Protocol of the Session on February 15, 2002

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, Sie haben von den Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer beruflichen Perspektive in den Justizvollzugsanstalten gesprochen. Ich frage Sie: Gibt es Perspektiven für eine positive Entwicklung der beruflichen Bildung in den Justizvollzugsanstalten?

(Möllring [CDU]: Es ist schon schlecht, wenn das Ministerium einem das vorformuliert!)

Herr Präsident, die Zwischenrufe von der rechten Seite sind sehr interessant!

Die Frage kannte ich wirklich nicht.

(Lachen bei der CDU)

Herr Minister, Sie müssen auf solche Unterstellungen nicht eingehen.

Sie unterstellen die ganze Zeit ein abgesprochenes Spiel. Es handelt sich jedoch um ein spontanes Fragen von der anderen Seite. Sie glauben das nicht.

(Unruhe bei der CDU - Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist eine Unsitte, prinzipiell zu unterstellen, Fragen, die irgendein Kollege oder irgendeine Kollegin hier im Landtag stellt, seien vorbereitet. Der Landtag kann von jeder Landesregierung erwarten, dass sie sich umfänglich auf die Antwort vorbereitet. Hieraus die Unterstellung abzuleiten, alles sei vorbereitet, finde ich unfair. Das war in den letzten 30 Jahren nicht so.

(Lachen bei der CDU)

Herr Minister Pfeiffer möge jetzt bitte diese Frage beantworten.

Die berufliche Ausbildung der Gefangenen steht insbesondere in der Jugendvollzugsanstalt Hameln im Mittelpunkt. Bei den anderen Anstalten bemühen wir uns ebenfalls darum.

Ich will in diesem Zusammenhang noch auf Folgendes hinweisen: Wenn wir das Arbeitsvollbeschäftigungsprogramm ansteuern, dann geschieht dies unter Arbeitsbedingungen, die denen draußen entsprechen. Wir laden Firmen ein, ihre Werkstätten gewissermaßen in der Anstalt aufzubauen. Damit erhalten die Gefangenen die Möglichkeit, unter realistischen Bedingungen zu arbeiten. Sie kleben nicht Tüten, wie es früher üblich war, sondern führen etwa in einer Schlosserei mit hochmoderner Technik Arbeiten aus, die auch auf dem Markt von ihnen verlangt werden könnten. Insoweit sind wir auf einem guten Kurs. Ich hatte gerade Gelegenheit, in Lingen einen Tag an der Seite eines solchen Werkmeisters zu verbringen. Ich war beeindruckt davon, welch hohen Standard von Ausbildung es dort für erwachsene Gefangene gibt. Das ist etwas, was man generell eigentlich nur im Jugendvollzug erwarten würde.

Es werden also hochwertige Arbeitsplätze ausgebaut. Von daher wird sich parallel zu den Werkhallen, die wir jetzt einrichten, auch die Ausbildungssituation generell für die Gefangenen verbessern. In Hameln ist sie ohnehin auf einem hohen Stand angesichts der Tatsache, dass es sich um junge Menschen handelt, bei denen der Resozialisierungsauftrag besonders ernst genommen wird.

(Beifall bei der SPD)

Wie kommen nun zur

Frage 2: Moorschutz in Niedersachsen: Vorreiterrolle verspielt - Ziele verfehlt!

Das Wort hat Frau Steiner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Natur aus ist Niedersachsen das moorreichste Land der Bundesrepublik. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der niedersächsischen Naturschutzpolitik, dem Schutz der letzten noch vorhandenen Hochmoore und der typischen Moorlandschaften der norddeutschen Tiefebene besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Mit dem 1981 - erweitert 1986 - beschlossenen Moorschutzprogramm hat Niedersachsen ehemals bundesweit eine Vorreiterrolle im Moorschutz eingenommen. Nach den Zielsetzungen dieses Programms sollten die Reste der intakten Hochmoore einschließlich ihrer als Grünland genutzten Randbereiche als Naturschutzgebiete ausgewiesen und damit vor weiterer Zerstörung durch Torfabbau bewahrt werden. Auf abgetorften Flächen sollte nicht mehr die Folgenutzung Landwirtschaft, sondern die Folgenutzung Naturschutz zur Regel werden, um hier nach Möglichkeit eine Regeneration der Moorflächen einzuleiten. Es ist festzustellen, dass die Geschwindigkeit der Moorzerstörung durch dieses Programm zwar vermindert wurde und auch punktuell Erfolge zu verzeichnen sind, aber eine systematische Entwicklung der niedersächsischen Moorlandschaft unter Naturschutzgesichtspunkten ist bisher nicht erfolgt. Offensichtlich hat das Moorschutzprogramm in der Naturschutzpolitik der Landesregierung so weit an Stellenwert verloren, dass es nicht einmal für notwendig befunden wurde, aus Anlass des 20. Jahrestages des Moorschutzprogramms Bilanz zu ziehen und so diesen wichtigen Bereich der Naturschutzpolitik erneut ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen.

Die größten Hochmoorvorkommen finden sich in der „Stader Geest“ und der „Ostfriesisch-Oldenburgischen Geest“. Bereits ab 1990 wurde die Errichtung eines „Moorschutzgebietssystems“ diskutiert und von den Behörden des Landes inhaltlich vorbereitet. Im Landes-Raumordnungsprogramm

von 1994 wurden Bereiche der „OstfriesischOldenburgischen Geest“ zwischen Oldenburg und Papenburg planerisch als „Moorschutzgebietssystem zwischen Oldenburg und Papenburg“ dargestellt. Seitdem ist jedoch nicht erkennbar, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Umsetzung der Vorgaben des Landes-Raumordnungsprogramms 1994 gelegt hätte. Die Möglichkeiten einer nachhaltigen Regionalentwicklung durch ein Moorschutzgebietssystem in diesem Raum wurden - trotz vieler Lippenbekenntnisse der Landesregierung - bisher nicht genutzt.

Ein verstärkter Schutz der Moore und eine Entwicklung der Region, die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft erhält und neue Erwerbsmöglichkeiten z. B. im Bereich des naturnahen Tourismus eröffnet, erfordert neben Mitteln für Erschwernisausgleich und Vertragsnaturschutz eine intensive Betreuung vor Ort. Nur unter dem Dach eines Schutzgebietssystems lässt sich die notwendige enge Kooperation zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Kommunen, Naturschutz-, Wirtschaftsund Tourismusverbänden verwirklichen.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchem Umfang wurde die Zielsetzung „Moorschutzgebietssystem zwischen Oldenburg und Papenburg“ im Landes-Raumordnungsprogramm 1994 bisher umgesetzt?

2. Welche Finanzmittel von EU, Bund, Land, Kommunen und welches Personal wurden seit 1994 für die Umsetzung des Moorschutzgebietssystems eingesetzt?

3. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeiten einer nachhaltigen, natur- und sozialverträglichen Regionalentwicklung durch die Einrichtung des Moorschutzgebietssystems in diesem Raum im Vergleich zu der angestrebten Entwicklung im Biosphärenreservat bzw. Großschutzgebietssystem Elbtalaue?

Die Antwort erteilt der Umweltminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anlässlich der Debatte über den SPD-Entschließungsantrag zum Thema Moorschutz hat die Kollegin Steiner relativ massive Kritik an der Landesregierung vorgetragen.

(Zuruf von der SPD: Unberechtigter- weise!)

Die Kritik war engagiert vorgetragen, gleichwohl in der Sache falsch, Frau Kollegin. Die Behauptung, dass Niedersachsen seine Vorreiterrolle im Naturschutz verspielt und die Ziele des Moorschutzes verfehlt habe, trifft nicht zu.

(Zuruf von der CDU: Na!)

Das niedersächsische Moorschutzprogramm formuliert das Ziel, naturbetonte Hochmoore und Moorrandbereiche in einer Größe von rund 53 000 ha sowie Kleinsthochmoore und zusätzlich rund 30 000 ha zu renaturierende abgetorfte Moorbereiche zu sichern. Bis Ende 2001 konnten rund 50 000 ha naturbetonte Hochmoor- und Moorrandflächen als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Weitere Naturschutzgebiete sind landesweit im Verfahren.

Auf rund 10 000 ha abgetorften Hochmoorflächen ist die Renaturierung eingeleitet worden. Weitere rund 30 000 ha befinden sich noch im Abbau und sind für die Folgenutzung Naturschutz und eine Renaturierung vorbestimmt. Die Kleinsthochmoore sind generell durch den § 28 a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes als besonders geschützte Biotope gesichert.

Dies verdeutlicht, dass die Naturschutzbehörden das Moorschutzprogramm sehr engagiert und erfolgreich umgesetzt haben. Die verbliebenen niedersächsischen Hochmoore einschließlich der Kleinsthochmoore sind als einmalige Lebensräume für charakteristische und gefährdete Tier- und Pflanzenarten gesichert. Die Zielzahl für zu renaturierende Hochmoore ist sogar deutlich überschritten worden.

Auch die Behauptung, dass eine systematische Entwicklung der niedersächsischen Moorlandschaft unter Naturschutzgesichtspunkten bisher nicht erfolgt sei, trifft nicht zu. Das Moorschutzprogramm und seine Umsetzung stellt eine in Vorbereitung, Planung und Ausführung systematische Herangehensweise zum Schutz und zur Entwicklung der für den Naturschutz wichtigsten Hochmoorbereiche in Niedersachsen dar.

Mit dem gestern vorgestellten Entschließungsantrag der SPD-Fraktion würde das Moorschutzprogramm konsequent weiterentwickelt. Durch die Erstellung eines Konzepts zur Bestandssicherung und Entwicklung der Niedermoore wird deren

besondere Bedeutung für den Naturhaushalt und die nachhaltige Ressourcennutzung Rechnung getragen. Außerdem soll die systematische Integration des Hoch- und Niedermoorschutzes in die laufende Arbeit der Landesregierung verstärkt werden. Dies würde auch für den Bereich des Moorschutzgebietssystems zwischen Oldenburg und Papenburg eine große Bedeutung haben. Gleichzeitig sollen aber auch weitere Schwerpunkträume in die Überlegungen zur Erstellung räumlicher Konzepte zum Schutz von Moorlandschaften einbezogen werden.

Die Behauptung, dass Möglichkeiten einer nachhaltigen Regionalentwicklung durch ein Moorschutzgebietssystem im Raum Oldenburg/Papenburg bisher nicht genutzt würden, geht von einer falschen Einschätzung aus. Das Moorschutzgebietssystem ist entsprechend den Vorgaben durch das Landes-Raumordnungsprogramm primär kein Instrument zur gezielten Förderung einer nachhaltigen Regionalentwicklung. Im Vordergrund steht die raumordnerische Sicherung der naturnahen Hochmoore und Moorrandbereiche durch die entsprechende Darstellung von Vorranggebieten für Natur und Landschaft unter Abstimmung mit den Belangen der Rohstoffsicherung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Gemäß Landes-Raumordnungsprogramm hat das Moorschutzgebietssystem zwischen Oldenburg und Papenburg die großräumige Erhaltung, Pflege und Entwicklung von naturnahem Hochmoor und landwirtschaftlich vorwiegend als Grünland genutzten Hochmoorbereichen zum Ziel. Es umfasst Gebiete des niedersächsischen Moorschutzprogramms und setzt sich im Wesentlichen zusammen aus erstens naturnahen Hochmoorflächen, zweitens derzeit in Abtorfung befindlichen Flächen, die künftig als Lebensraum für dort typische Flora und Fauna zu renaturieren sind, sowie drittens landwirtschaftliche Nutzflächen, wobei es sich überwiegend um Hochmoorgrünland in Randlage zu den vorgenannten Flächen handelt.

Im Moorschutzgebietssystem gemäß LandesRaumordnungsprogramm von 1994 sind 22 Hochmoornaturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 3 870 ha eingerichtet. Die Ausweisung von drei weiteren Hochmoornaturschutzgebieten mit einer Gesamtfläche von 7 750 ha ist eingeleitet. Zusätzlich sind rund 830 ha Hochmoore über Landschaftsschutzgebietverordnungen geschützt.

Zu Frage 2: Zur naturschutzfachlichen Umsetzung der Ziele des Moorschutzgebietssystems gebe ich Ihnen - wie erbeten - einen Ausblick über die seit 1994 aufgewendeten Finanzmittel, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass sich der Anteil der EU-Mittel nur mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand ermitteln ließe, den ich nicht für vertretbar halte.

Erstens. Für Flächenankäufe durch das Land wurden seit 1994 rund 2,44 Millionen Euro inklusive der EU-Mittel aufgewendet.

Zweitens. Für den Vertragsnaturschutz auf Grünlandflächen wurden seit 1994 rund 380 000 Euro aufgewendet. Ein Teil davon besteht aus EU-Mitteln, nämlich aus dem PROLAND-Programm „Kooperationsprogramm Dauergrünland“.

Drittens. Erschwernisausgleich in Naturschutzgebieten wurde für alle Dauergrünlandflächen entsprechend den Auflagen der jeweiligen Naturschutzgebietsverordnung bezahlt. Im Jahre 2001 wurden inklusive der EU-Mittel für Erschwernisausgleich im Moorschutzgebietssystem Oldenburg/Papenburg rund 92 000 Euro ausbezahlt. Der Umfang der Zahlungen insgesamt und die Aufteilung in Landes- und EU-Mittel ließe sich auch hier nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand bei den Ämtern für Agrarstruktur ermitteln.

Viertens. Bezüglich des Mitteleinsatzes durch Gemeinden konnten in der Kürze der Zeit keine Zahlen z. B. für Kompensationsverpflichtungen ermittelt werden.

Zum Personaleinsatz ist darauf hinzuweisen, dass bereits die Zahl und Größe der ausgewiesenen Naturschutzgebiete zeigen, dass in der Bezirksregierung Weser-Ems die Bearbeitung des Moorschutzgebietssystems ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit des Naturschutzdezernats ist, welches um die Stelle eines wissenschaftlichen Sachbearbeiters verstärkt wurde. Zudem sind in diesem Raum des Moorschutzgebietssystems weitere Stellen mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Moorschutzes befasst, u. a. die staatliche Moorverwaltung, die Ämter für Agrarstruktur, die Landkreise als untere Naturschutzbehörden sowie das Bodentechnologische Institut des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung.

Zu Frage 3: Bei einem Biosphärenreservat auf der Grundlage von § 14 a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes, wie es für das niedersächsische Elbetal geplant ist, steht entsprechend den rahmen

rechtlichen Anforderungen Folgendes im Vordergrund: Es geht um die beispielhafte Entwicklung und Erprobung von die Naturgüter besonders schonenden Wirtschaftsweisen. Eine Vergleichbarkeit der Situation im Gebiet des Moorschutzgebietssystem mit dem Gebiet des geplanten Biosphärenreservats im Elbetal ist in dieser Hinsicht nicht gegeben. Die wesentlichen Nutzungen in den Vorranggebieten für Natur und Landschaft im Moorschutzgebietssystem sind Torfabbau und als Folgenutzung Naturschutz. Der Abbau von Torf bietet keine nachhaltige Nutzungsoption. Zudem dauert der Abbau teilweise noch 20 oder 30 Jahre an. Die naturnahen Hochmoorflächen sowie die zu renaturierenden Moorbereiche werden mit Ausnahme von Randbereichen zukünftig nicht genutzt. Sie werden somit auch nicht einer nachhaltigen Nutzung zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der SPD)