Protocol of the Session on January 24, 2002

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Wer soll das noch essen?)

Herr Bartels!

Erstens. Herr Abgeordneter, ich habe am Anfang deutlich gemacht, dass Chloramphenicol durch die Europäische Union - auch aufgrund des Willens von deutscher Seite - wegen der Gefahr für die menschliche Gesundheit, die ich eben im Zusammenhang mit der Beantwortung der Anfrage sehr deutlich dargestellt habe, seit 1994 verboten ist.

Zweitens: Die Europäische Union hat im August letzten Jahres ein sehr restriktives Umgehen mit belasteten Shrimps insgesamt gefordert, nachdem festgestellt worden war, dass Shrimps, die aus dem asiatischen Raum stammten, mit Chloramphenicol belastet waren. Die EU hat deutlich gemacht, dass sie auch Kleinstbestandteile, also Minimalmengen, nicht akzeptiert und toleriert, dass sie also gewissermaßen einen Nullwert anstrebt.

Vor diesem Hintergrund haben wir gerade bei diesem Vorgang sehr sorgfältig zu prüfen, was passiert ist, in welchem Ausmaß möglicherweise eine Verbreitung stattgefunden hat und ob es unter Umständen Restbestände bzw. Rückstände in Lebensmitteln gibt, z. B. in Eiern oder in Fleisch von Schweinen. Dazu liegen mir zurzeit noch keine Ergebnisse vor. Ich erwarte sie stündlich. Dann

brauche ich eine Bewertung durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, das den Sachverstand in dem neu eingerichteten Amt in Berlin hat.

Nachdem uns der ganze Vorfall bekannt geworden ist, haben wir auch die Europäische Union angeschrieben und von den Wissenschaftlern der Europäischen Union eine Bewertung dieses Zusammenhangs und der Frage erbeten, ob wir diese Futtermittel und die Tiere freigeben müssen, falls wir Ergebnisse erzielen, die unterhalb der Nachweisgrenze liegen, oder ob es noch Anhaltspunkte dafür gibt, die gegen eine Freigabe sprechen.

Diese Entscheidung kann ich nicht alleine treffen. Dazu benötige ich eine Absicherung durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie durch die Europäische Union aufgrund ihrer restriktiven Vorgaben des letzten Jahres. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine abschließende Antwort auf die Frage geben kann.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt der Kollege Kethorn. Dann Herr Hogrefe.

Herr Minister, wer kommt für den Schaden auf, den die Fischmehlfabrik Cuxhaven, aber auch die landwirtschaftlichen Betriebe, bei denen Futtermittel sichergestellt worden sind, infolge der Schlamperei durch das Bundesverbraucherministerium erlitten haben?

Herr Bartels!

Herr Abgeordneter Kethorn, ich sage es noch einmal: Ursache für diesen Vorfall ist der illegale Akt in den Niederlanden, das kriminelle Handeln in den Niederlanden also, das uns nunmehr noch einmal von der holländischen Behörde bestätigt worden ist. Ich habe vorgestern eigens noch einmal meinen Kollegen Brinkhorst in Holland angerufen, weil Zweifel geäußert wurden, ob sich die Zusammenhänge wirklich so darstellen, wie uns die hol

ländischen Behörden berichtet haben. Ich habe noch einmal um Überprüfung geben und gestern Morgen eine schriftliche Antwort von den holländischen Behörden bekommen, die noch einmal bestätigt haben, dass sich die Vorgänge so abgespielt haben, wie ich sie eben geschildert habe. Darauf muss ich mich verlassen. Das ist die Ursache, Herr Kethorn, und das müssen wir auch in diesem Parlament begreifen.

Verantwortlich für Ausfälle bzw. für Schäden, wenn sie denn bei den deutschen Unternehmen entstanden sind, ist derjenige, der diesen illegalen Akt vollzogen hat, und das ist der Vertragspartner der Fischmehlwerke Cuxhaven. So einfach sind die Dinge.

Herr Kollege Hogrefe! Dann Herr Robbert.

Herr Minister, angesichts der Tatsache, dass bereits bei BSE zigtausenden von unschuldigen Landwirtefamilien Riesenschäden entstanden sind, die bis heute nicht ausgeglichen sind, ist Ihre Antwort auf diesen weiteren Skandal, der infolge schlampigen staatlichen Handelns besonders in Berlin entstanden ist, völlig unbefriedigend. Ich frage Sie: Was wollen Sie tun, damit die gutgläubigen Fischmehlaufkäufer in Niedersachsen nun vor Schaden geschützt werden; denn der Schaden ist doch durch zu spätes Handeln der Bundesregierung eingetreten? Was wollen Sie in Berlin zugunsten der niedersächsischen Landwirte konkret unternehmen?

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister!

Herr Abgeordneter Hogrefe, ich habe die Zusammenhänge und die Abläufe mehrfach deutlich gemacht. Ausgangspunkt sind die Niederlande. Dort ist ein schweres Versäumnis festzustellen, da man fünf Wochen lang auf Erkenntnissen gesessen hat. Wenn wir diese Erkenntnisse zum gleichen Zeitpunkt, also am 6. Dezember, bekommen hätten, hätten wir durch ein Telefonat sofort handeln und

alles Weitere, über das wir jetzt miteinander reden, verhindern können.

Hier liegt die Ursache für das riesige Problem. Ich habe bereits deutlich gesagt, dass es unabdingbar ist, dass ein Schnellwarnsystem eingeführt wird und alle, die im Zusammenhang mit diesem Schnellwarnsystem Verantwortung tragen, zügig und zeitnah handeln sowie Informationen weitergeben. Durch dieses Instrument ist dies sichergestellt.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Gleichwohl muss sich jeder zusätzlich selbst beim Portepee fassen und danach fragen, ob in dem eigenen Haus die Wege so organisiert sind, dass eine Schnellwarnung, wenn sie denn aufläuft, auch als solche erkannt wird und entsprechend gehandelt wird. Ich habe deutlich gemacht, dass das bei uns so ist. Frau Bundesministerin Künast hat in ihrem Haus die Panne erkannt, hat die Dinge korrigiert und wird sicherstellen - davon gehe ich aus -, dass es keinen Wiederholungsfall geben wird.

Nun aber noch einmal zurück zu dem Ausgangspunkt, den Sie als Anlass zu Ihrer Frage genommen haben. Der Ausgangspunkt liegt in den Niederlanden. Dabei handelt es sich um einen kriminellen Akt. Kriminelles Handeln können wir auch bei noch so guten Gesetzen und noch so vielen Kontrollen nicht verhindern. Das habe ich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage bereits deutlich gemacht. Wir können allerdings durch ein verfeinertes Kontrollnetz und durch massive Sanktionen sozusagen präventiv wirken, indem davon abgeschreckt wird, kriminelle Delikte zu begehen. Wir haben das doch gerade wieder - auch das ist für mich ein Ärgernis - bei dem ChloramphenicolBefund, den wir im Zusammenhang mit einem niedersächsischen Kalb mitgeteilt bekommen haben, gesehen. Die Anwendung von Chloramphenicol ist für Lebensmittel liefernde Tiere verboten. Das Mittel darf dort nicht angewendet werden. Es gibt Eigenkontrollsysteme; es gibt den Landvolkverband, die berufsständische Vertretung, die ihre Mitglieder auffordert, sich an Recht und Gesetz zu halten und alles zu vermeiden, was sie in die Nähe krimineller Akte bringen könnte - trotzdem gibt es Menschen, die offenbar solche Mittel anwenden. Ich kann das nicht verhindern, Sie können das nicht verhindern, das beste Gesetz wird das nicht verhindern können. Solange wir es mit Menschen

zu tun haben, werden wir auch mit menschlichen Schwächen zu tun haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Robbert! Dann Frau Hansen.

Herr Minister, Sie haben bereits auf die behördlichen Kontrollen und die Ergebnisse hingewiesen. Ich frage Sie: Können Sie etwas zu dem Fertigungs- und Kontrollstandard der Fischmehlwerke in Cuxhaven sagen, und können Sie etwas zu der wirtschaftlichen Bedeutung der Fischmehlwerke für die Fisch verarbeitende Industrie in ganz Deutschland sagen?

Herr Bartels, können Sie dazu etwas sagen?

Herr Abgeordneter, ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Firma ein Eigenkontrollsystem installiert hat, mit dem sie sichert, dass die Rohware, die geliefert wird, ihren Ansprüchen genügt und vor allem nicht mit Dingen belastet ist, die nicht in den Produktionsprozess gehören. Ich gehe davon aus, dass die Firma selbst ein großes Interesse daran hat, nicht auf diese Art und Weise aufzufallen und Probleme zu bekommen.

Ergänzend will ich hinzufügen: Wir haben die Chargen, die 170 t, die festgehalten worden sind, für die Herstellung von Futter für die Heimtierbranche freigegeben, nachdem die Ergebnisse aller Proben vorlagen und in keiner Probe Chloramphenicol nachgewiesen wurde. Für die Herstellung von Heimtierfutter war das ohnehin kein Problem.

Nun hat zunächst Frau Hansen und danach Frau Harms das Wort.

Herr Minister, Sie sind ja gut informiert: Welche Sanktionen werden seitens der EU gegen die niederländische Firma ausgesprochen? Das kriminelle Handeln muss schließlich bestraft werden. Wenn

verbotene Mittel angewendet werden, müssen Sanktionen in beträchtlichem Ausmaß ausgesprochen werden.

Die Frage ist verstanden worden.

Das war die erste Frage.

Zweitens. Wie hoch schätzen Sie das Risiko zukünftiger belasteter Importe aus Drittländern ein?

Das waren zwei Fragen.

Erstens. Die Cuxhavener Firma hat ihre geschäftlichen Kontakte zu dem holländischen Lieferanten abgebrochen.

(Frau Hansen [CDU]: Sanktionen der EU?)

Zweitens. Die holländischen Behörden ermitteln. Ich hatte Ihnen gerade gesagt, dass es spätestens seit dem 6. Dezember staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gibt. Wir haben noch einmal mitgeteilt bekommen, dass die niederländischen Behörden am Ball sind und versuchen, den Sachverhalt aufzuklären.

Welches war die dritte Frage?

(Frau Hansen [CDU]: Welche Sankti- onen werden seitens der EU ausge- sprochen?)

- Das kann ich nicht sagen. Ich kann hier nicht für die Europäische Union sprechen. Die EU ist immer über die Ermittlungen und die Erkenntnisse informiert, weil wir das in das Schnellwarnsystem eingestellt haben.

(Frau Hansen [CDU]: Sanktionen!)

- Dazu kann ich Ihnen an dieser Stelle wirklich nichts sagen. Ich bin gerne bereit, dann, wenn wir weitere Erkenntnisse über Reaktionen der Europäischen Union in dieser Hinsicht haben, Ihnen das im Ausschuss mitzuteilen.

Nun zu der Frage, inwieweit ich Importe aus Drittstaaten als problematisch einschätze. Seit im September des letzten Jahres die ersten Auffälligkeiten bei Shrimps festgestellt wurden - ich mache das jetzt nur einmal an den Shrimps fest -, müssen wir jede Sendung, die über die Zolleinfuhrstellen zu uns kommt, auf entsprechende Rückstände untersuchen. Das ist eine Anordnung, die die Europäische Union aufgrund dieser Erkenntnisse erlassen hat. Von daher können wir sicher sein, dass alles das, was auf den deutschen Markt kommt, untersucht worden ist.

(Frau Hansen [CDU]: Das haben wir erlebt!)

Meine Damen und Herren! Ich wollte gerade den Kollegen Schirmbeck darauf aufmerksam machen, dass nur die Fraktionsführungen das Privileg haben, hier im Plenarsaal zu telefonieren. Ich sage das vorsichtshalber auch für alle anderen und bitte, weil schon zwei- oder dreimal Handys geklingelt haben, diese abzuschalten.

Frau Harms! Dann Herr Rolfes.