabinett einfach still und heimlich Nägel mit Köpfen gemacht. Sie haben mit niemandem gesprochen. Das waren doch eben auch nur schöne Worte. Wer hat denn mit den Jugendverbänden gesprochen, liebe Frau Siebert? Kein Einziger! Sonst hätten wir nämlich nicht den ganzen Stapel von Einwendungen, die sich gegen die Auflösung des Landesjugendamtes und des Landesjugendhilfeausschusses aussprechen.
Wenn Sie mit denen gesprochen hätten - jetzt hören Sie einmal auf, dazwischen zu schreien - und Ihr Konzept fundiert so dargelegt hätten, dass die anderen es verstanden und akzeptiert hätten, sodass sie nicht die Ängste hätten, dass die Fachbehörde abgeschafft wird, dass Qualitätsstandards geschliffen werden und dass die Beteiligung hinten runterfällt, dann hätten wir all die Einwendungen nicht. Erklären Sie mir einmal, wie es dazu kommt.
Meine Damen und Herren, ganz kurz: Es geht um den Erhalt der Fachlichkeit und um die Unterstützung der Jugendhilfe im Lande Niedersachsen. Es geht um die aktuellen Lebensbedingungen von
Kindern und Jugendlichen. Es geht um genau das, was Sie selber gesagt haben. Es geht auch um Kinderschutz. Das kann man nur mit einem einheitlichen Landesjugendamt auf den Weg bringen. Das kann man nicht, wenn Herr Busemann für die Kindertagesstätten und Frau Ross-Luttmann für die Jugendhilfe zuständig ist. Es geht um Vernetzung. Diese Vernetzung, diese Kooperation zerschlagen Sie ohne Not, anstatt Veränderungen im System vorzunehmen.
(Christian Dürr [FDP]: Das ist doch ei- ne Landesregierung! Warum können sich nicht zwei Ministerien vernet- zen?)
- Zwei Ministerien sollen sich vernetzen? Sie kennen doch sonst die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und wissen, wie wunderbar alles funktioniert bzw. nicht funktioniert. Da können Sie doch so etwas nicht glauben.
Ich kann Sie nur auffordern, im Interesse der Kinder und Jugendlichen im zuständigen Fachausschuss eine ehrliche und offene Debatte zu führen und vielleicht auch diesen Kabinettsbeschluss noch einmal zur Disposition zu stellen, wenn Sie wirklich Anwalt von Kindern und Jugendlichen sein wollen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Albers, wenn Sie von der Zerschlagung des Landesjugendamtes sprechen, dann wenden Sie sich bitte an Ihre damalige Landesregierung;
denn es war Ihre Landesregierung, die mit Erlass vom 16. Juni 1999 die Auflösung des Niedersächsischen Landesjugendamtes verkündet hat.
Dort ist geregelt worden: Mit Wirkung vom 1. Juli 1999 wird das Niedersächsische Landesjugendamt aufgelöst. Das Niedersächsische Landesjugendamt wird in die Bezirksregierung Hannover eingegliedert.
Die Kinder- und Jugendhilfe hat bei dieser Landesregierung einen hohen Stellenwert. Was, Herr Albers, ist denn nun tatsächlich geschehen?
Die von der Landesregierung beabsichtigte Organisationsänderung bündelt Ressourcen, um für die Zukunft tragfähige und effektive Verwaltungsstrukturen für eine moderne dienstleistungsorientierte Kinder- und Jugendhilfe zu schaffen. Um ganz konkret zu werden: Erstens. Das Land wird auch zukünftig uneingeschränkt die Aufgaben wahrnehmen, die das SGB VIII dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe zuordnet. Das Land wird also weiterhin die freien und örtlichen Träger beraten und qualifizieren. Die Aufsicht über Einrichtungen der Jugendhilfe wird weiterhin vom Land aufgelöst.
Zweitens. Mit dieser Neuorganisation ist weder eine Kommunalisierung von Aufgaben noch ein Personalabbau verbunden. Die Steuerungsaufgaben der Kinder- und Jugendhilfe werden auf die Ressortebene konzentriert. Um einmal zu verdeutlichen, wovon wir in meinem Bereich reden: Es handelt sich um zwei Stellen.